Nr. 299.
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für 1896 unter Nr. 7277.
Vorwärts
18. Jahrg.
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Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Die offiziöfe Presse.
Welche Wirkung haben nun die Enthüllungen des Lüzow- Prozesses auf die Presse gehabt?
Dienstag, den 22. Dezember 1896. Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.
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anfänglich versucht hatten, versucht hatten, den unbequemen Herrn| That sich im im Lützow Prozeß der Dr. Hammann v. Tausch von den Rockschößen der Friedrichsruher doch nicht wenig darauf zu gute, daß bei den Als Herr v. Marschall sich in die Deffentlichkeit Tafelrunde abzuschütteln, allgemach etliche garnicht voraufgegangenen Preßtreibereien der offiziöse Ur flüchtete, hat er sich sicher ein Verdienst um unser einmal mehr verschämte Anstrengungen machen, Herrn sprung der wirklich vom Auswärtigen Amte beeinflußten öffentliches Leben erworben, obgleich er nur be- v. Tausch als verkannten Patrioten blank zu puzen. Artikel überhaupt nicht erkannt worden sei. Und Fürst zweckte, sich selbst sich selbst vor der verleumderischen Klique Wird dieser Stieber redivivus doch sogar im Kladde- Bismarck, der wirkungsvollste Nährvater des Reptilien von Polizeipatrioten bismärckischer Observanz zu schüßen. radatsch" so ändern sich die Zeiten- als gefangener thums, hat einmal versichert, es gehöre zu Indem der Schleier von den bisher durch unsere Held in einem schönen Bilde verherrlicht. Leicht Vorzügen dieser offiziösen Anonymität, daß die Regierung Gerichte sorgsam behüteten Geheimnissen polizei gleitet sich's hinab auf dem stygischen Fluß. Daß nachträglich einen von ihr inspirirten Artikel ableugnen licher Staatsretterei gezogen wurde, konnte man gleichzeitig der ehemials revolutionäre„ Kladderadatsch" vom könne, welchen bequemen Kniff, nebenbei bemerkt, der gegenauch einen Blick werfen hinter die Kulissen der offiziösen Bismarck auch noch auf den Tausch kommen wärtige Herzog von Lauenburg auch als Frondeur noch zur Preßwirthschaft. Beide Einrichtungen find innig mit einander mußte, lag in der Natur der Sache. Noch ein Weilchen, Anwendung bringt. verfilzt. Ist es doch im Einzelfalle schwer zu unterscheiden, und die Offiziösen im Dienste der Regierung, wie die Vielleicht können die Regierungsvertreter durch ein wo der Agent des Herrn v. Tausch aufhört und der Offiziösen im Dienste der polizeipatriotischen Fronde werden solches System markirter Fechterkunststücke hin und wieder diplomatische Rechercheur" der offiziösen Presse anfängt. es sich selbst eingeredet haben, daß sie, unbefleckt durch den einen Augenblickserfolg erzielen, der Nachtheil, der ihnen Ohne die Fäulniß, die durch die Institution der offiziösen Lützow - Prozeß, eine Zierde des Vaterlandes bilden. persönlich daraus erwachsen kann und wie der Lüßow. Presse im Zeitungswesen erzeugt wurde, hätten Herr Können sie doch auch getrost in die Zukunft blicken, Prozeß gezeigt gezeigt hat, thatsächlich daraus erwachsen v. Tausch und seine Auftraggeber überhaupt niemals ihrer denn trotz allen Geredes von Reformen" wird die poli- ist, wird aber immer weit größer sein. Jene Hintertreppenpolitik einen solchen lauttönenden Wiederhall tische Polizei den Kampf für Ordnung, Sitte und Sorte von Zeitungsschreibern, die in die Ministerien in der Presse verschaffen können. Religion nach dem bisher von ihr bewiesenen Maße von ihre diplomatischen Rechercheure schicken, um inspirirte Einsicht weiter führen und die„ diplomatischen Rechercheure", Artikel in Empfang zu nehmen und dann gleic wie Herr Levysohn nach der Methode des seligen Riccaut zeitig in der Deffentlichkeit mit ihrer unabhängigen Zunächst quollen die bürgerlichen Blätter über von de la Marlinière die Leute getauft hat, die bisher in grobem liberalen oder konservativen Ueberzeugung prunken, sind auch Entrüstungsartikeln über die Hintertreppenpolitiker vom Deutsch Nachrichtenschnorrer