Einzelbild herunterladen
 
1. Beilage zumVorwärts" Berliner Volksblatt. Kr. 399. Dienstag, den 32. Dezember 1896. 13. Jahrg. VoKsles. Nm 81. Dezember ist der kürzeste Tag und die längste Nacht des Jahres. Da hat die Sonne ihren scheinbar tiefsten Stand, d. h. die Sonnenstrahlen fallen am schrägsten und folglich am wenigsten wärmend und lenchlend ans die Erde, der, wenn diese Bewegung in dem Ver< dältniß zum Tagesgestirn fortdauerte, bald Licht und Wärme vollständig ausgehen würde. Allein die Bewegung hat jetzt ihren Ruhepunkt erreicht, und vom 22. Dezember an beginnt die Sonne wieder scheinbar zu steigen, d. h. der Winkel, in welchem die Strahlen auf die Erde fallen, nähert sich immer mehr einem rechten Winkel, und sie spenden entsprechend mehr Wärme und Licht. Es ist das die sogenannte Wintersonnenwende, die, weil die Herrschaft des Lichts und der Wärme Frühling, Sonnner und die Wiedergeburt der Natur und allen Lebens anzeigend, seit Urzeiten von den Menschen gefeiert wird. Bei den alten Germanen begann mit dem Kentigeu Tage das I u l- und Jubelfest, an dessen Stelle das Christenthum, einige Tage der Pause lassend, das Weih- nachts fest geschoben hat, an welchem der erlösende Christus die erlösende Sonne des alten Naturkults vertritt. NeberBerliner   Kouiinnnal-Pflrgekinder" brachten die Bert. Neuest. Nachr." vor einiger Zeit einen Artikel, der sich aus einen in der MonatsschriftDie Frau" veröffentlichten AufsatzKommunal-Pflegekinder" einer Lehrerin H. Ludwig stützte »nd mit seinen hieraus entnommenen Schilderungen gewissen- loser Ausbeutung kommunaler Waisenkinder durch ihre Pfleger eine schwere Anklage gegen die Berliner  Waisenverwaltung bildete. Wir nahmen damals(vergleiche den Artikel in Nr. 266) auf grund gewisser, für Berlin   nicht zu- treffender Angaben des L.'schen Aufsatzes sofort an, daß dieBerk. N. N." den Aufsatz(der, ohne den Wohnort der Verfasserin zu nennen, nur vonunserer Stadt" sprach) irrthümlich ans Berlin  bezogen hätten. Inzwischen hat die Waisenverwaltung durch Anfrage bei der Herausgeberin derFrau" festgestellt, daß thatsächlich nicht Berlin   gemeint war. Die Waisenverwaltung hat darauf der Herausgeberin eine Darstellung der in der Berliner   Waisenpflege geltenden Bestimmungen übersandt und ihr, unter Bezugnahme auf jenen Artikel derB. N. N.", einen Rüffel dafür ertheilt, daß sie durch Aufnahme des nur vonunserer Stadt" sprechenden L.'schen Aufsatzes in ihre in Berlin   erscheinende Zeitschrift die B. N. N." zu einem Jrrthum verleitete. Wir meinen, der Irr thum war vielleicht weniger auf die Unklarheit des Aussatzes als darauf zurückzuführen, daß i» der Berliner   Waisen pflege, wie jedermann weiß, eben auch nicht alles Gold ist, was glänzt. Die häufigeren Störungen an dem elektrischen Bahnbetrieb der Großen Berliner   Pferdebahn- Gesellschaft haben eine eigen- ortige Ursache. Uns wird von einem Techniker geschrieben: Dem aufmerksamen Beobachter unserer elektrischen Konkurrenz- bahnen wird, selbst wenn er kein Techniker ist. dennoch nicht enlgangen sein, wie erheblich vollkommener und exakter der Betrieb der andern hier konzessionirten Gesellschaft arbeitet im Vergleich zu dem Betriebe der Großen Pferdebahn- Gesellschaft. Wir erleben hier ein merkwürdiges Schauspiel! Nach dem Grundsatz: Der Prophet gilt nichts in feinem Vaterlande, hat sich die Große Berliner   Pferdebahn- Gesellschaft für ihre elek irischen Betriebe mit der Eleklrizitäls- Gesellschaft Union in Geschäftsbeziehung gesetzt und diese Gesellschaft arbeitet vorzugsweise mit amerikanischen Pateuten, aus deren technischen Kinderkrankheiten sie sich selbst allmälig herausarbeitet. Auf diese Weise wird