falls nicht in einer Verminderung der zur Prüfung gelangten Bauprojelte. Dagegen find die Thatsachen. daß durch das Jortschreiten der Kanalisation die Entwässerungsanlagen alter Art immer mehr verschwinden, daß femer in den alten Straßen die definitive Regulirung der Bürgersteige von Jahr zu Jahr an Umfang zunimmt, und daß endlich von den ausgeführten Bauten ein nicht geringer Thell Hintergebäude waren, bei denen Bär> ersteigregulirungen nicht in Frage kommen, nicht ohne Einfluß auf den Umfang der Geschäfte gewesen. Eine wesent» liche Steigerung der Thätigkeit der genannten Verwaltung haben insbesondere diejenigen Baugesuche veranlaßt, welche nach den Bestimmungen des§ 1 Adfatz 3 der Bau- Polizei» Ordnung vom 15. Januar 1887 zu deHandeln find: diese Gesuche, welche die Bebauung von nicht unmittelbar an öffentlichen Straßen belegenen Grundstücken oder solche Grund- stücke betreffen, welche hinter der Bauflucht mehr als 1:20 aufsteigen, oder welche auf eine größere Tiefe als 50 m mit Ge- däuden besetzt werden sollen, haben 35 pCi. der Gesammtzahl der bearbeiteten Projekte betragen. Da nach vorgedachtem Pa- ragrophen derartige Projekte nur in Uebereinstimmung der Bau» Polizeibehörde mit der städtischen Straßenpolizciverwaltung und dem Magistrat ertheilt werden dürfen, die Zustimmung der städtischen Bauverwaltung U lTiefbauverwaltung) aber nach den getroffenen Vereinbarungen durch die Straßenbaupolizeiverwal» tung einzuholen ist, erleiden dieselben bei der städtischen Straßen» dauverwaltung eine größere, durch die Verhältnisse aber unab- wcisbar hervorgerufene Verzögerung. Hervorzuheben ist ganz besonders, daß derartigen Projekten grundsätzlich nur in den» jeniaen Fällen die Zustimmung versagt wird, wenn besondere Gründe im öffentlichen Interesse die Versazung gebieten,— d. h. wenn etwa die 5)öhcnverhättniffe des Grundstückes Schmie- rigkeiten in Bezug einer ordnungsmäßigen Entwässerung der Baulichkeiten nach dem Straßenkörper hervorrufen oder aber durch die Bauausführungen die Anlegung respektive die vorbereitende Anlegung im Bebauungsplan nicht vorge- sehcner Straßenzugänge bezweckt wird. Der Prüfung der Straßenbau-Polizei Verwaltung unterlagen im Verwaltungsjahr 1887 88 41 Projekte zu Pferdebahn .' Neu» und Erweitemngs- anlagen, Neu» bezw. Umpflasterungen, sowie zur Feststellung von Baufluchtlinien. Die Zahl der zur Prüfung vorgelegten Bauprojekte hat einschließlich der im Vorjahre unerledigt ge» dliebenen Projekte, 2803 gegen 3248 im Vorjahre— also weniger 445— und 2186 im Jahre 1885/86— also mehr 317 — betragen. Von diesen Bau Projekten wurden durch den An- tragsteller 5 zurückgezogen, von der Verwaltung abgelehnt 104, noch nicht erledigt 100, genehmigt 2576. Die Prüfung der Straßenbau-Polizei-Verwaltung wurde nickt zu Ende geführt in 18 Fällen, weil das königliche Polizeipräfidium vor Abschluß derselben an die Verwaltung bereits die Nachricht hatte gelangen lassen, daß seinerseits die Bauerlaubniß versagt sei. Von den genehmigten Bauprojekten betrafen 1002 größere und 1574 kleinere Baulichkeiten. Auf den Ausbau von 20 Stadtbahnbögen waren 8 Projekte für verschiedene Zwecke wie Lagerräume, Restaurationen, Pferdeställe rc. gerichtet. Am Schlüsse des Vorjahres waren für 166 Bögen Ausbauprojekte vorgelegt, so daß nach ven der Straßenbau Polizei vorgelegten Projekten bis jetzt für 216 Bögen Ausbau-Genehmigungen nachgesucht wor- den find. Ali» Reinickendorf erhallen wir folgendes Schreiben: Eine große Gefahr ist, Dank der Einficht des Amtsvorstehers und der