genannt wurden, werden zu allen möglichen anderen politischen Brunnenvergiftungen Schlage des Herrn v. Tausch. Auch diejenigen Blätter in den Ministerien aus- und einlaufen, um Schwarz fähig. Sie führen die öffentliche Meinung auf eigene Faust stimmten in den Chorus mit ein, die in irgend einer Weise in auf Weiß auf die Redaktionsbureau's gutgesinnter irre und bieten auch zu anderen Intriguen die Hand. Herr die Sache verwickelt waren. Um vergessen zu machen, welche Zeitungen zu bringen, was das Beamtenthum in die v. Tausch und seine Hintermänner haben nur in den Boden Rolle sie selbst gespielt hatten, thaten fie sich Presse lancirt zu haben wünscht. gefäet, den die Reptilienwirthschaft gelockert und gedüngt hat. eifrig in der Brandmarkung anderer räudiger Schafe Könnte irgend ein Zweifel daran bestehen, die Ver- Stets schädigt die Korruption schließlich auch diejenigen, hervor. Zwischen dem Lager der Bismarck - Freunde und sicherung des Herrn v. Marschall, ohne offiziöse Presse sei die ihre Meister sein wollen. dem der Marschall- Freunde flogen die Beschuldigungen munter nun einmal für die Staatslenter das Regieren unmöglich, Und deshalb können wir von unserem Parteiftandpunkte hin und her. So wußte sich die antisemitische Staats- müßte ihn beseitigt haben. Mit dem, was im Deutschen aus es ruhig mit ansehen, daß die politische Polizei und die bürger Beitung", die selbst die Tausch Mären eifrig Reiche der Gottesfurcht und guten Sitte offiziell und offiziöse Presse nach wie vor blühen und gedeihen werde. tolportirt hatte, nicht genug zu thun in der Geiße- offiziös als Staatsfunft gepriesen wird, harmonirt ja auch uns gereicht es nicht zum Nachtheil, wenn unsere Gegner lung des Berliner Tageblatts" wegen der Thätigkeit diese Prattit vortrefflich. Mögen aber die preußisch- deutschen selbst ihren Werken das Gift der Verderbniß einimpfen. der Zeitungsdiplomaten Levysohn und Gingold- Stärck. Minister der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ohne sie Als dann andererseits die" Post", die den Vertrauens- nicht auskommen können, deshalb führt die Juftitution männern der Polizei so bereitwillig ihre Spalten zu öffnen der offiziösen Presse doch nothwendig zur politischen Brunnenpflegt, es über sich gewann, gleichfalls einen Entrüstungs- vergiftung. Berlin , 21. Dezember. sermon über das Gebahren der politischen Polizei von Niemand wird es der Regierung oder den einzelnen Herr von Plök hat auf einer Provinzial Versamin. sich zu geben, erklärte das" Tageblatt" mit der ernstesten Ministern verargen, wenn sie ihre Ansichten auch durch lung des Bundes der Landwirthe, die am Donnerstag in Miene von der Welt, als ob niemals die Herren Levyjohn die Preffe verbreiten; korrumpirend wirkt es aber, daß Danzig abgehalten wurde, wieder einmal eine seiner schier und Gingold- Stärd über ihren Verkehr mit Herrn v. Tausch der Ursprung der Artikel nicht deutlich erkennbar gemacht endlosen Reden geredet. Er hat sich dabei aber wohl hätten Zeugniß ablegen müssen, es sei sehr zu bedauern, wird. Indem in eine Anzahl von Blättern Artikel gehütet, gegen die Konservativen mit der Streitart zu daß die" Post" nicht früher schon das Treiben der politischen oder tendenziöse Mittheilungen hineinlaucirt werden, wird schlagen und es war ganz erstaunlich, wie er seinen Polizei gerügt habe, wie das tugendhafte" Tageblatt" felbft im Publikum völlige Ungewißheit darüber erzeugt, was in Patriotismus und seine Loyalität herauszustreichen versuchte. es sich stets habe angelegen sein lassen. den fraglichen Blättern denn eigentlich offiziösen Ursprungs Den jetzigen Ministern und ihrem System sagte er zwar Bon Selbstkritik in beiden Lagern keine Spur! So ist und was nicht. Leider liegt eine solche Ungewißheit einige Schmeicheleien, aber selbst aus diesen Absätzen erfah wenig, daß jetzt schon die Bismarck- Blätter, nachdem sie aber häufig gerade in der Absicht der Regierungsvertreter. man, daß der Herr Rustikus die Worte des konservativen
( Nachdruck untersagt.)