also Berlin  , die Ursprungs- stätte der elektrischen Eisenbahnen, sobald die Verträge mit der Pserdebahn-Gesellschaft abgeschloffen sind, für den größten Theil seiner elektrischen Berkehrsanlagen sich die minder voll kommenen Betriebseinrichtungen einer Gesellschaft gefallen laffen müffen, die mit amerikanischer Weisheit arbeitet, während die.viel vollkommeneren elektrischen Einrichtungen der beut- schen Firma nur auf dem Rest von Linien zur Durchführung ge- langen, den die Große Berliner   Pserdebahn-Gesellschaft noch übrig gelassen hat. Und fragst Du lieber Leser neugierig, wie es kommt, daß eine so reiche und so große Pserdebahn-Gesellschaft für Berlin   nicht gleich das nächstliegende und das beste System gewählt hat so giebt eS eine sehr naheliegende Antwort: erstens hat diese Gesellschaft doch schon zur genüge bewiesen, daß sie Rücksichten auf daS Berliner   Publikum, die an ihren Geldbeutel besondere Anforderungen stellen, überhaupt nicht keiint, und zweitens sind einflußreiche Aktionäre der Großen Berliner Pferdebahn-Gesell- schaff gleichzeitig Aktionäre der Elektrizitäts» Gesellschaft Union? Was scheert diese Kaufleute ein be­sonders vollkommener Betrieb: Die Hauptsache bleibt hier der Wahlspruch: Vivickvuckovtimxers.! Tie Einführung der Sonntagsruhe auch im Fern- sprech-Verkehr, oder die Verminderung der Betriebsstundeu für diese, wird gegenwärtig von der Reichs-Postverwaltung ins Auge gefaßt. Eine Korrespondenz berichtet:Zu diesem Zweck werden über die Inanspruchnahme der Fernsprech-Einrichtungen während der einzelnen Äerkehrsstunden der Sonnlage auf den Fernsprech- Aemtern besondere Feststellungen vorgenommen. Außerdem aber sind die mit Fernsprech-Betrieb versehenen Postämter angewiesen worden, bei den Fernsprech- Theilnehmern unter der Hand nachzuforschen. wie dieselben über ein« eventuelle Einfchränkung des Eonntags-Fernsprech-Verkehrs im allgemeinen denken, und in welchen Stunden der letztere am leichtesten zu entbehren sein würde. Das Ergebniß dieser Um- fragen und Feststellungen scheint nun für die Absicht einer Ein- jchränkung des Fernsprech-Verkehrs an Sonn- und Feiertagen ziemlich günstig zu werden. Nur wird diese Ein- fchränkung keineswegs in gleicher Weife, wie der Po st verkehr, ja überhaupt nicht während der Tagesstunden, sondern lediglich des Abends, etwa von 7 oder auch K Uhr an, möglich sein. Bestimmtes hierüber läßt sich jedoch heute noch nicht sagen, da die Erhebungen der einzelnen Postämter zur Zeit noch nicht ganz beendet sind und also die Reichs-Postverwaltung selbst noch nicht in der Lage ist, zu der Frage bestimmt und definitiv Stellung zu nehmen." Im Rheinland  , wo eine gleiche Absicht der Postverwallung bestehen soll, agitiren die Kapitalisten» blälter mit Eifer dafür, daß den Telephonbeamten ja keine Sonntagsruhe gewährt werde. Zu der Acetylen-Explosion in der Speuerstraße wurde in der letzten Versammlung des Gruudbesitzer-Vereius Bellevue- und Hansaviertel mitgetheilt. daß Herr Spediteur Rothenstein, der Besitzer des Hauses Spenerstr. 23. drei Tage vor dem Un- glück sobald er von der Gefährlichkeit der Jsaak'schen Ver- suche unterrichtet worden war beim Polizeipräsidium vor- stellig geworden war. um den Auszug des Jsaak'schen Laboratoriums durchzusetzen. Ehe die mit dem Vermerkeilig" versehene Eingabe den langen Instanzenweg durchlaufen halte. war das Unglück geschehen. Die Versammlung beschloß i»,t großer Mehrheit eine Resolution, in welcher nachdrücklich der Ansicht Ausdruck gegeben werden soll, daß das Polizeipräsidium künftighin solche Betriebe im Innern der Stadt bezw. in und nahe bei Wohnhäuser» nicht mehr konzessivniren dürfe. Ange und