Beilage zum Berliner Volksblatt.
Nr. 76.
Amtlicher Bericht
des fchweizerischen Bundesrathes
an die Bundesversammlung betreffend das Gesuch um einen Nachtragskredit zum 3wede einer besseren Organisation der politischen Polizei.
( Vom 12. März 1888.)
( Fortsetzung und Schluß.)
Ein anderes Individuum vom gleichen Schlage ist Christian Haupt von Bernburg , deutscher Deserteur, als Mineralwasserfabrikant wohnhaft in Genf . Dieser kam am 20. Dezember 1887 nach Zürich und wurde, da er bereits unter dem nämlichen Verdachte wie Schröder stand, verhaftet. In der Untersuchung erzählt Haupt, er habe in Paris , durch das Sozialistengesetz in Aufregung gebracht, den Gedanken gefaßt, nach Deutsch land zurückzukehren, um den Fürsten von Bismarck odern Herrn von Buttkamer oder eine andere hervorragende Persönlichkeit zu ermorden. In der Hoffnung, die Bewilligung zur Rückkehr nach Deutschland zu erhalten trotz seines militärischen Vergehens( Desertion), habe er der deutschen Polizei feine Dienste angeboten. Ueber seine Beziehungen zu dieser Bolizei erzählte er weitere Details, denen, wie einzelnen Angaben Schröders, fein weiterer Beweis zur Seite steht als seine eigenen Erklärungen.
Ueberhaupt können wir konstatiren, daß Haupt in Genf wenig Erfolg hatte. Allerdings versuchte er anfänglich, die dortigen deutschen Arbeiter auf die anarchistische Bahn zu bringen. Es gelang ihm dies jedoch nicht. Er mußte die Taktik der Aufreizung aufgeben, scheint aber die Rolle des Angebers gegen seine einstigen Freunde fortgesetzt zu haben.
Kaum waren die polizeilichen Erhebungen über diese Vorgänge abgeschloffen und hatte unser Justiz- und Polizeidepartement die knapp zugemessene Zeit benußt, seine Anträge zu formuliren, als ein Ereigniß eintrat, das allseitiges Aufsehen erregen mußte. Die kaiserlich deutsche Regierung hatte dem eben versammelten Reichstage den Entwurf eines Gesezes, betreffend die Verlängerung der Giltigkeitsdauer des Gesetzes gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie vom 21. Oftober 1878 vorgelegt. Dieser Entwurf, welcher erhebliche Verschärfungen der früheren Bestimmungen enthielt, fam in der Sigung des Reichstags vom 27. Januar 1888, welche um 11 Uhr 15 Minuten begann, zur Behandlung. Sogleich ergriff der Abgeordnete Singer das Wort, um das neue Gesetz anzugreifen. Im Verlaufe seiner Rede kam derselbe darauf zu sprechen, daß die der Schweiz gemachten Vorwürfe, der Herd der Sozialdemokratie zu sein, ungerechtfertigt seien, es sei vielmehr die Berliner Polizei selbst, welche durch Spione und agents provocateurs eine scheinbare Agitation hervor rufe sc. Zum Beweise seiner Behauptungen zitirte Herr Singer den Polizeihauptmann Fischer in Zürich als Beugen und verlas zur Bekräftigung folgende Schriftstücke, welche in den Stenographischen Berichten des Reichstages, Seite 534, enthalten find:
1) Schreiben an Herrn Polizeihauptmann Fischer in Zürich vom 6. Januar 1888:
Die ergebenst Unterzeichneten richten an Sie die höfliche Bitte, ihnen bestätigen zu wollen, daß der in Zürich Riesbach wohnhafte, hier in haft befindliche Schreiner und Agent Karl Schröder, sowie der in Haft genommene Gießer Christ. Haupt aus Genf folgende, Freunden von uns gemachte Geständnisse auch in der wider fie anhängigen behördlichen Untersuchung auspresagt haben, resp. daß die in den Geständnissen angegebenen Thatsachen auch anderweit durch Zeugenvernehmungen von der Untersuchungsbehörde festgestellt sind.
1. Daß Schröder seit Jahren im Dienste der Berliner Polizei steht, anfangs monatlich 200 M. Gehalt und in den legten Jahren 250 M. per Monat erhalten hat.
2. Daß er das Geld auf Anweisung des Polizeiraths Krüger in Berlin empfangen, seine Berichte an den Polizeibeamten Grüder gesandt habe.
