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Beilage zum Berliner Voltsblatt.
Nr. 226.
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Die Tropffteinhöhle bei Baar.
Ungefähr drei Viertelstunden von Baar, dem industriellen, größten Dorfe Bugs, im schluchtenreichen, malerischen Lorzethal liegt das Wirthshaus zur Hölle", in deffen Nähe die schaffende Natur ein Wunder zu Stande brachte, das feinesgleichen in der Schweiz nicht findet. Wir meinen die Tropfsteingrotte, die zwar an Größe den berühmtesten Höhlen Deutschlands , der Muggen dorfer, Gailenreuther und Dechenhöhle nachsteht aber hinsicht lich Schönheit und Mannigfaltigkeit der Kalkfinterbildungen kaum hinter ihnen zurüdstehen dürfte.
Noch tennen eigentlich Wenige diese herrliche Tropfstein höhle, die 1862 von Dr. Schmid entdeckt und nur allmälig erschloffen wurde. Erst vor drei Jahren wurden die Durchpäffe von dem einen Grottenraum in den andern erweitert, wurde das Waffer des Höhlensees tiefer gelegt und zum größten Theil zum Abfluß gezwungen. Verschiedene Partien ber Stalaktitenhöhle find erst seit furzer Beit zugänglich, und die Höble selbst ist mit dem Wirthe hause erst vor einem Jahre eröffnet worden.
Ungemein interessant find die geologischen Verhältnisse der Gegend: Wir haben hier einen von der fleißigen Lorze ge Schaffenen Einschnitt ins Diluvium vor uns, wie er größer und charakteristischer nur selten in unserm Lande getroffen wird. Sind es doch wohl 250 Meter vom Niveau an, in bem die Lorze fließt, bis zum Gipfel der grüßenden Höhen hinauf, und haben wir doch drei, streng genommen vier durch ungeheure Beiträume sich erstredende Bildungen, die uns in diefem Profile entgegentreten. Bwei gewaltige, einft weit in die heute von Fruchtbarkeit und Segen triefenden Thäler sich hinauserstreckende Gletscher haben hier mächtige Ablagerungen gebildet. Es find die Ablagerungen des alten Linth- und Reukgletschers, die sich unsern Augen in Form mächtiger Moränen darstellen. Auf der östlichen, mit den großen Tuffbildungen versehenen Seite haben wir von dem alten Linth gletscher herstammendes Material, auf der andern Seite der Schlucht das in die gleichen Abschnitte geordnete des einstigen Reußgletschers. Wir sehen an der östlichen Wand in die Höhe und erblicken zu oberst ungeschichtetes Material der Obermoräne der zweiten Eiszeit. Darunter folgt eine 150 Meter mächtige, zur Nagelflub verkittete, geschichtete Riesablagerung der Sihl , welche während eines Abschnittes der Eiszeit in der Richtung über Menzingen gegen die Reuß hin floß; fie entspricht der interglazialen Beit. Unter ihr findet man einen gelblichen, plastischen, zähen Lehm, der die Grundmoräne der ersten Eis zeit darstellt, und darunter liegt die Molaffe.
Drüben in der Restauration zur Hölle" fann man unter Linden und stets umfangen von dem Rauschen des hier unmittelbar vorbeifließenden Edlibaches beim Glaſe Wein alle diese alten Berhältnisse bequem noch einmal fich vergegenwärtigen und fich in die ungebeuren Beiträume versenken, da die kalten, lebens feindlichen Eisströme hier ihre aus den Gebirgen gebrachte Ges fteinserbfchaften abfesten und die Waffer der damals anders ge leit ten Sihl ihr Transportmaterial in ein mächtiges Delta hinaus führten, in welches seither die Lorze die tiefe Schlucht eingegraben hat.
