Gebräuchen Poläftinas, wo man die Gottheit in prächtigen Tempeln verehrte, verlangte man es auch zuerst mit einer gewiffen Starrheit, daß die Bekenner der neuen Lebre fich in einem steingefügten Raum versammeln sollten. Dazu fonnte fich jedoch der Germane, welcher gewohnt war, mit den Göttern Walhallas unter freiem Himmel zu verkehren, nicht so leicht verstehen. Kirchliche Erlasse und weltliche Strafen versuchten, ben widerstreben Sinn gefügig zu machen. Als dies nichts fruchtete, mußte man schließlich wohl oder übel daran denken, mit diesem Ueberbleibsel einer uralten Naturreligion fich auf einen freundlichen Fuß zu stellen. Das hat die Kirche fiets ge than, wenn fie fah, daß eine Lehre des neuen Glaubens mit der Anschauung der germanischen Bevölkerung nicht im Ein flang zu bringen war. So wurde der Baumkult denn in das Christenthum verpflanzt und schlug tiefe Wurzeln. Zuerst aller dings nicht allein als Schmuck der Weihnachten, sondern auch anderer bedeutungsvoller Tage im Jahre. Vor allem im Mai als Pfingstbaum und am Johannistage. Karl der Große beging noch mitsammt seinen Großen das Maifest in jener altgerma nischen Weise, welche voll war von Anflängen an die eben abgethane Religion seiner Vorfahren. Auch das Mittelalter ist noch mit den Erinnernngen an den Baumtult erfüllt. Dieser burchwuchert das Boltsleben berart, daß sich nicht nur die Kirche, sondern auch die weltlichen Machthaber immer wieder mit ihm befreunden müffen. So erwähnt eine Münchener Urkunde vom Jahre 401, daß Herzog Stephan und sein Ge­mahel und das Framel auf dem Marat tanzten mit den Bur gerinnen" bei einer solchen Feier. Nicht minder gemüthlich muß es 1497 bergegangen sein. wo Raiser Maximilian im Frohn hofe zu Augsburg ein solches Voltsfest zu seinen Ehren veran ftaltet fah. Einen mächtigen Matenbaum hatte man damals errichtet, um welchen dann Susanne Reithart, die schönste Jung frau der alten freien Reichsstadt, mit dem jungen Raisersohn Philipp den Reigen tanzte. Heute hat fich jene alte germanische Sitte nur noch als Pug für die Weihnachten und Pfingsten er halten. Dabei ist es ein charakteristisches Merkmal unserer Beit, daß selbst Gegenden, wo der Christbaum schon völlig in Ver geffenheit gerathen war, wieder zu ihm zurückgekehrt find. In Wien ist dies bekanntlich den Künstlern des Burgtheaters zu danken, welche, meist aus Deutschland stammend, mit Energie bem Tannenbaum seinen Platz innerhalb der alten Raiserstadt an der Donau wieder erkämpften. Noch vor einigen Dezennien bätte Niemand vermuthet, daß der grüne Schmud so schnell zur Öffentlichen Beliebtheit an der schönen blauen Donau gelangen

werde.