Als ich nach Hause ging, um die Deljacke anzuziehen, sah ich, daß der Barometer ständig im Fallen war. Der Simmel war auch nicht flar, und wir mußten uns auf einen Sturm gefaßt machen.
daß wir, trotz der Deljacken, bald keinen trockenen Faden am Leibe hatten.
Das wird noch schlimmer!" sagte ich. Und es wurde noch schlimmer. Gegen Nachmittag war es ein wahrer Orkan und das Focksegel wurde uns davongeblasen. Wir refften das Großfegel so, daß dasselbe ein Dreieck bildete.
Politische Uebersicht.
Seekrankheit geplagt. Da kommt eine Sturzwelle und bricht hinter uns entzwei.
Das Steuer' runter! brüllt Sören. Und ich lege auch das Steuer hart hinunter, aber wir hatten die Welle schon über uns. Sie schlug die Kajütenkappe ab, als wäre es ein Hut auf dem Kopf eines Mannes gewesen, und wir hörten, wie das Wasser in die Kajüte hinunterstürzte.
Jens tam wie ein Pfropf aus einer Flasche heraus. gefahren. Er vergaß ganz die Seekrankheit und rief, die Schute finte.
Den Klüver machten wir los. Wir versuchten den Na, dachte ich, du haft ja schon früher manchen Puff Klüverleiter zum Fockstag hineinzuholen, um aus dem ausgehalten, hiesmal wirst du wohl auch durchkommen! Klüver ein Focksegel zu machen. Ein Stück konnten wir Das meinten die andern auch, und wir gingen an ihn auch auf dem Luvbaum hineinholen, aber es war ja Das that sie diesmal nun zwar nicht. Wir konnten Bord, nachdem wir dem Schiffer und seinem Matrosen nun so dunkel geworden, und wir mußten fürchten, daß die Kajütenfappe, die in die See hinuntergespült war, bergen, Lebewohl gesagt hatten, die frank und elend genug aus- derjenige, der draußen im Steven stand, von den Wogen und setzten sie wieder auf ihren Play. Und dann ging es sahen, um es verantworten zu können, daß sie ihr Fahrzeug über Bord gespült wurde. Wir waren alle mehr unter an die Pumpen. anderen Händen überließen. als über Waffer. Wir thaten unser Bestes, und Sören Das Pumpen ist übrigens nicht so übel. Man beWir tamen um 9 Uhr vormittags an Bord. Ich und Hans bissen sich draußen wie Razen feft. Wir kommt davon warme Finger und es erhält die Laune aufwollte gern warten, um zu sehen, wie sich das Wetter konnten den Klüver auch wirklich halb emporrichten, aber recht. eigentlich gestalten würde, und so lagen wir und ließen das kaum hatte er Wind gefangen, so flog er mit einem Knall Ungefähr um Mitternacht sahen wir durch das Dunkel Schiff vor Anker reiten, bis es 11 Uhr war. Da sprang davon. einen Segler, der von hinten gerade auf uns los steuerte. die Ankerkette. Wir bliesen in ein Nebelhorn, um ihn zu warnen, aber wir bekamen keine Antwort. Er rannte uns in Lee so nahe vorbei, daß wir Rumpf und Dackelwert unterscheiden fonnten und sehen, daß es ein Schoner war. Ja, es war ein reines Gotteswunder, daß er uns nicht übersegelte. Wir setzten wieder die Pumpen in Gang, und wir hatten die Schute faft leer gepumpt, als ich das Steuer Hans Lauritsen übergab und mit Sören hinunterging, um meine Pfeife anzuzünden und irgend eine Herzensstärkung zu finden, mit der wir uns ein bischen erwärmen könnten. Jens lag wieder unten und rang mit seiner Seekrankheit.