An der großen öftlichen Schluchtwand find nun die mäch tigen Tuffbildungen angeliebt, in denen fich die Wunder grotte befindet. Sie bilden einen etwa 70 Fuß hohen Wall, der oben mit Bäumen und Sträuchern geschmückt ist und fast den Eindruck des Imposanten hervorbringt. Die Bildung der Höhle ist von den in Stallgebirgen ausgewaschenen Grotten ver schieden. Die tuffbildenden Quellen stammen aus der Kies ablagerung der Sihl; die Höhle selbst ist aber nur eine große Lüde in der Ausbildung mächtiger Tuffsteinlager. Die Waffer floffen den Abhang hinunter und bildeten eine Tuffwand, dann floffen fie darüber hinaus und ließen dazwischen Hohl täume, in denen sich nun durch das herabfidernde, mit tohlenfaurem Ralte gesättigte Waffer die prächtigen Stalaktiten bildeten.
Wir wandern mit einer hellleuchtenden Lampe versehen in die Unterwelt und sehen uns gleich inmitten einer geräumigen, teichgeschmückten Halle, von deren Decken und Seitenwänden bie Stalaktiten der mannigfaltigsten Formen und Dimenfionen herabbängen. Der Reichthum ist ein überraschender, die Art ber Gruppirung eine neue, wohin immer fich das Auge wenden mag. Bald stellt fie fich uns in der tadellosesten Ordnung dar, bald finden wir die Gebilde in eigenfinnig phantastischer Stellung und folgen der Natur auf allen Spuren ihrer Laune 34 allen möglichen Formschöpfungen. Ein imposantes Portal Jührt uns in die zweite Halle, deren Eingang unsere Phantafte von einer Niesenschildkröte und einem Delphin besett glaubt. In tausend und abertausend Lebensformen ftellt sich uns das Leben ber tobtgeglaubten anorganischen Natur dar; die Einbildungskraft beutet sich Verhältniffe aller möglichen Gestalten und findet in den Bildungen Antiänge an das Entlegenfte des Gefehenen. Es wäre unmöglich, die Formen dieser Bildungen vergleichend au benennen; mit den täuschend nachgeahmten Thier und Barzengestalten wechseln solche ab, die aus Rünstlerband hervor gegangen zu sein scheinen. Jeber Besucher vergleicht die Bil bungen mit etwas Neuem und Jeder, der fie erschöpft zu haben glaubt, steht bei neuer Betrachtung wieder etwas anderes. In einer Halle meint man, in der Höhe einen alten, nachdenklich finnenden Mann zu erbliden, dann fommen Ritter, Adler fittige, Elephantentöpfe, Thiettlauen, ganze Fleischerläden, Orgeln und Gardinen, legtere in der herrlichsten An ordnung. An einer Stelle präsentirt fich uns eine Tropf fteindame, beren Tournüre selbst von den auf der Höhe der Mode stehenden Schönen faum größer gewünscht würde. Gs fei uns erlaubt, auf die Bildung einiger dieser Formen etras näher einzugehen.
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Was den Ritter anbelangt, so stellt sich uns diese Kall finterbildung dar als einen stalaktiten, der fich in der Gegend Der Ritterbeine verzweigt und unten mit einem vom Boden beraufwachsenden Stalagmiten zusammenwächst. Es entstehen fann den Vorgang mit dem Auge verfolgen: der von oben herunterbringende, in der Mitte hohle Stalaktit zeig an seinem beraufkommende Bruderzäpfchen des Höhlenbodens fällt und im Laufe der oben und unten so viel Material anlagert, daß endlich die Kopulation erfolgen muß. Sehr häufig fieht man am Ropfe der Stalagmiten eine Tropfen höhlung: Der Stalaktitentropfen fiel hier herab und das Waffer fprigte in Kurvenform an die Stellen, wodurch der Stalagmit fich immer mehr verbreiterte und mit dem Längewachsthum zu und mit ihm eine dauernde Verbindung einging. Die Stalagmiten aber find in der Höhle, wie es gewöhnlich der Fall ist, seltener und nicht von der Größe, welche die Stalaktiten zu erreichen pflegen. Wenn wir uns aber mit der Entwicklung des kleinen Hitters beschäftigten, so wollen wir uns das Wachsthum und Echicksal der Tropffteindame doch auch etwas genauer ansehen. Sie ist ein Stalagmit und dieses erreicht in der Herausbildung
Mittwoch, den 26. September 1888.
