des auf dem Hofe dieses Grundstückes zu errichtenden Bades, Deffen Mauern bereits über den ersten Stod hinausgediehen, vollendet ist. Es soll acht Monate langwieriger und mühevoller Arbeit bedurft haben, um die Quelle zu fördern. Bis zur Tiefe von 244 Meter mußte mittelst Diamantbohrers gebohrt werden, ehe ein Erfolg feftgestellt werden konnte.
Die goldene Hundertzehn macht nicht nur bei Ges schäft leuten Schule, sondern akademisch gebildete Personen, welche fich berufen fühlen, das Volk durch Zeitungslektüre zu belehren, folgen ihrem Beispiel, wie folgendes Inserat, welches wir einem Buchdruckerfachblatt entnehmen, beweist. Dasselbe Daffelbe lautet:
Redakteur sucht e. Stelle: Dr. phil. , der einst studiert Volkswirtsch. u. neu're Sprachen, der mit Schwung d. Feder führt( Leitartikel, Plaudereien); der als Knab' Korrektor schon, der d. Winkelhafen schwinget( eines Drudherrn jüng'rer Sohn): unter all' d. Federvieh ein Universal Genie!- Verslein, mache mir Reflame! Eduard Müller ist mein Name, und Nordhausen igt mein Wohnort, 28 Petersberg dort."
Wir wissen nicht, was höhere Bewunderung verdient, das Universalgenie" oder die Zeitung, welche fich desselben bedient.
Colchicum autumnale L., die auf feuchten Wiesen Süd- und Mittel- Deutschlands häufig, in NordDeutschland seltener wild wachsende Herbstzeitlose ist eine unserer gefährlichsten Giftpflanzen, wie der Botanikter eines Berliner Gymnaftums vor wenigen Tagen hat erfahren müssen, als er nach dem Aufrißen der Kelchröhre durch den Daumnagel- wahrscheinlich um die Werkzeuge der Befruchtung zu zeigen sein Butterbrot aß und eine volle Stunde ohnmächtig im Kon ferenzzimmer liegen blieb; die geistige Thätigkeit war für den ganzen übrigen Tag, tros ärztlicher Pflege, aufgehoben. Da noch immer einzelne blühende Pflanzen auf unseren Wiesen vorkommen, glauben wir, dieselben ein wenig genauer beschreiben au sollen. Sie gehören zu den Lilienblüthigen( Liliaeflorae- Melanthaceae ober Colchi aceae), find also Bwiebelpflanzen mit trichterförmigem farbigem Relch( Perigon), fleischrothen oder Hellpurpurfarbigen, auch einfach und gefüllt weißen und gefüllt purpurrothen Blüthentronen( in den Gärten) und sehr langer Kelchröhre. Die Blätter erscheinen erst im Frühjahr und find fpit, breit lanzettlich. Die Zwiebel enthält das Alkoloid Colchicin und bringt gekaut durch ihre äßende Schärfe Brennen im Schlunde und reichlichen Speichelfluß hervor. Das Kraut muß bei der heuernte ausgesucht werden, denn dasselbe ist dem Rindvich sehr schädlich und die mit Futtergräsern abgemähten Fruchtstengel und Blätter haben schon mancher Ruh den Tod gebracht. Die von Süddeutschland in Norddeutschland in ganzen Wagenladungen eingeführten Zwiebeln wurden f. 3. viel zur Bierverbreitung verbraucht. Die Zeitlose war schon den Alten bekannt und wurde auch Ephemeron( vergänglich, nur einen Tag da ernd) genannt, weil man überzeugt war, daß derjenige, welcher eine Broiebel esse, an demselben Tage sterben müsse. Colchica venena der Alten habe von dieser Pflanze den Namen. Zwiebel und Samen( Radix et semina colchini) gehören seit langer Zeit zu den schärfsten Heilmitteln gegen Sicht und Waffersucht; daß aber auch die Kelch( Perigon-) Röhre mit Fruchtboden, Griffel und Staubgefäßen so start wirken fönnen, wie oben berichtet wurde, dürfte noch ziemlich unbe. tannt sein.