Gine interessante Beitungsstatistik liefert die jüngst vom Boft- Beitungsamte in Berlin herausgegebene Preisliste für Das Jahr 1889. Es beträgt nach derselben die Bahl der durch Die Kaiserlichen Bostanstalten des Reichspostgebiets zu beziehenden Beitungen, Beitschriften u. s. w. in deutscher Sprache 6792, in fremden Sprachen 2677, und zwar von lepteren in armenischer Sprache 1, in bulgarischer 1, in froatischer 2, in czechischer 17, in dänischer 191, in englischer 897, in finnischer 4, in franzöft fcher 727, in griechischer 12, in hebräischer 3, in holländischer 172, in italienischer 150, in litthautscher 5, in norwegischer 69, in verfischer 1, in polnischer 100, in portugiesischer 8, in romani­scher 2, in rumänischer 14, in rufftscher 58, in ruthenischer 2, in schwedischer 140, in serbischer 3, in slowakischer 2, in flowenischer 4, in spanischer 49, in türkischer 2, in ungarischer 28, in vlämischer 6 und in wendischer Sprache 6. Von den in der Preisliste auf­geführten Beitungen in enalischer Sprache erscheinen 403 in London und 115 in New Yort, von denen in franzöfifcher Sprache 296 in Paris . Die Reichshauptstadt Berlin hat die ftattliche Bahl von 418 daselbst herausgegebenen Beitungen auf zuweisen. Von den im Auslande erscheinenden Zeitungen in deutscher Sprache entfallen die meisten auf Nordamerika ; es er scheinen in New York 18, in Cincinnati 10, in Chicago 7, in Milwaukee 6, in Philadelphia 4, in Baltimore 3, in Cleveland 3, in San Francisco 3, in St. Louis 3, in New Orleans 2, in Boston 2 u. s. w. ein Beweis, wie start das Deutschthum in den Vereinigten Staaten vertreten ist. In Rußland erscheinen 17 deutsche Zeitungen, in Ungarn 11; auch Südafrika ( Capstadt) liefert eine, ebenso der Osten Aftens( Shanghai ). Endlich darf nicht verschwiegen werden, daß auch in Paris eine Beitung in Deutscher Sprache erscheint, es ist dies das Börsenblatt.

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Der Rathskeller in Berlin scheint während des 18. Jahrhunderts fein recht begehrenswerthes Pachtobjekt gewesen zu sein. Der Magifirat erließ, wie der Bär" in Erinnerung bringt, unterm 3. Januar 1711 eine Belanntmachung behufs weiterer Verpachtung, und lud alle diejenigen ein, so etwas Belieben dazu haben, auf dem Rathhause zu erscheinen und zu gewarten, wie mit dem Meistbietenden, gegen genugsame Sicher heit auf einige Jahre geschloffen werde". Es fand sich aber Niemand mit etwas Belieben zum Schließen", auch nicht, nach dem dieselbe Bekanntmachung vierzehn Mal hintereinander er gangen war. So gab denn Magiftrat beim fünfzehnten Male männiglich fund", daß ein legter Termin am 15. März ftatt finden, alsdann aber unfehlbar geschloffen" werden sollte. Und so geschah es denn auch.

Die verschiedenen Sorten Bier, welche damals und später noch im Rathsteller ausgeschänkt wurden, können mit Bezug auf ihre Mannigfaltigkeit vielleicht auch der Qualität nach ben heutigen Gebräuen ebenbürtig zur Seite gestellt werden; bezüglich des Preises aber darf billigermaßen die sogen. gute alte Beit den Vorrang beanspruchen.

Ein tabellarisches Verzeichniß aus dem Jahre 1729 möge Dies ergärten.

Brüban Herbster Bier Rottbuffer.

Kroffener

das Quart 1 Gr. 6 Pf.

1

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1

4

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6

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Garley.

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Lebuser

Bernauer

Ruppiner

Brandenburger

Fürstenwalder

Cüftriner

Carthäuser

Cöp.( enider) Moll.(?)

Kuffen Bier

alh.( teftges) Weiß.Bier

Geisten Bier.

H

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10

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10

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3

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6

"

5

5

Aus dem Jahre 1745 liegt ein" Platat vor, das" wörtlich lautet;

Nachdem die Verpachtung des Berlinischen Naths­Kellers am heutigen Termin abermal nicht zum Stande tommen, so ist ein anderweitiger Terminus auf den 18. Dezember a. c. anberaumet, und wird solches hiermit öffentlich bekannt gemachet, damit der oder diejenigen, welche solchen Reller mit Rheinischen und anderen frem den Weinen wie auch fremden und einländischen Bieren zu verlegen und den Schand und Nahrung zu über­nehmen willens, fich in besagten Termin Vormittags um 10 Uhr in der Raths Stube geftellen, darauf bieten und erwärtigen, daß mehrbefagter Keller, mit allen dabey be findlichen sehr commoden Logiamentern an den Meift. biethenden auf 6 oder 9 Jahr überlaffen werden solle. Berlin , den 20. November 1745. Magistrat albier." Aus der darunter befindlichen Quittung ersehen wir, daß zur Einſegung dieser Bekanntmachung im Stelgens- Blat" nicht mehr als 6 Gr. gezahlt wurden.