3. Daß bei Schröder bei der Hausdurchsuchung eine Riste Dynamit, aus der Dynamitfabrik Obladen, Regierungsbezirk Düffeldorf, stammend, gefunden wurde, die Schröder von den Anarchisten Etter und Wübbeler empfing.
4. Daß Schröder mit den Anarchisten Stellmacher, Kammerer, Kaufmann, Kennel und anderen genau bekannt war und in intimen Beziehungen stand, und im Herbst 1883 einer in Zürich stattgehabten Konferenz der schweizerischen Anarchisten beiwohnte, bei der auch die Genannten zugegen waren.
5. Daß seine Verbindung mit der Berliner Polizei der Anarchist Kaufmann vermittelte und nach Schröders
Donnerstag, den 29. März 1888.
5. Daß Polizeirath Krüger dem Haupt schrieb, er wiffe, das nächste Attentat gegen den Baren werde von Genf aus gehen, darüber brauche er Berichte.
Hochachtungsvoll ergebenst
A. Bebel, Paul Singer , Mitglieder des Deutschen Reichstags. 2. Die Antwort des Herrn Polizeihauptmanns Fischer auf vorstehende Anfrage: Zürich , den 6. Januar 1888.
Herrn A. Bebel und Paul Singer , Mitglieder des Deutschen Reichstages. Durch Brief vom heutigen Datum ersuchen Sie mich um verschiedene Auskunft in der U.-S. Kontra Karl Schröder , Schreiner, Christian Haupt, Gießer.
Bei dem lebhaften Interesse, welches diese Sache für die schweizerischen Behörden in Bezug auf das provokatorische Treiben der unter Anklage stehenden Personen hat, erkläre ich Ihnen, obschon keinerlei Verpflichtung für mich dazu vorliegt, daß einerseits durch Geständnisse der Angeschuldigten, andererseits durch Zeugen die vollständige Richtigkeit sämmtlicher in dem zurückfolgenden Schriftstücke aufgestellten Behauptungen festgestellt ist.
Einzig der in Frage 6 behauptete Verkehr Schröders mit Justus Schwab ist bis jetzt noch nicht amtlich erhärtet. Hochachtungsvoll
Das Polizei- Kommando: Fischer, Polizei- Hauptmann.
Indem Hauptmann Fischer in Mißbrauch seiner amtlichen Stellung diese Mittheilung machte, hat er sich eine schwere Verlegung der administrativen Disziplin zu Schulden kommen laffen, welche wir, im Intereffe der Würde und des Ansehens des Landes, ernstlich haben tadeln müssen. Es geschah dieses unterm 8. Februar mit folgendem Schreiben an die Regierung des Kantons Zürich :
Bekanntlich hat unser Justiz- und Polizeidepartement, durch die Andeutungen einiger Journale darauf aufmerksam gemacht, unterm 20. Januar schon von Ihrer Polizeidirektion Bericht darüber eingefordert, ob es richtig sei, daß Polizeihauptmann Fischer den deutschen Reichstagsabgeordneten Bebel und Singer Mittheilungen über die Ergebnisse der gegen Haupt und Schröder geführten Untersuchung gemacht habe. Dieser Bericht ist den 27. Januar der Post übergeben worden und liegt uns vor. Ebenso liegt uns vor die Antwort Ihrer Behörde auf die von uns nach den bekannten Vorgängen im Deutschen Reichstage am 28. Januar an Sie erlaffene Einladung und Ergänzung jener vorläufigen Berichterstattung Ihrer Polizei Direktion, nebst Beilagen, und wir sind nun im Stande, uns ein flares Bild über den Hergang der Sache, sowie über die Motive zu machen, welche Herrn Fischer bei seinem Vorgehen geleitet haben mögen, und über die Art und Weise, wie derselbe fein Mandat als Untersuchungsbeamter aufgefaßt hat und zur Beit noch auffaßt.
Wir können Ihnen nun nicht verhehlen, daß die Akten auf uns einen geradezu bemühenden Eindruck gemacht haben. Zwar hat Ihre Polizeidirektion Herrn Fischer bereits einen Ver meis ertheilt und Sie selbst haben dessen Handlungsweise als eine inforrette bezeichnet, allein das schließt nicht aus, daß wir unsererseits die entschiedenste Mißbilligung des Vorgehens des Herrn Fischer aussprechen, und zwar trifft diese Mißbilligung nicht nur die von ihm begangene Indiskretion, sondern in nicht geringerem Maße auch die von ihm versuchte Rechtfertigung.