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„ Der Skat verdirbt den Charakter", sagt eine Brochure, welche im Reiche der vier Wenzel eine ungeheure Erregung hervorrufen würde- wenn die Statbrüder überhaupt lesen wollten. Aber fte lesen eben nicht, sondern spielen nur und vergeuden ihre Beit, und das ist es, was ihnen die Brochüre von Frau Anna und Dr. Heinrich Fränkel" zum Vorwurf macht, indem fte einfach, wie das Al. J." bemerkt, tegiftritt: Nach unseren in allen Theilen Deutschlands gesammelten Erfahrungen wird gegenwärtig vom deutschen Volk in seiner Gesammtheit mehr Beit auf's Kartenspielen als auf's Lesen von Büchern ver wandt" Wir nehmen zur Ehre des deutschen Volkes an, daß Herr Dr. Fränkel und Frau Anna fich verzählt haben, was ja bei einer fo großen Bahl, wie es die der Einwohnerzahl Deutschlands ist, sehr leicht möglich ist. Wir halten auch die Befürchtung des Autor- Ehepaars für übertrieben, daß der Stat den Charakter verdirbt." Es ist dieses Angstwort dem von der Politit, die ebenfalls ,, den Charakter verderben" soll, zu sehr nach gebildet, um noch Effett zu erzielen. Was soll nicht noch Alles ben ,, Charafter verderben!" Die Politit, der Stat, das echte Bier, bas Regelspiel und wer weiß was sonst. Nein, so weit braucht man nicht zu gehen. Aber unbefireitbar scheint uns in der That, daß der Stat die Mußestunden eines großen Theils der Ge bildeten" in einem dem Kartenspiel niemals einzuräumenden Grade, in einem bedrohlichen Maße ausfüllt, bedrohlich darum, weil das Kartenspiel jedes Interesse an geistiger Ausfüllung der Mußezeit, an Pflege der Geselligkeit, Veredelung des Lebens im Hause zerstören fann. Das Autorpaar leitet seine geharnischten Angriffe gegen das Kartenspiel mit folgender wirksamer Kenn zeichnung der Statfere" ein: Jn Dresden fand vor einigen Monaten der dritte deutsche Statlongreß fiatt. Bur Feier des Tages machten die Theilnehmer u. a. nach gethaner Arbeit", b. h. nachdem man viele Stunden lang Stat gespielt, eine Rundfahrt durch den Großen Garten " mit Staunen fahen die Dresdener, wie die eifrigsten der Spieler während des Fah rene Stat spielten, ohne rechts oder links zu blicken. Am Abend fand im Restoenz Theater zu Ehren der Statbrüder eine Fest vorstellurg statt die Ehrengäfte aber faßen im Foyer und spielten Stat." Die Feinde des übermäßigen Kartenspiels tönnen
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hat einen Ausdruck des Stolzes in dem schönen Antlig. Von Zeit zu Zeit preßt sie ein Taschentuch vor die Augen und ein konvulfivisches Beben zuckt durch die hohe, üppige Gestalt.
„ Ella, ich flehe Dich an, schone Dich!" ruft ihr der Gatte schmerzvoll zu. Bedenke Deinen 3ustand! Romm' hinauf, nach oben!"
Nein," schlucht fie, ich will Abschied nehmen von all den lieben Gegenständen, die meine Freude bildeten. Ich will sehen, in messen Hände sie gerathen."
, Sie werden Dir verbleiben, Ella. Dein Bruder wird eben jegt mit bem 3ug gekommen sein. Er wird alles für uns für Dich zurücklaufen. Deshalb martere Dich nicht umsonst! Denke an Deinen Zustand! Denke an
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,, unser Kind!" seufzt sie.„ Es wird als Bettler in die Welt eintreten. Möchte doch die Stunde seiner Geburt mir den Tod bringen!"
Ella!"
Er stieß es bebend hervor. Das Wort enthielt Schmerz, bittere Klage, Selbstvorwürfe, wilde Verzweiflung.
Sie wurde von Mitleid ergriffen und reichte ihm die Hand.
Arthur, verzeih' mir! Ich bin so unglücklich! Ich weiß nicht mehr, was ich rede. Aber eines weiß ich, daß Du mich liebst und daß alles, was Du gethan hast, aus Liebe zu mir geschah."
Ella!"
Dieses Mal drückte es 3ärtlichkeit und Dank aus. Die Thränen der beiden Gatten fließen. Ach, welche Beit lag hinter ihnen!
