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Dienstag, den 25. September 1888.

5. Jahrg.

SckimWlisWl Drgan für die Interessen der Arbeiter.

Abonnements-Einladung. . Zum Quartalswechsel erlauben wir uns zum Abonnement auf das »DerUtter Uolksblatt" dem wöchentlich erscheinenden K»n«tag»blatt einzu-

Der Standpunkt im «w Boden des unbeugj Darleguna der Wahrheit

teres Blattes ist bekannt. Es steht auf isamen Rechts. Die Erforschung und -.mfl der Wahrheit auf allen Gebieten des öffentlichen ist seine einzige Aufgabe. Als treuer Berather und «Irriter für die Aufhebung und Ausgleichung der Klassen» Umsätze ist dasBerliner Uolksblatt" ein entschiedener Gegner jeder Politik, die ihre Endziele in der Bevorzugung «»»-wer, heute schon mehr berechtigter Tesellschaftsklaffen "��iner Uolbsbtatt" sucht seine Aufgabe durch lalhllche Behandlung der polttischen als auch der T«mesfragen zu rtullen. Die gleichen Grundsätze losten uns bei Besprechung »»lerer städtischen Angelegenheiten. Im Feuilleton unseres Blattes veröffentlichen wir Aus» £»6» September ab einen ausgezeichneten Roman aus dem °»»nkantschm Ardeiterleben. detitAt »Die Uitter der Arbeit" »ersetzt von Natalie KebKnecht. n. Schon der Name der Uedersetzerin bürgt dafür, daß unseren j~«em hier«ine ebenso spannende wie gediegene Lektüre ge« »oten wird. Unser Konntagsblatt macht es sich nach wie vor zur Ugade, nur die besten und vollendetsten Arbeiten derjenigen Schriftsteller zu bringen, die auf dem Boden des wirklichen �dens stehen. . DasOerlhteo KoUrsblatt" kostet für das ganze Viertel« >abr fr-i in« Kan» 4 Mark, für den Monat Oktober * Mark 85 Pf.» pro Woche 85 Pf. Bei Seibstadholung °us unserer Expedition 1 Mark pro Monat.'MW _ Für außerhalb nehmen sämmtliche Postanstaltcn Abonnc- �gem nächste Vierteljahr zum Preise von 4 Mark ent» Die AedaKtto» tmk Grpeditio» _ de«Oorltno» Uolksblatt"._ _ Jeuilleton. .j- tu A« unrechter Stelle. Räch emer russische» Erzählung von Dr. I. L. *.. Ialikow sah ein, daß sie entschieden habe und daß diese ."Scheidung eine unwiderrufliche sei; die Liebe hatte nicht 1 Gunsten seiner Rechtfertigung gesprochen. Schweigend n auf und entfernte sich. Maluga begleitete ihn. »Sie sehen doch, daß sie sehr aufgeregt ist das geht »"tübet-« sprach er zum Offizier. »Das geht nicht vorüber! Leben Sie wohl!" .»In der That, da« ist originell," dachte der Redakteur y., betrachtete Ewgescha mit derselben Verwunderung, Leute bei dem Anblicke einer That empfinden, zu wel» st- selbst nicht fähig sind. W blickte auf Ewgescha mit dem Entzücken, welches b« Publikum im Theater bei dem dramatischsten Momente Stücke«, künstlerisch von einem Schauspieler wieder» »Wen. erfaßt. gKomm' zu mir, meine Geliebte," sagte Polixena . de.» Gäste erwachten aus ihrem Nachdenken; sie LMfc, daß sie sich entfernen müßten und nahmen fc.»�Kescha saß auf dem Sopha neben Polixena und be- N»itb �dlich, wie ein Kind, heftig zu weinen. Maluga Kamine, im Innern erregt; er begriff, daß eS ÄÄ» »uck.?losen. wenn auch nicht bösartiaen Menschen, war ihn �Strafgericht. Er fühlte, daß seine Tochter auch che» �hten müffe. E« schien ihm. daß vor diesem Mad» und ftartcn Seele zwei elende Zwerge standen; er Deh�ikena wollte dem eben Vorgefallenen keine besondere D'u?rs?doch Dewe Absage zurück-