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einer führen Tournüre seine ganze stolze Größe. Die Tournüre erhöhte und verbreiterte fich durch die herabfallenden Tropfen eines ftrebsamen Stalaktiten, und es wird in der Tropfstein höhle bei Baar einmal eine Beit kommen, in welcher er den Modetheil der Tame für immer geentert haben wird. Drohend bängt er über ihr und ist ihr schon bedenklich nahe. Die Gardinen endlich, die wir in mancher Halle in ganzen Reihen angeordnet finden, gewähren ein gar reizendes Bild. Ihre Bildung erklärt fich dadurch, daß das langsam herabfidernde Waffer von den Wänden der Höhle angezogen wurde und nun längs der Wand hinabrann, immer Ralf ausscheidend, bis endlich durch die nachfolgende Flüssigkeit die Tropfen zu schwer wurden und, in senkrechter Richtung hinabstrebend, die Vorsprünge hervorbrachten, welche den Breitentheil der Gardine bilden.
Die Farben der Tropfsteine find oft blendend weiß, in der Mehrzahl der Fälle jedoch gelblichbraun. Sehr häufig findet man Partien, in denen ganze Moosflächen versteinert find. An den Außenwänden der Sinterbildungen find Ausscheidungen von feinern oder größern Krystallbildungen von Calcit häufig zu erkennen. Die Farbentontraste in der Grotte find nicht auffallende; ich muß aber bemerken, daß das von der Seite her durch ein vergittertes Höhlenfenster zu gewiffen Tagesstunden auf die Sinterbildungen der mittlern Halle fallende Sonnenlicht einen Farbenschein hervorbringt, der durch seine sanfte Bläue zauberisch wirkt.
Man erblidt in der Höhle deutlich die Linie, in deren Höhe das Waffer des einstigen Höhlensees stand, und findet die Sinterformen über und unter derselben ganz verschieden ausgebildet. In dieser Hinsicht zeigt die Höhle bdie wunder barsten Kontraste. Wenn nämlich die zapfenartigen Stralattiten von oben herab in das Waffer des Höhlensee's wuchsen, so tam die mit kohlensaurem Ralt vollständig gesättigte Flüssigkeit in eine Lösung von weit geringerer Konzentration; die Waffertheile schwebten nach der Seite und setzten vom Niveau des See's an breite, traubig- fugelige Maffen an, welche in der Höhle alle Uebergänge von der zartesten, feinsten Rosette bis zu den toloffalften Agglomerationen zeigen.
Von besonderem Intereffe find die Quellenarbeiten, die über der Tuffwand in der Höhe in Form großer, durch den Nagelflubfels des alten Sihldelta's getriebener Stollen fichtbar werden. Der Wafferreichthum dieser Gegend ist überhaupt ein fast unerschöpflicher. Ueberall glänzen am Abhange die weißen, auf braungelben Tuff gelegten Wafferbänder, und man steht vor seinen Augen verschiedene Gräser und Moosarten fich mit Rall überziehen und in den Zustand der Versteine rung übergehen. Ein gewaltiges, etwa 200 Meter langes Tunnel ist in den Felsen eingebauen und schneidet zahlreiche Wafferadern im Berghügel an. Das Waffer springt in großer Fülle über der wafferundurchlässigen Lehmschicht der Grundmoräne heraus und wurde schon in solcher Menge an den Tag gezogen, daß der Spinnerei Baar, welche die Arbeiten aus führen läßt, der Ertrag von 4000 Litern in der Minute gefichert ist. Wenn die Duellenarbeiten vollendet sind, wird sich der Ertrag noch bedeutend gesteigert zeigen.
Der neben der Tropfsteinhöhle zur Hölle" gebrochene Tuffstein wird als Baumaterial verwendet und zugleich bei der Papierfabrikation in Cham benugt. Die in der Nähe des Tuffwalles vorkommenden Tropffteine werden vielfach zur Aus schmüdung von Gärten und zur Anlage von fünstlichen Grotten getauft.
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Kommunales.