Die Liebe hatte sie zusammengeführt. Ihr Hochzeitsfest war eines der schönsten und glänzendsten gewesen, welche je in der Stadt gefeiert wurden. Die Ausstattung ihrer Häuslichkeit entsprach dem Feste. Sie war reich und ges
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aus solchen Vorgängen sehr leicht das Urtheil fällen, daß die| Statfanatiker wirklich jeden Sinn für Natur und Kunst freuden verloren haben, abgesehen davon, daß die Veranstaltung von Statlongreffen wie eine Verhöhnung des Kongreßgedankens fich darstellt. Bulegt werden wir noch Kongreffe von Mühlen intereffenten" fich breit machen sehen, d. h. nicht von tundigen Müllern etwa, sondern von solchen Leuten, welche Mühle ziehen". Erstaunlich ist es nun und beschämend zugleich, daß wirklich ernsthafte Berufsmenschen fich zu solchem Unfinn, wie es ein Staffongreß" ift, bereit finden. Der Bufall selbst hat ja diesen Unsinn dadurch ironifirt, daß der preisgekrönte Stat meister ein Simpel war. Unfer größter Dichter und Denker hat das Spiel als Selbstzeugniß der Geiftesarmuth bezeichnet. Dem entgegen steht zwar das Beispiel Kant's , der auch Karlen spielte und das Kartenspiel anderen empfahl, aber quod licet Jovi non licet bovi, oder in diesem Falle, was bei einem Geist wie Kant ein Ausruhen des Geistes bedeutet und für weitere Arbeiten tüchtig macht, das nimmt den Geist eines mittel mäßigen Menschen ganz in Anspruch und spannt ihn ab, so daß ein solcher oft an seine Berufsarbeiten mit zerfahrenem Sinn, mit Unluft geht. Für alle diejenigen überhaupt, welche sich am Tage geistig beschäftigen, mag ein Stündchen, beim Kartenspiel zugebracht, als Erholung betrachtet werden, für alle Dagegen, welche praktischen Berufszweigen angehören( und darin geben wir der erwähnten Brochure Recht), für alle Kaufleute, Gewerbetreibende, die große Mehrzahl der Beamten 2c. giebt es angemessenere Abwechslung zur Erholung in den Mußestunden, als das unaufhörliche Kartenspiel, welches bis in die Nacht stunden hinein währt. Jene Broschüre bezeichnet die Stat fucht als Kartenpest" und behauptet, daß alle Kreise von ihr befallen find. Einem Nicht- Statspieler muß es allerdings be fremdlich erscheinen, daß beinahe überall, wohin er geräth, die Frage an ihn gerichtet wird, sobald es sich darum handelt, ein Abendstündchen zu verbringen: Sie können doch Stat spielen?" Als gehöre es durchaus zur Bildung der Zeit, die Statgeheim niffe zu fennen. Die vier Wenzel find die vier Elemente der Geselligkeit geworden. Eine andere fennt man in gewissen Kreisen nicht mehr. Die ästhetischen Thees", die musikalisch deklamatorischen Abendunterhaltungen tennt man nicht mehr. Dafür lädt man schon ganz direkt zum„ Skat " ein. Es giebt Bier- Stat"," Thee- Stat", Kaffee- Stat"; wir sind nicht mehr weit davon enfernt, daß die Konfirmanden und Konfir mandinnen fich zur Feter Stat zur Feier des Tages einen leisten. Was ist aber auch unter solchen Umständen aus einer Abendgesellschaft" von heute geworden! Raum ist die obligate, abfütterung"( wie ganz im Geheimen die Erweisung der Gastfreundschaft genannt wird) zu Ende, so ziehen sich die Herren zum Stat zurüd. Die Damen müffen die Zeit nach dem Effen, bis es den Herren gefällig ist, das Kartenspiel zu laffen und fich von den Reizen" des Epielteufels loszumachen, mit den banalsten Gesprächen zubringen. Die Broschüre sagt nicht mit Unrecht: Wenn wir die sogenannte Gefelligkeit" unferer heutigen Gesellschaft" ansehen, dann möchten wir doch unsere Großeltern um die vielverspotteten ästhetischen Thees" ein wenig beneiden. Unser ganzes Leben ist reicher und weiter geworden. Die Eisenbahnen und Dampfschiffe haben uns die ganze Welt erschloffen und weite Reisen zur Gewohnheit aller nur einigermaßen Bemittelten gemacht, aber das alles hat unsere Geselligkeit nicht bereichert, weil in derselben Zeit das Kartenspiel seinen ftegreichen Einzug in die Gesellschaft" ge halten und die Genossenschaft der Statbrüder, die weder nach Batten, noch nach Vater, noch nach Unterhaltungspflichten fragen, zum herrschenden Element in derselben gemacht hat." Diese Streitschrift enthält, wie man steht, vieles BeherzigensDiese Streitschrift enthält, wie man sieht, vieles Beherzigens werthe, aus dem derjenige, der noch höhere Pflichten der Gefelligkeit, als Kartenspielen fennt, die Nothwendigkeit bestätigt felligkeit, als Kartenspielen fennt, die Nothwendigkeit bestätigt findet, daß der Stat entthront werden muß. Aber es wird wahrscheinlich nicht viel nügen, wenn die Skatbrüder so mächtig geworden.
