Beilage zum Berliner Bolksblatt.
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Die Unzweckmiikigkrit uusrrer Kleid«ng. Die Polizeiderichte melden aus verschiedenen Orlen jetzt bei der Hitze — wie sie geherrscht hat— Fälle von Hitzschlag. Sonderbarer- weise werden die Arbeiter, welche an heißen Tagen in den Fabrikräumen bei schwerer Arbeit schwitzen, und die Landleute, welche im Sonnenbrand die Ernte besorgen, viel weniger vom Hitzschlag heimgesucht, als Straßenpassanten oder marschirende Soldaten. Es wäre interessant, meint die„D. Gastw.-Zlg.", wenn die Aerzte darüber eine Statistik aufstellen und eine Er- kläruna geben wollten. Sucht man mit dem Laienvcrstandc eine Erklärung, so fällt einem zunächst der Unterschied in der Bekleidung auf. Der Arbeiter, sowohl der städtische wies der ländliche, trägt während seiner Beschäftigung eine Kleidung, welche außer den notbwendigsten Rücksichten auf die Scham- haftigkeit kein anderes Gebot kennt, als die Zweckmäßigkeit. Er hält die Haut bedeckt gegen die Sonnenstrahlen, aber es fällt ihm nicht ein, den Körper einzuengen, oder die Ventilation der .Haut zu hindern. Wenn aber ein„wohlgesctzter" Bürger über die Straße schreitet, so unterwirft er sich den Vorschriften des sogenannten„Anstandes" und der Mode, und wenn er auch darob zu Grunde geht. Um den Hals muß ein steifer Hemd- kragen sich schließen, der nicht blos erhitzt, sondern auch die Bewegungen des Blutes in den großen Halsadern beeinträchtigt. Nichts erfrischt bekanntlich bei großer Hitze schneller und besser, als eine Abkühlung der Handwurzel an der Stelle, wo die Armpulsadern zu fühlen find. Damit wir diesen Vortheil nicht genießen können, legen wir uns um den Unterarm ein geschlossenes Hemd und eine steife Manschette. Es giebt Thoren, die sich Hemdbündchen und Manschetten so eng auswählen, daß der Unterarm des Luftzuges vollständig entbehren muß. Und mag die Hitze auch noch so afrikanisch sein, der ordentliche Mensch muß doch eine Weste und einen Rock über dem Hemde tragen. Im Verein mit dem tzosenbund macht das eine vierfache Umhüllung in der Mitte des Leibes. Die Weste offen lassen wäre ein Vergehen gegen die gute Sitte. Die Mehrzahl der Männer trägt schwere Hüte, welche mehr ge- eignet sind, den Kopf zu belasten, als den Racken vor Sonnenstrahlen zu schützen. Die Filzhüte schließen die Ventilation des Kopfes ab, das undurchlässige Lederband im Hut trägt zur Er- regung und Konservirung des Schweißes redlich bei. Dazu noch schwere Stiefel von unporös gemachtem Leder und Strümpfe von überflüssiger Höhenausdehnung. Tie„feinen Herren" thun endlich noch ein Uebriges, indem sie die Hände in Handschuhe zwängen, wodurch nicht allein die Hand selbst von der Ventilation ausgeschlossen ist, sondern auch die Handwurzel eine neue Be- lastung empfängt. Die Soldaten haben den kleinen Vortheil, daß sie keine Weste zu tragen brauchen. Dafür haben sie aber den schweren Nachthal des fest geschlossenen Rockes, und be- sonders schlimm ist der stehende Kragen mit der ebenfalls eng geschlossenen Halsbinde darunter. Eine widersinnigere Tracht für beiße Tage läßt sich kaum ausdenken. Man hat nun in neuerer Zeit medr und mehr die Soldatenausrüstungen zu ver- bessern gesucht; die Oeffnung der oberen Knöpfe zur Befreiung des.Halses ist schon längst in Uebung gekommen, ebenso wie man von der grausamen Verirrung abgekommen ist, den lechzenden Truppen das Trinkwasser vorzuenthalten. Jetzt ist eine leichtere Ausrüstung der Soldaten in Einführung de- griffen, aber leider bleibt noch der enganliegende Waffenrock; er scheint unbezwingbar zu sein, ebenso wie die Metallknöpfe, welche nichts weiter wie Putzarbcit mit sich bringen. Reulich erschien ein sehr vernünftiger Artikel, welcher