Die erste That. Als vor nunmehr zehn Jahren das Sozialistengesetz ins Leben trat, da gab dieRat.-Ztg.", die damals wie heute die Führung in der nationalliberalen Presse hatte, die Losung aus, daß, wenngleich nach Lage der Dinge auf eine Revressivgesetzgebung gegen die Umsturzgelüste der Arbeiter nicht verzichtet werden könne, so doch das nur ein durch die Roth gebotenes Hilfsmittel vorübergehender Art sein könne, daß aber derLöwenantheil" der Arbeit, die zur Ueber- Windung der Umsturzpartei nothwendig sei, von dem intelli- genten, patriotischen Bürgerthum die Partei der Gentle- maus war damals noch nicht erfunden verrichtet werden müsse. Zu gleicher Zeit erklärte das genannte Blatt, daß e» Aufgabe derunabhängigen Presse" sein müsse, darüber zu wachen, daß die außerordentlichen Vollmachten, die der Regierung in dem Sozialistengesetz gewährt seien, nur in loyaler" Weise zur Anwendung kämen. Das Wort vomLöwenantheil" hatte damals ganz riesig eingeschlagen. In der gesammten liberalen Presse, den größten Theil der fortschrittlichen Provinzialvresse nicht ausgenommen, salbaderte man von den nothwendigen Auf- gaben, die dem Bürgerthum jetzt behufs Versöhnung der verführten" Arbeitermasscn erwüchsen, und mitGotteS Hilfe" und dem Beistand der Polizei hoffte man den Gott- seibeiunS Sozialdemokratie schleunigst aus den Herzen und Köpfen der deutschen Arbeiter auszutreiben. Jndeß, aller Anfang ist schwer. Das schöne Wort Löwenantheil" allein that es nicht und über etwas weiteres vermochten sich die Apostel zur Bekehrung der Arbeiter nicht zu verständigen. Nur hier und da wurde von Worten zu Thaten geschritten, indem man reichstreue Arbeitervereine gründete und vereinzelt wurde es auch versucht, auf die Ar- beiter durch Flugschriften einzuwirken, ja sogar mitAr- beiterzeitungen" trat man hervor. Leider aber natürlich leider für die Herren Arrangeure haben alle diese Un- ternehmungen bei den Arbeitern nicht das erhoffte Ent- gegenkommen gefunden. Wenige Monate nach vem Erlaß des Sozialistengesetzes war denn auch das Geschwafel von demLöwenantheil" verstummt, kein reichstreuerArbeiter- verein" wurde mehr gegründet, und die Absicht, den Arbeitern mit liberalen oder konservativen Flug- Blättern oder Zeitungen beizukommen, ward aufgegeben. Die Arbeiter ließen die reichstreuen Herren in den Vereinen vor leeren Bänken predigen, die ihnen gratis gespendeten Zeitungen und Flugschriften verwandten sie aber in ganz respektwidriger Weise zu Wurstpapier und ähnlichen Zwecken. Mittlerweile war die Polizei in voller Arbeit. Was an Arbeiterblättern, die irgendwie im Gerüche sozialdemo- Niemals!!" Mir kommt es vor, als hättest Du Dich übereilt. Du mußt doch einsehen, daß, wenn Dich auch Jemand noch so sehr liebt, er stch doch nicht selbst zum Opfer bringen kann." Du verstehst mich nicht, Mama; ich wollte eS keines­wegs. daß er eS nicht thun sollte auS Liebe zu mir. Das durfte er nicht wagen, weil er stets von seiner Liebe zum Volke sprach." Mein Täubchen, Du gehst ein wenig zu strenge mit den Leuten um." Ewgescha hörte nicht auf sie und fuhr fort:Und was ist er? Ist er besser wie dieUebrigen"." Nun, meine Liebe, vergegenwärtige Dir nur seine Lage; eS war ihm doch befohlen worden im Dienste muß er blind gehorchen solche idealen Menschen, wie Du sie wünschst, giebt e« nur m Romanen." Was! Es giebt keine Leute, die in Wahrheit das Volk lieben?" Ich wenigstens bin noch Keinem begegnet. Nimm alle unsere Bekannte, sie können Alle nicht so handeln, wie eS ihnen daS Herz gebietet. Nun, nimm selbst Deinen Papa! Du weißt, wie oft ihm sein Dienst Oualen ver- ursacht. Aber man muß doch von etwa« leben. Und wie hätte man die Kosten Deiner Erziehung bestreiten sollen, wenn er nicht im Dienste gewesen wäre?" Ewgescha zuckte zusammen. Ach, warum mußtest Du davon sprechen?" brachte Maluga mit Stöhnen hervor und begab sich in sein Früher, Mama, habe ich nichts davon verstanden," antwortete Ewgescha,aber im letzten Jahre habe ich auch daran gedacht. Du hast mich mit einem gerechten Vorwurf getroWas. meine geliebte Ewgescha? Ich habe gar nicht daran gedacht, Dir ewas vorzuwerfen." Nun, ich mache mir selbst den Vorwurf. DaS ist schrecklich, daS ist-- ," sie hatte nicht den Muth, einen etwas charakterisirenden Ausdruck zu gebrauchen. Genug, genug, meine Theure; es wird vorübergehen.

