MrigenS Leute geben sollte, die meinen, diese Industrie sei nun mürbe genug, um sich aus Erschöpfung der Verstaut- lichung von selbst in die Arme zu werfen, so irren sie sich. Soweit ist es noch nicht, wenn auch diese Industrie durch die unaufhörlichen Beunruhigungen schwer gelitten hat. Der Zeitpunkt für eine solche tiefgreifende Um- Änderung wäre in diesem Augenblick ganz be- sonders ungeeignet gewählt. Denn wer sich die Augen nicht gewaltsam verschließen will, dem kann eS nicht ent- Sehen, daß in diesen Tagen die wirthschaftliche Lage des IrbeiterS und des kleinen Geschäftsmannes eine besonders gedrückte ist. Die Löhne der Arbeiter sind vielfach auf ein Minimum gesunken; in der Tabaksbranche werden nament- lich da, wo Hausarbeit ist, erbärmliche Löhne gezahlt. Die Arbeiter können sich glücklich schätzen, wenn ihre Löhne nicht gesunken sind; daß sie gestiegen, lst von nirgendher berichtet worden. Die Abeiter haben nichts zurücklegen können und der Umsatz der kleinen und großen Geschäftsleute hat vielfach zurückgehen müsien, da sinkende Löhne auch stets einen sinkenden Konsum bewirken. Das Tabaks- Monopol aber würde durch die Konzentration deS Be- triebS eine Menge von Arbeitskräften überflüssig machen, denen dann keine Wahl übrig bliebe, als den erlernten Beruf aufzugeben und sich nach einer ganz neuen Erwerbs- thätigkeit umzusehen. Die Entschädigungen, die man seiner- zeit im Monopol- Entwurf angesetzt hatte, waren durchaus unzulänglich und wir könnten nur wünschen, daß in anderen Punkten von weniger allgemeinem Interesse sich die Finanzverwaltung einer solchen Knappheit und Sparsamkeit befleißigte. Aber was sollten alle die Arbeiter und Klein- Händler machen, die durch die Einführung deS Tabaks­monopols aus ihrem erlernten Beruf geworfen werden würden? Sie müßten entweder auswandern und gingen dann einem durchaus ungewissen Schicksal entgegen, oder sie müßten sich auf den Zw schenhandel werfen und so die Reihe von mit einander konkurrirenden kleinen Handlungen und Wirthschaften, die so oft nicht leben und nicht sterben können, ins Unabsehbare vermehren. Denn eS giebt wenig Leute, die, wenn sie einmal erwachsen sind, noch einen neuen Beruf erlernen wollen. Im übrigen sind die Aussichten auf eine Bewilligung des Tabaksmonopol» durch den Reichstag so gut wir aar nicht vorhanden; sie bestehen wohl nur im Gehirn der Herren Pindter und Treitschke . Die meisten Freunde deS TabakSmonopolS befinden sich bei den Konservativen; doch dürften diese in der Monopolfrage sich spalten. Das Zen- trum wird absolut keine Lust zeigen, den durch seine Schau- kelpolitik löckerig gewordenen Mantel seiner Popularität durch Bewilligung des Monopols ganz zu zerreißen. Die Nationalliberalen aber haben soeben das Kartell aufgegeben und haben damit ausgesprochen, daß sie den Konservativen auf dem Marsch nach rückwärts nicht weiter folgen wollen; man kann sonach mit Bestimmtheit annehmen, daß sie dem Tabaksmonopol nicht hold sein werden. Kurzum, der Zeitpunkt, da der Reichstag das Tabaks- Monopol bewilligen wird, scheint unS nicht gekommen, und da» ist gut._ Nolitischr Uebrrftcht. Die künftige Krhandlnng de« Kozialistengefetze« macht den RationalUberalcn sehr viel Kopfschmerzen. Jetzt wagt sich das offizielle Parteiorgan, dieRat.-Lid. Korr.", mit einem Vorschlage heraus, der auf nichts anderes hinausläuft, als auf die Verewigung des Ausnahmegesetzes. DieNat.