11. April vom Spittelmarkt in die Kurstraße einbiegen wollte, bemerkte fte an dieser belebten Ecke, daß eine fremde Hand sich mit ihrer rechten Manteltasche zu schaffen machte. Sie sah sich um und

derungen, um derentwillen man überhaupt gestreift. Vor said einer großen Anzahl diesbezüglicher Anträge wurde einer der das Festhalten an den Forderungen am entschiedensten be­

per das Portemonftare, einem gutgeleideten Seren gegenüber bort der Streilleitung ernannte Kommiſſion erhielt die Besid

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in der Hand hielt. Mit dem Rufe: Sie Spigbube!" entrig fie dem Etappten, der völlig fassungslos schien, die Bcute. Der Testere schien plöglich zu sich zu kommen; die kleine Szene war nicht ohne Augenzeugen geblieben, mit Windeseile lief er die Kurstraße entlang. Seine Verfolgung wurde aber sofort aufge nommen. Der Taschendieb flüchtete in das Haus Kurstr. 31, feine Verfolger waren ihm auf den Fersen. Ersterer eilte vier Treppen hinauf, und hier fam er seinen Verfolgern plöglich aus den Augen. Er mußte in eine der nicht verfchloffenen Wohnungen geschlüpft sein. Als seine Verfolaer fich hierüber flar geworden, begannen fie, bei den Bewohnern Nachfrage zu halten. Als sie die Thür zur Wohnung des Schneiders Ko walfe öffneten, bot fich ihnen ein überraschendes Bild; inmitten ber Stube stand mit größter Seelenruhe der Spizbube und ließ fich von dem Meister einen Anzug anmeffen. Er zeigte ein höchst erstauntes Geficht, als der Schußmann, welcher sich der Menge angeschlossen, ihm seine Verhaftung und den Grund Derselben ankündigte. Er bestritt mit aller Entschiedenheit, daß er mit dem gesuchten Taschendieb identisch sei. Der Schneider meister erklärte, daß der ihm völlig unbekannte Herr in unauf­fälliger Weise in die Stube getreten sei mit dem Bemerken, daß der Meister ihm empfohlen worden sei, und er von ihm einen Anzug wünsche. Der Fremde habe sich allerdings gleich zeitig schon seiner Oberkleider entledigt, da er Eile habe." Wenn noch ein Zweifel an der Persönlichkeit des Verhafteten obwaltete, so schwand derselbe, als man auf der Wache fest­stellte, weß Geistes Kind derselbe war. Man hatte einen alten Buchthäusler, den Kellner Heinrich Schubert, erwischt, der sich nach Verbüßung seiner legten Strafe nach London begeben hatte und vor kurzem nach Berlin zurüdgefehit war. Der Angeklagte versuchte auch in der Hauptverhandlung sein Heil im Leugnen, trogdem er von den Beugen mit aller Bestimmtheit wieder­erkannt wurde. Der Gerichtshof belegte ihn mit drei Jahren Buchthaus und den üblichen Nebenstrafen.