eine gründliche Umänderung der Mlitärbekleidung befürwortete: ein wollenes Hemd und eine leichte weite Blouse darüber. So praktisch diese Kleidung auch in jeder Hinficht sein mag, sie wird doch schwer- lich schon in nächster Zukunft zum Siege gelangen, da die Gegenwart noch zu viel Gewicht auf die äußere, stramme, parademäßige Erscheinung des Soldaten legt, obschon in Kriegszciten alle diese Eitelkeiten dahinschmelzen wie Butter vor der Sonne. — Bei den Kellnern ist zwar auch ein gewisses gc- schmackvolles Aeußere in der Kleidung geboten, aber jedenfalls wird Vasselbe nicht nur durch die fast allgemein übliche Tracht, deren sich die Kellner zu bedienen haben, erzielt. Die schwarzen Beir klcider und der schwarze Frack, beide eng anschließend, find nur zu oft nichts weniger als geschmackvoll gearbeitet und, was unausbleiblich ist, nicht gerade„sehr reinlich und zweifelsohne"; beide können unmöglich bei den Anstrengungen, denen sich ein Kellner, hat er im Sommer eine größere Anzahl von Gästen zu bedienen, unterziehen muß, praktisch und gesund sein. Man sehe nur, wie die Kellner Speisen und Getränke von der Küche und dem Büffet nach den entferntesten Tischen des Lokals, an denen die Gäste Platz genommen haben, tragend, in den heißen Stunden des Tages förmlich keuchen, wie oft und wie lange sie hin- und herlaufen müssen, wie dieser oder jener Gast schnell befriedigt sein will und wie mancher Kellner des Abends, wenn im Geschäft mehr Ruhe eingetreten ist, infolge der durch- gemachten Strapazen zusammenbricht. Es würde eine dankbare Aufgabe für unsere Klciderlünstler sein, für den Kellner eine Kleidung auszuklügeln, die an Stelle der jetzt fast allgemein üblichen zu setzen ist.—(Die obige Schilderung der strapaziösen Thätigkeit der Kellner, welche unter Umständen im Winter genau so Platz greift, wie im Sommer, ist gewiß durchaus zu- treffend. Um so unfaßbarer ist es. daß Gastwirthe sich erkühnen, eine derartige aufreibende Thätigkeit der Kellner im Interesse ihrer„Arbeitgeber" nicht zu bezahlen!)— An den weiblichen Theil der Menschheit— die sogenannte bessere Hälfte— richtet man oft Aufforderungen zur Opposition gegen die Mode- Tyrannei,— sie bleiben sämmtlich erfolglos! Ebenso erfolglos würde es bleiben, wenn man die Männer zum Bruche mit der unzweckmäßigen Tracht, z. B. zur Anlegung flncr losen Blouse zur Sommerszeit, ermuntern wollte. Es lassen sich nur Milderungen der henschenden Tracht, welche die Gesammterschrinung nicht auffällig machen, in Anregung bringen. Wenn man die Haut von den Vcntilationshinder- nissen der Kleidung zu befreien strebt, muß man aber auch zu- gleich an eine genügende Pflege der Haut durch Waschungen, Bäder und kalte Abreibungen denken. Je mehr Staub und Schweiß, desto mehr Wasser muß heran! Mit dem Baden sieht es zur Zeit sowohl in den Sadten, wie auf dem Lande bei der großen Masse noch sehr schlecht aus: die Sache hat ja auch, be> sonders für ältere und für werbliche Personen, ost die größten, vielfach unüberwindlichen Schwierrgkerten. Daher ist es wohl angezeigt, abermals darauf aufmerksam zu machen, daß man durch eine umfassende Waschung und anregende Abreibung des Körpers im eigenen Zimmer, am besten glerch nach dem Auf- stehen, sehr leicht die Erfrischung eines Bades sich sichern kann. Keine Kosten, blos eine lohnende Anstrengung von wenigen Minuten! Man hat den Seifenverbrauch als Kultur- barometer bezeichnet; mit mehr Recht könnte man an dem Wasserverbrauch den Stand der Gesundheitspflege ermessen. Die Durchlegung der Dimmerstraffe ist nunmehr be- schlossene Sache. Damit ist eine endliche Verbesserung errungen worden, welche die Stadt seit mehr als fünfzehn Jahren in un-