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Afrika und die Zivilisation. Unsern Kolonialschwär mern fönnte man folgende Stizze ins Stammbuch schreiben:
Ein großer starter Mann, in eine Uniform gekleidet und bis zu den Zähnen bewaffnet, flopft an die Thür einer Hütte an der Küste von Afrika .
Wer bist du und was willst du, Mann?" fragt eine Stimme aus dem Innern der Hütte.
Im Namen der Zivilisation öffne die Thüre deiner Hütte, sonst stoße ich sie ein und jage dir Blei in die Eingeweide."
Aber was willst du denn hier?"
Mein Name ist europäische Bivilisation. Rede darum nicht wie ein Narr, du schwarzes Vieh; was glaubst du, wofür ich hier bin und was ich verlange? Was sonst, als dich zu zivilifiren und ein vernünftiges menschliches Wesen aus bir zu machen, wenn so etwas möglich ist."
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Was willst du thun?"
" Buerst mußt du dich wie ein Weißer leiden. Es ist eine Sünd' und Schand', so herumzulaufen, wie du, thuft. Von jegt an mußt du Unterkleider tragen, ein Paar Hosen, eine Weste, Bylinderhut was man eine Angströhre" nennt und ein Baar gelbe Handschuhe. Ich werde dir dieselben zu mäßigen Preisen liefern."
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Was soll ich damit thun?"
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Sie tragen, selbstverständlich; du glaubst doch nicht, daß du fie effen sollst? Oder? Der erste Schritt in der Bivilisation ist, passende Kleider zu tragen."
Aber es ist hier zu heiß, solche Kleidung zu tragen. Ich
schmackvoll. Aber das Vermögen entsprach der Ausstattung nicht. Die Einkünfte reichten kaum hin, um Ella's Toilette zu bestreiten. Da hatte denn Arthur, der dem geliebten Weibe keinen Wunsch versagen mochte, sich in Spekulationen gestürzt.
Es war das alte Lied. Zuerst lächelte ihm das Glück. Infolge dessen hielt er sich für unfehlbar und erweiterte seine Wagnisse ins Unberechenbare. Da trat der Umschwung ein. Verlust folgte auf Verlust, bis eines Tages das Unabwendliche über ihm zusammenschlug, wie die Wellen über dem Ertrinkenden.
Ella hatte keine Ahnung von den Kämpfen, welche er bestand. Als etwas Selbstverständliches hatte sie die tausend Aufmerksamkeiten hingenommen, mit denen er sie über schüttete. Ihr leichter Sinn hatte nie nach dem Woher gefragt. Um so grausamer empfand sie den Schlag, als sie der Entbehrung, der Armuth, der Noth ins mitleidlose Antlit schauen sollte. Die häßlichen Formalitäten des Elends flößten ihr Entfeßen ein. Als die Gerichtsdiener die Siegel anlegten, war sie in Ohnmacht gefallen.
Und warum mußte sie das alles erdulden? Weil sie die Gattin dieses leichtsinnigen Mannes war, dieses Mannes, der ihr die Wahrheit verheimlicht, der sie getäuscht hatte. Ein Gefühl des Hasses gegen ihn war in ihr emporgestiegen. Doch bald erwachte die Liebe wieder, als sie ihn leiden fah, leiden um ihretwillen. Und nun suchte sie mit verdoppelter Bärtlichkeit wieder gut zu machen, was sie ihn zuvor hatte büßen lassen. Heute aber, als das Schrecklichste ihr bevorstand, als die einzelnen Bestandtheile ihres Heims zerpflückt werden sollten, wie die Blätter einer Blume, als selbst die Kinderausstattung, die sie vorsorglich für das noch Unge borene hergestellt, wildfiemden Menschen in die gierigen Hände fallen sollte heute war die mühsam errungene Fassung wieder verschwunden und sie gab sich von neuem dem Schmerze, der Verzweiflung hin.
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bin daran nicht gewöhnt. Ich werde durch die Hiße zu Grunde gehen. Willst du mich denn tödten?" Nun, wenn du stirbst, wirst du die Genugthuung haben, ein Märtyrer der Zivilisation zu sein." Du bist sehr freundlich.
,, Erwähne dessen nicht. Sag, womit gewinnst du deinen Lebensunterhalt?"
Wenn ich hungrig bin, effe ich eine Banane. Ich effe, trinte oder schlafe, juft wie es mein Bedürfniß erheischt. Welch' schreckliche Barbarei!"
Warum das?"
" Du mußt dich zu einem Geschäfte bequemen, mein Freund. Wenn nicht, dann muß ich dich als Vagabunden einfperren." Wenn ich ein Geschäft betreiben muß, so werde ich ein Kaffeehaus eröffnen. Ich befize eine große Quantität Kaffee und Zucker."
O, du hast? Haft wirklich? Ei, da bist du ja kein so hoffnungsloser Gesell, wie ich dachte. Vorerst hast du mir 50 Dollars zu zahlen."
Wofür?"
மதி
Als Eigenthumssteuer, du unverständiger Heide. Glaubst bu vielleicht, daß du all' die Segnungen der Zivilisation umsonst bekommst?"
Aber ich habe kein Geld."
" Das macht feinen Unterschied. Ich nehme es heraus in Kaffee und Buder. Wenn du nicht bezahlst, so stecke ich dich in's Gefängniß.
" 1
Was ist Gefängniß?"
" Gefängniß oder Buchthaus ist ein Fortschrittswort. Du mußt bereit sein, der Bivilisation einige Opfer zu bringen. Verstehst du?
"
Welch' große Sache ist doch die Zivilisation!"
" Du fannst unmöglich ihre Wohlthaten begreifen, du wirst es aber, noch ehe ich mit dir fertig bin."
Der unglüdliche Eingeborene floh in die Wälder, und man hat seitdem nichts mehr von ihm gehört.
Herr Heinrich Quistorp beschäftigt sich jest wieder mit großen Plänen. Er beabsichtigt, in Spandau nicht nur einen umfangreichen Komplex von Wohngebäuden zu errichten, sondern er will auch ein Wafferwerk und eine Straßenbahn in Spandau gründen". Für lettere Unternehmen habe er, so ließ er dieser Tage verbreiten, vom Magiftcat eine Konzeffion zur Vornahme von Vorarbeiten erhalten. Herr Bürgermeister Koelze bezeichnete Diese Behauptung in der letzten Stadtverordnetenversammlung als falsch. Von einer Konzeffion, fo erklärte er, tönne gar feine Rede sein. Herr Quistorp habe zwar eine Anfrage betreffs der erwähnten Projekte an den Magistrat gerichtet, es sei ihm jedoch erwidert worden, er solle vorerst Anschläge einreichen. Die Aus führung von Vorarbeiten könne natürlich Herrn Quistorp nicht verwehrt werden.
Um den Bugwiderstand der Pferdeeisenbahnwagen, der besonders beim Anziehen der Pferde sich geltend macht und zur schnelleren Abnugung derselben beiträgt, festzu stellen, find neuerdings von den Ingenieuren der Großen Ber liner Pferdeeisenbahngesellschaft eingehende Versuche angestellt worden. Es wurde dazu in der Werkstatt des Gesundbrunnens über einen Normalschienenstrang ein festes Bodnerüft er richtet, das in der Mitte eine Seilrolle von 100 Millimeter Durchmesser trug. Die Auflage derselben entsprach der durch schnittlichen Höhe der Geschirrlage an der Bruft des Pferdes, und wurde dies Hanfseil in paffender Weise an dem Wagen befestigt, so daß dieser bei den Bugversuchen jedesmal an nähernd unter demselben Winkel gezogen wurde, unter welchem die Bespannung in Wirklichkeit den Wagen in Bewegung zu setzen hat. Von den so angewandten Wagen haben die Ded figwagen ein Gewicht von 3120 Kilogr., die anderen 3mei Spännerwagen( Metropolitan) von 2590 und die Einspänner wagen von 1780 kg. Die bisherigen Versuche stellten zwar no schwankende Ergebnisse heraus, berechtigten aber zu der An nahme, daß bei vollständiger Belaftung die Wagen erster Klaffe eine Bugtraft von mindestens 136 kg, die der zweiten Klaffe von 72 und die der dritten Klasse von 53 kg beanspruchen. Vergleichsweise nimmt der Bugwiderstand in geradem Berhält niß zu dem Gewicht der Wagen ab und steigt selbstverständlich die von den Pferden aufzuwendende Kraft, um den Wagen von der Ruhe in Bewegung zu segen, je nach der Schienenlage, so wie in hohem Grade auch bei den Hindernissen, die Näffe, Schnee und Eis dem Anziehen der Pferde entgegenseßen. Wie die Nat. Bta." noch hört, ist auf einzelnen Linien der Pferde eisenbahngesellschaft eine neu fonstruirte Antriebsvorrichtung in Betrieb gesetzt worden, die zur Erleichterung des Anzichens der Pferde überraschende Resultate aufweist. Es besteht dieselbe in einem mit den Achsen der Räder verbundenen eisernen Apparat mit beweglicher Bugstange."
Die verlorene Tournure. Dieser Tage schritt ein junges Mädchen, stolz wie ein Spanier, die T.- Straße entlang. Eine mächtige Tournure zierte" ihren hinteren Menschen, der dadurch fast das Aussehen eines Kameelhöders hatte. Den Spuren der jungen Dame folgte ein Herr, jedoch nicht ers röthend, sondern aus vollem Halse lachend. Und was wat's, was seine Heiterfeit so erregte? Besagter fünstlicher Höder, welcher anscheinend mit Sägemehl gefüllt war, mußte einen Rig bekommen haben, denn wie Sand einer Sanduhr aus einem Glas in das andere, so tiefelte aus ihm sein Inhalt hervor, den Weg des Mädchens bezeichnend. Doch nicht genug damit; plöglich verschwand auch der höcker, um gleich darauf als kunstvoll" fabrizirte Tournüre auf dem Trottoir zu erscheinen.
Jetzt stand sie da, für einen Augenblick die Wirklichkeit vergessend. Der Gerichtsvollzieher machte ein gelangweiltes Gefight, während der Ausrufer ihm spöttisch zunickte.
Fangen wir an!" sagte der erstere. Bei diesen Worten fuhren die Gatten auf. Die grausame Wirklichkeit trat wieder in ihre Rechte.
Ich bitte, Herr Gerichtsvollzieher," rief Arthur mit flehendem Tone, warten Sie nur noch eine Viertelstunde! Der Bruder meiner Frau hat uns seine Herreise angezeigt. Der 3ug muß schon eingetroffen sein."
,, Nun wohl," war die Antwort ,,, auf eine Viertelstunde soll es mir nicht ankommen, obgleich das Publikum bereits ungeduldig wird."
In der That, die Bietlustigen begannen zu murren. Einige schwangen sich sogar zu der Drohung empor, sofort das Haus zu verlassen, wenn man sie noch länger an der Nase herumführen wolle.
Die Viertelstunde verstrich. Der Bruder Ella's ers schien nicht.
vollzieher.
Ich kann nicht länger warten," sprach der Gericht?= Arthur schwieg. In dumpfer Ergebung saß er da. Der Ausrufer nahm verschiedene kleine Gegenstände zur Hand.
Bitte, beginnen Sie doch lieber mit dem Kaffeeservice!" rief das magere alte Fräulein.
,, Wir sind keine Kaffeeschwestern, die mit Kaffee an fangen und aufhören," wißelte der Ausrufer. Dann pries er dem Publikum die Gegenstände an, welche er in der Hand Es waren dies ein Handschuhfasten aus rothem hielt. Sammet, ein Arbeitstäschchen von geftidtem Maroquinleder und eine Bonbonniere aus rosa Atlas. ( Schluß folgt.)
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