Die Verpachtung des Berliner Rathstellers erfolgte zu Dftern und gewöhnlich auf einen frchsjährigen Beitraum; det Bachtzins, welchen der Koch Reibeleil von 1771 bis 1776 zahlte, betrug jährlich 112 Rthlr., während gleichzeitig der Weinhändler Palmie für den Weinausschant 65 Nihlr. entrichtete. Ein

regerer Verkehr scheint in dem Köllnischen Rathsteller stattge funden zu haben, denn die Bacht belief fich damals auf 116 Riblr.; außerdem zahlte Palmié für den Weinverkauf 80 Rihlr. Im Werderschen Rathshause ergab der Pachtzins 170 Rthlr. Im übrigen muß die Konsumtion" von Wein und Bier eine recht beträchtliche gewesen sein; denn obgleich das Kroffener und Wusterhausener Bier von der Besteuerung gänzlich befreit war, führte dieselbe( auch Einlage- Geld" ge nannt) dem Stadtsäckel die höchste Einnahme zu. Dieselbe be lief fich in den ftebenziger Jahren durchschnittlich auf airta 9784 Rthlr. jährlich und wurde von dem Rendanten der Rathbäuslichen Getrände- Einlage" verwaltet.

Die älteren Gewichtstücke, welche nach dem 31. De gember d. J. im öffentlichen Verkehr nicht mehr zugelaffen wer Bombenform, b. eiserne Gewichtsstüde unter 10 Kilogramm mit fefter Handhabe( Griff) statt des vorgeschriebenen Knopfes, c. eiserne Gewichtsstücke mit beweglichen Handhaben, Ringen und dergleichen; d. eiserne Gewichtsstude in Bylinderform mit Juſtir höhlung an der Bodenfläche oder mit einer sonstigen Juftir Einrichtung, welche der Vorschrift des§ 39, Nr. 3 der Aich Ordnung vom 27. Dezember nicht entspricht; e. Sewichts stüde in Gestalt vier- oder achtſeitiger Prismen; f. Gewichts­ftücke in Geftalt abgeftumpfter sechsseitiger Pyramiden; g. Gewichtsstücke aus Mesfing und verwandten Legirungen in aylindrischer Form ohne Knopf, sowie solche vor 200 Gramm abwärts in zylindrischer Form mit Knopf, bei denen aber die Höhe des Sylinders gleich dem Durchmesser oder größer als der lettere ist; h. Gewichtsstüde aus Messing und dergleichen von würfelförmiger Gestalt, sowie in Gestalt von ebenen oder gebogenen Platten; i. zylindrische Gewichtsstücke zu 4 Pfund, bei denen die Höhe des Bylinders gleich oem Durchmesser oder größer als letterer ist. falls bei diesen Stücken die Dimenfions Bestimmungen des§ 37 der Aich- Ordnung( zulässige größte Höhe 78 Millimeter, zulässige fleinste Höhe 65 Millimeter) nicht eingehalten find, ferner zylindrische Gewichtsstücke zu Pfund, bei denen die Höhe des Bylinders fleiner ist als der Durch meffer deffelben; k. alle Gewichtsstücke zu 5 Pfund und alle solche Gewichtsstücke unter 10 Pfund, welche nach Bentner be zeichnet find, sowie alle Gewichtsstücke unter Pfund, welche nach Pfund bezeichnet sind.

Bau einer städtischen Wasserleitung in Spandau . Bur Ausführung der Vorarbeiten für den Bau einer städtischen Wafferleitung sind von der Spandauer Stadtverordneten Ber fammlung 2000 m. bewilligt worden. Es ist nun in erster Linie erforderlich, durch Bohrungen zu ermitteln, wo geeignetes Trinkwasser zu erlangen ist. Man ift, dem A. f. d. h." zu folge, geneigt, das System mit Abessinierbrunnen, wie es u. a. vielfach in Amerika mit Erfolg eingeführt ist, der Waffergewin nung durch Filterwerke vorzuziehen. Die Kosten werden auf 1 Million Mark geschäßt.