ermüdlichem Kampfe gegen den Militärfislus erstrebt hat. Die Kr egsminist.r von Roon, von Kamele und bis in die neueste Zeit auch Bronsatt von Schellendorff haben dem Verlangennach einer kaum mehr aufschiebbaren Verkehrsverbrssemng stets wichtige militärische Interessen entgegengesetzt, welche das Aufgeben des kleinen Streifens des Gartens des Kriegsministeriums unmög- lich machten, welchen man zur Durchlegung bedarf. Nun geht es urplötzlich. Bald nach dem Regierungsantritte Kaiser Friedrich's hatten die Bewohner der Zimmer-, Wilhelm- und Königgrätzerstraße ebenko wie die städtischen Behörden neue Versuche in Form von Petitionen an den Kaiser und Anträgen an den Kriegsminister gemacht. Allerdings, wenn man sich den Theil des Gartens ansieht, der für den Durchbruch geopfert werden soll, wird man es zwar erklärlich finden, daß man sich im Kriegsministerium nur ungern davon trennt, aber die Stich- haltigkeit der militärischen Gründe wird nur schwer einleuchten. Denn dieser Streifen setzt sich, wie die„National-Zeitung" schreibt, zusammen aus einer schmalen Kante von Gemüse- anpflanzungen und dann dem Stück einer Sommer-Reitbahn für die Offiziere des Kriegsministeriums. Die Reitbahn würde eine kleine Verlegung erfahren müssen. Das Vaterland wäre sicherlich nicht in Gefahr gerathen, wenn diese Verlegung schon vor zehn Jahren stattgehabt hätte. Nun, freuen wir uns der endlichen Lösung und hoffen wir, daß nicht jede Verbesserung, bei der die Stadt mit dem Militärfiskus zu verhandeln hat, solche Schwierigkeiten gegen sich aufgethürmt findet. In welcher Weise der Durchdruch durchgeführt werden wird, ist noch gar nicht festgestellt. Eine Bebauung auf beiden Seiten in der Fluchtlinie der neuen jetzt in eine Sackgasse auslaufenden Ver- längerung würde finanziell sich ja empfehlen, dagegen würde sie die jetzt zusammenhängenden Gärten des Palais des Prinzen Albrecht und des Kriegsministeriums auseinanderreißen. Es er- scheint daher wahrscheinlich, daß die Straße nur durchgelcgt werden wird, wozu wahrscheinlich eine Brücke nothwendig ist. Gleichzeitig mit dieser hochwichtigen Verkehrs- Verbesserung wird eine zweite als bevorstehend an- gezeigt. Der finanzielle Plan zur Verbreiterung der Friedrichstraße zwischen Behrensttaße und Unter den Linden um 4 Meter ist aufgestellt und gesichert. Die Einholung der staatlichm und städtischen Zustimmung wird alsbald be- weikstelligt werden. Schon vor etwa einem Jahre bestand dieser Plan. Er fiel damals zu Boden, weil schon auf vertrauliche Anfragen bei der Stadt sich herausstellte, daß auf die von ihr ermattete Hilfe in dem geforderten Umfange nicht zu rechnen sei. Der Plan ist neu umgearbeitet worden und dürfte diesmal ver- wirkiicht werden. Es ist an dieser einen Stelle deutlich nachzu- weisen, wie sich Unterlassungssünden stets rächen. Dreimal hat man die Gelegenheit, die, wie Jedir sehen konnte, ganz unauf- baltsame Verbreiterung der Friedrichstraße in ihrem engsten Theile vorzunebmen, vorübergehen lassen, ohne sie in Angriff zu nehmen. Zuerst, als die Passage gebaut wurde, dann, als an der Ecke Unter den Linden das Hotel und Kafe Bauer entstand, dann vor anderthalb Jahren, als der neue Prachtbau der Schultheiß'schen Brauerei errichtet ward, ein Palast, der vor einem Monat erst bezogen wurde und nun wieder abgettssen werden muß. Statt der kostspieligen Bauten waren damals nur alte, vergleichsweise wcrthlose Häuser in Frage. Indessen wird dem oben zitirten Blatt mitgetbcilt, daß die Vettheuerung— durch diese Verschönerang der Häuser entstanden— die Verwirklichung des ganzen Plans nicht aufzuheben vermag. Denn wenn die Straße um 4 Meter verbreitert wird, so kann die ganze Reihe um ein Stockwerk höher gebaut werden. Es ist eine ganz merkwürdige Erscheinung, daß fast sämmtliche