Einzelbild herunterladen
 

Nr. 301.

=

Erscheint täglich außer Montags. Abonnements: Preis pränum.: Vierteljährlich 3,30 Mt., monatlich 1,10 Mart, wöchentlich 28 1. frei ins Haus. Einzelne Nummer 5 Pig., Sonntags Nummer mit tauftritter Sonntags- Beilage Die Neue Welt" 10 Pfg. Post- Abonnement: 3,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuzband für Deutschland   u. Desterreich Ungarn 2 Mart, für das übrige Ausland 3 Mart pro Monat. Eingetragen in der Post Bettungs Preisliste

1

für 1896 unter Nr. 7277.

Vorwärts

13. Jahrg.

Insertions: Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pfg., für Vereins: und Bersammlungs- Anzeigen 20 Pfg. Inferate für die nächste Nummer müffen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 7 Uhr abends, an Sonn- und Feft: tagen bis 9 Uhr vormittags geöffnet. Jernsprecher: Hmt 1, Mr. 1508. Telegramm Adresse: Bozialdemokrat Berlin".

"

Berliner   Bolksblatt.

Zentralorgan der sozialdemokratischen Partei Deutschlands  .

Redaktion: SW. 19, Benth- Straße 2.

Der neue Margarine- Gelek­

Entwurf.

Donnerstag, den 24. Dezember 1896. Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3.