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Der Reptilienbestand des Zoologischen Gartens ift wegen langels an Plaz an das Aquarium verlauft worden. Es find nach dem Aquarium u. a. vier Mollaffin Schlangen, fehr giftige Schlangen aus Südamerika , übergeftedelt, darunter eine, die fich bereits seit 20 Jahren im Zoologischen Garten be fand. Ferner find zu erwähnen eine Riesenschlange, große Klapperschlangen mit sehr ausgebildeten Klappern, eine sehr bisfige Geierschildkröte, die isolirt gehalten werden muß, Krolo­bile, japanische Riesen Salamander von über 1 Meter Länge, die in Japan gegeffen werden, u. dgl. m. Der Transport er forderte die größten Vorsichtsmaßregeln.

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Aus Sannbar theilt das Forster Wochenblatt" den Brief eines Matrosen mit, den derselbe auf dem Flaggschiff Leipzig " vor Sanfibar an seine Verwandten geschrieben hat. Dem Briefe entnehmen wir das Nachstehende: Wir hätten eigentlich schon längst( der Brief ist datitt vom 11. November cr.) von bier fort sein müffen, aber die Unruhen in Sanfibar hielten uns so lange in diesem ungefunden Klima auf. Am 19. September verließen wir Sansibar und gingen nach Bagamoyo , wo am 20. und 21. unsere Torpedofchießübungen abgehalten wurden. Am 22. September es war ein Sonnabend war, rein Schiff und ein jeder hatte dabei zu thun, als wir gegen 10 Uhr vom Land aus Schüsse hörten. An Bord erscholl das Kommando Boote armiren zum Landen!" Es wurden alle Boote zu Waffer geführt und mit den in dieselben gehörigen Geschüßen verieben, die Bemannung nahm die Handwaffen, erhielt scharfe Patronen und die Boote stießen ab. Wir batten eine ganze Strede zu rudern. Als wir dem Lande näher famen, wurden starte Gewehrfalven uns entgegen gesandt. Unsere Bootsgeschüße thaten jedoch ihre Schuldigkeit, und wir tamen ans Land. Die Neger verstedten sich in den Häusern und hinter Gebüschen und schoffen aus dem Hinter halte. Bis Nachmittags 5 Uhr standen wir im Feuer, dann war die Arbeit fertig." Eine Wache von 39 Mann blieb am Lande, die übrigen Mannschaften tehrten an Bord zurück. Immer wieder jedoch zeigten fich feindliche Schaaren, und mußten wir bret Wochen lang Wachen and Land schicken. habe bet dieser Gelegenheit mir das Fieber geholt. Ende vorigen Monats haben wir ein Dorf, Windy, zusammengeschoffen, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil die schwarzen Rebellen nicht Drbre pariren wollen.(!!) Wir wurden mit der Aufforde rung ans Land geschickt, das Volt solle den Häuptling inner­halb 15 Minuten ausliefern. Da dies nicht geschah, wurde furzer Prozeß gemacht. Ich habe allein 103 Schuß mit dem Revolvergeschüß abgefeuert. Rube ist immer noch nicht einge­treten und der Aufruhr wird auch wohl noch länger anhalten, doch da das Klima zu ungefund ist, werden wir wohl zum Serbst abgelöst werden. Die Hiße ist fast unerträglich, und von Weihnachten , an das Thr wohl jept denkt, ist hier wenig zu spüren!" Das find also die Werte der Bivilisation, mit denen man unsere schwarzen Brüder" zu wohlerzogenen Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft zu machen beabsichtigt.