kratischer Gesinnung standen, vorhanden war, wurde ver- boten. Neuaegründeten Zeitungen blühte dasselbe Schicksal. Der Inhalt ver Blätter war dabei gleichgiltig, man erblickte in der Existenz dieser Blätter ein Mittel, den Zusammen- halt der sozialdemokratischen Partei auftecht zu erhalten, und da man sich mit der Hoffnung trug, die Partei zw zerstören, sie auflösen zu können, so duldete man auch nicht die Existenz rein neutraler Blätter, sobald dieselben für den Leserkreis der ftüheren sozialdemokratischen Blätter bestimmt waren. Arbeitervereine gab es nicht mehr. Die auch in liberalen Kreisen vielgerühmte loyale Handhabung de» Ausnahmegesetze» unter dem Grafen Eulenburg zerstörte de« letzten Arbeiter-Gesangverein und blieb auch vor Krankenkassen und Konsumvereinen nicht stehen, wenn deren Mitglieder Sozialdemokraten waren. Dieseschneidige" Praxis imponirte den Herren von derNat.-Ztg." derart, daß sie ganz und gar denLöwen- Antheil" vergaßen. Auch während der Periode Puttkamer fühlten sich vie Herren nicht bewogen, an ihre einst so laut vroklamirte Aufgabe, die Arbeiter zu bekehren und zn versöhnen, heranzutreten. Wahrscheinlich wollten sie die pflichtreuen" Beamten Jhring-Mahlow und Naporra nicht bei der Arbeit stören. Jetzt aber, nachdem 10 Jahre in'S Land gezogen sind und»ever Graf Eulenburg mit all' seiner Schneidigkeit, noch Puttkamer mit seinenpflichttreuen" Beamten die Hydra der Sozialdemokratie zu bezwingen vermocht haben, jetzt erinnern sich die Nationalliberalen wieder ihrerLöwen- aufgäbe", und sie treten mit ihrerersten That" auf den Plan. EineDeutsche Arbeiter-Zeiwng" ist gegründet, und kein Geringerer als der Dr. Jerusalem ist ihr Re» dakteur, und der Verlag derNat.-Ztg." ist die Heimstätte dieser Schöpfung nationalliberaler Arbeiterfreundlichkeit. Außerdem aber trägt die Abonnementseinladung die Namen aller Berühmtheiten, die der Nationalliberalismus aufzu- weisen hat, vom neugebackenen Oberpräsidenten der Provinz Hannover bis zum Münchener Bierbrauer Sedl- mayr. Natürlich sind auch der Dr. Miquel, der Dr. Hammacher, der Feustel und der Oechelhäuser dabei; wo hätte« diese Namen auch jemals gefehlt, wenn es wo etwa» »ugründen" gab? Und augenblicklich leben wir ja wieder m einer Periode der Gründungen und des wirthschaftlichen Aufschwungs. Konnte doch dieser Tage ein Börsenblatt konstatiren, daß wir unS bereits wieder aufdem äußersten Gipfelpunkt der schwindelhaften Gründungen" befinden; waS Wunder, wenn da die im Gründen so wohlbewanderten Hammacher und Miquel auch mit der Gründung einer Ar- beiterzeitung vorgehen. Und eine Gründung der blutigsten Sorte ist eS, mit der hier die Herren Nationalliberalen dcbutiren und auf Du bist jetzt aufgeregt und wir wollen davon nicht mehr sprechen." Polixena umarmte Ewgescha. Thränen flössen von de» Wangen des jungen Mädchens herab. Polixena wurde ge» rührt und weinte selbst mit ihr über den so jähen Verlust der ersten Liebe. E« vergingen einige traurige Tage für die Familie Maluga. Ewgescha erwähnte des Geschehenen mit keinem Worte. Auch Maluga und seine Frau hatten sich verab- redet, nicht mehr davon zu sprechen und alle« der Zeit zu überlassen. Es wird auch noch bessere Freier geben, als Nikolai Awdeitsch," sagte Polixena , als die Hochzeit nicht zu Stande kam.» Ewgescha war ernst; in ihrem Gesichte war der Em- druck der überstandenen Krisi» sichtbar, doch hatte sie nach diesem Abend nie wieder geweint. Mit Bangigkeit dachte Maluga an das bevorstehende Schicksal seiner Dichter; trotzdem wollte er glauben unb er glaubte, daß der Apfel nicht weit vom Stamme falle und die reine, nachgiebige Natur Ewgescha'« sich am Ende doch zu einem Kompromisse mit den Lebensverhältnisse» entschließen würde. Er träumte davon, daß sich ein guter Mann finden werde, der ein Amt bekleide, daß den Herzens- regungen Ewgescha'S mehr zusage; sie würden sich gegen- seitig lieben und glücklich sein. Als die Eltern wahrnahmen, daß die Tochter sich mehr und mehr beruhigte, schwanden auch ihre Besorgnisse; ihr Leben ging in dem gewohnten Geleise; an einem der Dienstage war wieder viel vom Mitgefühl für die Leiden deS Volkes die Rede; die guten Leute athmeten auf und glaubten, daß nach dem jetzt ruhigen, etwas dunkeln Wetter auch bald helle sonnige Tage kommen würden. ES war an einem schönen Tage des sogenannte» Alten Weiber-SommerS". Maluga ging vom Gefängnisse heim und dachte, daß man nach Mittag eine Spazierfahrt mit Polixena und Ewgescha machen müsse. Der Tisch war gedeckt, Ewgescha war aber nicht zu Hause.Aergerlich!" sagte Maluga,mein Appetit hat fich nach dem Gehen bedeutend entwickelt. Es verging eine ganze Stunde, Ewgesch»