Gastwirthe, von Reinickendorf abgewendet worden. Diese Gefahr hätte leicht schreckliche Folgen für die ganze Um» aegend, Dalldorf mit einbegriffen, haben können. Setze Dich, lieber Leser, damit Du nicht vor Schreck umfinkst, damit es Dir nicht ergeht wie dem Reiter, welcher über den Bodensee ritt und todt vom Pferde sank, als er inne wurde, in welcher Gefahr er geschwebt hatte. Die Fedil sträubt sich, das Schreckliche nieder- zuschreiben. Hu! In Reinickendorf sollte nämlick eine Arbeiter- Versammlung stattfinden, in welcher der Maler O. K. über den Gefetzentwurf der Alters- und Jnvalidenversorgung sprechen sollte.„Dummes Arbeitervolk, wollen über Sachen mitsprechen, von welchen fie nichts verstehen"— hatte einmal Jemand in Reinickendorf gesagt, und jedenfalls sollte in der Versammlung erzählt werden, daß man von 33 Pf. täglich nicht leben kann. Ünstlin! Die Geheimräthe, welche den Gest tzentwurf angefertigt haben, werden doch erst probitt haben, od man davon leben kann oder nickt. Freilich, alle Tage Braten essen, dazu aus Weißbier- gläsern Champagner trinken und Droschke fahren, wie die A.deiter dieses gewöhnt find, das geht nicht. Ader man kann auch ohne dieses leben, dabei über 70 Jahre alt werden und als kleiner Dreiunddrcißtgpfennizrentier seine Tage de- schließen; denn wenn die Geheimrätde so alt werden, so kann es der Arbeiter auch. Und vor dem Ouittungsbuch braucht man sich auck nicht zu sürchtm, nur die unordentlichen Ardeiter sträuben sich dagegen. Die ordentlichen werden es mit Stolz tragen, wie die braune Liest in Wilhelm Tell ihr Band. Also gar keine Ursache für die Arbeiter in Reinickendorf , stch zu ver» sammeln, wollen nur den Berlinern nachäffen. Schade, daß die Berliner nicht solche gcscheute Gastwirthe haben wie wir und— und ihr das Brandmarken erließ. Fortan durfte Rosaura Montalboni ungestraft schön sein. Niemand wagte mehr, eine Klage gegen sie zu erheben; niemand wagte, ihre strah- lenden Augen, die lächelnden rothen Lippen, die vcrfüh- rerischen Grübchen in den rosigen Wangen und das sinn- berückende Lächeln anzuklagen. Nach Cosirno von Medicis gelangte Ferdinand von MediciS auf den Thron. Ferdinand war noch jung, kaum zwölf Jahr alt, als «r den Thron bestieg. Noch als kleiner Knabe war er mit Lorenzo FraScati bekannt geworden, der älter war als er und dem er treue Freundschaft gelobt hatte. Lorenzo wurde Maler, Ferdinand Herrscher, doch vergaß er auch als solcher den alten Freund nicht. Er ließ ihn auS Padua in sein eigenes Schloß kommen, um ihn an seiner Macht und seinen Freuden theil- nehmen zu lassen. Lorenzo war ein heiterer, stets zu Scherzen geneigter Jüngling, wie es Maler zumeist sind, und mit seinen schnurrigen Einfällen bereitete er dem Großherzog so manche angenehme Stunde. Mit einem Male, fing er an, ernst und nachdenklich zu werden; die heiteren Scherze blieben auS, der Fürst mußte sich bemühen, ihn zu erheitern. Ferdinand ließ am Ufer des Arno eine neue Kapelle erbauen und um Lorenzo eine geistige Beschäftigung zu ge- währen, beaufttagte er ihn, das Innere derselben mit Ge- mälden nach eigenem Geschmack zu schmücken. Lorenzo arbeitete fleißig, war von ftüh Morgens bis spät Abends in der Kirche eingeschlossen und selbst wenn er dieselbe verließ, versperrte er die Thür hinter sich, damit man sein Werk erst sehe» könne, wenn eS schon gänzlich vollendet sein würde. Einmal verließ Lorenzo die Kirche drei Tage lang nicht und ließ auch niemand zu üch, so daß seine Gehilfen ängst, lich zu dem Großherzog eilte«, um ihn zu