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Der Berliner Wohnungsanzeiger, welcher fich pünkt lich als Weihnachtsgabe eingestellt hat, giebt über die Zu fammensetzung der großen Familie der Urberliner gar seltsame Auskunft. Wir sehen daraus, daß an der Spize dieser Familie 3 Eltern" stehen und 15 Väter über das Wohl und Wehe zu bestimmen haben. Mütter find nicht vorhanden, wenn man nicht die Mammen" zu ihnen zählen will, auch das gefürchtete Bild der Schwiegermutter zeigt sich nicht, denn es marschiren zwar 16, Schwieger" auf, denen jedoch das Ewig Weibliche glücklich fern geblieben ist. Die 8 Freter" und 13,, Bräutigams" werden darüber nicht gerade böse sein, ebensowenig der vorhandene Tochtermann. Die Zahl ber, Ehemänner", beam. Ehmänner" beträgt nur 4, dagegen zählen wir 60, Männer" und nur 2 Weiber", unter den ersteren 2 Gattermänner", 24 Gut. männer", 19 Kindermänner" und 2 Kinder­vater", 4 Fretmänner" und 1 Frauentnechi". Bu den 3 Göhren" und 1, öbren", 12 Rinder", Rinbel", 2 Sobne", 2"" Söhnel", 1 Söhn. lein" und 14 Knaben", unter ihnen 2 8 willinge", 6 Guttinder" und 1 Babé". Unter den 4, Mäbel" find 3 Lieblinge". Das vierte aber ist ,, Vaterloß". Sonst rechnen fich noch zur engeren Familie 15 Better" 2, Neffen", 3, Russinen", 1, Nichterlein" und 1 Entel".

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Als Abrechnung geht uns folgendes Schriftstück zu: Abrechnung vom Wahlfomitee des 37. Kommunal- Wahlbezirks. Ausgabe 283 Dt. 90 Pf.

Einnahme 283 M. 90 Bf.

Das Wahlkomitee.

A. Hinge. K. Plaut. G. Splettstößer. D. Thierbach.

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Von einer Spiritusexplosion, welche in dieser Woche in einem Wirthshause stattgefunden. macht bie D. Gastwirth Beitung zur Warnung folgende Mittheilung: Der in dem Hause Mattusstraße 13 wohnende Gastwirth Herr Müller war in Gemeinschaft seiner Frau beschäftigt gewesen, Spiritus von einem Gebinde auf Flaschen abzuziehen, während ein zehn­jähriger Knabe beiden mit einer offen brennenden Kerze zur Arbeit leuchtete. Der Knabe muß dem Faß mit dem Lichte wohl zu nahe gelommen sein und den Spiritus in Brand ge fegt haben, denn plöglich erfolgte eine beftige Explofton und ehe noch die erschreckten Eheleute fich in Sicherheit zu bringen vermochten, ergoß fich die brennende Maffe namentlich über die unteren Rörpertheile der Frau, welche schwere Brandwunden erlitt. Der Mann fam mit geringfügigen Verlegungen davon, ebenso waren die Brandverlegungen des Kindes verhältnismäßig leichte. Die schwerverlette Frau Müller wurde in einem an scheinend hoffnungslosen Bustande in ein Krankenhaus geschafft. Unter- und Oberschenkel, sowie der Unterleib find schwer ver brannt. Möge diefer so traurige Vorfall wiederum zur War­nung dienen und zur endlichen Anwendung der größten Vorsicht bei so gefährlichen Arbeiten ermahnen.

Ausgerückt. Das in der Tauben nahe der Friedrich ftraße belegene Restaurant Roloffeumbräu" ist augenblicklich völlig herrenlos. Sowohl der Befißer als deffen Gattin haben in schleunigfter Flucht ihr Heil gesucht, da fte die Fortsetzung des Etablissements bet deffen schlechtem Geschäftsgange nicht durchseßen konnten. Für dies geschäftliche Mißgeschick Troft zu fuchen, hatte er fich in die Arme seiner Köchin und sie fich an die Brust des Oberfellners geworfen, und so gepaart haben ste das Weite gesucht. Da aber ein Oberkellner vor einer Köchin den Vortritt haben muß, so ging erst sie davon, während ihr Gatte awei Tage später in Begleitung der Köchin Berlin den Rücken tehrte. Augenblicklich wird das Restaurant von dem Personal fortgeführt, welchem der Bierlieferant Kredit gewährt, um die burch das plögliche Verschwinden ihres Brotherrn in Bedrängnis gerathenen Leute vor der äußerften Noth au schüßen.