Beruf. Zu diesem von uns in Nr. 236 ge- brachten Artikel wird uns vom Zentralvcrein der Gärtner geschrieben. daß unter den Aerzte» vielfach die An- ficht verbreitet sei. zum Beruf des Gärtners bedürfe es keiner besonders großen Sehschärfe. Dies sei ein Jrrthum. Wie jeder Fachmann bezeuge» werde, fei namentlich beim Baumschulen- und Landschaflsgärtner ein gutes Auge Haupterforderniß. Junge Leute mit schwachen Augen werden von gewissenlosen Prinzipalen zwar ganz gern als Ausbeutungsobjekte in dieLehre" ge- nommen, in späteren Jahren aber seien sie nicht zu gebrauchen. Die Minderwerthigen arbeiteten dann für jeden Hungerlohn und erschwerten es den organisirten Gärtnergehilfen, ihre so schon elende Lage zu verbeffern. Mehrere Steinmetzen ersuchen uns um Aufnahme folgender Einsendung: Die Trottoirplatten unserer Bürgersteige sind durch den starken Fußgängerverkehr in den meisten Straßen so glatt geworden, daß sie namentlich bei nassem Wetter oft schwer zu passtren sind. Wäre es da nicht angebracht, die Trottoirplatten etwas ausstaken, d. h. rauh bearbeiten zu lassen? Es ist dies eine einfache Arbeit, welche bei dem jetzigen Frost- weiter, welches die Arbeiten auf Bauten meistens inhibirt, von den Steinmetzgeschäften gewiß gern angenommen würde. Vielen Steinmetzgehilfen, die zur jetzigen Weihnachtszeit mit ihren Familien Hungerpfoten saugen müssen, würde durch eine der- artige Beschäftigung eine schwere Sorge vom Halse genommen werden. Wenn wir nicht irren, weist sogar eine alte Polizei- Verordnung die Hauswirthe an, nach dieser Richtung hin ihre Pflicht nicht zu vergessen. Tie Sonntags-Renue» werden auf Beschluß des Kaisers im nächsten Jahre ebenfalls von dem Programm der großen Rennvereine Berlins  , dem Union-Klub, dem Verein für Hinderniß- rennen und der Trabrenn- Gesellschast snspendirt bleiben. Ob endgiltig auch damit gebrochen werden wird, an ganz besonders christlichen Stätten den Sabbath durch profane Arbeit zu schänden, wie dies bekanntlich im königlichen Schloß, in der Gnadenkirche, sowie in der Kirche mit der weggemeißelten Kameelsinschrist ge- schehen ist? Wann besuchen die Armen die Kirche? DasVolk" des Herrn Stöcker schreibt:Die Berliner   Obdachlosen strömten gestern in hellen Haufen nach den beiden Schrippen- k irchen des VereinsDienst an Arbeitslose", so daß hunderte an den Thören abgewiesen werde» mußten. Die Leute hatten nämlich geglaubt, daß schon gestern die Weihnachtsfeier stattsinden würde, sie wird jedoch erst am nächsten Sonntag, dem dritten Weihnachtsfeiertage, abgehalten werde». Merkt das Volk" garnicht, wie wenig Werth die Armen dem geistigen Manna beilegen, das ihnen neben der Schrippe gespendet wird? Konkurrenz. Die katholischeGermania" schreibt:Pro­testantische Propaganda vor der katholischen St. Hedwigskirche  ist wohl das neueste auf diesem Gebiete. Vorgestern, Sonntag, stand vor dem Beginn der Gottesdienste vor der St. Hedwigs- kirche ein Mann, der an die zur Kirche kommenden Katholiken gratis Traktätchen aus dem Verlage der D. Evangelischen Buch- und Traktatgesellschafl Berlin K Äckerstraße 142 vertheilte. Die betreffenden Katholiken, die da glaubten, es wird ihnen von feite» der Hedwigskirche irgend eine Schrift angeboten, waren entrüstet darüber, ei» wenn auch»och so salbungsvolles evangelisches Traktätchen erhalten zu haben auf dem Wege zum katholischen Gottesdienst. Schließlich wurde der Mann auf- gefordert, daß er sich davon machen solle, da er nicht zu wissen scheine, daß hier eine katholische Kirche   sei. Er machte ein dummes" Gesicht und trollte sich." Weihuachts- Rückfahrkarten. Eine Reihe Anfragen ver- anlassen uns, eine kürzlich erfolgte Veröffentlichung