benachrichtigen, daß ihrem Meister ein Unglück widerfahren sein müsse, da er schon seit drei Tagen ohne Speise und Trank in der Kirche verweile. Der Großherzog eilte jetzt selbst herbei und nachdem alles Pochen an den Pforten des Gotteshauses vergeblich war, ließ er dieselbe gewaltsam erbrechen und drang tn de« bis dahin verschlossenen Raum. na, vielleicht werden fie's noch. Zu einem solchen gescheuten Gastwirth gingen wir. Derselbe sagte, daß uns sein Saal zur Verfügung stände. Ein paar Tage später schrieb er, daß sein Koufin den Saal schon vorder weggegeben hätte und daß die Versammlung in seinem Lokale dststrhalb nicht stattfinden könne. Was es mit dem Koufin und dem Saal für eine Bewandtniß hat, geht aus folgendem Schreiben hervor: Auf Ihren Anttag vorn 11. d. M., betr. die Erthei- lung einer Erlaubniß bezw. Anmeldebescheinigung für die auf Sonntag, den 16. d. M., Vorm. 1 1 Uhr, im Lokale des Restaurateurs Benkc hierseldst, Nordbahnstraße, anbe- räumte öffentliche Arbeiter-Versammlung wird Ihnen hiermit zum Bescheide, daß, da zu der angegebenen Zeit der Gottesdienst hierseldst beginnt, die Anmelde-Be- scheinigung nicht ertbeilt werden kann und das Statt- finden der Versammlung untersagt werden muß, um so mehr, als der p. Benke mir erklärt, sein Lokal für den Zweck nicht hergeben zu wollen. Im übrigen mußte ich auch die Ertheiluna der betreffenden Bescheinigung von einer genaueren Präzifirung der zu 2 und 3(Diskusfion und Verschiedenes) auf die Tagesordnung gesetzten Gegenstände abhängig machen. Der Amtsvorsteher. Wille. Also der erste Beamte des Ortes spricht mit dem Restaura- teur über die Versammlung, welche in seinem Lokale stattfinden soll, und dieser hat nichts Eiliges zu thun, als sein den Ar- heitern gegebenes Wort zu brechen. Das illustrirt unsere Zu- stände. Wir haben uns nun an verschiedene andere Gastwirthe gewandt, aber überall aus Furcht einen ablehnenden Bescheid bekommen. Der Herbst zeigt naturgemäß nickt immer das heitere, sonnige Antlitz, weiches wir in diesem Jahre beinahe ununter- brachen an ihm gesehen; er hat auch winterliche Anwandlungen, zu denen man Wind, Regen und Nebel rechnen soll. Den letzteren lernten wir, zum ersten Mal in diesem Herbst, vor- gestern kennen. Im Sprichwott der Völker nimmt der Nebel eine ganz bestimmte cha akteristische Stellung ein. Der Süd- spanier nennt ihn in seiner bilderreichen Sprache„Den Nachbar der Sonne und den Palhen des Regens"; ähnlich der Vene- tiancr:„Drei Nebel machen einen Regen auS". Natürlich räumt auch der Deutsche dieser Wettererschcinung einen sichern Einfluß auf die nächstfolgenden Tage ein. Wenn darnach vor Sonnen- aufgang Nebet herrscht, so ist am folgenden Morgen schönes und warmes Wetter zu erwarten, und liegt der Nebel kurz nach Sonnenuntergang über der Welt, so wird das Wetter sogar an- hallend gut sein. Damit find jedoch noch bei weitem nicht alle Deutungen erschöpft, welche das Volk in seinen prophetischen Be- strebungen dem Nebel zuschreibt. Ueberhaupt nimmt auch der Herbst eine recht hervorragende Stelle im Sprichwort der Deut- schen ein.