Neue Recherchen im Projek Dickhoff find im Gange. Von authentischer Seite gehen hiesigen Blättern die folgenden Mittheilungen zu. Es find gestern der hiesigen Kriminalpolizei zwei Anzeigen zugegangen, die fich auf ein Wirthshausgespräch beziehen, welches am Sonnabend Mittag in dem Blamberg'schen Lofal in der Heiligengeiststraße 23 stattgehabt hat. Ein Haus Diener, der zu jener Zeit dort anwesend war, frat mit der Be­hauptung auf, der Führer einer Droschte erster Klaffe habe ge sprächsweise erklärt, er wiffe, Didhoff sei persönlich unschuldig, er, der Droschkentutscher, babe zwei Schlächtergesellen gefahren, melche im Auftrage Dickhoff's die Mordthaten ausgeführt hätten. Etwas anders lautet die zweite Anzeige, welche von dem Te legraphenbeamten Schmidt ausgegangen ist. Dieser Anzeige nach hat fich der Droschkentutscher wie folgt ausgelaffen: Er hätte eigentlich in dem Prozeß Didhoff als Beuge geladen werden müffen, er fenne Didhoff persönlich; derselbe sei mehr fach mit ihm nach Rirdorf gefahren und habe ihm erzählt, daß er eine Alte lenne, daß er aber nicht im Stande sei, die That allein auszuführen, er habe indeffen zwei Schlächtergesellen an der Hand", die aus dem Buchthaus entlaffen seien und die es schon besorgen würden. Dann soll der Kutscher nach der An­zeige des Schmidt noch hinzugefügt haben, er habe den Dick hoff thatsächlich häufig in Gesellschaft zweier Männer gesehen, die wohl die beiden Schlächter gewesen seien. Der Telegraphen beamte will nach diesen Erzählungen den Kutscher nach Namen und Wohnungen gefragt haben, der Kutscher habe aber Angaben verweigert.

Die Kriminalpolizet, bemerkt ein Blatt, die im Allgemeinen derartigen Biergesprächen wenig Gewicht beilegt, wird felbft redend den Kutscher zu ermitteln suchen.

Bewegung der Bevölkerung der Stadt Berlin . In der Woche vom 2. Dezember bis[ 8. Dezember D. J. fanden 259 Che schließungen statt. Lebendgeboren wurden 903 Kinder, darunter 94 außerehelich, todtgeboren waren 28 mit 7 außerehelichen. Die Lebendgeborenen find 32,1, die Todtgeborenen 1,0 pro Mille der Bevölkerung, die außerehelich Geborenen find bei den Die Lebendgeborenen 10,4, bei den Todtgeborenen 25,0 pCt. Bahl der gemeldeten Sterbefälle betrug 508, die fich auf die Wochentage wie folgt vertheilen: Sonntag 87, Montag 86, Dienstag 66, Mittwoch 59, Donnerstag 74, Freitag 72, Sonnabend 64. Von den Gestorbenen erlagen an Ma