Was fich anläßlich der Untersuchung gegen Schröder und Haupt zugetragen hat, in Verbindung mit dem Anspruch, den jener Polizeibeamte darauf erhebt, dritten Personen nach Gutfinden Mittheilungen über die Ergebnisse der Untersuchungen zu machen, mit deren Führung er betraut ist, nöthigt uns, auf Mittel und Wege Bedacht zu nehmen, die geeignet sind, das Geheimniß von Untersuchungen zu sichern, welche im Interesse der politischen Polizei geführt werden.
Es liegt auf der Hand, daß diese Polizei ihrerseits im Intereffe nicht nur des Kantons besteht und ausgeübt wird,
in
welchem sie zufälligerweise in Bewegung gesezt worden ist, sondern in demjenigen der gesammten Schweiz , deren äußerer und innerer Sicherheit sie zu dienen hat. Nach Mitgabe von Art. 102, Biff. 8 und 10, und Art. 70 der Bundesverfassung müssen wir für uns das Recht der Aufsicht und Oberleitung auf diesem Gebiete beanspruchen und können unmöglich zugeben, daß es katonalen Beamten gestattet sei, derartige Untersuchungen nach ihrem Belieben zu führen oder, obne unsere Ermächtigung, dem Publikum und Drittpersonen darauf bezügliche Mittheilungen zu machen.
Es ist, im Interesse des Ansehens und der Würde der Eidgenossenschaft nach Außen, unerläßlich, daß wir, in dieser Richtung, unsere verfaffungsmäßigen Kompetenzen in vollem Umfange auszuüben in der Lage seien. Wir haben daher auch allen Grund, die bestimmte Erwartung auszusprechen, daß, ganz abgesehen von den Maßnahmen, welche uns in Zukunft einen bestimmenden und maßgebenden Einfluß auf die Führung der
Aussage auch Kaufmann im Dienste der Berliner Polizei artiger Untersuchungen sichern sollen, Erscheinungen, wie sie jetzt
arbeitete.
6. Daß Schröder auch mit den Anarchisten Beukert und Neve in persönlichen Beziehungen, mit dem Anarchisten Justus Schwab in New- York in brieflichem Vertehr stand.
7. Daß Schröder alle neu erscheinende sozialistische und anarchistische Literatur für die Berliner Polizei anzuschaffen und dieser sofort zuzuwenden hatte, daß er die bezüglichen Versammlungen der erwähnten Richtungen zu überwachen und die darin anwesenden Personen zu denunziren hatte.
8. Daß Schröder in Versammlungen und Wirthschaften
die Arbeiter durch seine Reden erhigt und aufgehezt und fie auf den Weg der Gewalt als dem einzigen Mittel zur Rettung verwiesen und zur ,, Propaganda der That" aufgefordert habe.
Bezüglich Haupt's:
1. Daß Haupt zugestanden, seit vollen fieben Jahren im Dienste der Berliner Polizei zu stehen, anfangs in Paris thätig war, dann nach Genf übersiedelte.
2. Daß Polizeirath Krüger den Haupt im Jahre 1881 und der Polizeirath von Hade im Jahre 1884 persönlich in Genf besuchten und ihn instruirt haben.
3. Daß Beide mit seinen bisherigen Leistungen nicht zufrieden waren und„ Mehr" von ihm verlangten, wobei Polizeirath Krüger Winte ertheilte, wie er namentlich die in Genf lebenden Ruffen und Polen an fich heranlocken, fich in und nächtlicherweise in ihr Vertrauen schleichen ihre Wohnungen eindringen solle, von Hade ihm den Rath gab, fich in die Kreise der Anarchisten zu drängen. 4. Daß Haupt anfangs 100 M., dann 125 M., später 150 Mart und zulegt 200 Franken pro Monat von Polizeirath Krüger erhielt, welcher ihm auch Geld zur Gründung eines Geschäfts anbot.
zu Tage getreten find, fich nie und nirgends mehr wiederholen werden.
Wir benußen auch diesen Anlaß, 2c."
Nachdem vom Standpunkte unserer internationalen Beziehungen aus die geschilderten Vorgänge eine gewisse Bedeutung erlangt haben, erachten wir es als angezeigt, Sie von dem weilern Verlauf derselben in Kenntniß zu seßen.