Die Geheimmittel- Verordnung des Berliner Po­lizeipräsidiums vom 30. Juni 1887, deren Rechtsgiltigkeit mehrfach angefochten, durch Urtheil des Straffenats des Kammer­gerichts aber endgültig anerkannt worden ist, fand gestern seitens Der 97. Abtheilung des Berliner Schöffengerichts eine sehr weit gehende Auslegung und Anwendung. Die qu. Verordnung verbietet das öffentliche Anpreisen von Geheimmitteln und von folchen Medikamenten, deren Verkauf verboten oder beschränkt ist. Eine Reihe von Berliner Tagesblättern, darunter die National- Beitung"," Bolts- Beitung"," Lokal- Anzeiger" und Nordd. Allgem. 3tg.", peröffentlichten ein Inserat, in welchem Nervenleidenden 2e. die Anschaffung der vom Landwehr­bataillonsarzt Dr. Romann Weißmann herausgegebenen Bro Schüre empfohlen wird. Angedeutet ist in dem qu. Inserat, daß die fragliche Broschüre eine ausführliche Anleitung über das Verfahren bei der Anwendung des vom Verfasser erfundenen Schlagwaffers zu den damit vorzunehmenden Kopfwaschungen enthält. In diesem Inserat fand die Polizeibehörde die öffentliche Anpreifung eines Geheimmittels; sie diktirte daher den Redakteuren Der genannten Beitungen, einigen sogar mehrmals, sowie dem Dr. Weißmann je eine Strafe von 30 Mart event. Tagen Haft zu. Der Redakteur der Nat. 3tg." ist mit seinem Widerspruch bereits von der 94. Abtheilung abgewiesen worden und hat Be rufung eingelegt. Heute wurde von den Vertheidigern R.-A. Wronter, Dr. Jvers und Schmidt il geltend gemacht, daß vor­liegend überhaupt kein Mittel, fordern ein Verfahren ange priesen worden sei; es wurde unter Beweis gestellt, daß das Schlagwaffer aus Arnika bestehe, welches überall verfauft wer den dürfe. Der Gerichtshof verurtheilte die angeklagten Redak­teure zu je 5 M., indem er annahm, daß eine indirekte An preifung eines sogenannten Geheimmittels denn es sei ja nicht angegeben, woraus es bestehe vorliege. Gegen Dr. W. wurde aus subjektiven Gründen die Sache vertagt.

Vereine und Versammlungen.

Große Kommunalwähler- Versammlung für die Wähler des 24. Kommunal- Wahlbezirks am Montag, den 2. Juli, Abends 8 Uhr, Große Frankfurterstr. 30. Tages­ordnung: Die Stichwahl im 24. Kommunal- Wahlbezirk. Re ferent: herr Stadtverordneter Kunert.- Die Wähler des Bezirks werden zu zahlreicher Betheiligung an der Versammlung eingeladen.

Bum Tischlerßtreik in Hamburg . Hamburg , 28. Juni. Die Versammlung des Verbandsverein der Tischler am Dienstag Abend war sehr zahlreich besucht. Herr Slomte wendete sich in feinem Situationsbericht zunächst gegen die gehäffigen Angriffe eines Theils der hiesigen Preffe auf die Streifenden. Durch allerlei erfundene und entstelte Berichte über angebliche Aus­fchreitungen der Streifenden suche man diese bei der Bevölkerung zu diskreditiren. Am meisten habe in dieser Beziehung das Hamburger Fremdenblatt" geleistet, zumal, seitdem dem Be richterstatter des Fremdenblattes" verschiedener total entſtellter Berichte wegen der Zutritt zu den Versammlungen verweigert worden; die seit dieser Beit gebrachten verdächtigenden Angriffe feien gradezu unerhört. Bum Streit selbst übergehend, fon­ftatirte Herr Slomte, daß fich in den legten Tagen die Lage der Dinge für die Streifenden bedeutend günstiger gestaltet hätte und daß der fiegreiche Abschluß wahrscheinlich unmittelbar bevor­stände. Eine größere Anzahl Arbeitgeber hätte wieder die Forde rungen unterschrieben, so daß schon am vorigen Sonnabend nur noch 499 Mann zu unterstüßen waren; durch weiter eingegangene Unterschriften habe sich diese Zahl inzwischen noch weiter ver­mindert. Der Stand der Unterstügungsfaffe sei ein günstiger und die importirten Holländer auch zum größten Theil wieder abgereist, theils in die Heimath, theils weiter landeinwärts. Von einem neuen Versuch, andere Ausländer herbei zu schaffen, fei nichts bekannt. Da auch aus dem Inlande nur wenig zu reisen, die zudem meistens sofort weiter spedirt würden, so fönne die Situation als für die Streifenden äußerst günstig bezeichnet werden. In Erwägung dieser Umstände sei die Innung jezt überzeugt, daß fie fapituliren müsse, und es seien daher bereits in voriger Woche, nachdem man sich deshalb an ihn( Slomke) gewendet, Unterhandlungen angeknüpft. Diese zu führen sei von der Streilleitung sowie von der Innung je eine Kom­mission von 7 Personen ernannt worden, welche am Sonn abend ihre erste gemeinschaftliche Sigung abgehalten habe. Ein bestimmtes Ergebniß habe diese Sigung nicht gehabt, weil beide Kommissionen noch nicht mit bestimmten Machtvollkommenheiten ausgestattet waren. Die Verhandlungen hätten aber bewiesen, daß die Jnnung wohl gern Frieden schließen, dabei jedoch so wenig wie möglich und am liebsten nichts bewilligen möchte. Am meisten sträube fie fich gegen die zweijährige Giltigkeitsdauer der Abmachung, welche vielmehr nur bis zum 1. Mai nächsten Jahres gelten folle. Die Unterschreibung der Uebereinkunft solle nach Vorschlag der Meisterkommission in der Weise erfolgen, daß fich einerseits der Vorstand der Gesellenorganisation, andererseits der der Innung oder eventuell auch jeder einzelne Arbeitgeber unter­zeichnet, daß das Original der Unterschriften beim hiesigen Ge­werblichen Schiedsgericht deponirt wird und jeder der beiden vertragschließenden Theile eine Abschrift erhält. In einer für Mittwoch Abend stattfindenden Versammlung der Innung foll über die Friedensbedingungen verhandelt werden. In der dem Referat folgenden sehr lebhaften Debatte sprach man all­feitig seine Freude über den günstigen Stand der Sache aus; allseitig wurde aber auch mit Entschiedenheit betont, daß man die vielen Opfer, die dieser Kampf gekostet, nicht umsonst gebracht haben wolle und daß darum die Friedensbedingungen feine andern sein könnten, als die seither gestellten For­