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fern 6, Scharlach 5, Rose 1, Diphtheritis 30, Bräune 3, Keuchhusten 5, Rindbettfieber 3, Typhus 3, Ruhr 0, Syphilis 0, Altersschwäche 19, Altersschwäche 19, Gehirnschlag 15, Lungenentzündung 35, Lungenschwindsucht 58, Diarrhöe 9, Brechdurchfall 7, Magendarmfatarrh 7. Durch Vergiftung famen 3 Beronen um, biervon 1 burch Selbstmord, 1 durch Alfoholvergiftung ( Delirium tremens). Eines gewaltsamen Todes starben 15 Personen, und zwar durch Ueberfahren 3, Ertrinken 1, Erhängen 5, Sturz oder Schlag 3, Schußwunde 1, Ersticken 2. Hierunter find 7 Todesfälle durch Selbst mord herbeigeführt. Dem Alter nach find die Geftor benen: unter 1 Jahr alt 161( 31,7 Prozent der G sammtsterblichkeit), 1-5 Jahre 92, 5-15 Jahre 20, 15 bis 20 Jahre 5, 20-30 Jahre 25, 30-40 Jahre 40, 40 bis 60 Jahre 71, 60-80 Jahre 79, über 80 Jahre 15 Personen In biefigen Krankenhäusern starben 115, einschließlich 11 Aus wärtige, welche zur Behandlung hierher gebracht waren. Auf Die Standesämter vertheilen fich die Todesfälle folgendermaßen: Berlin Köln Dorotheenstadt ( 1) 19, Friedrichstadt ( 1) 22, Friedrich- und Schöneberger Vorstadt( 1) 30, Friedrich und Tempelhofer Vorstadt( IV) 34, Louisenstadt jenseits, weftlich ( Va) 28, Louisenstadt jenseits, östlich( Vb) 26, Louisenstadt dies feits und Neu- Köln( VI) 38, Stralauer Viertel, westlich( Villa) 40, Stralauer Viertel, öftlich( VIIb) 37, Königstadt( V) 37, Spandauer Viertel ( IX) 28, Rosenthaler Vorstadt, füb lich( Xa) 47, Hosenthaler Vorstadt, nördlich( Xb) 23, Oranienburger Vorstadt( X1) 32, Friedrich Wilhelmstadt und Moabit ( XII) 35, Wedding ( Xl) 32. Die Sterbefälle find 18,1 Mille pro der fortgeschriebenen Bevölkerungszab ( 1 468 757). Die Sterblichkeitsziffer in folgenden Städten des Deutschen Reiches mit mehr als 100 000 Einwohnern betrug in Aachen 12,9, Altona 20,0, Barmen 13.6, Bremen 18,0 Breslau 26,9, Chemnitz 25,4, Danzig 26,9, Dresden 20,1, Düffeldorf 22,4, Elberfeld 15,2, Frankfurt a. M. 17,2, Hamburg mit Vororten 27,3, Hannover 17,9, Köln 25,1, Königsberg 23,9 Leipzig 15,2, Magdeburg 21,3, München 26,5, Nürnberg 22,0 Stettin 21,6, Straßburg i. E. 21,5, Stuttgart 17,2 pro Mille. In anderen Großstädten Europas mit mehr als 300 000 Budapest ( Vorwoche) 27,7, Dublin 27,0, Liverpool 23,6, London 17,8, Paris 21,7, Petersburg ( Vorwoche) 25,7, Warschau ( Bor woche) 28,1, Wien ( Vorwoche) 23,2 pro Mille. Es wurden

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3182 Bugezogene, 2493 Weggezogene gemeldet, so daß fich die borenen und des Buschlages, der den Weggezogenen erfahrungs mäßig zugerechnet werden muß, um 890 vermehrt hat; die Ein wohnerzahl beträgt sonach am Schluffe der Berichtswoche In der Woche vom 9. bis 15. Dezember b. 3. Boden ajern 158, Scharlach 96, Diphtheritis 98. Kind famen zur Meldung Infektions- Erkrankungsfälle an Typhus 12,

1 469 647.

bettfieber 6.

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Polizeibericht. Am 21. b. M. Morgens fam der Tischler Eisenblätter in der mechanischen Werkstatt von Bursch u. Alemm, Kreissäge zu nahe, so daß ihm der Mittelfinger durchschnitten

und zwei andere Finger bedeutend verlegt wurden.

Am

22. b. M. Mittags wurde ein Architekt vor dem Hause Königin Augustastraße 33 von Krämpfen befallen und stürzte infolge deffen so unglücklich zur Erde nieder, daß er eine bedeutende Die Abrechnung konnte nicht früher erfolgen, da ein Mit Verlegung am Hinterlopfe erlitt und nach der Charitee gebracht

glied des Wahlkomitees bis vor kurzem inhaftirt gewesen ist.

Nachmittags wurde in der Grimmstraße, nahe