Mit Beschluß vom 27. Januar haben wir den vorgenannten Ehrenberg, Schopen und Mezler den Aufenthalt auf Schweizergebiet verboten, den Spion Haupt des Landes verwiesen und, weil bei Schröder, welcher Schweizerbürger ist, das Bundesstraf recht nicht anwendbar war, es der Regierung von Bürich anbeimgestellt, gegen denselben das kantonale Strafverfahren eintreten zu laffen. Gleichzeitig haben wir die Fortsetzung des Untersuchungsverfahrens gegen verschiedene andere Personen an geordnet. Im weiteren ist die Regierung des Kantons Zürich eingeladen worden, darüber zu wachen, daß die aus dem Bureau des Sozialdemokrat" hervorgehenden Publikationen fünftig teine Aufreizungen und keine beschimpfenden oder beleidigenden Ausfälle gegen befreundete Nationen, deren Staatsoberhäupter und Regierungen enthalten, widrigenfalls wir ernstere Maßnahmen treffen müßten. Gleichen Tags haben wir die deutsche Gesandschaft in Bern mündlich davon in Kenntniß gefeßt, daß die am meisten kompromittirten Personen bezahlte Agenten der deutschen Geheimpolizei seien und gleichzeitig die Erwartung ausgesprochen, es möchten ähnliche Erscheinungen, die unsere Aufgabe wesentlich erschweren, sich in Zukunft nicht unsere Aufgabe wesentlich erschweren, fich in Bukunft nicht wiederholen.
Diese mündlichen Mittheilungen erfolgten am 27. Januar, Vormittags, also bevor wir von der Rede des Herrn v. Puttfamer, welche dieser am Nachmittage darauf im Deutschen Reichstage hielt, Kenntniß erhalten hatten. Infolge der von den Abgeordneten Bebel und Singer im Reichstage gemachten Enthüllungen und der Haltung, in welcher die genannten Abgeordneten den Polizeihauptmann Fischer erscheinen ließen, stellte
5. Jahrg.
die deutsche Gesandtschaft an uns die Anfrage, welches unsere Ansicht hinsichtlich des Vorgehens dieses Polizeibeamten sei und melche Maßnahmen der Bundesrath glaube treffen zu sollen. Es wurde hierauf mündlich geantwortet, daß gewisse Zeitungsartikel schon vorher Grund zu der Vermuthung gegeben hätten, daß Hauptmann Fischer das Untersuchungsgeheimniß nicht gewahrt haben müsse, daß die Züricher Behörden des halb schon unterm 20. Januar um Aufschluß ersucht worden seien, sowie daß wir im Sinne unserer verfassungsmäßigen Bes fugnisse handeln, wenn wir diese Angelegenheit als eine innere Frage ordnen, was dann durch unsern Beschluß vom 8. Februar, Der veröffentlicht wurde, geschehen ist.
Die t. deutsche Gesandtschaft hat sich ferner, ebenfalls mündlich, über verschiedene Kundgebungen( Beitungsartikel und Versammlungen) beklagt, welche in der Schweiz stattfänden und gegen die Ruhe Deutschlands gerichtet seien. Auch hierauf wurde mündlich geantwortet, daß wir, so oft uns auf unserem Territorium begangene völkerrechtswidrige Handlungen zur Kenntniß gekommen seien, dieselben verfolgt und strengstens geahndet hätten, und daß wir auch in Zukunft in gleicher Weise Uebrigens habe sich herausgestellt, daß, verfahren würden. wenn Erscheinungen dieser Art in der Preffe oder in öffent lichen Versammlungen zu Tage getreten seien, öfters fremde Polizeiagenten die Anstifter und Leiter derselben gewesen seien. Wir haben daher wiederholt die bestimmte Erwar tung ausgesprochen, es werde die kaiserliche Regierung in Mißbilligung des Treibens solcher Agenten, von dem fie, mie auch Herr von Buttfamer im Reichstage erklärte, teine Kennt niß hatte, ihren Polizeibehörden, sofern dies noch nicht ges schehen wäre, die nöthigen Befehle zur Verhütung ähnlicher Vorgänge ertheilen.
Wie Sie aus dem oben Gefagten fich überzeugen können, haben wir in diesen schwierigen Verhältnissen nichts versäumt, unsere Rechte zu wahren und unsere Pflichten nach Innen wie nach Außen zu erfüllen. Wenn wir einerseits fest entschlossen find, Angriffe jeder Art, die gegen unsere Institutionen und ins besondere gegen die Ausübung des Asylrechts gerichtet sind, abs zuwehren, werden wir andererseits innerhalb unserer Grenzen feine Umtriebe dulden, welche geeignet sind, die innere Ruhe unseres Landes oder unsere friedlichen Beziehungen zu andern Staaten zu gefährden. Vor allem aber werden wir Ausländern, die bei uns Aufnahme gefunden haben, nie und nimmer die Bes fugniß zugestehen, mit der ihnen gebotenen Gastfreundschaft frevelhaftes Spiel zu treiben. Ünver eihlicher Schwäche würden wir uns schuldig machen, wollten wir ihnen gestatten, unsere friedliche Bevölkerung durch ihre Agitationen aufzureizen, und wollten wir zusehen, wie unsere freiheitlichen Institutionen ihnen nur dazu dienen sollten, gegen unsere Nachbarn ungestraft Feindseligkeiten zu unternehmen. Es ist uns daran gelegen, mit andern Völkern und deren Regierungen in gutem Einver nehmen zu leben. Deutschland insbesondere hat uns bei mehrfachen Anlässen Beweise seiner freundschaftlichen Gesinnung gegeben, und wir sind entschlossen, ohne die Prinzipien zum Opfer zu bringen, welche die Grundlage unserer Einrich tungen bilden, alles zu vermeiden, was unsere guten Beziehungen zu diesem Staate trüben könnte.