nochmals zu wiederholen:Der Minister der öffentlichen Arbeiten hat an- geordnet, daß zur Erleichterung des Weihnachtsverkehrs im Verkehr zwischen Stationen der preußischen Staalsbahnen und im direkte» Verkehr mit anderen die gleiche Bestimmung an- nehmenden Eisenbahnen die Geltungsdauer der am 22. De­zember d. I. und den folgenden Tagen gelösten gewöhnlichen Rückfahrkarten von sonst kürzerer Geltungsdauer bis zum 6. Januar kommenden Jahres einschließlich verlängert wird. Die Rückfahrt muß an diesem Tage angetreten werde». Voraussichtlich werden die übrigen norddeutschen Eisenbahnen, ferner die hessische Ludwigsbahn und die Main- Neckarbahn die gleiche Bestimmung treffe», wie es im Vorjahre bei der Ver- längerung bis zum 2. Januar geschehen ist; vielleicht auch die niederländische Staatsbahn, holländische Eisenbahn und große belgische Zentralbahn. Dagegen dürste im Verkehr mit den Reichs-Eisenbahnen, den pfälzischen, badischen, württembergischen und bayerischen Eisenbahnen die Verlängerung auf 16 Tage be- schränkt bleiben." Ermäßigung der Fernsprechgebühren. Vom I. Januar 1897 ab wird un Sprechverkehr zwischen zwei verschiedeneu Stadt-Ferusprech-Einrichtungen des Reichs-Post- und Telegraphen- gebiets, deren Haupt- Vermittelungsanstalten in der Luftlinie nicht mehr als ö0 Kilometer �von einander entfernt sind, die Gebühr für ein gewöhnliches Gespräch bis zur Dauer von drei Minuten aus 25 Pf. crniäßigt. Bei größeren Entfernungen be- trägt die Gebühr wie bisher 1 M. Genaue Adrcssiruug der NeujahrSbriefe. Die Ober- Postdireklion macht folgendes bekannt: Um eine ordnungsmäßige Bestellung der Briese zum bevorstehenden Jahreswechsel zu er- reichen, ist es erforderlich, daß in den Ansschriften der Stadt- briese nickt nur die Wohnung des Empfängers(genau nach Straße, Hausnummer und Lage(Stockwerk, Hof zc.), sondern auch der Postbezirk(L, 0, XO u. s. w.), in welchem die Woh- »ung gelegen ist, neben dem OrtsnamenBerlin  " oder der Bezeichnunghier" deutlich und zutreffend angegeben wird. Vom Postamt 18. Heute wird die Ausgabe für Briese und Zeitungen des Postamts 12 von dem Hause Zinimerstr. 26 (Ecke Charlottenstraße) nach dem Hause Zimmerstr. 27 verlegt; daselbst wird gleichzeitig ei» Annahmeschalter für Drucksachen und größere Waarenproben eingerichtet werde». Dergoldene Sonntag" hat nach derVoss. Ztg." im allgemeinen die Geschäftswelt nicht befriedigt, jedenfalls ist der Umsatz fast überall hinter dem im vorigen Jahre zurückgeblieben. Die Schuld wird dem Blatte zufolge in erster Reihe dem un- freundlichen Wetter zuzuschreiben sein, das gerade den kauf- fähigste» Theil des Publikums zurückhielt; daneben mag auch der Umstand hemmend gewirkt haben, daß uns noch fünf Tage vom Feste trennen und viele ihre Einkäufe bis in die allerletzten Tage verschieben. Ob die Behörde aus derartigen Klagen de» einzig verständigen Schluß ziehen wird, daß es zwecklos und schädlich ist, die Sonntagsruhe zum Schaden der Handels- angestellten vor den Festen zu unterbreche»? Gegen das O.näleu der WeihuachtSkarpfeu beim Schlachten wendet sich eine an uns gerichtete Zuschrift des Berliner   Thierschutzvereins:«Die Fische werden lebendig ge- schuppt und aufgeschnitten, den Aalen   wird lebendig die Haut abgezogen, häufig nachdem man sie in einer Schüssel Salz sich hatmatt laufen" lassen. Die so zu Tode gemarterte» Thiere werden dann als Festschmaus beim Hauptfeste der Christenheit verzehrt. Und solches geschieht nicht nur von rohen, ungebildete» Leuten, sondern in den Küchen derbesten Kreise" und besonders in den Gasthöfe». Nicht selten wohnen diesem empörenden Vor- gange auch die Kinder des Hauses bei ein treffliches