„Viele Disteln von der großkövfigen Sorte stellen einen schönen Herbst in e-usficht", oder:„Fällt das Laub zeitig von den Bäumen, so ist ein prächtiger Herbst zu ermatten; bleibt es aber bis in den November hinein an denselben fitzen, so ist der Herbst kurz, kalt und wenig zu unterscheiden von dem Winter, welcher ihm folgt". Auch späte Rosen im Gatten sollen gleichfalls einen schönen Herbst und milden Winter in Aussicht stellen; beide gehen gewissermaßen in einander über ohne die Möglich- oder Nothwendigkett einer strengen Unterscheidung. Nebel im Herbst läßt nach alter Wetterkunde des Volkes auf vielen Schnee im Winter schließen, dagegen:„Ist der Herbst warm, hell und klar— So ist zu hoffen ein fruchtbar Jahr." Schließlich wollen wir noch das hübsche Merkverslein wieder- geben, mit welchem unsere Altvordern die einzelnen Jahreszeiten neben einander charakteristrten:„Der Sommer giebt Korn— Der Herbst leert sein Horn— Der Winter verzehrt— Was die beiden bescheert." Aha l Wir theilten gestern mit, daß einem hiestgen Polizei- lieutenant die Worte Schillers: „Das Alte stürzt, es ändert fich die Zeit Und neues Leben blüht aus den Ruinen" als auf den Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschafts- ordnung gettchtet schienen. Selbstverständlich sollte gegen diesen Beamten auf dem Beschwerdewege vorgegangen werden. Das hiefige Polizei-Präfivium hat jedoch die Beschwerde gar nicht erst abgewartet, sondern bereits vorgestern am 25. zu Händen des Einberufers, des Metallarbellcrs Herrn C. Prinz, Reichen- bergerstr. 72, das folgende Schreiben gelangen lassen:„Euer Wohlgeboren werden davon in Kenntniß gesetzt, daß ich die auf Grund des§ 9 des Reichsgcsetzes vom 21. Oktober 1878 erfolgte Auflösung der am 24. d. M. in dem Lokale Beuthstr. 20 abgehaltenen öffentlichen Metallarbeiter-VersammlunMür unge- rechtfertigt erachtet und dem mit der Ueberwachung deauftragt gewesenen Beamten dies zu erkennen gegeben habe. Der Polizei-Präfident. v. Richthofen."— Danach scheint also der selige Sch ller noch nicht ganz zu den verbotenen Schttften zu gehören.| Auch I« Köpenick beabsichtigten die Arbeiter. Stellung zu nehmen zu der„Krönung des sozialreformatorischen Ge- Staunend blickte er umher, denn die heiligen Decken und Wände trugen ausnahmslos das Bildniß einer und derselben Frauengestalt: dasselbe Antlitz bei den mit den Palmzweigen gen Himmel emporsteigenden Heiligen, wie bei den auf sie niederlächelnden Engeln; bei der büßenden Magdalena und bei der Madonna deS Altarbildes das gleiche zauberisch schöne Frauenbild. Und daS Antlitz, welches die ganze Kirche füllte, war niemand anders als Rosaura Montalboni. Der Künstler selbst saß auf der Kanzel und ließ den stieren Blick von einem Bilde zum andern gleiten; er erkannte weder seinen Fecund, den Großherzog, noch dessen Begleiter,— er sah nichts außer seinen gemalten Phantomen. Er war wahnsinnig geworden und blieb eS, so lange er lebte. Der Großherzog ließ den Mörtel von den bemalten Wänden schlagen, die Kirche von neuem einweihen und verschloß sie dann, damit Niemand sein Gebet in derselben verrichte. Der Fürst war noch jung, erst zwölf Zahre alt; er wußte freilich noch nicht, welcher Zauber in den Augen de» WeibeS wohnt und daß diesem so schwer zu wider- stehen ist..... Jetzt wurde Rosaura Montalboni zum vierten Mal vor das Bluttribunal gestellt; jetzt wurde ihr aber eine einen Todtenkopf darstellende MaSke um den Kopf gelegt, damit das Strahlen ihrer schönen Augen, das sinnberückende Lächeln ihrer Purpurlippen das Gesetz nicht neuerdings er- schüttern könne. „Bist Du jene schöne Rosaura Montalboni, die durch den Zauber ihres Antlitzes Alt und Jung ins Verderben führt?" DieS ftagte der Richter den Todtenkopf. „Ich bin eS," versetzte der Todtenkopf. Wie dumpf klang der To» unter der dichten Larve hervor! „Ist eS wahr, daß, wer Dich anblickt, durch Deine Schönheit seines Verstandes beraubt wird?" „Es ist wahr," entgegnete der Todtenkopf, das schauer- liche Knochenantlitz