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tigung der Versammlung. Den bezüglich Deponirung der Unterschriften beim Schiedsgericht von den Arbeitgebern ge­machten Vorschlag beschloß man zu afzeptiren, im Uebrigen aber Die Unterschrift jedes Einzelnen zu fordern. In einer Versamm lung des Verbandsvereins am Freitag wird die Kommission Bericht erstatten darüber, ob die Innung auf die gestellten Be­bingungen eingegangen. Sollte dies jedoch wider Erwarten infolge der Ueberstimmung durch Mitglieder, die feine oder nur wenig Leute beschäftigen, nicht geschehen, so dürfte trotz alledem der Streik doch baldigst beendet sein, denn das Interesse der Selbsterhaltung wird dann zweifellos alle vernünftigeren Arbeit. geber bestimmen, Innung Innung sein zu lassen. Betont wurde noch, daß, so lange an die auswärtigen Kollegen der Friedens­schluß nicht offiziell gemeldet sei, fte als treue Bundesgenoffen die bisherigen Verpflichtungen vor wie nach einhalten möchten, nämlich die, für Herbeischaffung von Geldmitteln und für Fern­haltung tonfurrirender Arbeitskräfte zu sorgen.

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Oeffentliche Versammlung der Lackirer aller Branchen Berlins und Umgegend am Montag, den 2. Juli, Abends 8 Uhr, in den Armin Hallen", Kommandantenstraße 20. 1. Rückblick auf die im März und April d. J. stattgefundene Streitbewegung, und Abrechnung darüber. 2. Wahl von drei Revisoren. 3. Verschiedenes.

Kranken- und Begräbnißkaffe der Bau- und Fabrikarbeiter Berlins ( E. H. Nr. 13). Generalversamm­lung der Mitglieder am Sonntag, 8. Juli, Vormittags 10 Uhr, im Lokale des Hrn. Säger, Grüner Weg 29. Tages- Ordnung: Kaffenbericht. Innere Kaffenangelegenheit. Verschiedenes. Das Kaffenbuch legitimirt.