-Lib. Korr." hat hierfür allerdings einen anderen, nicht so harten Ausdruck gefunden, fie spricht zart und gebildet nur von einem dauernden Spezialgesetze, das der jetzige Kartcllreichstag noch rasch unter Dach und Fach bringen soll. Anlaß zu diesen Erörterungen aiebt noch immer die un- besetzte Stelle eines Ministers des Innern. DieRat.'Llb. Korr." sagt also wörtlich:Zu den Aufgaben eines neuen Ministers des Innern in Preußen wird es wohl auch gehören, bei dem nächsten Ablauf der Giltigkeit des Sozialisten- Gesetzes neue Vorschläge zur Behandlung der sozialdemokrati- schen Bewegung zu machen. Die Sache ist freilich noch nicht dringlich, da das Sozialistengesetz na» seiner neuesten Ver- längerung noch bis zum 30. September 1890 gillig ist. Allein es hat fich bei den Verhandlungen dieses Frühjahrs gezeigt, daß der Weg einer alle zwei Jahre zu erneuernden und so in kurzen Zwischenräumen die heftigste Aufregung im Parla- ment und imVolke(aha!) hervorrufenden Verlängerung nachgerade von allen Parteien für auf die Dauer un- gangbar erkannt wird. Es ist bei diesen Verhandlungen sind. Man könnte fast vermuthen, Du hättest sie absichtlich schwarz gemacht." Guntram biß sich auf die Lippen. AuS allzugroßer Vorsicht hatte er einen Fehler begangen. Er hatte nicht daran gedacht, daß die Farbe seiner Hände, die er in den Rinnstein getauckt hatte, nicht zu seinen wohlgepflegten Nägeln passen würde. Man denkt nicht immer an alleS. Aber er ließ sich so leicht nicht außer Fassung bringen. Du bist doch dumm," erwiderte er.Bevor ich auf den Boulevard d'Jtalie kam, glitt ich in e ner schmutzigen Gasse auS und fiel mit den Händen in einen Schmutz- Haufen. Waschen konnte ich mich noch nicht, denn ich traf reinen Brunnen. Meine Nägel sind allerdings sauber ge- halten. Aber daS bringt das Handwerk so mit sich. Wenn sie in Trauer wären, so würden dieFreier", die ich beim Spiel rupfe, mißtrauisch werden. Und dann ist auch Heloise in solchen Kleinigkeiten eigen. Aber sage, alter Knabe, Du trägst ja einen mächtigen Bart! Der war wohl nicht billig?" Ich Hab' ihn nicht gekauft; eS ist mein eigener. Trint' nur Deinen Absinth, statt daß Du mich ansiehst, als wenn Du dafür bezahlt wärst, mein Signalement aufzu- nehmen." Wenn weiter nichts nöthig ist, um Dir eine Freude zu machen, dann kann ich's schon thun," erwiderte Guntram und stürzw, ohne eine Miene zu verziehen, die widerliche Mixtur hinunter, die er sich so eben eingegossen hatte. Jetzt bist Du an der Reihe, Herzens-Pelikan." Pelikan trank, aber er schnitt ein schreckliches Gesicht, als der verfälschte Schnaps ihm die Gurgel verbrannte. Er war augenscheinlich an sanftere Getränke gewöhnt. Guntram hingegen hatte den Absinth der Marketender in Gabe» kennen gelernt, und seitdem konnte er alles ver- tragen. Er kommt mir ein bischen fade vor," sagte er. Viel- leicht bin ich aber blos noch nicht auf den richtigen Geschmack gekommen. Das zweite Glas wird besser sein." Er füllte die Gläser bis zum Rande und leerte das von den verschiedensten Seiten betont worden, daß man hoffe, während der zwei Jahre der neuen Frist dauernde organische Bestimmungen zur Bekämpfung der sozial« demokratischen Ausschreitungen ein, dauerndes Spezial- gesetz vorbereiten zu können. Man wird erwarten dürfen, daß auch in dieser Hinficht die Regierungen sowohl als die Parteien zur gegebenen Zeit in neue Erwägun- gen eintreten, damit spätestens in der Wintersesston des Jahres 188990, der letzten, in welcher der gegenwärtige Reichstag in Wirksamkeit ist, eine dauernde Verständigung über die gesetz- geberische