Da es eine Kleinigkeit ist, diese polizeiliche Bestimmung auch| wiffen," schreibt er ,,, daß manche Futtermittel, wie 3Zuckerrüben. in die übrigen Bundesstaaten zu übertragen, so wäre töpfe und Zuckerrüben Schnitel die Butter hart dem Jammer der Agrarier mit einem Male abgeholfen und machen, und daß andere, wie Rübkuchen, Haferschrot oder eigentlich nur die einzige Gesetzes bestimmung nöthig:" Margarine Weizenkleie diese üble Wirkung aufzuheben vermögen; wir wissen Die fonservativen und die ultramontanen Agrarier haben, darf nur in Gefäßen oder Umhüllungen, die mit einem 5 Ben- ferner, daß der scharfe Geschmack mancher Futtermittel, wie der wie wir bereits furz meldeten, zwei gleichlautende Gesetzentwürfe timeter breiten rothen Streifen versehen sind, verkauft werden." Kohlrübe oder Wrucke und noch mehr der Stoppel= eingebracht, die bis auf einige kleine Aenderungen wörtlich dem Die in, republikanische Abzeichen" gehüllte Margarine wird dann rübe, wenn diese im Uebermaß und ohne entsprechende Gesetzentwurf entsprechen, der am 2. Juli d. J. vom Reichs- von wegen ihrer Staatsgefährlichkeit konfiszirt und Butter wie Beigabe anderer Nahrung gefüttert werden, in die tage in dritter Lesung angenommen, vom Bundesrath Staat sind gerettet. Milch und die Butter übergeht; und wir wissen endlich, aber abgelehnt wurde. Das Färbeverbot der Mar- Unsere Fraktion wird wohl gegen eine solche Dekorirung der daß ein diesem Rübengeschmack ähnlicher und daß alle die übrigen garine und die Trennung der Verkaufsstellen Margarinegefäße mit rothen Streifen nichts einzuwenden haben. genannten und ähnlichen Geschmacksfehler durch mikroskopisch für Butter und Margarine sind in den Entwürfen enthalten, Da es hauptsächlich Arbeiter sind, die fein Geld besitzen, um kleine Gährungserreger, Spaltpilze u. dergl. hervorgerufen obwohl beide Bestimmungen vom Staatssekretär v. Bötticher sich Butter zu kaufen und deswegen zum Surrogat derfelben werden, die von außen her, hauptsächlich aus dem Koth der wie vom Landwirthschafts- Minister v. Hammerstein- Lorten nach greifen müssen, und die Arbeiter trotz aller Drangfalirung Thiere und aus der Streu, der Milch zugeführt werden." fehr sorgfältigen und eingehenden Berathungen im Schooße des Sozialdemokraten find, so wird dieser rothe Streifen bei Martiny weist nun darauf hin, wie besonders in Zucker­Bundesraths" für unannehmbar erklärt wurden. ihnen nicht einmal Aergerniß" erregen, sondern sie rüben Wirthschaften die sich darbietende Menge von Die Agrarier, die den Kampf gegen die Margarine brauchen, an ihre Parteifahne erinnern. Wenn dagegen die Butter Rübenköpfen und Schnig ein verleitet, von diesen um den Bauern einzureden, daß sie seine Interessen vertreten, drohten solche rothe Kennzeichnung über sich ergehen lassen müßte, wohlfeilen Futtermitteln einen allzu ausgedehnten Gebrauch zu damals mit Rebellion. Der konservative Abg. Rettich suchte der wäre die Gefahr nicht ausgeschlossen, daß sich gar viele, die es machen", und daß Stoppelrüben von der Fütterung an Regierung Angst zu machen: Der kleine Rest von Vertrauen, der dazu haben, über die rothen Streifen so ägern, daß ihnen die Milchkühe gänzlich auszuschließen" seien. Der Billigkeit halber zu den verbündeten Regierungen in den Kreisen der Landwirthe noch Butter nicht mehr schmeckt und sie zur Margarine greifen. Man werden sie aber doch verfüttert und damit eine Milchpantscherei vorhanden ist, wird schwinden und das wird politisch große sieht, nicht ohne Aufwand großen Scharfsinnes ist diese Be- verübt, die mindestens den Geschmack des Butterkäufers Folgen haben. An unsere Stelle werden radikale Elemente ftimmung in den Entwurf aufgenommen worden, so daß die beleidigt. tommen und die werden sich auf den Standpunkt stellen: Dieser Vermuthung nahe liegt, sie sei von antisemitischen Schlaubergern Schlimmere Wirkung kann aber die Su delei haben, die Regierung feinen Groschen." ausgeheckt. Martinn noch weiter schildert. Denn durch diese werden nicht Sofort half nun diese Bangemacherei nichts; der Bundes- Die Anträge bringen aber auch eine im abgelehnten Entwurf nur Geschmadsfehler, wie Martiny meint, hervor. rath lehnte den Gesetzentwurf ab. Wenn aber jetzt die schon enthaltene Bestimmung, die den Bauern wenig Freude gerufen, sondern es tönnen auch Erkrankungen die Folge ultramontanen Agrarier, die Konservativen machen wird, nämlich, daß die Beamten der Polizei und die sein, sowohl beim Genuß der Milch als auch bei dem der sammt den Antisemiten und meisten Frei von der Polizeibehörde beauftragten Sachverständigen befugt find, Butter, sowie des Käses. Martiny schreibt: tonservativen doch wieder den abgelehnten Entwurf ein- die Räume zu kontrolliren, in denen nicht nur Die übrigen durch Gährungserreger verursachten bringen, so ist das ein Beweis dafür, daß sie darauf rechnen, es Margarine, Margarinekäse oder Kunst- Speisefett gewerbsmäßig Geschmacksfehler können allein durch äußerste Sauberteit werden in den leitenden Kreisen bald andere Personen wie hergestellt, aufbewahrt, feilgehalten oder verpackt wird, sondern verhütet werden. Werden die Kühe unter Einhaltung einer Herr v. Bötticher und v. Hammerstein- Lorten sich präsentiren. auch wo dies mit Butter geschieht. Demnach haben Gendarmen richtigen, ihr Wohlbefinden sichernden Zusammenstellung des Allerdings wird der Antrag in dieser Session nicht und Schuhleute das Recht, jedem Kuhbauer in die Stube zu Tagesfutters ernährt, dann wird man sie auch vor den mehr zur Verhandlung kommen, es sei denn, daß die dringen und sich nach seiner Butterproduktion zu erkundigen. häufig im Herbst auftretenden Durchfällen bewahren und Unterzeichner desselben 97 Konservative, Freikonservative und Bei Berathung des Gesetzes erklärten unsere Fraktions- damit die für sie bestehende Gefahr, sich mit ihrem Antisemiten, 62 Zentrums- Abgeordnete es durchsetzen, daß er genoffen, daß sie solche Polizei kontrolle verwerfen, dagegen eigenen Roth zu verunreinigen, verringern. baldigst zur Berathung gelangt. Aber auch wenn er nicht ver- es für richtig halten, wenn sa chverständige Gesund. Diese Verunreinigung ist sicher die Haupt. handelt wird schon daß er eingebracht wurde, beweist, daß heitsbeamte diese Kontrolle vornehmen, denn bei der Butter- quelle aller Geschmacksfehler der Butter." die Agrarier den jeßigen Regierungsvertretern Oppofition machen, bereitung werde oft mehr gefudelt als bei der Margarine- Und indem er schildert, was dagegen zu geschehen hat, giebt. bis diese nachgeben oder gegangen werden. fabrikation. Die Agrarier bestritten dies. Jetzt wird es auch er indirekt an, wie es in manchen Kuhställen aussieht. Reins Die Abänderungen, welche die beiden neuen Entwürfe gegen von agrarischer Seite, wenn auch indirekt, zugestanden, wie ein haltung des Stalles, und nicht etwa dumpfig oder faulig ge über dem vom Bundesrath abgelehnten zeigen, beziehen sich darauf, Artikel in der Berliner   Molkerei Zeitung", den die wordene, sondern nur gesunde Streu das ist es, was besonders daß in bezug auf die Trennung der Verkaufsräume Deutsche Landwirthschafts- Zeitung" vom 25. November abdruckte, zu fordern er noch für nöthig hält. von Butter und Margarine eine Ausnahme gemacht werden soll beweist. Der Artikel zeigt, wie dringend nothwendig es ist, bei Ortschaften unter 5000 Einwohnern; dort sollen daß das Reichs Gesundheitsamt sich mit den Kleinhandel und Publikum nicht chikanirt werden. Dann ist dem Vorgängen bei der Butterbereitung und zwar in großen § 8, der die Kennzeichnung der Margarinegefäße und in fleineren Betrieben befaffe. Gesudelt wird nicht erst vorschreibt, die Bestimmung hinzugefügt:" Die Gefäße müssen nur mit der fertigen Butter, sondern schon bei der Erzeugung außerdem mit einem stets sichtbaren, mindestens 5 Zentimeter breiten der Milch, die zur Butter dient. bandförmigen Streifen von rother Farbe versehen sein". Herbstliche Butterfehler" nennt B. Martiny, Im Interesse des Publikums liegt es, daß die Butter Diese Bestimmung sieht sehr harmlos aus, ist aber voller Tücken, der Verfasser des sehr sachverständigen Artikels in der Berliner   tontrolle nicht erst beim Verkäufer, sondern beim denn sie führt sicherlich dahin, daß im Königreich Sachsen, wo Molkerei Beitung" die unliebsame Erscheinung," daß die Produzenten beginnt, damit man solche Sudeleien und schon weiße Taschentücher mit rothen Streifen als republi- Butter im Herbst hart und schwer streichbar wird und einen Pantschereien, wie sie die Berl. Molterei- Zeitung" schildert, vers tanische Abzeichen" der polizeilichen Konfitation unter- mehr oder weniger start hervortretenden üblen Beigeschmack von hindert und damit eine Erkrankungsgefahr der Kon­liegen, alle Margarine fonfiszirt werden muß. wechselnder Art hat. Die Ursache davon liegt im Futter. Wir sumenten beseitigt.

