Die Brotvertheuerung.

II.

Sehen wir nun zu, wie schon die Vertheuerung des Brotes durch den 3oll auf einer Arbeiterfamilien lastet. Eine Arbeiterfamilie von fünf Köpfen braucht täglich mindestens sechs Pfund Brot. Das sind pro Jahr 2190 Pfund. Nach unserer Aufstellung, daß 1 3entner Roggen 65 Pfund Mehl= 90 Pfund Brot ergiebt, ver braucht dieselbe jährlich 24%, 3entner Roggen. Und da jeber Bentner um die Höhe des 3olls von 2 M. 50 Pf. vertheuert wurde, beträgt die jährliche Brotvertheuerung für die Arbeiterfamilie bie unverhältniß mäßige hohe Summe von rund 60 Mart.

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Nun beachte man, daß nach einer Zusammenstellung der Berufsgenossenschaften die im Jahre 1886 gezahlten Löhne ein Durchschnittseinkommen von 680 M. pro Arbeiter ergaben, und man wird finden, daß die Arbeiter bei ihrem schmalen Einkommen einen dreifach höheren Steuersatz für das nothwendigste Lebensmittel, das Brot, ausgeben müssen, als der Millionär von seinem Einkommen. Letterer zahlt unseres Wissens nirgends in Deutschland   über 3 Prozent und er wird sehr selten, viel leicht nie sein ganzes Einkommen versteuern. Aber ein Arbeiter mit dem erwähnten Durchschnittseinkommen von 680 M. und Millionen haben weniger und mit einer Familie von fünf Köpfen giebt allein 9 Prozent seines Einkommens als Brotsteuer aus. Was will einer folchen Besteuerung gegenüber der Erlaß von einigen Mart staatlicher Klassensteuer bedeuten, wie sie seit einigen Jahren in Preußen besteht?

Aber in derselben Lage wie der Arbeiter mit Familie befinden sich Millionen von Kleingewerbetreibenden und Eleinen und mittleren Beamten, bei welchen Brot das wesentlichste Nahrungsmittel ist und die nicht mit jener Kommerzienräthin sprechen können: Da flagen die Leute über die Kleinheit der Semmeln, wenn eine nicht reicht, esse ich zwei. Für diese Kategorien von Staats­bürgern ist der Getreidezoll eine schwere und höchst unge­rechte Laft und das gleiche ist er auch für die sehr große Mehrheit der ackerbautreibenden Bevölkerung, welcher er angeblich nüßen soll.

Nach den statistischen Feststellungen giebt es im Deut schen Reich 5 276 812 landwirthschaftliche Betriebe. Davon haben Bewirthschaftung:

bis 1 Hektar 2 323 316 Betriebe= 44,0 pбt. 1- 5

1 719 922

32,6

"

"

"

5- 10

554 174

10,6

"

"

"

10­

20

372 431

7,0

"

"

"

20-50

239 887

4,5

" 1

"

"

50-100

41 623

0,8

" 1

"

"

100-200

11 501

0,2

"

"

11

200-500

9814

0,2

"

"

3 629

00,8

It "

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"

515

"

"

500-1000 1000 u. mehr

= 00,1 11 5 276 813 Betriebe= 100,7 pбt.