zu dem Fragenden wendend. „Kennst Du die Zahl jener, die Deinethalbe» in den Tod gingen, um da» zum Fluch gewordene Leben von sich zu schütteln?" bäudes", dem Alters- und Jnvalidenversorgungsgesetzentwmfe. Dem Einberufer einer diesbezüglichen Versammlung ging jedoch folgendes Schreiben zu: Köpenick , 12. September 1888. Die für Sonntag, den 16. September er., Vormittags 11 Uhr, in dem hiestgen Scheer'schen Lokale ange« meldete Versammlung, in welcher Herr Max Schippe! aus Berlin ein Referat hatten soll, wird auf Grund des § 9 des Gesetzes über die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie hierdurch verboten. Die Polizeiverwaltung. Borgmann. An den Schriftsetzer Herrn Carl Lang 4954 hier. Auch die Genehmigung zu einer gleichen Versammlung mit anderem Referenten wurde rundweg abgelehnt. Beschwerde wurde selbstredend sofort eingereicht Ueber die bei der Attfstellintg der Wahlliste« i» Ketracht kommende Fräs», od diejenigen Personen, welche wegen Krankheit auf städtische Kosten in ein Krankenhaus auf- genommen worden find, a s unterstützt zu betrachten seien, hat am Dienstag unter Vorfitz des Oberbürgermeisters Dr. v. Forcken- deck eine Kommission, destehend aus den beiden Syndicis Zelle und Eberty und vier Stadttäthen, dahin Beschluß gefaßt, daß in jedem einzelnen Falle, wo solche Krankenpflege gewährt wird, untersucht werden solle, ob nach den bestehenden Wahl- und Armengesetzen der Betreffende als unterstützt zu betrachten sei. Ei« origiurller Dieb und Gittdrrchrr haust in Rei nickendorf . Dort wurden in den letzten Monaten wiederhott Einbrüche verübt, in der Regel vermittelst Eindrückens von Fensterscheiben. Besonders wurden Restauratwnslokalc hcimge- sucht oder die Speisekeller wohlhabender Leute, doch wurden stets nur Nahrungsmittel in verhältnißmäßig geringen Quantitäten entwendet. Aus den zurückgelassenen Spuren war zu schließen, daß der Dieb fich an Ort und Stelle tüchtig satt aß, wohl auch eine Wurst oder ein Stück Schinken mitnahm, Geld oder Geldes- wetth sonst aber unberührt ließ. Nach längeren Nachforschungen und Beobachtungen ist es endlich gelungen, den Dieb in dem Kutscher eines Arbeitswagens zu ermitteln. Der arme Teufel verfilzt über einen sehr gesegneten Appetit. mit welchem sein Verdienst in keinem Verhältniß steht. Als er ermittelt und von einem Gendarmen zu dem Budiker geführt worden war, den er zuletzt heimgesucht hatte, um demsilben vor- gestellt zu werden, frug ihn dieser, warum er fich nicht an dem ganzen Schinken vergriffen hätte, der in einem Nebenraum lag, ob er denselben etwa nicht gesehen hätte.„Ja, gesehen Hab' ick den Schinken, aber ich bin schon von der Wurst satt geworden, die da lag!" meinte der Dieb. Diese Genügsamkeit rührte den Budiker. Er lehnte es ab, einen Strafantrag zu stellen, sondern sagte zum Diebe:„Ein andermal schlagen Sie mir nicht rrst die Scheiben kaput, sondern da kommen Sie zur Ladenihür 'rein und sagen mir, daß Sie Hunger haben, dann werde ich Sie schon satt füttern!" Diesem Beispiele find auch die übrigen Leute gefolgt, die der Dieb geständlich bestohlen hat, und so kann fich der Kutscher recht oft einmal satt essen, ohne zu stehlen, er besucht seine Kunden jetzt der Reihe nach. Der mit 5000 Mark stüchtig gewordene Hanv- diener Fetta bleibt auch nach seiner nunmehr erfolgten Fest- nähme dabei, daß die Summe ihm gestohlen worden sei, wie er schon vor der Flucht seinem Brotherrn, dem Bauunternehmer Hamann hat glaubhaft machen wollen. Der Diebstahl soll Fetta's Aussagen gemäß auf dem