-

-

( Nachdruck untersagt.)

"

"

"

"

-

Da wird wohl doch nichts anderes übrig bleiben, als zur Erfüllung dieser Forderungen eine Ueberwachung der Kuhställe durch Sachverständige( Gesundheitsbeamte) einzuführen. Muß doch Martiny zugeben, daß leider der Erzeugung und der sauberen Gewinnung guter Milch immer weniger Sorgfalt ge­

widmet wird."

"

Aber nun kam der Lastraum, der den Kajütentheil ge- so wahr ich Ole Christoffersen heiße und Lootse auf Eine Sage aus der Gegenwart. sprengt hatte, als das Schiff zum letzten Mal aufstieß, und

"

Von Holger Drachmann  .

( Schluß.)

,, Nein, der Stoß tam vom Schiff her."

schob sich nach hinten. Das eine Bein Sörens fam in die Klemme und war gerade im Begriff gegen den Hinterspann gedrückt zu werden. Er hatte nicht die Kraft, es an sich zu ziehen; aber ich bekam die Hose zu fassen und zog das

Dann ist es also auf Klippen aufgelaufen," sagte ich. Bein hinauf. Und dieses hätte ich nicht thun können, wenn Dann sind wir also an der schwedischen Küste." Ach, helf uns Gott  !" sagte Jens.

" Ja, nun wollen wir sehen, ob er will!" sagte ich. ,, Und wenn er tann, dann thut er's wohl; aber das wird ein schweres Stück Arbeit!"

Wir stießen tüchtig dreimal auf, und da schrie Sören zum ersten Mal, denn die Nagelspitzen drangen tief in seine Haut ein.

Beim zweiten Mal hörten wir, daß der Mast und der Bugspriet brach. Beim dritten Mal ging wohl das Deck drauf.

Als ich die drei Mal gezählt hatte und merkte, daß wir wieder in tiefes Wasser hineinkamen, sagte ich: Das muß die Rothscheer" gewesen sein. Rommen wir an der vorbei, dann kommen wir zur Hornösva- Scheer, und da können wir vielleicht sizen bleiben.

Das wär' gut!" sagte Jens.