Der Unterstüftungsbund der Hausdiener Berlins hält am Dienstag, den 3. Juli, Abends 9 Uhr, bei Feuerstein, hält am Dienstag, den 3. Juli, Abends 9 Uhr, bei Feuerstein, Alte Jakobstr. 75, seine ordentliche Generalversammlung mit folgender Tagesordnung ab: 1. Mittheilungen, Aufnahme neuer Mitglieder. 2. Vierteljahresberichte. 3. Wahl resp. Bestätigung des Gesammtvorstandes per Juli bis September. 4. Verschie denes und Fragekasten. denes und Fragetasten. Das Sommerfest findet am 8. Juli auf dem Berliner Bock" statt. Billets à 30 Pf. find bei fämmtlichen Mitgliedern, sowie in den mit Plakaten belegten Handlungen zu haben.

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Oeffentliche Versammlung der Posamentiere und Bernfsgenossen heute, Sonntag, Vorm. 10% Uhr, im tönigstadt Rafino", Holzmarktstraße 72. Tagesordnung: Die gegenwärtige Lage in unserer Branche, zu­mal in derjenigen der Möbelarbeiter. Alle im Möbelfach beschäftigten Arbeiter, als Dreher, Stuhlarbeiter u. s. w., find ganz besonders dazu eingeladen.

Verein Berliner Portiers und Berufsgenossen. Montag, den 2. Juli, Abends 9 Uhr, Krausenstr. 16 part. bei Päge, Generalversammlung. Tagesordnung: Rechnungsbericht. An träge des Vorstandes. Ausgabe der neuen Statutenbücher.

Verein zur Wahrung der Interessen der Schuh­macher und verwandten Berufsgenossen. Montag, den 2. Juli, Abends 8 Uhr, Versammlung in Täger's Salon, Gartenstr. 13. Gäste haben Zutritt.

Freie Kranken- und Begräbnißkaffe der Schuh­macher und Berufsgenossen Berlins ( E.. 27). Das Sommer­Vergnügen findet am Montag, den 2. Juli, in Kliem's Volkss aarten, Hafenhaide 14-15, statt. Billets find zu haben bei den Vorstands und Ausschußmitgliedern.

Freireligiöse Gemeinde, Rosenthalerstraße 38. Heute, Sonntag, Vormittags 10 Uhr, Vortrag des Herrn Dr. Bölkel Magdeburg über: Sofrates und Christus." Damen und Herren als Gäste willkommen.

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Turn- und gesellige Vereine am Sonntag. Lübeck 'scher Turnverein( 2. Lehrlingsabtheilung) Abends 6 Uhr Elisabeth­Straße 57-58.- Turnverein ,, Wedding "( 2. Lehrlingsabtheilung) Nachmittags 4 Uhr Pankfir. 9.- Turnverein" Froh und Frei ( Lehrlingsabtheilung) Nachmittags 4 Uhr Bergstr. 57.

Gesang-, Turn- und gesellige Vereine etc. am Montag. Männergesangverein Freimuth" Abends 8 Uhr im Restau rant Lehmann, Naunynstraße 44. Gesangverein Sänger lust" Abends 9 Uhr im Restaurant, Landsbergerstraße 80. -Männergesangverein Weiße Rose " Abends 9 Uhr im Re staurant Kleine, Gerichtsstr. 10. Männergesangverein Ein­fracht 1" Abends 9 Uhr Köpnickerstr. 68, im Restaurant. Männergesangverein" Firmitas" Abends 9 Uhr bei Wolff u. Krüger, Stalizerstr. 126, Gesang und Muftf. Turn verein Hasenhaide"( Lehrlingsabtheilung) Abends 8 Uhr Dieffenbachstr. 60-61." Berliner Turngenossenschaft"