Behandlung der Sozialistengefahr gelingt." Der lan - gen Rede kurzer Sinn wird sein, daß dem jetzt bestehenden Aus- nahmegesetz die Zeitbeschränkung genommen und es zu einer dauernden Institution des Deutschen Reiches erhoben wird. Vielleicht nimmt man noch die Erpatriirungsklausel oder den geistreichen Vorschlag des sächfifchen Kartellbruders Temper in das Geseü mit auf, wonach den sozialdemokratischenFührern" die bürgerlichen Ehrenrechte genommen werden sollen. In der einen oder andern Weise wird eben der Versuch gemacht wer- den, die jetzige Kartellmehrheit zu benutzen, um der deutschen Arbeiterbewegung das politische Feld vollständig zu ver- sperren. Die deutschen Arbeiter werden in ihrem eigenen Lebensinteresse und im Lebensinteresse der Nation mit allen gesetzlichen Mitteln, namentlich durch kluge und kräftige Be- nutzung des Wahlrechts, diesen Bestrebungen entgegenzutreten haben. Und wir find überzeugt, wenn die Arbeiter ihre Schuldig- keit thun, planmäßig, besonnen, klar entschlossen vorgehen, so wird das Ziel auch erreicht und die Nothwendigkeit der Ab­schaffung des Sozialistengesetzes jedem ehrlichen und denkfähigen Bürger klar gemacht werden. Zwist im Lager der KarteUbriider. DieKreuzztg." schreibt:DieNationalliberale Korrespondenz" ratifizirt offiziell den Beschluß ihrer Partei, fich auf ein allgemeines Kartell für die Landtags wählen nicht einlassen zu wollen. Wir wußten längst, daß es so kommen würde; schon im Winter hat Herr v. Bennigsen in Hannover ein Kartell für die ganze Monarchie abgelehnt und nur für Hannover und Hessen vorgeschlagen. Es ist deshalb eine abfichtliche Entstellung der Wahrheit, wenn das offizielle Organ der nationallilleralen Partei die Haltung der Kr.uzzeitung" als Grund für den Linksabmarsch ihrer politischen Freunde angiebt. Und doch hat das Blatt in gewisser Weise Recht. Die"Nationalliberalen glaubten nach dem Tode des Kaisers Wilhelm die Zeit sei gekommen, wo fie wieder mit dem Anspruch hervortreten könnten,aus der Schüssel mit zu essen"; indessen eine große geschlossene konservative Partei stand ihnen dabei im Wege, eine leitende Stellung konnte die natio- nalliberale Partei dieser gegenüber nicht erringen, deshalb richtete fie ihr Augenmerk auf die Herbeiführung einer Spaltung der ersteren, und so richtete man denn gegen dieKreuzzeitung " und den äußersten rechten Flügel unausgesetzt die Pfeile natio- nalliberaler Angriffe und Verleumdungen. Jetzt scheint man endlich das Vergebliche dieser Bemühungen einzusehen; die Kreuzzeitung " undihr Anhang" erweist sich als zu stark, um fie zu beseitigen, die Hoffnung, mit einem großen Löffel in die Schüssel greifen zu können, schwindet und so schwenkt die na- tionaltiberale Partei denn allmälig nach links ab, in der Hoffnung, bei den Wahlen fich auf Kosten der Konservativen den Anspruch auf eine ausschlaggebende Stellung zu er- kämpfen. Das ist die klare Situation; unsere Freunde wer- den mit Entschlossenheit die Konsequenzen daraus zu ziehen haben." Z« de« tugnevifchen Attentatsgerüchten wird der Frkf. Ztg." aus Berlin geschrieben:Seit dem Regierungs­antritte des Kaisers werden mit einer gewissen Geflcssentlichkeit Gerüchte über geplante Attentate und Drohbriefe kolportirt, und gleichzeitig werden möglichst detailliite Schilderungen verbreitet über mllrtärische und polizeiliche Vorsichtsmaßregeln zur Be­wachung und Absperrung des Marmorpalais, wo der Kaiser refidirt. Die Quelle solcher Gerüchte, so lange fie nur von Mund zu Mund