auf die Linden zuführenden Querstraßen, sobald sie die Näbe derselben erreichen, sich verengen. Das ist linksseitig bei der Charlotten- sttaße der Fall, dann bei der Friedrichstraße , weiter hinauf bei der kleinen Mauerstraße, die gar nur den Charatter einer Durch- fahrt hat. Auf der rechten Seite wiederholt es sich bei den schon genannten Straßen, dann bei der Neustädtischen Kirchstraße und der Neuen Wilhelmstraße. Diese Verengungen ver- hindern nicht allein die Weiterführung der Pferdebahn bis an die Linden oder quer über sie hinweg, sondern sind auch bei dem Zusammenströmen der Massen bei jedem außergewöhnlichen Anlaß die Stätten dringender Gefahr. Ganz besonders ist dies natürlich bei der„schärfsten Ecke" Berlins , an der Kranzlerecke, der Fall. Das Zurückrücken der Ostseite vom Hotel Bauer bis zum Safe Schultheiß würde eine Verbesserung von großartigster Tragweite sein. Zur Kutschrrfrage. Die Kutscherfrage hat sich bereits zu einer brennenden lokalen Tagcsfrage herausgebildet. Der Fuhr- werksdetrieb auf den Straßen Berlins und die vielen durch Ueberfahrin herbeigeführten Unglückefälle halten das Putlikum und die öffentliche Meinung unausgesetzt in Athcm. Die Presse widmet dieser Tagesfrage die größte Aufmerksamkeit, über die Kutscherfrage wird öffentlich debattirt und erst letzthin ging ein Attikel durch die Zeitungen, in welchem der Meinung Ausdruck verliehen wurde, daß es unter den obwaltenden äußerst schwiettg gewordenen Verhältnissen schwer sei, für schnellfahrendcs Fuhr- werk noch geeignete Kutscher zu bekommen. Zur Ergänzung der hierfür bereits angeführten Gründe mögen hier die Auslassungen eines Fachmannes folgen, welche zur richtigen Beleuchtung der Kutscherfrage einen nicht unwesentlichen Beitrag liefern. Wer bei den jetzt obwaltenden Verhältnissen, so meint derselbe, irgend eine andere Beschäftigung finden kann, verzichtet auf die Führung eines Fuhrwerks ganz gewiß, weil erstens die Ein- fünfte die denkbar schlechtesten sind und zweitens jeder befürchten muß, bei der ersten Gelegenheit mit Strafe belegt zu werden oder wegen eines, meist durch Paffanten veranlaßten Unglücks- fackes ins Gefängniß wandem zu müssen. Hierzu kommt dann noch gewöhnlich— beim öffentlichen Fuhrwesen— eine tief in das Erwerbsleben der also Bettoffenen einschneidende polizei- liche Bestimmung, nämlich die Entziehung der Fahrlegitimation, des sogenannten Fahrscheines. Was das zu bedeuten hat, kann nur derjenige beurtheilen, der davon betroffen worden ist. Die Entziehung der Fahrlcgitimation dauert nach den polizeilichen Bestimmungen— wenigstens ist dies in Berlin der Fall— mindestens 2 Jahre! Und ob nach Ablauf dieser Zeit diesen Personen eine Fahrlcgitimation wieder ertheilt wird oder werden kann, liegt im Ermessen der Polizeibehörde. Nun ist aber doch nicht anzunehmen, daß solche Kutscher fernerhin zur Führung eines Fuhrwerks absolut untauglich find. In den meisten Fällen wird dies aber von den zuständigen Behörden angenommen und werden die Gesuche um Wieder- erthellung der entzogenen Fahrscheine abschlägig beschieden. So kommt es denn, daß die vielfach geschulten und erfahrungsreichen Kutscher aus einem Berufe unfreiwillig ausscheiden muffen, in dem sie fast ein halbes Menschenalter zugebracht und sich und ihre Familien ernährt haben. Wenn auch die Behörde zu einem solchen Vorgehen befugt ist, so liegt doch in diesem Systeme eine besondere Hätte, die sicherlich nicht dazu angethan ist, ab- schreckend gegen die Ursachen, worauf dasselbe Anwendung findet, einzuwirken. Niemand, auch nicht die Behörde, wird dies in Wn klichkeit anerkennen können, da sehr häufig Kutschem, welche sonst als umsichtig und zuverlässig bekannt sind, das Unglück