In demselben Augenblick stieß das ganze Hintertheil unter Waffer hinunter un die Luft wurde hinaufgepreßt, sodaß wir beinahe platt gedrückt wurden.

er noch die Stiefel angehabt hätte, denn dann wären die Hacken zwischen dem Holzwerk hängen geblieben, sodaß der Fuß nicht von der Stelle zu bewegen gewesen wäre. Und daraus kann man sehen, daß es gut ist, bei Zeiten seine Stiefel los zu werden.

Es war Dienstag Abend um Sonnenuntergang. Als wir merkten, daß wir fest saßen, ging Sören und Jens auf die Vorderkante des Halbdeckes hinunter und rief durch den zerbrochenen Hinterspiegel um Hilfe.

Ist da jemand, der anruft?" fragte ich sie. Sie antworteten nein. Aber es war auch unmöglich etwas zu hören, denn die beiden Wrackstücken machten im Innern einen so großen Specktakel und der zerbrochene Mast, der noch an der Seite neben uns an der Tackelage Und außer hing, donnerte von außen gegen das Wrack. dem brachen die Wellen ständig über die Klippen herein. Daraus wird nichts! meinte ich. Wir müssen hoffen, daß wir bis morgen früh hier figen bleiben und in der Zeit nicht todtgefroren sind!

Sören war nicht derselben Meinung. Er wollte auf Wir glaubten, das Schiff ginge auseinander, und wir die Klippe hinaustriechen und um Hilfe rufen, da er, wie waren darauf vorbereitet, daß nun alle Rettung vorbei er sagte, die Vermuthung hätte, daß Boote in der Nähe wäre. Wir wagten nicht einen Muck, aber hielten ein- wären. ander fest. Da hob sich das Wrack wieder empor, und nun folgten sechs Stöße hintereinander, und dann waren wir wieder flott.

Au Teufel!" sagte Sören.

" 1

Du sollst jetzt nicht fluchen!" sagte ich.

Denn nun

wird sich zeigen!"

Und kaum hatte ich dies gesagt, so stießen wir zum legten Mal auf und blieben dann stehen.

" Das ist Hornösva- Scheer!" sagte ich.

Stagen bin.

Da krochen Sören und Jens wieder hinein. Aber nun, da Sören einmal seine Glieder gestreckt hatte, konnte er seine frühere Stellung quer über die Spanten und mit den Nagelspitzen als Kopftissen nicht mehr ertragen. So ging er denn hinunter auf das Halbdeck und stand die ganze Nacht bis hoch an den Beinen hinauf im Wasser.

Jch blieb zusammengetrochen sizen, wo ich war. Ich fühlte, wenn ich mich nun erhob, würde ich meine Stellung nicht wieder einnehmen tönnen, wenn es nöthig sein sollte. Denn ich war gerade so mürbe, wie ein überlagerter Winterapfel.

So verging denn auch diese Nacht. Aber nnn fragten wir einander nicht mehr, woran wir dachten. Nur Jens Taneren begann gegen Morgen ein wenig von den Seinen daheim zu phantasiren, als wenn er im Schlaf spräche. Er behauptete, er hätte den Schrei von einem Peter Anders" ( einem Dreieck) draußen gehört und das hätte ihn auf solche geheimen Gedanken gebracht.

Gleich darauf rief er:

"

" Das Wasser steigt, nun sinkt die Schute!"

" Das ist gelogen!" sagte Sören. Und dann fischte er ein Brett auf, das in der Kajüte herumschwamm, und steckte es hinten unter dem Wrack hinaus. Er sah dann, daß es im Wasser noch Meerleuchten gab, und es also noch Nacht war. Und dann begriffen wir, daß wir in flaches Wasser hineingekommen waren, und daß das Wasser stieg und nicht die Schute sant.

Wir riefen nun alle, so laut wir konnten, um Hilfe; Die Schweden   haben uns wohl gesehen!" sagte er. aber es tam keine Antwort. Da sagte Sören Kappelborg, Sie haben ja Augen wie Meerkazen." der halb todtgequetscht, war und wie zerschlagen und zer­Ich bat ihn nun inständig zu bleiben. rissen von den Nagelspitzen, nun hätte er so starte " Haben wir so lange zusammengehalten", sagte ich, so Schmerzen in allen Gliedern, daß er es nicht länger aus­laß uns auch diese Nacht noch zusammen aushalten. Du halten könnte. Nun mochte es biegen oder brechen; er bist der Stärkste von uns; wir können Deine Kräfte ge- wollte versuchen hinauszukommen, so lange seine Kräfte brauchen, um uns morgen früh aus diesem Sarge heraus- noch dazu ausreichten.

zuhelfen. Wenn Du jetzt auf die Klippen hinauskommst, Ich fragte ihn, ob er Hunger hätte, aber er verneinte wirst Du, ohne jeden Nuzen, in die See hinausgerissen, les, und ebenso Jens.