gehen, ist schwer oder niemals festzustellen. Ihren Weg in die Zeitungen haben fie aber durch Lokalbericht- erstatter gefunden, die fich, ganz gleich, ob mit Recht oder mit Unrecht, ihrer Beziehungen zu der Polizei rühmen und jeden- falls von dem Verdacht oppositioneller Gesinnung frei find. Die Nachrichten find zuerst sehr bereitwillig opposttionellen Zeitungen zur Verfügung gestellt worden. Diese haben fie aber verständigerweise, soweit wir es beobachten konnten, zurückge- wiesen. Darauf find die Nachrichten in möglichst sensationeller Fassung in regierungsfreundliche Blätter übergegangen. Was daran Wahres ist, wissen wir natürlich nicht. Es ist wahr- scheinlich, daß der junge Kaiser Drohbriefe erhalten hat oder daß fie wenigstens an ihn abgesandt worden find, denn es giebt eine erkleckliche Anzahl hirnverbrannter Köpfe in der Welt, die Jahr aus, Jahr ein Drohbriefe schreiben, und zwar nicht nur bei einem so ganz besonderen Anlasse, wie dieser Thronwechsel war. Hervorragende Persönlichkeiten, die eine Rolle im öffentlichen, namentlich im politischen Leben spielen, find an Drohbriefe voll- kommen gewöhnt und dagegen abgehärtet. Gewisse Parteiführer erhalten solche Wische nach jedergrößeren Rede; Mackenzie fand bei jedem'Frühstück unter der ersten Postsendung einige vor; Redaktionen zählen derartige liebenswürdige Schreiben zu den gewöhnlichsten seine so leicht, als wenn es Brunnenwasser enthalten hätte. Pelikan versuchte eS ihm nachzuthun. Aber nach dem ersten Schluck mußte er innehalten und Athem schöpfen. Was fehlt Dir denn?" ftagte der Major spöttisch. Es sagt mir heut nicht zu." Bist Du krank? Dann mußt Du gepflegt werden. Soll ich Dich zu Heloise führen? Sie wird Dir eine« Theo kochen." Danke schön. Thee mag ich nicht." Und Absinth auch nicht? Was fehlt Dir denn dann?" Nicht». Aber ich fühle mich hier ungemüthlich. Einige Gesichter starren uns hier so an. Es sind gewiß verkleidete Blaue ". Gar nickt daran zu denken. UnS hält man für Blaue ", weil man uns noch nie hier gesehen hat." Um so mehr Grund haben wir, unS zu drücken. Sie können ja über uns herfallen." Nun, dann prügeln wir unS eben. In meiner Tasche habe ich etwas, womit ich ihnen dienen kann.... ganz abgesehen von meinen beiden Fäusten. Trink' nur ruhig." ..Nein, ich habe genug, brummte der Mann und stieß sein GlaS zurück. Er versank in Nachdenken und Guntram errieth unge- fähr, was eS betraf. Nach dem ersten Zuge hatte Pelikan gemerkt, daß er in dem Branntweinkampfe nicht Sieger sein würde, und er sann auf ein anderes Mittel, um seinem Verfolger zu entrinnen. Sinne, so lange Du willst, guter Mann," dachte Guntram.Die Araber sind viel schlauer als Du, und sie haben mich doch nie überlistet." Höre, Rupin," begann Pelikan nach einer ziemlich langen Pause,wir scheu hier und verlieren unsere Zeit. Wir sind nun einig geworden, zusammen zu arbeiten und könnten also heut Nacht schon beginnen. Wenn ich Dir nun den Vorschlag mochte, sofort an etwas heran zu gehen, würdest Du mir dann yelfen?" Vorkommnissen; kein Mensch legt auf solche Drohungen Werth, denn Hunde, welche bellen, beißen nicht... Wozu aber werden solche Geschickten jetzt in besonders sensationeller Form ver- breitet? Der Verdacht, daß dies zu politischen Zwecken geschieht, »st nicht abzuweisen. Gewisse Kreise und Parteien scheinen wirklich zu glauben, daß fie damit auf den jungen Monarchen ernen ihnen erwünschten Eindruck machen können. Es liest fich ja sehr rührend und königstreu, wenn