pasfitt, einer Körperverletzung im Berufe sich schuldig zu machen. Gerade� diese sonst bewährten Kutscher aber werden nunmehr dem öffentlichen Verkehre, in welchem sie sich lange I. ihre durch» aus nützlich erwiesen, für immer oder doch auf Jahre entzogen. Die also Gemaßregelten erhalten in den seltensten Fällen wieder Stellung in ihrem Berufe, aus einem alten Kutscher ist schwer etwas anderes zu machen, so ist ein solcher also gezwungen, das Proletattat zu vermehren. Das Glück spielt beim Kutscher eine ebenso große Rolle, wie im allgemeinen menschlichen Leben und so geht gar mancher straffrei aus, während man andere wiederum immerfort beim Schöpfe hat. Die Vorstrafen dienen der Be- Hörde aber größtentheils als Grundlage zur Fahrscheinentziehuna. Gleichwie es nicht die schlechtesten Früchte find, an denen die Wespen nagen, so find auch nicht immer diejenigen die untaug« lichsten Kutscher, welchen wegen irgend einer Sache neben anderen Strafen noch die Fahrlegitimation entzogen wird. Die Behörde würde dem allgemeinen Verkehrsinteresse nur nützen und dienen, wenn die alten erfahrenen Männer, welche im Fuhrwerksverkehr durchaus nöthig find, demselben erhallen blieben. Ueber die Spree sich lustig zu machen, gehört zu de» Eigenarten der Nichtberliner. Und doch übcttnfft die Spree, s» seltsam das im ersten Augenblick scheinen mag, nach ihrer Be- deutung als Wasserstraße die sämmtlichen übrigen deutschen Ströme mit allen ihren geschichtlichen Erinnerungen, malerischen Ufern, Burgruinen:c. Wie von sachverständiger Seite, vom Regierungsbaumeister W. Saegert in der„Nation" ausgeführt wird, kann sich der Verkehr keines einzelnen derselben, in Zentnern ausgedrückt, mit dem Verkehr auf der Spree messe«. Die Spree hat nur gettnges Gefälle und wird in ihrem Lauf vielfach durch Seen und Sümpfe unterbrochen. Das Waffer des Flusses fließt daher nur langsam ab, und ein etwaiger Uebcrschuß wird in diesen natürlichen Reservoiren aufgespeichert: sie genießt daher den Vortheil, daß die Schifffahtt nur selten durch zu niedrigen Wasserstand gehindert wird und daß ebenso selten bedrohliche Hochwasserstände eintreten. Bei Spandau er- §ießt sie sich in die Havel , welche an dieser Stelle nur etwa alb so viel Waffer enthält, wie die Spree, so daß man eigent» lich mit größcrem Rechte sagen müßte, die.Havel ergießt sich in die Spree; durch die Havel ist die Spree bekanntermaßen mit der Elbe verbunden. Mit der Oder steht sie direkt durch den Mühl- roser Kanal, indirekt durch die Havel und den Finowkanal in Verbindung, und weiterhin durch Warthe, Netze und den Brom - berger Kanal mit der Weichsel . Diese weitreichenden Waffer- straßen sind für Berlin von unermeßlicher Bedeutung. Der größte Theil der Baumatenalien: Ziegel, Kalksteine, Sand, Möttcl und Bauholz; die Brennmaterialien wie: Holz, Torf, theilweise auch Kohlen: von Lebensmitteln vorzugsweise Obst gelangen auf diesem Wege in die Stadt, werthvollere Güter allerdings in gettngerem Maße. Verhältnißmäßig unbedeutend ist dem gegenüber zur Zeit noch der Personenverkehr auf den Wasserläufcn der Stadt. Auf der Odcrspree unterhält eine Dampfschiffgesellschaft den Verkehr mit den am Flusse gelegenen Vergnügungsotten während der Sommermonate, aus der Unter» spree sind ähnliche Unternehmungen ins Leben gerufen worden, aber mit geringcrem Erfolge. Em eigentlicher Verkehr zur Ver» bindung der am Flusse liegenden Stadttheile, wie er z. B. in Paris und London so lebhaft im Gange ist, besteht nicht, ist auch bei der genügen bisherigen Breite des Wafferlaufs und der Unterbrechungen durch die Stauwerke kaum möglich gewesen. Bekanntlich wird demnächst eine Regulirung des Spreebettes in Angriff genommen. Hoffentlich werden sich dann auch in der Personenbeförderung auf dem die