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( 7. Lehrlingsabtheilung) Abends 8 Uhr in der städt. Turn­halle, Brigerftr. 17-18;- desgl. 6. Männerabtheilung Abends 8 Uhr in der städtischen Turnhalle, Gubenerstr. 51. Lübed­scher Turnverein( Männerabtheilung) Abends 8 Uhr Elisabeth straße 57-58. Verein ehemaliger Schüler der Vil. Ge meindeschule Abends 9 Uhr im Restaurant Poppe, Linden straße 106. Friedrichs- Verein"( ehemalige Böglinge des großen Friedrichs- Waisenhauses der Stadt Berlin ) Abends 8 Uhr bei Bormann, Ohmgaffe 2. Bitherklub Amphion" Abends 8 Uhr im Kurfürstenfeller", Poststraße 5. Ver gnügungsverein Lustig" Abends 9 Uhr bei Thamm, Schön hauser Allee 28.-Verein Ratibor " Abends 8 Uhr im Restaurant Friße, Elisabethstr. 30. Restaurant Frige, Elisabethstr. 30. Arends'scher Steno­graphenverein Mercur" Abends 8 Uhr im Restaurant, Baaz" Blumenstr. 10. Arends'scher Stenographenverein Apollo bund" Abends 8 Uhr Thurmftr. 31( Moabit .) Wifenschaft licher Verein für Roller'sche Stenographie. Abends 8 Uhr im Münchener Bräuhaus, Neue Friedrichsstr. 1, Unterrichts- und Uebungsstunde.

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Kleine Mittheilungen.

Stolp , 29. Juni. Das hiesige Eisenbahn- Betriebsamt macht bekannt: Die Betriebsstörung durch Hochwasser zwischen Hammer­stein und Bärenwalde ist beseitigt und wird der gesammte Ver­tehr auf der Strecke Neustettin Konig am 29. d. M. mit den Bügen 629 und 622 wieder aufgenommen.

Caftel, 29. Juni. In unserer Nummer vom 28. Juni theilten wir mit, daß zwei Soldaten vom 117. Regiment, die einen Posten mit ihrem Seitengewehr angegriffen hatten, zu 14 bezw. 11 Jahren Buchthaus verurtheilt worden seien. Wie wir erfahren, lag hier eine Verwechselung vor; die bestraften Soldaten gehörten zum 87. Hegiment, nicht zum 117., von welch letzterem vielmehr die angegriffene Wache gestellt wor den war.

Geestendorf, 28. Juni. ( Soziales Elend.) Einen trau rigen Fund machte gestern Morgen der Feldhüter Steffens auf einem Kornfelde zwischen Schiffdorf und Geestendorf. Als er bei dem betreffenden Acker vorbeiging, sah er einen Mann und ein kleines etwa vierjähriges Mädchen besinnungslos auf dem Boden liegen und ein Unglück vermuthend, erstattete er sofort Anzeige, auf welche hin die zwei Personen abgeholt und nach dem Krankenhause gebracht wurden. Das kleine Mädchen war bereits todt und der Mann, der Vater des Kindes, der etwa 50 Jahre alte Arbeiter Mutschall aus Posen, verstarb noch im Laufe des Tages. Bei ihm fand man einen Todtenschein seiner vorigen Herbst verstorbenen Frau. Mann und Kind scheinen verhungert zu sein.

Schiffsnachrichten. Hamburg , 29. Juni. Der Post­dampfer Hammonia" der Hamburg - Amerikanischen Backetfahrt Aktiengesellschaft ist, oon Hamburg tommend, heute früh 5 Uhr in New- Dort eingetroffen. Der Postdampfer Francia" der Hamburg - Amerikanischen Packetfahrt Aktiengesellschaft hat, von Westindien kommend, gestern Scilly paffirt..

Telegraphische Depeschen.

( Wolff's Telegraphen- Bureau.)

Paris , Sonnabend 30. Juni. Infolge des gestrigen Vo tums des Senats wegen der Maßregelung eines richterlichen abfichtigen, zu demissioniren. Der Ministerrath wird sich heute Beamten in Carcassonne soll der Justizminister Ferroulliat be Morgen mit der Angelegenheit beschäftigen. Dem Vernehmen nach wird heute in der Deputirtenkammer eine diesbezügliche Interpellation eingebracht werden, um die Angelegenheit zur Sprache zu bringen. Die gemäßigten Blätter billigen das Vo tum des Senats und hoffen, daß die Regierung die ihr ertheilte Mahnung beherzigen wird. Die Republique Francaise " vers langt den Rücktritt des Justizministers Ferrouillat und Absetzung des Präfekten des Audedepartements.