Tönhossplatz erfolgt sein. Aus Angst will er alsdann sofort die Flucht ergriffen haben. Diese Angaben stimmen nun freilich mit den thatsächlichen Fest- stellungen nicht im mindesten überetn. Soweit ermittelt ist, ist Fetta am Tage der Flucht bei einer in der Nostizllraße wohnenden Frau M. gewesen, bei der er er früher gewohnt hat, mit der er auch fortgesetzt in Verbindung gestanden und die er scherzweist „seine Frau" zu nennm pflegte. Zu dieser Frau hatte er schon vorher seine gesammte Wäsche gebracht, bei ihr hat er auch seine bisherige Kleidung mit einem neuen Anzüge vertauscht. Leider ist es dishw noch nicht festgestellt, wo der erwiesenermaßen vor der Unterschlagung völlig mittellose Fetta diesen Anzug fich be- schafft hat. Da man vermuthet, daß Fetta bei dem Kauf eine» der ihm Übergeb nen größeren Scheine gewechselt hat, dürsten Mitthellungen hierüber für den Gang der Untersuchung sehr er- wünscht sein. Vorgefunden hat man bei Fetta nur 32 M., über deren Erwerb er Auskunst geben kann. Auf dem Kahnhofogrbäude der Ktation Alerauder- platz wird augenblicklich eine mit großen Gefahren verknüpfte Reparaturarbeit ausgeführt.„Luftkünfiler" darf man wohl die Arbeiter nennen, welche seit einigen Tagen mit dieser Arbeit, einer Reparatur der stch über dem Bahnhof Alexanderplotz wölbenden Glaskuppel, beschäftigt find. In einer fünf Stock- werke weit übersteigenden Höhe stehen dieselben mit einem primitiven Gerüst, welches dadurch hergestellt ist, daß man Bohlen und Bretter über die Querstangen der Eisenkonstruktion gelegt hat. Um hinauf zu gelangen, werden die Arbeiter einzeln Der Todtenkopf schluchzte. AuS den leeren Augen- höhlen rollten zwar keine Thränen, doch drangen die Töne des Weinens unter den starren Kinübackenknochen hervor. „Rosaura Montalboni vernimm daS vom Tribunal über Dich gefällte Urtheil: „Du bleibst Zeit Deine» LebenS eingeschlossen und abgesondert von allen übrigen Gefangenen. Damit D« aber durch Dein schönes Angesicht nicht etwa Deine Kerker- meister oder deren Vorgesetzte verführen könnest, wirst Du diese TodtenmaSke tragen, so lange Du lebst, auf daß Jeder- mann vor Dir zurückschrecke, der auf Dich blickt und statt der Liebe nur Furcht vor Dir empfinde." Erbleichte Rosaura Montalboni, als dieses Urtheil ge- fällt wurde? zuckten ihre schönen Züge in tiefem Entsetze» darob? zitterten die rosigen Lippen au» Schmerz und Ab- scheu?.... Der Todtenkopf blieb starr und unbeweglich. Neununddreißig Jahre saß Ferdinand von MediciS auf dem Fürstenthron von Toskana ;— im«eununddreißigste» Jahre seiner Regierung starb er. Ihm folgte Cosimo der Dritte. Bei seiner Thronbesteigung erließ Cosimo eine allge- meine Amnestie für die in den Gefängnissen schmachtende» Verurtheilten. Es war Sache der Richter, die Akten derselben durch' zusehen, um das Vergehen jedes einzelne« festzustellen und danach zu beurtheilen, ob die Amnestie auch hier Platz Ju greifen habe. Und da fand man eine verurtheilte Frau im®c- fängnisse, deren Vergehen darin bestand, daß sie zu schö" war! Dieses Vergehens willen war sie zu lebensläag- licher Kerkerhaft und zum Tragen einer TodtenmaSke ver- urtheilt. Als man ihr die Larve abnahm, entdeckte man u»*£* derselben ein genau so leichenfahle», verwelktes Gesicht eingefallenen Augen und runzeliger, an den Knochen hastet der Haut, wie die Larve selbst war, die sie trug._ DieS war Rosaura Montalboni, die vor langen, lang� Jahren zu grausamer Buße verurtheilt worden, weil sie ni schön gewesen!"
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