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Tagesordnung für die Sihung der Stadtverordneten- Versammlung am Donnerstag, den 27. September d. J., Nachmittags 5 Uhr. Vorlage, betreffend den Verkauf einer zur ehemaligen Thurmstraße gehörigen Wegefläche an den Eisenbahnfistus und die Festsetzung von Baufluchtlinien für die Straße 29 b. Desgl., betreffend die Vollendung der Er weiterungsbauten der städtischen Wafferwerke zur Tegel und Charlottenburg , sowie des Baues der Wafferhebestation auf dem Tempelhofer Berge. Desgl., betreffend die Einziehung von Steuern. Antrag von Mitgliedern der Versammlung be treffend die Einseßung einer gemischten Deputation zur Prüfung der neuen Bauordnung hinsichtlich etwaiger begründeter Be schwerden über dieselbe und deren Abhilfe.- Desal., betreffend Desal., betreffend die Verbreiterung der Parochialstraße zwischen Waisen und Klosterstraße. Desgl., betreffend den Kostenanschlag für die dreifache Gemeindeschule in der Gräfeftraße.- Desgl., be treffend die Ausführung der Hauptgefimse an den Gebäuden des Hospitals und des Stechenhauses an der Prenzlauer Allee. Desgl., betreffend die Neupflasterung der Straße 17, Abtheilung VIII des Bebauungsplancs, von der Berleberger. bis Aur Rathenowerstraße. Desgl., betreffend den Ablauf der Wahlzeit von 3 Bürgerdeputirten bei der Deputation für öffent liche Gesundheitspflege. Um 6 Uhr findet eine gemeinschaft liche Sigung des Magistrats und der Stadtverordneten Ver fammlung statt behuss Wahl eines Mitgliedes für den Bezirks ausschuß.
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Lokales.
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Wieder sind die Tage gekommen, da ganze Wagen parts die Straße sperren, da die Dielen unserer Wohnungen unter schweren Männertritten ächzen und wir die Treppen nur noch mit Lebensgefahr auf und absteigen lönnen: der große Umzug mit all feinen Schreden hat begonnen. Umzugfürchterlich für den, der selber zieht, wie für diejenigen, die nur mitleidende Buschauer find. Tagelang ein Klopfen und Hämmern, Schieben und Schurren ringsum, bis Alles in die Kisten unt Raften, die von guten Bekannten geborgten Waschkörbe verstaut ist. Und kaum find die alten Hausgenoffen fortgezogen, an deren Eigenheiten wir uns allmälig gewöhnt hatten, so daß wir zu der Ueberzeugung gelangt maren, fte seien noch lange nicht die schlechtesten Nachbarn, so ziehen schon die neuen ein, und wir fühlen uns wie von einer unbelannten Gefahr bedroht. A
lich geht es ja auch den Biehenden selbst. Die Mängel der alten Wohnung waren ihnen nur zu gut bewußt und doch hatten fie dieselben ertragen müssen, ja fich schließlich mit Humor bareingefunden, und jetzt stehen sie wieder vor dem dunklen Unbekannten, das manches Mißbehagen in seinem Schoße bergen fann. Gewiß, die neue Wohnung entspricht äußerlich viel beffer den Bedürfnissen und Anforderungen als die alte, aber wer fann wiffen, was für fragwürdige Unbequemlichkeiten fich hinter der glatten Außenseite verstecken: muftzirende Damen oben und unten, angehende Violinvirtuosen, tobende Kinder, die mit dem Dei,
Durch die Zimmer raffeln, spät pofulirende Väter, Brüder und Söhne, die gern noch Nachts eine kleine Stubenpromenade machen und über unserem Lager mit wuchtigem Knallen die Stiefel von ihren schweren Füßen schleudern. Ach, der Schreck niffe, die einen unversehens treffen fönnen, find zu viele, als fie auch nur anzudeuten wären, und wenn man auch den schönsten Willen hat, fich in die Eigenheiten der Ueber- und