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Da ging er hin!" sagte Sören. Na, da ging fie hin!" sagte Stören, der der Flinkste Nun lagen wir ohne Vorsegel, und das ist ein von der Besayung war. Nun müssen wir wohl Segel schlechtes Segeln, wie Sie wohl wissen. Rabenfinfter war auffezzen und freuzen! es; wir konnten nur das Blinken der Sturzwellen sehen, Wir sezten kleine Segel auf und trieben unter der wenn sie über uns kamen, wie Simson über die Philifter. Küste hin bis Mittag. Dann fochten wir Kaffee und Wir trieben rückwärts, und ich mußte nach Westen steuern, schnitten uns jeder ein paar Stück Butterbrot. Und das um uns nur von der schwedischen Küfte freizuhalten, denn war die erste und letzte Mahlzeit, die wir an Bord der das war das Schlimmste, was uns passiren fonnte, wenn Schaluppe genossen. wir an ihr hängen blieben.
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Es zieht schwer auf!" sagte Jens Taneren, der jüngste von uns, der bei dem heftigen Schaukeln des Schiffes fees frant geworden war. Mit den Wellen im Stagerat ist, meiner Treu, nicht zu scherzen. Aber im übrigen machte der Junge seine Sache, wie wir anderen.
Wir steckten drei Reffe in das Großsegel und eins ins Focksegel.
Es war, wie gesagt, pechrabenfinster geworden. Wir hatten eine lange Nacht vor uns; ein Orkan blies, und mir saßen allein mit dem Stückchen Hintersegel in einer kleinen Schute, die bereits soviel Wasser eingenommen hatte, daß wir anfangen mußten zu pumpen. Die eine Sturzwelle nach der anderen ging über uns hinweg; im Dunkeln draußen vor uns krachte und prasselte es, und bald war auf dem Luvbug alles Emporstehende von den Wellen weggeschlagen. Ich peilte gerade den Leuchtthurm von Skagen Wir trieben auf unserer Landseite hin, um der in Südost ungefähr fünf Meilen vom Land, und Hans schwedischen Küste nicht zu nahe zu kommen. Es zogen und Sören saßen hinten bei mir draußen und klopften sich schwere Böen auf, der Himmel wurde gleichsam kachelofen in die Fäuste, während Jens Taneren unten in der Kajüte schwarz, und die See thürmte sich draußen so toll und wild, lag, denn der arme Junge wurde nun furchtbar von der
Das sind kleine Segel!" sagte ich. Aber wir betommen noch kleinere, werdet Ihr sehen."
Indem wir hinuntergingen, sagte Hans am Steuer: ,, Es wäre augenehm, zu wissen, was die Uhr ist. Die Nacht ist lang nnd dunkel; es ist, als wollte sie gar kein Ende nehmen!"
Das waren die letzten Worte, die wir von ihm hörten. Als wir hinunterkamen, stand ich mit weitausgespreizten Beinen da und stopfte meine Pfeife. Jens lag auf der Kastenbank und Sören setzte sich neben ihn und riß ein Streichholz an.
Wie geht's Dir, Jenschen?" fragte ich und langte nach dem Streichholz( Fortsetzung folgt.)