London , Sonnabend 30. Juni. Bei der heutigen Wahl eines Parlamentsmitgliedes für die Insel Thanet wurde Lowther ( tons.) mit 3547 St. gewählt; Huguessen( Gladstonianer) erhielt 2889 St.

Athen , Sonnabend, 30. Juni. Nach hier eingegangenen Nachrichten aus Monastir haben die türkischen Behörden vier Personen verhaftet, darunter einen rumänischen Lehrer, welcher die dem griechischen Konsul Panourins zugeschriebenen Doku mente gefälscht haben soll.

New- York , Sonnabend 30. Juni. Alle westlichen Eise werke, soweit fte Mitglieder der Gewerksvereine als Arbeiter bes schäftigen, schließen heute wegen der Weigerung der Arbeiter, die Lohnfäße der Fabrikanten anzunehmen. Von dieser Maßs regel werden etwa 100 000 Arbeiter betroffen.

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Briefkasten der Redaktion.

Bet Anfragen bitten wir die Abonnements- Quittung beizufügen. Brieflich Antwort wird nicht ertheilt. A. B. Besten Dank für die Mittheilung. Einen Arzt fönnen wir Ihnen für Ihr Leiden aber nicht empfehlen.

B. H. Sie müssen noch einmal einen gerichtlichen Rück tehrbefehl beantragen und Ihrer Frau zustellen laffen. Während der in diesem Rückkehrbefehl angegebenen Frist müssen Sie eine zur Aufnahme Ihrer Frau geeignete Wohnung( Stube und Küche) haben.

Reh. 99. Eine Honorarforderung eines Arztes aus dem Oftober 1884 verjährt am 31. Dezember d. J. Wenn Sie ver flagt werden, ohne vorher zur Zahlung aufgefordert zu sein, so erfennen Sie im Termin die Forderung an, protestiren aber gegen Kostenlast.

J. B. Gitschinerstraße. Die Kündigung am 15. Juni war rechtzeitig; Sie brauchen für den Juli nicht noch Wiethe zu zahlen. 6. 5. 402. Ihre Frage ist nicht vollständig genug, um genaue Beantwortung zu ermöglichen; zu mündlicher Auskunft find wir bereit.

5. S. Kirchbachstraße. Die üblichen Miethskontrakte verpflichten den Miether, die Wohnung jederzeit zur Besichtigung offen zu halten. Wenn also zeitweise Niemand in Ihrer Woh nung sein fann, so müssen Sie dem Wirth die Schlüffel über laffen oder demselben sonstwie die Möglichkeit gewähren, mit Miethsluftigen die Wohnung zu besichtigen.

5. B. 1. Die Kündigung ist verspätet; zeigen Sie dem Wirth sofort an, daß Sie dieselbe nicht anerkennen. Die Nicht­stempelung des Kontraktes ändert an deffen Giltigkeit nichts. Zeigen Sie Ihren Wirth wegen Unterlassens der Stempelung lieber nicht an; denn einmal würden Sie auch bestraft werden und dann haben Sie im Kontrakte wahrscheinlich die Stempe lung übernommen und müßten dem Wirth seine Strafe er feßen. E. H. 206. Sie find nicht verpflichtet, für den durch Ungezogenheit Ihres Sohnes verursachten Schaden aufzu tommen.

Wienerstraße. Ein Privatkollekteur fann für ein Loos einen so hohen Preis fordern, wie er will. Hat Ihre Frau das Loos zur 3. Klaffe nicht rechtzeitig erneuert, so hat sie auf das Loos der 4. Klaffe teinen Anspruch.

w. w. 100. Wegen rückständiger Steuern kann das laufende Arbeitslohn nicht mit Beschlag belegt werden.

A. K. Wenn Sie die Wohnung zum 1. April d. J. ohne schriftlichen Kontraft gemiethet haben, so gilt sie auf höchstens 1 Jahr gemiethet, sofern der Miethszins 150 M. übersteigt. Ist aber mündlich eine fürzere Miethszeit ausgemacht, so müffen Sie nach deren Ablauf ziehen, ohne daß Kündigung erforderlich ist. Zu näherer mündlicher Auskunft sind wir bereit.