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Theil davon verkauft, fich theilweise ebenfalls in der Lage befindet, statt Brotfrucht zu verkaufen, solche faufen zu müssen. Im Ganzen hat diese Rategorie feinen Vortheil und feinen Nachtheil vom 3oll. Dies erwogen, stellt sich heraus, daß 76,67 pet. sämmtlicher landwirthschaftlichen Betriebe durch den 3oll mehr oder weniger schwer geschädigt werden, daß 10,6 pCt. günftigen Falles ohne Nachtheil aber auch ohne Vortheil ihm gegenüberstehen, daß 11,5 pбt. die Befizer von 10-50 Hektar einen kleinen oder mäßigen Vortheil haben und nur der Rest von 2 pCt. den Löwen­Vortheil haben und nur der Rest von 2 pCt. den Löwen­antheil der Vortheile des Bolles schluckt. Das sind im Ganzen 67 082 Betriebe, die fich auf eine weit geringere Bahl von Beſizern vertheilen, weil viele Besizer mehrere Güter haben. Man berechnet, daß der Vortheil der Groß­grundbesitzer aus dem 3ollschuß sich je nach der Größe ihres Befizes auf 2000 m. bis 23 000 m. und höher beläuft. Und zu diesen Begünstigten gehören zum guten Theil die Wortführer der Kornzölle im Reichstag, ferner die hohe Aristokratie und die Plutokratie, die ihre Millionen heute wesentlich in Grundbesitz sicher festlegt. Das Reich hatte im Jahre 1887 aus den Zöllen auf Getreide, Hülsenfrüchte und Malz eine Einnahme von 46 167 000 m. höhte Kornzoll wirkt erst in diesem Jahre der Vortheil aber, der durch die Steigerung des im Inland ge­bauten Getreides infolge des Schutzzolles unseren Korn­zöllnern in die Taschen fällt, wird auf ca. 120 000 000 berechnet. Nach der Vierteljahrsschrift für Volkswirth schaft, Politik und Kulturgeschichte" beläuft sich die Durch schnittsbelastung jeder Familie im Deutschen Reich auf 52,50. Es ist also nicht zu hoch gegriffen, die Belastung der Arbeiterfamilie durch den Kornzoll mit rund 60 M. an zusetzen, da bekanntlich die besser fituirten Klassen weniger Brot verbrauchen.

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Der er

Gegenüber dieser Sozialreform" für einen Theil der besitzenden Klassen nimmt sich die für die Arbeiter projektirte Sozialreform mit 120 M. Altersrente nach Ablauf des fiebenzigften Lebensjahres recht kläglich aus; sie erscheint nunmehr erst in ihrem wahren Lichte. Da begreift sich auch, daß die Nordd. Allg. 3tg." und ihre Gevattern sich verzweifel bemühen, jene wirkliche Sozialreform" für die besitzende Klasse möglichst unter den Scheffel zu stellen und dafür jene für die Arbeiterklasse in Aussicht gestellte Scheinreform in hellster bengalischer Beleuchtung er scheinen zu lassen.

Doch die Täuscher werden die Getäuschten sein. Den Brotvertheuerern glaubt man nicht.d

Politische Uebersicht.

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Der Bruder Bauer", dem die Herren Junker und Rittergutsbefizer vor den Wahlen und überhaupt, wenn es etwas zu fischen giebt, so warm die Hand diücken, hat bei der Vertheilung der Beute und der Stellen natürlich nicht mitzu­reden. Damit, daß er den Junker und Rittergutsbefizer richtig" wählt, hat er seine Mission erfüllt. Und genau ebenso ergeht es den Handwerkern, die so gutmüthig sind, sich von den Juntern und Rittergutsbefizern als Vorspann vor vor dem Realtionswagen gebrauchen zu laffen. Bei der Vertheilung der Beute und Stellen müffen fte. leer ausgehen. Unter Stellen und zwar mit in erster Linie die Ehren verstehen wir auch stellen in der Leitung der konservativen Partei. Betrachten wir uns z. B. die Titel und Namen der Vorstandsmitglieder des Tonservativen Landesvereins für Sachsen. Eine hübsche Liste das. Man lese nur: Freiherr   von Burgt, Ritterguts befizer von Carlowig, Reg. Assessor von Erdmanns dorff, Freiherr von Find, Rittergutsbesizer Dr. von Frege, Konsul de Liagre, Rittergutsbesiser von Dehlschlägel, Amtshauptmann von Schlieben  , Ritter­Weißenbach, Amt 3 hauptmann Freiherr von Weld, gutsbesizer von Trebra  , Amtshauptmann von