5. Jahrg.
Unterwohner zu schicken, um jeden Preis Aergerniß zu ver meiden- ach, wie recht hat der edle Wilhelm Tell :„ Es fann der Frömmste nicht im Frieden leben, wenn es dem bösen Nach bar nicht gefällt!" Indem man sich dergleichen Fährlichkeiten nur ausmalt, tann einen bittere Neue über die Kündigung oder die Verweigerung des erhöhten Miethzinses überkommen, und wie viele Umzüge unterblieben wohl, wenn der einmal im Verdruß gethane Schritt sich rüdgängig machen ließe. Noch immer besteht in gewiffem Sinne das alte Wort zu Recht: Dreimal umgezogen ist einmal abgebrannt. Das bezieht sich freilich nicht blos auf die Umzugsverlufte und die Umzugsfosten, sondern mehr noch auf die Neuanschaffungen, die jeder Woh nungswechsel mit fich bringt. Wie oft erschien es uns im alten Domizil, als habe sich bei uns der Möbel und Geräthe im Laufe der Bett viel zu viel angesammelt, und doch will Alles für die neue Wohnung nicht ausreichen, und dieses oder jenes Stüd paßt gar nicht hinein. So behauptet wenigstens die Hausfrau, und mag fich der unverständige Gatte auch noch fo sehr gegen die neue Ausgabe sträuben, seine schönere Hälfte weiß ihm doch das Ersehnte abzuschmeicheln oder, je nach der Behandlung, die er verdient, abzutrozen. Mit einem Gemisch von Mitleid, Neugier und Schadenfreude sehen die am Plaze verbleibenden Umwohner dem Schauspiele des Aus- und Ein ziehens zu. So ein Umzug entschleiert die tiefsten Geheimniffe des Haushaltes, und aus den Geräthen, die Stück für Stüd auf die Straße geschleppt werden und manchmal stundenlang der öffentlichen Besichtigung preisgegeben find, zieht man Schlüffe auf die Eigenthümer und deren Charakter.„ Das prunkt aller Orten in Sammt und Seide einher," fann man in so einem Nachrufe für scheidende Nachbarn hören, und hat eine so armfelige Einrichtung ja, alles nur für den äußeren Schein!" Und über eine neu einziehende Familie heißt es: Alle Wetter, das ist solide, das ist vornehm, das müssen ordentliche und gut fituirte Leute sein!" Wie überall, so kann auch hier der flüchtige Anschein täuschen, und oft mag so ein abgenugter, vom Bahn der Zeit benagter, von muth willigen Kinderhänden verstümmelter Hausrath mehr Glück um schließen, als die prunkvollste Einrichtung in tadelloser Reinheit. Mit wahrer Angst fann man manchmal zuschauen, wie zwange los mit den herrlichen Stücken umgegangen wird, wie hier ein tostbares Delgemälde bart neben den rußigen Besen des Rauch fanglehrers an die Wand lehnt, oft rubem zwei schöne Statuen friedlich bei einander. Es ist als ein wahres Wunder zu be trachten, daß in den meisten Fällen alles glücklich abgeht, daß der Olymp und die sonstigen in Stein und Thon verewigten Größen in dem neuen heim mit heilen Gliedmaßen anlangen. Ja, es soll sogar vorkommen, daß fie deren nach der Ueber fedelung mehr aufweisen als vorher. So wird wenigstens von einem Künstler erzählt, der den Widerwärtigkeiten des Umzuges durch eine kleine Reise entflohen war und bei der Rückkehr da durch überrascht wurde, daß ihm seine Venus von Milo freundlich die Hände entgegenfiredte. Der fluge Leiter des Umzuges hatte nämlich gemeint, das Bildwerk sei durch ungeschid seiner Leute verstümmelt worden, von denen es natürlich wieder feiner gewesen sein wollte, und batte schnell, um dem Schadenersat zu entgehen, der hehren Göttin ein Paar neue Arme angypfen laffen.