W. L., Steinmehstraße. Sie können sich wegen des Ihnen vermietheten Bodens nur an Ihren Vermiether halten; zu demjenigen, der den Boden rechtlos inne hat, stehen Sie in feinerlei Vertragsverhältniß und können gegen ihn nicht flagen. Die von Ihnen beabsichtigte Selbsthilfe lönnte Ihnen eine An flage wegen Hausfriedenbruches zuziehen. Also verlangen Sie vom Wirth Einräumung eines Bodens oder einen Abzug von der Miethe. der Miethe.

W. S. Pücklerstr. Das ist keine Beleidigung für Sie, da die Beschmugung der Zeitung sehr wohl durch die Boten frau oder sonst einen Dritten erfolgt sein fann.

Trener Abonnent. Natürlich ist die Versicherungsgesell­schaft, der Sie beigetreten find, zur Einklagung der Mitglieder prämie berechtigt. Daß Ihre Verhältniffe Ihnen die Zahlung nicht gestatten, ändert doch nichts an Ihrer rechtlichen Ver pflichtung.

N. B. Sie fönnen den Arbeitgeber ohne Weiteres auf Rückgabe des von Ihnen anvertrauten Krankenkassenbuchs beim Gemeindevorstand verklagen.

W. E. Abgesehen von vereinzelten Ausnahmen wird man Vormund nur dadurch, daß man vom Vormundschaftsgericht eidlich dazu verpflichtet wird und sodann eine schriftliche Bes stellung erhält. Antworten Sie also der Armendirektion, daß das an Sie gerichtete Schreiben wohl auf einer Verwechselung beruhen muß.

C. R. Königgräherstr. Wir bringen heute im Lokaltheil die diesbezüglichen Bestimmungen.

Ch. A. 10. 1. Der Verkauf eines Geschäftes bedarf feiner besonderen Form, der mündliche Vertrag genügt. 2. Ein Mieths­tantrakt wird, wenn nicht ausdrücklich etwas Anderes vereinbart ist, dadurch nicht aufgehoben, daß das Haus verkauft wird. Es ist aus diesem Grunde auch teine frühere Kündigung zulässig.

G. Fl. Beitungsspediteur. Ein Schulkind, das erst nach dem 30. April das 14. Lebensjahr vollendet, kann erst mit Schluß des nachfolgenden Schuljahres die Schule verlassen, wenn nicht vom Kreisschulinspektor Dispens ertheilt wird.

R. N. 1. Natürlich ist die Bigamie strafbar. 2. Thr Mann würde im Falle der Scheidung für den schuldigen Theil erklärt werden und müßte für Ihren und Ihrer Kinder Unter halt sorgen. 3. Das erfahren Sie auf dem Eisenbahnauskunft bureau, Alexanderplatz .

5. p. 10. 1) Das Darlehn der 100 M. ist auch flagbar, wenn gar nichts schriftlich vereinbart ist. Dagegen ist die Ver pfändung der Wirthschaft nur dann rechtsgiltig, wenn der Gläubiger in den Befty der Wirthschaftssachen gesezt ist; es macht feinen Unterschied, ob die Verpfändung schriftlich festgesett ist oder nicht. 2) Die Frau möge fich beim Amtsgericht über den Gerichtsvollzieher beschweren. 3) Eingeforderte Gerichts tosten verjähren in 4 Jahren.

A. 3. 88. Ueber die Behauptung, daß Sie Zahlung be reits geleistet haben, kommt der Eid zunächst dem Kläger zu. Vielleicht geht aber das Gericht darauf ein, Ihr Kind als Beuge zu vernehmen, und verstattet Sie dann zum Eid.

Kolumbus 1000. Ihr Freund möge sich mit schrift licher Anfrage an die Staatsanwaltschaft beim tgl. Landgerich. I wenden.