derReichsbote" von der Thatsache spricht,daß unsere theuere Herrscherfamilie, seit ihr Oberhaupt den Thron bestiegen hat, eines erweiterten Schutzes bedarf" unddaß unser deutsches Herz erschüttert eingestehen muß, daß die Zeit, wo ein treuer Fürst jedem treuen Unter- than sein Haupt in den schooß legen konnte, durch die Machen- schaften unserer guten und bösen Revolutionäre zur Sage ge- worden ist." Hier kommt der Pferdefuß und die niederträchtige Gefinnung offen zum Vorschein, und damit auch die Dummheit der Leser, für welche solche infame Verdächtigungen bestimmt sind, nicht irre gehe, wird direkt auf den Fortschritt als Vor- ftucht der Sozialdemokratie und des Anarchismus hingewiesen. Es genügt, diese Leistung des Organs der Partei, die Hödel und Nobiling zu ihren eingeschriebenen Mitgliedern zählte, niedriger zu hängen, um fie zu brandmarken. Nur eines fällt dabei auf, daß solche Mittel, um auf den jungen Monarchen zu wirken, jetzt schon für nothwendig gehalten werden." Zu den Gerüchten über Attentatsabfichten schreibt dieBer- liner Volkstribüne", daß ein Berliner Korrespondent des Pariser En du Peuple", der fich Karl Kamps nennt, solche zu ver- breiten suche. DerCri du Peuple" sei kein sozialistisches Blatt. Ob ein Herr Karl Kampf überhaupt eristirt oder ob nicht ein auf Sensationserregung hinarbeitender Pariser Zeilenreporter hier groben Unfug treibt, soll ununtersucht bleiben. Die Berliner Sozialdemokratie sei einstimmig in dem Urtheil über die Ver- antwortlichkeit, die derjenige übernehmen würde, der eine Aende« rung der bisherigen wohlberechneten Taktik auch nur anregen und anstreben wollte, und daß fie nur dieHoffnung" hat, daß kein Idiot oder Schröder- Haupt der Reaktion den Gefallen thut, deren nicht unsere Hoffnungen zu ver­stärken. Gl« kleine» Grlekniß unter fran?Sstfche« St«- denten, so schreibt uns ein Korrespondent, wird mir durch die traurigen Heldenthalen deutscher Studenten in Freibura und München in die Erinnerung gebracht. Vor 5 oder 6 Jahren war ich in Paris und besuchte eines Tages mit franzöfischen Fieunden eine Restauration im Quartier Latin , wo wir zu Mittag aßen. Außer uns mochten noch über 100 Gäste zugegen sein meistens Studenten. Ich sprach mit meinen Freunden franzöfisch, als mir einfiel, daß der eine derselben V a i l l a n t in Deutschland studirt hatte, worauf ich einige deutsche Worte mit ihm wechselte. Ich war mit meinem Nebenmann schon wieder in franzöfischer Unterhaltung begriffen, da erhob fich plötzlich ein gegenübersttzender Freund und rief mit lauter Stimme einem mir unfichtbaren Herrn hinter mir zu:Sie entfernen fich augenblicklich oder ich werfe Sie hinaus!" Natür- lich entstand eine kleine Erregung. Mein Freund gab kurz die Erklärung ab:Dieser Flegel bat eine ungezogene Bemerkung gemacht, weil mein deutscher Freund hier(er zeigte auf mich) deutsch sprach. Und nun wandte er fich wieder zu dem mir jetzt erst fichtbar werdenden Patrioten, der verlegen einige Worte hervorstotterte und nun gehen Sie hinaus! Sie gehören nicht in anständige Gesellschaft. Hinaus oder!" Und mein Freund machte Miene, dem Wort die That folgen zu lassen. Der Flegel sah, daß Niemand Partei für ihn ergriff und entfernte fich wie je in begossener Pudel. Mein tapferes vis-a-vis, das so nachdrücklich das Gastrecht und die franchstsche Höflichkeit vertheidiat hatte, war der bekannte sozialistische Schrift- steller G a b r i e l D e v i I l e. Als Zeugen des Vorganges nenne ich noch Longuet und Lafargue. Bei dieser Ge- legenheit will ich noch erwähnen, daß ich seit dem Krieg wiederholt in Frankreich war, niemals meine deutsche Nationalität verleugnete, mich auch unter solchen Fran- zosen, die nicht meine Parteigenossen waren, scharf verurtheilend selbstverständlich in der Art gebildeter Menschen über den franzöfischen Chauvinismus aussprach und niemals ein unfreund- liches Wort zu hören bekommen, niemals eine unfreundliche Miene demeru habe. Und ein Mitglied der ersten sächsischen Kammer, das vor dem Krieg Frankreich häufig bereiste und etwa 10 Jahre nach dem Krieg mit seinem Schwiegersohn, einem preußischen Offizier, Paris besuchte und fich in französischer Gesellschaft, auch der von Offizieren bewegte, hat, wie er mir mittheilte, genau dieselben Erfahrungen gemacht wie ich. Der Herr, dessen Name gleich dem Ihres Korrespondenten auf Wunsch genannt werden kann, wird das sicherlich gern be- stätigen. Z«e Abschaffung der Htichmahle« spricht fich der nationalliberaleHamb. Corr." folgendermaßen aus:Es könnte sein, daß die nationalliderale Partei, deren Organe, soweit wir sehen, fich größtentheils für die Abschaffung aussprechen, nächstens mit einem dahingehenden Antrage h e r v o r t r i t t." So der vor Altersschwäche reaktionär ge- wordene Augur. Er muß es wissen, denn er versteht Zeichen zu deuten. Aber warum die Stichwahlen abschaffen? Weil fie, Der Vorschlag kam unerwartet, und trotz aller Kalt« blütigkeit konnte der Major seine Ueberraschung nur schlecht verbergen. Was ihn hauptsächlich wunderte, war, daß der angeb- liche Pelikan ein richtiger Dieb war. Immer mehr war er doch zu der Ueberzeugung gekommen, daß der Bursche e» nur auf Jeanne und ihre Tochter abgesehen habe. (Fortsetzung folgt.) Au« Kunst und Lebe«. Jeusurstücklein au» Gesterreich. Joseph Lewinsky , welcher bekanntlich manchen tiefen Blick hinter die Kulissen der Scheinwelt des Theaters gethan, läßt in Ecksteins humoristischer Bibliothek(Berlin , Richard Ecksteins Nachfolger) unter dem etwas holprigen Titel:Von Brettern und Podium" einen Band lustiger Stücklein aus Bühne und Konzertsaal erscheinen. Das Schlußlapitel des heiteren Buches enthält Zensurstücklein aus Oesterreich , von denen wir einige wiedergeben wollen. Im Jahre 1862 begegnete Ludwig Barnay folgendes hübsche Zensur- stückchen. Auf seinem Engagement in Graz kam der Künstler einst zu einem kurzen Gastspiel nach der Krain 'schen Hauptstadt Laidach. Er war bereits einmal aufgetreten und beabsichtigte, als zweite Gastrolle den bis dahin von der Zensur verbotenen, also ein volles Haus ficherndenFaust" zur Aufführung zu dringen. Um dies jedoch zu erreichen, begab sich Barnay zum Statthalter Freiberm v. C., einem bejahrten Aristokraten aus der Bach'schen Schule, aber versetzt mit einer gewissen alt­österreichischen Gcmüthlichkeit und Beschränktheit. Dieser empfing denn auch den Künstler recht freundlich mit den Worten:I hob Sie gestern g'sehn; hob'n Ihre Sachen ganz brav g'macht. Was wollen's von mir?"Ich wollte Ew. Exzellenz um die Erlaubniß bitten, denFaust" aufführen zu �dürfen."DenFaust"? Was ist denn dös für a Stück?"DenFaust" von Goethe, Exzellenz." Goethe, Goethe!.... Was ist denn das nur gleich für a Goethe?"Jobann Wolfgang von Goethe, der große deutsche Dichter und frühere großherzoglich weimarische Minister." Ah, Minister!.... so, schau, schau!.... Na, darf denn dös Stück hier nicht gegeben werden? Herr von Sterzelhuber," wandte fich der Statthalter an einen eben eintretenden Sekretär.