Im Jahre 1884, das eine gute Durchschnittsernte hatte, ergaben 40 Millionen Hektare landwirthschaftlicher Fläche 310 000 000 3entner Getreide, was auf den Hektar 7,7 3tr. beträgt. Hiervon sind abzurechnen 17 für die Aussaat, ver­bleiben 6,6, und etwa' s als Fütterung für Vieh und Ge­flügel, wonach 5,3 3tr. netto per Hektoliter übrig bleiben. Die Bauernfamilie verbraucht aber nicht weniger Brot als die Arbeiterfamilie, eher mehr, der Bauer muß also einen Durchschnittsbesit von 4 bis 5 Hektaren haben, wenn er das Getreide für den eigenen Bedarf bauen will. Nun giebt es, wie oben angeführt, 2 323 316 landwirthschaftliche Betriebe mit bis zu einem Hektar Bodenfläche, durchschnitt- Weißenbach, lich besigen sie nicht einen halben Hektar. Es ist klar, daß diese fammt und sonders erheblich Korn zukaufen müssen und so vom 3oll schwer geschädigt werden. Betriebe von 1-5 Heftar giebt es 1719 922, mit durch schnittlich 2 Hektaren. Auch diese gehören mit ganz ver einzelten Ausnahmen in die Kategorie jener, die Getreide für den eigenen Bedarf zukaufen müssen, günstigen Falles ihren Bedarf decken.

Bei der schlechten Ernte dieses Jahres darf man aber ohne Uebertreibung annehmen, daß die dritte Kategorie der 554 174 landwirthschaftlichen Betriebe mit 5-10 Hektaren, durchschnittlich 7,1 Hektar Besiz, die unter günstigen Ernte verhältnissen ihren Bedarf an Brotfrucht selber baut, zum

oder weniger mein ganzes Leben in ihnen und es geht mir jetzt schlechter, als es mir jemals ergangen ist. Keine Ar Keine Ar­beit, kein Geld, mit Ausnahme der drei Dollars, die Du jebe Woche verdienst! Es ist gar traurig!

Ja, Vater, es sieht manchmal traurig aus, wir müssen aber nicht zu viel daran denken. Es giebt eine Zukunft," rief das Mädchen leidenschaftlich aus, es muß eine 3u funft geben für die Arbeiter dieser großen Republik  ! Es ist nicht Recht, daß die Vielen alle Arbeit verrichten und die Wenigen) allen Gewinn einziehen sollen. Gott   kann das nimmermehr beabsichtigt haben, unser Erlöser lehrt uns ganz anders."

F

Wirtl. Geheimrath von Behmen, Landesältester von Betschwiß, Freiherr von Friesen. Die Bürgerlichen find: Geh. Hofrath Adermann, Sommerzienrath Bierling, Rechtsanwalt Opig, Rittergutsbefiger Reich, Reg. Assessor Rumpelt, Justizrath Strödel, Professor Dr. Straumer, Amtshauptmann Dr. Wäntia, Landesgerichtsrath Dr. Welt."- Rein ein­siger Bruder Bauer", lein einziger Bruder Jnnungszopf. Und das im gemüthlichen" Sachfen! Uebrigens giebt das Vers zeichniß dieser Titel( die Namen find ganz unwesentlich) ein vor­zügliches, frappant treues Bild deffen, was man heutzutage unter fonservativer Partei" versteht.

Sehr freundlich. Ein Reptil wundert sich, daß Lieb, Inecht seine Notiz betreffend das Lausanner Gaulois Inter­view" nicht direkt an den ,, Gaulois" geschickt habe er fürchte

Du denn das Schicksal derer, die zu den Trades Unions gehören, im Falle eines Streiks, der unglücklich ausgeht? Weißt Du, was die Schwarze Liste ist und wie schwer es fällt, Arbeit zu bekommen, wenn die Arbeitgeber sich gegen uns verbünden?"

Ja, mein lieber Vater, ich glaube, daß Du mit Deiner reichen Erfahrung besser weißt, was zu geschehen hat, als ich unerfahrenes Mädchen, allein so viel steht fest, daß ich, so gewiß als ich lebe, auch ebenso gewiß gegen die jetzigen Bustände ankämpfen werde, so lange ich lebe! Ich werde, so viel ich kann, von dieser neuen Arbeiterbewegung fennen lernen und fie fördern, so weit es in meinen Kräften steht.

| wohl dort zu verlegen". Nun, warum denunzirt das patrio tische Reptil nicht den" Candidat français" beim Gaulois"? An's denunziren ist das Völlchen ja gewöhnt.