Der Verkehr am Potsdamerthor erfährt eine so außerordentlich schnelle Steigerung, daß das Durcheinander da felbft anfängt, unheimlich zu werden. Auf den einen Plat münden sechs Straßen: die Königgräßer vom Süden, die Straße von der Anfahrtsseite des Potsdamer Bahnhofs, die Botsdamerstraße, Bellevueftraße, Röniggräßerftraße vom Norden und die Leipzigerstraße. Von jeder dieser Nichtungen fahren die Wagen nach jeder dieser Richtungen, Pferdebahnwagen in endloser Bahl, Omnibusse, Lastwagen, Droschten, Equipagen. Es ist ein gewaltiges Durcheinander, ein Chaos, in welches feine ordnende Hand eingreift, in welchem der große Mittel perron allein wie eine rettende Insel erscheint. An schönen Tagen ist es in der Mittagsstunde und an den Nachmittagen eine Aufgabe, die große Umficht erfordert, wenn man zu Zweit oder Dritt über Diesen Blaz weg will, denn die größeren Wagen verdecken die fleineren, welche urplöglich auftauchen und bei denen jede Berechnung aufhört, weil fie fich nicht auf vorgeschriebenen Geleisen bewegen, wie die Pferdebahnen. Nicht allein wer den Platz freuzen muß, sondern auch wer auch nur eine kurze Zeit diesem Haften, Aengstigen, Stürzen zuschaut, wird nervös. Und, wie schon ge fagt, das wilde Treiben nimmt von Woche zu Woche zu. Ime mer mehr wächst die Stadt nach Westen, immer größer wird der Eisenbahnverkehr und alles, was vom Westen tommt und Aum Westen führt, nimmt seinen Weg über das Potsdamer Thor. Manches wird der Durchbruch der Bimmerstraße beffern, aber wenige Jahre noch und was dort abgelenkt wird, wird fich am Potsdamer Thor durch die natürliche Bunahme des Verkehrs wieder ersetzen.
Es liegt auf der Hand, daß an dieser Stelle vollständig Wandel wird geschaffen werden müssen. Und da eine Vermin berung des Verkehrs niemals zu erwarten ist, so wird es dar auf antommen, ihn zu reguliren. Und da wird man fich dar über feinen falschen Hoffnungen hingeben dürfen, etwa mit hal ben Maßregeln dauernd beffern zu können. Noch mehr Insele perrons oder Schutstreifen würden die Bid Backwege, welche die Wagen machen müssen, noch vermehren. In der That ift gar nicht abzusehen, wie der Verkehr hier anders als durch ein vollständig umwälzendes Mittel geordnet werden fann. Als ein solches erscheint nach reiflicher Ueber legung nur das folgende möglich die beiden Thorgebäude wer den fafftrt. Von der Stelle zwischen ihnen bis zur Leipziger straße 1, also der ganze Weg zwischen den Gartenflächen wird für den Wagenverkehr ebenfalls tafsirt. Der gesammte Wagen verkehr aber wird um den Platz herumgeleitet, alles, was vom Potsdamer Thor kommt, fährt um die Südseite, was nach dem Potsdamer Thor will, um die Nordseite des Plages . Eine An ordnung wie die vorgeschlagene wäre nicht neu. Am Branden burger Thor ist der Wagenverkehr in zwei bestimmte Ströme geleitet, am Belleallianceplay wird er um das Rondel herum geleitet. Es liegt auf der Hand, wie sich nach dem vorstehen den Vorschlage der Platz und der Verkehr aestalten würde. Von bem großen Inselperron, der jetzt in der Mitte des Potsdamer Plages ist und nach ihm tönnte man, ohne einem Wagen zu be gegnen, nach und von der Leipzigerstraße aus nach dem Blaze vor der Josty'schen Konditorei gelangen. Von hier aus aber find immer nur schmale Dämme zu überschreiten. Für Fuß gänger bleibt der Weg derselbe, wie bisher. Der gewonnene Damm aber fann ebenso wie am Belle- Allianceplat den Kindern zum Spielen überlassen werden und würde dadurch einem Be dürfnisse entgegenkommen, das ein sehr lebendiges ist. Im aanzen würde der Leipzigerplay dann etwa in seiner Verkehre Regelung dem Belle- Allianceplry gleichen, wo trop der gewaltigen Bahl von Wagen und der Behntausende von Personen selten ein Anlaß zur Klage ift. Als Material zur Lösung einer auf die Dauer doch unaufschiebbaren Aufgabe seien vorstehende Erwägungen unterbreitet.