Stadt durchziehenden Strome Verbesserungen einfuhren lassen. Gbst im Sommer. Die wesentlichste Bedingung für Speise und Trank, die man bei warmem Wetter zu sich nimmt, ist die leichte Verdaulichkeit des Genossenen. Es ist dann we- Niger Arbeit nöthig, weniger Gewebeoerbrauch, wenigen von den der Muskelbildung und Hitzeerzeugung besonders dienenden Stoffen. Brot und Fleisch; Obst, das zugleich schmackhaft und leicht zu haben ist, wird daher viel verbraucht. ES bietet die Vortheile einer zeitgemäßen Aenderung der Kost, die leicht, ge- sund und ein angenehmes Stärkungs- und Reizmittel für die Verdauung ist. Es giebt nur wenige Menschen, die es nicht in einer oder der anderen Gestalt genießen können. Für solche, die an Diabetes leiden, find nur die am wenigsten wünschenswetthen Atten, wie gewisse Nüsse und Mandeln, mit Ausschluß aller anderen zuckerhaltigen, zu benutzen. Solche, die an Magensäure leiden, müssen bei der Wahl vorsichtig sein und ihren Verbrauch auf die am wenigsten reizenden, wie Erdbeeren und Weintrauben beschränken. Durchfall und Ruhr verbieten den Genuß allen Obstes. Auf der anderen Seite ist es für Leute, die an Ver- stopfung leiden, bisweilen das einzige verläßliche Mittel, das sie dauernd mit Behagen brauchen können; auch bei Nierenkrank- heilen ist es von Nutzen. Die meisten Leute vertragen Obst gut und fühlen sich wegen seiner verdauenden Eigenschaften wohler darnach. Gesunde Menschen dürfen fast jedes reife Obst essen. Tie milden Arten find die gesundesten und nahrhaftesten — Erdbeeren, Aepfel, Birnen, Trauben und Stachelbeeren. Die letztgenannten jedoch, wie auch Johannisbeeren und Himbeeren. weniger als die anderen. Steinfrüchte verderben leicht den Magen, doch sind die mehr wässettgen, wie Pfirsiche und gloße Pflaumen, besser als die kleineren und trockneren, wie Apii kosen und die kleinen schwarzen Pflaumen. Das Fleisch der Äpfel- finen macht den Magen schwer. Getrocknete Früchte, und im allgemeinen die Haut der Früchte, sind unverdaulich. Nüsse, deren eßbarer Theil der Samen ist, enthalten viel Eiweiß, etwas Fett in verdichteter Form und sind besondels schwer zu verdauen. Obst kann bei der Mahlzeit oder auch bei leerem Magen genossen werden. Im eisten Fall befördett es die Ver- dauung durch seine schwach reizende Wirkung auf die Schleim- haut des Magens und der Eingeweide. Die Menge des Obstes. die man nehmen darf, hängt von der Art desselben ab. Gehört es zu der milden, nahrhaften Klasse, so kann ein Gesunder davon so viel wie von jeder anderen Kost zu sich nehmen, doch hat er den meisten Nutzen, wenn er nur wenig und regelmäßig davon ißt. Dasselbe aill von dem Kranken, der es cettragen rann. Kochen denimmt dem rohen Obst viel von seiner Säure und macht es leichter und schmackhafter. Gekocht bttngt es nur Nutzen und keinen Schaden; bei dem ungekochten muß als Grundsatz fest- gehalten werden, daß es ganz reif, doch nicht überreif ist. Diese Bemerkung kann überflüssig erscheinen, und in der That, man ist darüber allgemein einig, doch scheinen einige Leute, und zwar nicht wenige, absichllich grüne Stachelbeeren, grüne Aepfel und dergleichen nicht nur selber zu essen, sondern auch ihren Kindern zu geben, während doch schon die Härte solchen Obstes, abge- sehen von seiner Herbigkeit, seine Untauglichkeit für die Ver- dauung anzeigt. Solche Menschen nehmen als Nahrung ein herbes, reizendes Gift zu sich, dessen nothwendige Wirkung in einer übermäßigen Absonderung der Eingeweide mit medr oder weniger Entzündung besteht. Obst dagegen, welches überreif und somit in Gährung eingetreten, ist häufig Ursache zu diesem Leiden und daher gleichfalls zu meiden, vielleicht aber um so schwerer, weil der versteckte Anfang zur Gährung nicht leicht zu