Er- ziehungsmittel! Und doch ist nichts leichter als einen Aal. Karpfen oder anderen Fisch völlig zu betäuben, wenn man ihm mit einem oder mehreren Hammerschlägen die Hirnschale zer- trümmert." Wir bringen diese Zuschrift zum Abdruck, obgleich wir glaube», daß der Theil unserer Leser, der sich einen Weih- nachtskarpfen leiste» kann, nicht allzugroß ist. Möge der wohl- angebrachte Wink des Thierschutzvereins dort Beachtung finden. Im Treptower Park ist am 15. d. M. mit der Zuschüttung des neuen Sees begonnen worden und zwar zunächst mit dem Kanal zwischen See und Karpfenteich. An demselben Tage wurde mit dem Abbruch des Theaters Alt-Äerlin begonnen. Unglücks- fälle scheinen sich bei den Abbruchsarbeiten recht zahlrerch zu ereignen. In der Woche vom 11. bis 13. Dezember sind folgende Unfälle zur ärztlichen Behandlung gelangt: Dem Maurer» polier Robert Raspe aus Rixdors zerschmetterte ein umstürzender Pfeiler den linken Fuß. Nach Anlegung eines Nothverbandes in der Sanitätswache wurde der Verletzte nach dem Kraukenhause Bethanien gebracht. Am IS. d. M. ereigneten sich zwei Unfälle: Der Arbeiter August Böse aus Berlin   brach das rechte Hand- gelenk und der Zimmermann Hyronimus Schönborn aus Berlin  stürzte von einer sechs Meter' hohen Mauer, er verstauchte sich ein Fußgelenk und zog sich eine Erschütterung der Lenden- und Wirbelsäule zu, die seinen Transport nach Bethanien erforderlich machte. Am 16. erlitt der Zimmererlehrling Ernst Roloss eine schwere Kopfverletzung durch ein abstürzendes Brett, und mußte auch er sich in ärztliche Behandlung begeben. Aerztestreik. Der Geschäftsausschuß der Berliner   ärztlichen Standesvereine erläßt folgende Bekanntmachung:Die Vereine werden hierdurch davon in Kenntniß gesetzt, daß der Geschäfts- ausschuß gegen den Beschluß des A b o n n e m e n t s v e r e i n s für D i e n st b o t e n, das ärztliche Honorar herabzusetzen, sich einstimmig ausgesprochen hat. Die Vereinsmitglieder werden ersucht, Dienstbote» zu den gewünschten Bedingungen nicht zu behandeln, bis über das Resultat der einzuleitenden Verhand- lunge» Mittheilnngen ergehen." Der Abonnementsverein für Dienstboten hatte an die Aerzte das Ansinnen gestellt, für ihre Thätigkeit sich mit einem Pauschale von 56 Pf. pro Jahr und Kopf zufrieden zu geben. Der Verein hat im vorigen Jahre seinen Mitgliedern auf ihren Jahresbeitrag von 6 M. eine Mark zurückerstattet, d. h. 162/a pCt. Dividende gewährt. In derBerliner   Aerzte. Kor- respondenz" wird die Frage aufgestellt:Wäre es nicht möglich gewesen, an anderen Stellen mit der Sparsamkeit einzusetzen. anstatt gerade dort, wo sie in erster Linie den Zwecken des Vereins abträglich ist? Vielleicht bei den Dotationen der Aus- schußmitglieder, die so begehrenswerth hoch sind, daß sie bei den Ausschußwahlen eine förmliche Agitation und Wahlschlepperei hervorrufen?" Die meisten Krankenkassen Berlins  , die aus ge- setzlichen Bestimmungen beruhen, zahlen 3 Mark auf das Jahr für jedes versicherte Mitglied, das ist sechsmal so viel, als der Abonnementsverein in Zukunft zahlen will. Einem der modernen Schnfterles auf dem Baumarkte sind abermals viele Arbeiter, die gehofft hatten, durch energische Anstrengung sich ein frohes Weihnachtsfest sichern zu können, zum Opfer gefallen. Der Maurermeister und Bauunternehmer Schwanz aus der Graunstr. 7 ist am Sonnabend Abend mit 21 666 M. durchgebrannt. Schwanz, der Frau und zwei Kinder besitzt, hatte zwei Häuser errichtet und, nachdem diese kaum fertig waren, vermiethet. Sofort nahm er ein drittes an der Frankfurter Allee   in Angriff. Die beiden Grundstücke in der Petersburgerstraße und in der ganz neuen Graunstraße sicherten ihm, da sie einen Reingewinn von jährlich 7660 bis 8666 M. abwerfen, ein sorgenfreies Leben. Es scheint aber, daß gerade dieser Erfolg ihn zu gewagten Spekulationen getrieben hat. Am Sonnabend Nachmittag warteten Lieferanten und Arbeiter auf dem Bauplatze in der Frankfurter Allee   aus Zahlung und Löhnung. Man wußte, daß Schwanz bei feinem Baugeldgeber 21 666 M. erhoben hatte, aus denen rückständige Forderungen von Handwerkern und die Löhne der vergangenen Woche gedeckt werden sollten. Vergeblich wartete man Stunde um Stunde auf den Unternehmer, der seinerseits auch als Maurermeister fungirte und die Maurer unmittelbar löhnte/ Man kann sich die Stimmung denken, die sich der Arbeiter be- mächtigle, als sie die Ueberzeugung gewonnen hatten, daß sie ihren Familien mit leeren Händen kommen mußten, und daS gerade wenige Tage vor dem Weihnachtsseste. Schlimm waren zum theil auch die Meister daran, so der Zimmer- meister Müller ans der Swinemünderstraße Nr. 34, der 6666 Mark verliert und damit ein ruinnter Mann ist. Ein Fuhr Herr Grimni aus der Pappel-Allee 32 büßt 3666 M. ei». Die Erregung der Leute war um so größer, als sie in der letzten Zeit mit fast übermenschlicher Anstrengung gearbeitet hatten, um den Bau hochzubringen. Der dahingehende Wunsch des Unter- »ehmers ist ihnen jetzt klar. Schwanz wollte das Haus bis zur dritten Balkenlage bringen, um in den Besitz der entsprechenden Baugeldrate kommen zu können. Die Erbitterung unter den Be- trogenen aber wuchs noch, als man erfuhr, daß ein Schwager des Bauunternehmers, ein früherer Restaurateur Gartz  , am hellen Nachmittag in seiner Wohnung in der Graunstr. 7 hatte pfänden lassen, und daß Frau Schwanz dann mit ihren beiden Kindern die leere Wohnung verlassen hatte. Der Flüchtige ist Sonntag Mittag, als er in sein Haus in der Petersburgerstraße kam, von der Knminalpolizei sestgenommen und von dem Konimissar Maaß gleich verhört worden. Er hat angegeben, daß er von seinen Äaugeldgeber» Max Priester u. Co. in der Kanouierstraße am Freitag voriger Woche 14 ö66 M. er- halte» habe. Im Besitze dieses Geldes sei er in diePreußen- kneipe", eine Wirthschaft uiit weiblicher Bedienung in der Friedrichstraßc, gegangen und von dort nach denPalmensäleu", einen, Tanzlokale in der Alten Schönhauser- nahe der Münz- straße. Dort habe er die Bekanntschaft eines Mädchens geniacht. und als er am folgenden Morgen um 3 Uhr betrunken nach Hause gekommen sei, habe er kein Geld mehr gehabt. Diese An- gäbe ist nicht glaubwürdig»nd wohl darauf berechnet, die Unter- suchung zu verwirren. Schwanz ist als ein Knauser bekannt, der selten einen Groschen mehr ausgab, als er dringend mußte, und es besteht daher der Verdacht, daß er mit Unterstützung von Helfershelfern das Geld bei Seite geschafft Habe. Die Ermitte- lnngen der Kriminalpolizei erstreckten sich daher auch auf den Verbleib des Geldes. Schwanz war früher Maurer  , arbeitete bei Held und Franke, wurde Polier und endlich Bauunternehmer. Ter Vctrugsfall des Einjährig-Freitvilligen Fritz Köhler   scheint für eine ganze Anzahl Betheiligter schlimme Folgen zu haben. Der Bierzapfer Ernst Lehmann  , der den Bureaubeamte» Wilhelm Kisterniann veranlaßt hatte, als Fritz Köhler   sich das Einjährigen-Zeugniß zu erwerben, das der wirk- liche F. K. dann zur Ableistung seines Jahres beim Garde- Füsilier-Regimeut benutzte, hat dem Köhler j» den Jahren 1394 bis 1395 mit Beihilfe feines Bruders August Lehmann und dessen Frau, sowie angeblich auch seines zweiten Bruders Gustav, des Bahnhoss-Vorstehers von EberSwalde  , durch Drohungen derartig Gelder abgepreßt, daß dieser sich ge- nöthigt sah. un» den Erpressungen zu entgehen, nach