Die oben erzählten und andere analoge Vorgänge haben in uns die Ueberzeugung wachgerufen, daß von Seite des Bundes für die Handhabung der Polizei im Allgemeinen und für dies ienige der politischen Polizei im Besonderen eine gewisse Orgas nisation geschaffen werden muß. Freilich sind die Ansichten in diefer Materie noch nicht genügend abgeklärt und es müssen diesfalls noch eingehendere Studien gemacht werden.
Das einzige Mittel, der politischen Polizei diejenige feste Organisation zu geben, deren sie heute mehr als je bedarf, bes steht darin, daß der vollziehenden Behörde des Bundes die Mög lichkeit gewährt wird, auf die Leitung und Ueberwachung der Untersuchungen einen direkten und fortgesetten Einfluß auszus üben. Es handelt sich also darum, das von Herrn National rath Müller in vorzüglicher Weise formulirte Programm aus schweizerischem Boden nicht nur das Treiben der Anarchisten, zuführen; es handelt sich insbesondere darum, überall auf naturnothwendig in agents prov cateurs sich zu verwandeln sondern auch die Thätigkeit der Spione, welche als solche fast die Neigung haben, planmäßig zu überwachen und zu ver= folgen.
Bur Verwirklichung dieses Planes haben wir die Absicht, uns mit den Polizeibehörden derjenigen Kantone in Verbin dung zu setzen, welche infolge der zahlreichen Bevölkerung einzelner Ortscha ten ganz besonders den Umtrieben ausgesetzt find, die wir bekämpfen wollen. Wir studiren die Ana ordnungen, die mit ihnen vereinbart werden müssen, das mit wir stetsfort und so genau als möglich orientirt seien. Wir werden die erhaltenen Aufschlüsse sammeln und uns bes reit halten, jederzeit den Umständen gemäß zu handeln, um die Landesintereffen und unsere innere und äußere Sicher heit zu wahren. Diese ganze Organisation wird den Gegens stand besonderer Anordnungen bilden, deren nähere Prüfung und definitive Feststellung wir uns vorbehalten müssen.
Aus diesem Grunde können wir auch den Umfang der möglicher Weise hieraus entstehenden ökonomischen Folgen zur Zeit noch nicht umschreiben. Für jetzt und um den nächst liegenden Bedürfnissen zu genügen, ersuchen wir Sie, zu dem Budget unseres Justiz- und Polizeidepartements, litt. C. 3. Fremdenpolizei", einen Nachtragskredit von 20 000 Fr. zu be willigen.
Während wir in solcher Weise eine zweckmäßige Verbesse rung der Organisation unserer politischen Polizei anstreben, werden wir auch zu prüfen nicht unterlassen, in welchen Punkten unser Bundesstrafrecht entsprechend zu revidiren und zu ers gänzen sei.
Genehmigen Sie, Tit., die Versicherung unserer vollkom mensten Hochachtung. Bern , den 12. März 1888.
Hertenstein.
Kommunales.
Stadtverordneten- Versammlung. Berlin , den 28. März 1888. Die Bänke des Hauses sind spärlich besetzt. Gegen 5% Uhr Nachmittags eröffnet Stadtverordneten Borsteher Dr. Stryck die Sigung mit einer Reihe geschäftlicher Mittheilungen.
Es ist ein Schreiben von dem Verein der Berliner Turner= schaft eingegangen, in welchem mitgetheilt wird, daß an den Vorgängen am Pariser Play bei der Leichenfeier des Kaisers Wilhelm lediglich die Mitglieder der Kriegervereine Schuld haben.( Rufe: Sehr richtig!)
Von dem Stadtv. Dr. Langerhans und Gen. ist ein dringlicher Antrag eingegangen: