r. 261.

int

it.

Dienstag, den 6. November 1888.

5. Jahrg.

Berliner   Volksblatt.

agazin

ücke).

[ 819

ung! Berlin  

er d. J.

r. 93

af in Wollwaar rfetts. m billige iebes Co

Baar 10

Jäger) 1,20

103 fg. Tch 75

irt, vorzüg

Pfa.

Pfg.

Organ für die Intereffen der Arbeiter.

Das Berliner   Boltsblatt" fcheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin   frei ' s Saus vierteljährlich 4 Mart, monatlich 1,35 Mart, wöchentlich 35 Bf. Bostabonnement Mart. Einzelne Nummer 5 Bf. Sonntags- Nummer mit dem, Sonntags- Blatt" 10 Bt. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1888 unter Nr. 849.)

der

Redaktion: Beuthstraße 2.-

Bi

beträgt für die 4 gespaltete Petitzeile oder deren Naum 25 Pf. Arbeitsmarkt 10 Bet größeren Aufträgen hoher Rabatt nach lebereinkunft. Inserate werden bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition, Berlin   SW., Simmerstraße 44, sowie von allen Annoncen- Bureaugene Erhöhung des Preises, angenommen.

Expedition:

Zimmerstraße 44.

mokra

Münchener Geheimbunds-| bündelei fämmtlich im Gefängniß faßen, eine gewisse führende deſſen amtlicher Thätigkeit dieser vierte Münchener   Geheim­

Prozek.

Rolle gespielt hatte, stellten die Angeklagten die doppelte Bahl von Entlastungszeugen gegenüber.

|

bundsprozeß hauptsächlich zu verdanken ist.

Nach Herrn Gehret's bei den Anklageaften befindlichen Beweismaterialien mußte man glauben, daß die Existenz einer geheimen Verbindung in München  , organisirt in Gruppen und Klubs und geleitet von einem Ausschuß, beren Hauptzwed sei, massenhaft verbotene Schriften zu ver­breiten und die Vorbereitungen auf den fünftigen Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung zu bes

Das freisprechende Urtheil der Münchener   Straffammer statten. Der Kronzeuge der Anklagebehörde, der Vertrauens Hierbei kam ein Umstand den Angeklagten besonders zu Geheimbundsprozeß gegen Auer nnd Genossen ist in den geplätt teften Kreisen der Bevölkerung mit Befriedigung aufge. Wissen hauptsächlich stüßte, war mittlerweile wegen eines mann der Polizei, der Schuhmacher Fürst, auf den sich ihr age werden darüber erboft sein und werden mit einigem feiner Wirthin in Augsburg  , in Untersuchungshaft genommen men worden. Nur die Nichtgentlemen und ihre Schüß- Sittlichkeitsvergehens, begangen an der 12jährigen Tochter Unbehagen die Motivirung vernehmen, daß auf Aussagen, worden und erschien aus dem Gefängniß vorgeführt in Be treiben, unzweifelhaft sei. Aber Herr Gehret wußte noch die auf ihre Wahrheit nicht geprüft werden können, kein

Hark

Gewicht zu legen fei. Diese Anschauung über die unkontrolirbaren Aussagen

liche Eindruck, den die Vorführung dieses Vertrauens­mannes der Polizei im Publikum und

ein Glieb einer geheimen, über ganz Deutschland   verbreite­ten Verbindung, an deren Spizze geheime Obere stehen,

ber Nichtgentlemen, auf welche die Polizeibeamten in manchem Richtern hervorrief, wurde noch verstärkt durch die Aus- denen die Mitglieder unbedingten Gehorsam schulden. Prozeß fich stüßten, hat das Münchener   Landgericht nicht sagen einer Reihe von den Angeklagten geladener 3eugen, Außerdem giebt es in dieser Verbindung nach Herrn Gehret eit übergamer gehabt. In verschiedenen Geheimbundsprozessen haben aus denen hervorging, daß dieser Fürst ein ganz ver

se 4, pati 139,

Federn.

12

Die Aussagen der nicht kontrolirbaren und unbekannten

lichen Lumpereien bereits zu schulden hatte kommen lassen. Wenn man einem solchen Menschen nachweist, daß er ein armes Dienstmädchen um seine ſauren Ersparnisse unter

aros- Hanbuf diese unbekannten Hintermänner gestütten Angaben der Don 25 intermänner der Polizei eine große Rolle gespielt. Die Bolizeibeamten find als unanfechtbare Wahrheiten anerkannt worden und haben die Gründe zu schweren Verurtheilungen schwindelhaften Vorspiegelungen prellte, einen Bekannten um geliefert. Und das Reichsgericht hat auf erhobene Revision seinen Roffer betrog, seinem Miethsherrn, einem Dienst auszeichnet. diese Anschauung des Münchener   Gerichts gutgeheißen und

ak

billigste

dienung

midt

rüde6

skt.

roben

t.

en u. Cu

er Werk tet, zu

997

Fol

tr. 50 p

155, fa derm

Ya, part eg. Herre und Fanbe on Budiski

1480

uswahl Bungen!( 4

mittel

t!

POMADES

Sig.

Firma und

k.

fche Sorten

ck.

mache ic

ein Geschäft Tumen

2

[ 803

850

and Auslegung gegeben, an die der Gesetzgeber seiner Beit

werlich bachie

mann, einen goldenen Ring ftahl, so fragt man wohl, wie

kann ein solcher Mensch noch Vertrauen verbienen.

Und doch geschah das unerhörte, daß der Staatsanwalt, Das ist ja leider in Deutschland   nichts Neues mehr. Reisenberg   ist der Name dieses Herrn, denn er verdient ge Judikatur des Reichsgerichts hat unsere Rechtsbegriffe Subjekts beantragte, während er später gegen die Vereidi nannt zu werden, die Vereidigung dieses verkomme

ch verschiebenen Seiten hin in einer Weise erweitert, daß

der

Bum Ueberfluß marschirten noch drei Führer der Münchener  Liberalen, die Herren Kommerzienrath Haenle, Kommerziens rath von welche bestätigen

belangen mußten, daß fie bem Surft auf Grund

die frühere Interpretationskunft des preußischen Obertribu­hals feligen Angebenkens stümperhaft erscheint. Wir erin nern nur an die Auslegung, welche das Reichsgericht dem $ 128 über geheime Berbindungen und dem Begriffe der Berbreitung von verbotenen Druckschriften gegeben hat. Es lag fein Grund vor, anzunehmen, daß das Mün dener Landgericht von seiner früheren Auffassung des Werthes polizeilicher Angaben, die sich auf sog. Vertrauens- hätten. manner füßte, auch diesmal abgehen würde, wenn nicht die Magetlagten, insbesondere der Hauptangeklagte Auer, den

machten.

ihrer Bekanntschaft aus der 1887 er Wahl­agitation mit Darlehen von je 50 bezm. 100 M. unter die Arme gegriffen, aber dieselben nicht zurückerhalten

Es bebarf wohl nicht erst der Versicherung, daß dieser Mildherzigkeit" der drei lebenden Größen wesentlich politische Motive zu Grunde lagen. Herr Fürst hatte

"

zwei Arten von Mitgliedern, die Eingeweihten, welche den eigentlichen 3weck der Verbindung fennen, und die Un­eingeweihten, die nur die Werkzeuge bilden. Das äußere Erkennungszeichen für die Zugehörigkeit zu dieser geheimen Verbindung bildet eine gewiffe Sorte von Papier des Sozialdemokrat", das sich durch Stärke und weiße Farbe Herr Gehret nennt dieses Papier das Organisationspapier". Wer im Besitz dieses Papiers bes Sozialdemokrat" ist, gehört nach ihm un= zweifelhaft zu dieser staatsgefährlichen Verbindung, und un­glücklicherweise hatte der Angeklagte Birk, der nach dem Angeklagten Auer der größte Uebelthäter in München   ist, eine Anzahl Nummern des Sozialdemokrat" von diesem Papier, die er auch an die andern Angelagten verbreitet

haben sollte.

Herr Gehret war bereits im besten Buge, alle diese in ben Aften niedergelegten Angaben vor Gericht zu wieder holen, als ihn der Vertheidiger Bernstein unterbrach und fragte, ob er alle diese Angaben aus eigener Wissenschaft habe und auf seinen Eid nehme. Herr Gehret stuzte, ber Staatsanwalt tam ihm zu Hilfe und bestritt dies. Der Vertheidiger aber blieb dabei, daß der Beuge alle seine Aussagen auf seinen Eid zu nehmen habe, da in der polizeipräsidentlichen Vollmacht keine Einschränkung für seine Beugenaussage gemacht sei. Während der Gerichtshof sich Polizeipräsidenten ins Gerichtsgebäude; es beginnen Kons ferenzen zwischen Staatsanwaltschaft und Polizeipräsident, beren Resultat ein sofort ausgestelltes Schreiben des letteren ist, worin dem Polizeikommissär die Wahrung des Amts­

biger nannte, burch Sammlung des Entlastungsmaterials bei den Stichwahlen in München   nach Kräften zu Gunsten zum Beschluß zurückzieht, rufen Polizeibeamte eiligst den die Vertheidiger durch ihre Taktik diese Absicht unmög- der Liberalen zu wirken gesucht.

So war der Kronzeuge beschaffen, an den Staats­

Dies fonnte nur geschehen, indem die belastenden Aus- anwaltschaft und Polizei sich krampfhaft klammerten, mit ingen und Angaben der Polizeibeamten in ihrer ganzen dessen Hilfe sie die Verurtheilung der Angeklagten zu er Bindigkeit und Unhaltbarkeit auch dem blödesten Auge langen hofften. Und dieser von Rachegefühlen gegen feine geheimnisses auferlegt wird. Erst jest, nach einer vollen fühlbar bargelegt wurden. Den Belastungszeugen, die sich ehemaligen Genossen beherrschte Schwindler mußte obendrein Stunde, fehrt der Gerichtshof zurück und verkündet, daß der theils als Polzeibeamte, theils als Personen entpuppten, zugestehen, daß er die gravirendsten Aussagen nicht aus welche fich von der Polizei zum 3eugniß hatten bestimmen

laffen, barunter der Kronzeuge Fürst  , der früher selbst der Bartei angehört und im Wahlkampf Februar 1887, als die

eigener Wahrnehmung, sondern auf Mittheilung seines Eine faum günstigere Rolle, als der Kronzeuge Fürst  ,

Beuge nicht verpflichtet sei, seine Gewährsmänner vor Ge richt zu nennen.

Herr Gehret war dadurch nicht gerettet. Die Vers theidiger und der Angeklagte Auer nahmen nunmehr Herrn

leitenden Röpfe der Münchener   Partei auch wegen Gebeim spielte der Hauptbelastungszeuge, Polizeikommissar Gehret, Gehret so in die Scheere, daß dieser nach jeder seiner Aus.

Seuilleton.

Blogbrug verboten.]

Raskolnikow  .

Aus dem Russischen überseht von Wilh. Hendel Roman von F. M. Dostojewski.

Erster Theil.

gegen ihn im Schilde führen. Aber das Stehenbleiben auf der Treppe, das Mitanhören von allem Unfinn, dieses All tagsgeschwät, das ihn nicht interessirte, das unaufhörliche [ 2 Erinnern an die Zahlung, diese Drohungen, Klagen und babei seine eigenen Ausreden, Entschuldigungen, Lügen- nein, lieber schon wie eine Raze durchschlüpfen, um von niemand gesehen zu werden. Auf die Straße tretend, fiel ihm übrigens diesmal die Angst vor der Begegnung mit feiner Gläubigerin felbft auf.

Mit einem solchen Vorhaben im Sinn- der= der­gleichen Armseligkeiten zu fürchten!" dachte er mit Lächeln.

fiel er in ein tiefes Nachdenken, in ein Versunkensein, und in diesem Zustand ging er weiter, ohne seine Umgebung zu beachten, ohne fie beachten zu wollen. Hie und da brummte er etwas vor sich hin, es war die Gewohnheit zu monolos gifiren, der er vorhin selbst erwähnt hatte. Bei dieser Ge Legenheit wurde es ihm klar, daß seine Gedanken sich zu­weilen verwirrten und daß er sich sehr schwach fühle; ſeit zwei Tagen schon hatte er fast nichts gegeffen.

Er war so schlecht gekleidet, daß selbst ein daran ge wöhnter Mensch sich geschämt haben würde, am hellen Tage in solchen Lumpen auf der Straße zu erscheinen. Die Stadt­

Anfangs Juli, es war eine außergewöhnliche Hiße," Hm... ja... der Mensch ist zu allem fähig und doch gegend war übrigens eine von denjenigen, in welcher man

Bar R- brüde hin.

...

Das ist schon richtig... Was fürchten die Menschen ständiges Wort fürchten sie am meisten.... Uebrigens, ich

trat ein junger Mann gegen Abend aus seiner Rammer, läßt er sich alles vor der Nase wegnehmen, nur aus Feigs durch schlechte Kleidung schwerlich irgend jemand in Erstaunen welche er bei einer Stubenvermietherin in der S- gaffe heit inne hatte, auf bie Straße und ging langsam, unentschloffen wohl am meisten? Einen neuen Schritt, ein neues, felbft einer gewissen Sorte von Wirthschaften und besondees die Ereppe glücklich vermieden. Sein Rämmerlein befand sich Vielleicht schwaße ich auch, weil ich nichts thue. Erst wäh- gehäuft ist, gaben öfters Anlaß, dergleichen Menschen zu sehen, Er hatte ein Begegnen mit seiner Wirthin auf der schwaße zuviel; daher thue ich auch nichts, weil ich schwah. Mitte Petersburgs belegenen Straßen und Gassen zusammen

Blich eher einem Raften wie einer Wohnung. Seine Wirthin, ganz oben, unterm Dache eines fünfftödigen Hauses und

rend des legten Monats habe ich das Schwagen gelernt

versezen konnte. Die Nähe des Heumarktes), der Ueberfluß Arbeits- und Handwerkerbevölkerung, die in diesen, in der

fo daß die einzelne Figur feine Aufmerksamkeit mehr erregte. Die Seele des jungen Mannes war auch bereits mit soviel

bie ihm auch Mittagstisch und Bedienung lieferte, wohnte Märchen dachte. Weshalb gehe ich nun eigentlich? Bin ich Haß und Galle   überfüllt, daß er, ungeachtet seiner zuweilen ine Treppe tiefer und jedesmal, wenn er ausgehen wollte, denn fähig, so etwas zu thun? Ist denn da 3 mein noch sehr jugendlichen Empfindlichkeit, sich seiner Lumpen Außte er unbedingt bei ihrer Küche, welche fast immer weit Ernst? Reine Spur, alles blos Spiel der Phantasie, Tän- überhaupt nicht mehr schämte. Etwas anderes war's allers offen ftand, vorbeigehen. Und jedesmal, wenn er vorüber- delei, wahrlich, blos Tändelei!" sing, empfand er ein schmerzhaft- ängstliches Gefühl, deffen

Es war fürchterlich heiß draußen, dazu eine Luft zum Staub und jener spezifische Sommergeftant, der jedem Peters­burger, der nicht im Stande ist, eine Landwohnung zu miethen, alles dies berührte die ohnehin schon zer­

fich fchämte und das ihm eine Grimasse abnöthigte. Er Ersticken, ein Gedränge, überall Ralf, Gerüste, Siegelsteine, Betrunkener, der zufällig gerade die Straße entlang fuhr, war der Wirthin Geld schuldig und fürchtete daher, ihr zu be­

dings beim Treffen mit Bekannten oder ehemaligen Kollegen, benen er überhaapt nicht gern begegnete. Indeß, als ein ihm plöglich zurief: He, du, deutscher Hutträger!" und aus voller Rehle schreiend, mit dem Finger auf ihn wies, da

Nicht daß er etwa feige oder schüchtern gewesen wäre, so bekannt ist im Gegentheil, aber seit einiger 3eit war er in gereiztem rütteten Nerven des Jünglings auf das empfindlichste. Ein nach seinem Hut. Es war ein hoher, runder 3ylinder, schon und aufgeregtem Bustande, wie hypochondrisch. Er hatte unausstehlicher Dunst aus den Bierkellern, deren es in fehr vertragen, mit röthlichem Schimmer, durchlöchert und fich fo in fich felbst verkrochen und von allem zurückgezogen, diefem Stadttheil besonders viele giebt und Betrunkene, die voller Flecken, ohne Rand und in grotesker Weise schief baß er jebe Begegnung fürchtete, nicht nur die mit seiner trotz des Werkeltags beständig auftauchten, vervollständigten gedrückt. Aber nicht Scham, sondern ein ganz anderes Ge Birthin. Die Armuth laftete auf ihm; in letzter Beit hatte das ekelhafte und trübfelige Kolorit dieses Bildes. Ein fühl, übrigens feine bedrängte Lage aufgehört, ihn zu drücken. lich beschäftigungslos. Irgend eine Wirthin zu fürchten, lich schöner Mann, mit prachtvollen, dunkeln Augen, brünett, Seine Berufsarbeiten hatte er liegen gelassen, er war ganz- feinen 3üge des jungen Mannes. Er war ein außergewöhn fiel ihm im Grunde gar nicht ein, möchte die Gott weiß was

Gefühl des tiefsten Abscheus verzog einen Augenblick die

über mittelgroß, schlank und gut gewachsen. Bald aber ver

-

eine Art Schrecken ergriff ihn.

*) Der s. g. Heumarkt dient vorzugsweise für den Verkauf von Rabrungsmitteln und Hausbedarf, der Handel mit eu, früher Hauptsache, ist jetzt daselbst nebensächlich.