H

Den fetigen Präsidentschaftswahlfeldzug in der Union   charakterifirt die Juinois Staatsseitung", ein Kapita liftenblatt commeil faut, wie folgt. Bu dem allgemeinen Mangel an Begeisterung im jezigen Präfidentenwahlfeldzuge trägt auch die Persönlichkeit der beiderseitigen Feldzugsleiter bei. Der demokratische Wahlfeldzug wird thatsächlich von zwei der gierigsten Monopolisten geleitet, nämlich von dem Eisenbahns advokaten und tüdichtelosen Eisenbahnspekulanten Brice von Obio und dem Nationalabgeordneten und Rohlenringmeister Scott von Pennsylvanien, zwei Männer, deren ganzes Sein und Treiben im schneidensten Widerspruche steht mit den feier­gegen Trusts" und Monopole. Der oberste republika. nische Wahlfeldzuosleiter ist der Bundessenator Quay von Bennsylvanien, ein Mann, der es lediglich durch schlaue Drahtziehereien und feine politische Schliche zu einer politischen Bedeutung in Pennsylvanien und zu Reichthum ge­bracht hat. Und sein Haupthelfer ist jener Elfins, der fich als oberster Territorialanwalt und als Kongreßdelegat von Neu jetzt als vornehmer Herr in New York   lebt. Jeder dieser Viere Merito durch riesige Landgaunereien bereicherte und fann den selbstständigeren und ehrliebenderen Männern sogar der eigenen Bartet nur Widerwillen einflößen. Einem Wahlfeld­zuge, der auf beiden Seiten von solchen Leuten geleitet wird, muß von vorne herein jeder ideale Schwung fehlen. Denn bei derartigen Leuten ist ja alles nur talte, ge­wissenlose Berechnung, Lift und Lücke." Die Charakteristik ist ganz treffend. Das Spaßige ift blos, daß die Illinois Staatszeitung" diesen Feldzug voll lalter, ge wiffenloser Berechnung, Lift und Tüde" felber, und zwar febr eifrig mitmacht. Aber auch ihre traurige Seite hat die Sache: daß nämlich die Arbeiter Amerifas, welche vor zwei Jahren einen so schönen Anlauf gegen die beiden herrschenden Parteien genommen haben, jest politisch so gut wie nicht existiren. Bei dieser Gelegenheit sei erwähnt, daß Henry George   mit feiner Agitation für Cleveland  - wie wir gleich vermutheten- ein sehr gutes Geschäft macht. Er bekommt nämlich 300 wir schreiben dreihundert- Dollars für jede Rede oder Vor­lefung. Beiläufig ist er ein sehr guter Redner, und er fann wohl von fich denken, daß er für eine Abendvorstellung halb so viel werth" ist, wie eine Primadonna mittleren Ranges.

Hchen Verwahrungen der demokratischen National- Platform

Die Nachricht, daß Herr von Ehrenberg sich recht zeitig aus dem Staube gemacht hat, um einem Prozeß wegen Hoch- und Landesverraths zu entgehen, muß berechtigtes Auf­fehen erwecken. Wir wiffen auf das Bestimmteste, daß die Akten stücke, welche der Abgeordnete Bebel dem Kriegsgericht in Karls­ ruhe   zum Theil in Abschrift unterbreitete und deren Richtigkeit dann durch die Auslieferung der Originale seitens des Bundes­raths zu Bern   bestätigt wurde, so außerordentlich gravirender Natur waren, daß die Nichtinhaftnahme Ehrenbergs unbegreiflich schien. Seit jener Beit find nahezu zwei Monate verfloffen und Ehrenberg hatte also Muße genug, seine Flucht in aller Ruhe vorzubereiten. Eins steht fest, daß, wenn gegen einen bürgers lichen Angeklagten auch nur der zehnte Theil deffen an Beweis stüden vorlag, was gegen Ehrenberg vorgelegt wurde, die bürger­lichen Gerüchte ohne weiteres seine Berbaftung befchloffen hätten. Diese Milde des Karlsruher Militärgerichts kontrastirt start mit der sonst an Härte grenzenden Strenge der Militärgerichte.  - Was sagt aber unsere verehrte Gönnerin, die Kreuzzeitung  " zu dem Steckbrief, der icht hinter ihrem Ehrenmann" Ehrenberg dreingeschickt wird? Nachbarin, Euer Fläschchen!

Aus Dresden  , den 28. September, schreibt man uns: Die Anordnung des§ 9 des Sozialistenaefezes treibt immer wunder lichere Blüthen. Dafür liefern die Thaten der Dresdner   Polizei in den letzten Tagen wieder zwei Beispiele. Für Sonnabend wurde eine Versammlung der Gewerbsgehilfen angemeldet mit der Tagesordnung: Das hiefige Gewerbeschiedsgericht und deffen Busammensetzung. Referent sollte der Tischler rouis Schols fein, welcher seit mehreren Jahren Arbeiterbeifizer im Gewerbegericht war. Es handelte fich alto, wie die Tagesordnung besagt, um eine Kritit der Thätigkeit und der Zusammensetzung des Ge richts, über welche der Referent ficher am besten urtheilen konnte. Ueberdies war der Gegenstand der Erörterung ein solcher, daß man es doch nicht für unmöglich halten sollte, daß damit Bes strebungen auf den Umfturs der bestehenden Staats- oder Ge sellschaftsordnung bezweckt werden tönnten. Aber was fein Verstand der Verständigen sieht, das ahnet in Einfalt die Dresdner   Polizei. Sie verbot die Versammlung auf Grund von§ 9 des Sozialistengesetzes. Als der Referent persönlich zur Polizei ging, um fich nach den Gründen des Verbots zu ers fundigen, wurde ihm die Entgegnung: Die ließen sich nicht mit theilen, es seien Niederschriften über seine Person in den Aften enthalten, die das Verbot rechtfertigten. Das Verlangen, die Gründe schriftlich zu erhalten, er fei bereit, die Kosten zu bezahlen, brauche aber die schriftliche Begründung, um Beschwerde erheben zu können, wurde abgelehnt. Die Bes schwerde über diese eigenthümliche Auslegung des§ 9 wird nun erst recht, eventuell bis an's Ministerium des Innern

Ich muß meinem Vater Muth einflößen und nie vergessen, den Ropf oben zu halten. Eine Aenderung zum Besseren muß eintreten! Es kann unmöglich schlechter werden, ohne daß das Leben selbst gefährdet wird.

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Hausthüre unterbrochen. Diese Betrachtungen wurden durch ein Klopfen an der Hausthüre unterbrochen. Nach einem flüchtigen Blick in einen nahen Spiegel öffnete Miß Maud die Thür und wurde mit einem ebenso achtungsvollen wie herzlichen Guten Abend Miß Simpson" empfangen. Der Besucher war Mr. Harry Wallace, mit welchem Miß Maud kürzlich be­fannt geworden war. Es war ein hübscher junger Mann von ungefähr dreiundzwanzig Jahren und etwas größer als

Ja, ja, meine Tochter, ich habe jahrelang gehofft, daß Doch das Abendbrot ist vorüber und ich habe noch noth- Miß Maud. Er war fräftig und gut gebaut, die Muskeln

eine Aenderung kommen und daß eine gerechtere Bertheilung des Reichthums stattfinden würde, aber jetzt bin ich alt und morsch und alles sieht düsterer denn jemals aus!"

Aber, Vater, angenommen, wir verzweifelten Alle, dann würden wir tiefer und tiefer sinken, bis wir genöthigt wären, zu leben wie die menschlichen Arbeitsthiere, die von Europa  

und Asien   in dieses Land kommen.) Wir passen nicht für ein solches Leben. Unsere Erziehung, unsere öffentlichen Schulen und unsere Staatseinrichtungen haben in uns Amerikanern verfeinerte Bedürfnisse groß gezogen, die uns eher in den Tod führen sollten, und ich glaube auch führen werden, als zu vollständiger Herabwürdigung! Ich bin für ben Kampf bis zum Aeußersten; ich sehe feinen anderen Weg als den durch eine geschlossene Organisation der Arbeiter und der Arbeiterinnen. Es mag dies nicht der richtige Weg sein, er ist aber der einzige, den wir vor uns haben, und wirklich, mein lieber Vater, Du mußt Dich der Gewerkschaft Deines Arbeitszweiges anschließen, wenn es auch nur ist, um mich zu vertreten!"

" 1

Ei, meine begeisterte kleine Gewerkschafterin, kennst

1) The many and thue few die Vielen und die We nigen, die Arbeitenden und die Genießenden. Die einwandernden europäischen   Arbeiter find gemeint, deren Bedürfnißlofigkeit und vergleichsweise niedrige Lebens haltung die amerikanischen   Arbeiter lange verwundert und empört bis sie jetzt selbst in ähnliche Lage zu kommen beginnen.

hat

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wendig etwas zu nähen."

Nachdem die Taffen und Teller aufgewaschen, bei Seite gesetzt und die Stube in Ordnung gebracht, setzte sich gefeßt bas junge Mädchen nieber, um ein altes Kleid wieder her zurichten, und dabei überließ sie sich ihren Gedanken, während der alte Arbeiter seine Pfeife anzündet und am Rüchenofen fein Studium von Fortschritt und Armuth" fortsetzt.

Es mag

Ein Mund

gut entwickelt, die Brust gewölbt, die Schultern breit und männlich. Ein starker, wohlgeformter Hals trug einen Ropf, auf den jeder Mann stolz sein konnte. deckt, klare graue Augen, die bald von übermüthiger Laune von mittlerer Größe, theilweise durch einen Schnurrbart vers glühten, deuteten auf Intelligenz, welche auch durch die erglänzten, balb von dem Feuer ernster Leidenschaft ers breite und vollkommen entwidelte Stirn angezeigt wurde. Reiches hellbraunes Haar vollendete das Bild des einfach aber forgsam gekleideten jungen Mannes, eines Ar beiters und Gentleman, der jetzt Miß Simpson die Hand drückte.

Ach, dachte das junge Mädchen, wenn ich nur das graufige Gespenst des Elends nicht mehr vor mir hätte. Es ist schwer, Arbeit zu bekommen, und die Bezahlung ist so schlecht! Ich habe die Prüfung gut bestanden, tonnie feine Stelle als Lehrerin finden. wohl sein, daß mir alles fehl schlug, weil mein Vater nur Maurer ist. Die Thatsache, daß ich lange nicht so reich gekleidet war als die anderen als die anderen Bewerberinnen, mag mir ebenfalls ungünstig gewesen sein. und dann reimt es ja auch nicht zusammen, daß bie Lehrerin ber wohlerzogenen und aristokratischen Jugend von Washington  in einem armseligen Gäßchen des Negerquartiers wohnt. Freilich, wenn sie mir eine Schule mit hinreichendem Gehalt gegeben hätten, so würde mein Verdienst mit dem meines Baters ausgereicht haben, ein anständiges Häuschen in einer anständigen Straße zu miethen. Ich glaube, daß ich aber lieber Gehilfin in einem Geschäft würde, wenn man mir denselben Lohn und fürzere Arbeitszeit geben wollte. Vaters Muth ist so ziemlich gebrochen, und ein Mann oder ein Weib, deren Muth gebrochen ist, gehen unrettbar abwärts. währleistet werden soll.

Mr. Wallace war seinem Gewerbe nach ein von der Regierung angestellter Metallarbeiter und seit seinen Lehr­jahren in derselben Stellung. Die öffentlichen Schulen hatten in ihm Wissensburst erwedt. Weil er wußte, daß die verschiebenen Abtheilungen der Regierung Bibliotheken zum Gebrauch der Angestellten hatten, machte er nachbrüd lich und mit Erfolg politischen Einfluß" geltend, bis hielt. Sein Lohn war nur der gewöhnliche des Distrikts"),

1) Von Columbia. Die Hauptstadt Washington   liegt in einem besonders dafür reservirten Distrikte( dem District of Columbia  ) eine Einrichtung, durch welche die Unabhängig teit der Hauptstadt und der darin tagenden Boltsvertretung ge

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