Beilage zum Berliner Voltsblatt.
r. 304.
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Die alte Leier.
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Sie haben nichts gelernt und nichts vergeffen"- das müffen wir von den arbeiterfreundlichen" Feinden der Arbeiter fache fagen, die nun in Deutschland seit nahezu dreißig Jahren the Wesen treiben. Seit aus dem Munde des Herrn Schulze Deligich das übrigens schon ein Jahrhundert vorher von dem Amerikaner Benjamin Franklin mit viel mehr Geschick und bamals auch nicht ohne Berechtigung gepredigte Spars evangelium ertönte, reiten die Gegner der selbstständigen Arbeiterbestrebungen unabläffig auf diesem Thema herum, obgleich Daffelbe durch die Wucht der Verhältnisse und die Logik der ökonomi schen Entwidelung längst dem Fluche der Lächerlichkeit verfallen ift. Einarbeiterfreundliches" Blatt nach dem anderen hatte bas Sparevangelium herunterzuleiern, und ein„ arbeiterfreund liches" Blatt nach dem anderen ist an dem gefunden Menschenverstand der deutschen Arbeiter zu Grunde gegangen. Allein, bie„ arbeiterfreundlichen" Sparapoftel, die ein vorzügliches Ges schäft machen würden, wenn es gelänge, die deutschen Arbeiter in den Schafftall der Harmoniebuselet zu sperren, fangen immer wieder von vorne an. Und neuerdings haben sie z. B. abermals eine„ Deutsche Arbeiterzeitung" gegründet, die blos deshalb den Namen hat, well fte nicht von deutschen Arbeitern ge fchrieben ist, und die von arbeiterfreundlichen" Arbeit gebern und deren Bediensteten überall unter den Arbeitern ver theilt wird.
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Welchen Schund diese Herren Arbeiterfreunde" den Arbeitern zu bieten wagen, das ersehen wir aus nachstehender Bus schrift, die fich mit der legten Nummer des Musterblättchens beschäftigt wir selbst hatten an der ersten Nummer genug, find aber unserem Freund für die Mühe, die er sich gegeben bat, boppelt bankbar-:
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Die geistige" Speise für unsere Arbeiter- so heißt es in Dieser aus Mittweida , 29. Dftbr., datitten Buschrift- die geistige Spelfe" für unsere Arbeiter, das Organ, des Arbeitgebervereins, Die Deutsche Arbeiter Beitung", trifft jest regelmäßig hier ein und gelangt unter den Arbeitern verschiedener Fabriken ganz unentgeltlich zur Vertheilung. Sie ist also noch billiger wie Berliner Vollstüchenfoft", fte ist aber auch darnach. Der rühr felige, naive Ton, welcher in den so belehrenden und unterbaltenden Spalten angeschlagen wird, lönnte einem Thränen entloden, wenn man nicht wüßte, daß der Schalk dahinter steckt, ber mit der Schlafmüße in der Hand bedächtig lauert, bis der aus seiner Feder gefloffene, betäubend wirkende Phrasenschleim bet den Lesern seine Wirkung gethan. Tritt dies ein, dann schnell dem armen Opfer die Bipfelmüße über die Ohren geftülpt, es ist der Ruhe bedürftig. Die bösen Sozialdemokraten und Aufheber ließen den braven Arbeiter auch gar nicht zur Ruhe tommen, fortwährend erhielten fte ihn in Aufregung, verhetten ihn, was fie aufklären nennen, fura, fuchten ihm burch ihre Breffe alle Lafter einzuimpfen und machten durch Rügen von Mißständen in Fabriken auch noch den so humanen, menschenfreundlichen Arbeitgebern das Leben sauer. Das witd nun mit einem Schlage anders. Dr. C. Salomon von der Nationalzeitung" in Berlin läßt seine schwarzen Soldaten in ben Spalten der Arbeiterzeitung" aufmarschiren und fie schlagen Die Reichsfeinde gründlich auf's Haupt. Der unzufriedene, nach einer befferen Lebensstellung fich sehnende Arbeiter wird sofort zu einem zufriedenen und glücklichen Menschen, wenn er z. B. in Nr. 5, welche mir vorliegt, left: Daß in Berlin ein Innungs meister, der als armer Besenbinderjunge in der Lüneburger Haide Das Licht der Welt erblickte, es bis zum Arbeitgeber, der 30 Gefellen beschäftigt, gebracht und nun zu seinem 25jährigen Meister und Ebejubiläum alle seine Arbeiter mit Kind und Regel zu einem Festmahle eingeladen hat, wo man ihn natürlich hochleben läßt und der Altgeselle, nachdem man die Suppe ge affen, die Harmonie zwischen Kapital und Arbeit gebührend feiert; hierauf folgt noch Braten mit Kompot. Das muß eine Männerseele umreißen und friedfertig stimmen. Besonders wenn man gleich dahinter lieft, daß gar nicht weit von diesem Lokale, wo alles in Seligkeit schwamm, die bösen Sozialdemokraten auch zu einem fröhlichen Busammensein" eingeladen waren. Aber bu! wie fab es da aus; rothe Kravatten, rothe Schleifen, überwiegend roth gekleidete Kinder, entseglicher Tabate qualm , bumpfe, gebrüdte Stimmung; die Gefichter der Männer athmeten Haß, die Frauen blidten oft sorgenvoll brein. Die Rriminalpolizei war zur Stelle und musterte die Anwesenden forgfältig, aber lein Jnnungsmeister erschien, ber fie freigehalten hätte, es trant Jeder für sich. Es war ein planloses, freude leeres Trinten und Bechen , ein Bergeuden von Geld und neiderfülltes Streben haßburchglühtes, neiderfülltes Beit, ein Beben." Möglich, daß die zum Sonntag Abend fich bei einem Glafe Bier treffenden Arbeiter die fie beobachtende und bewachende Kriminalpolizei, sowie die feilen Beltungsreporter, die nur gekommen find, um für die große Rapitalistenpreffe ein Berrbild der sozialistischen Busammens tünfte zu entwerfen, mit scheelen Augen angesehen haben. Auch in Arbeiterfreifen erkennt man die Vögel an ihren Federn und ist Borficht, wie die Erfahrung lehrt, doppelt geboten. Noch ein wunberherrliches, sehr beberatgenswerthes Gedicht:" Eine luge Frau" aus Samuel Smiles- Schramm Weg zum Wohlstand" findet fich in Nr. 5 abgedruckt. Ein Arbeiter heirathet eine brave, rechtschaffene Maid, ist aber höhlichst verwundert, als fie ihn gleich am ersten Tage threr Ehe bittet, ihr doch alle Abende Das Geld zu einem Krügel Bier zu bewilligen; er gewährt thr diesen Wunsch und geht selbst alle Abende zu Biere, und zwar trintt er schwere theuere Biere. Nach einem Jahre möchte er gern mit seiner Frau zur Schwiegermutter aufs Land fahren, bat aber leider fein Geld. Da nimmt seine hübsche junge Frau ein Krügel vom Ofen und schüttet den Tisch voll Silbermünzen. Es ist das Geld für das Krügel Bier, das ihr alle Abende be willigt worden ist, was fie aber nicht getrunken hat. Das nahm fich der Mann so zu Herzen, daß er fortan auch tein Bier mehr trant, sondern das Geld sparte. Natürlich fonnte er fich für dieses Geld eine eigene Werkstatt und schließlich eine Fabrit bauen und wurde auch noch Bürgermeister des Drtes. fagte er Doch selbst als solcher trant er selten Bier, denn oft es fammelt fich bös an, wenn man so täglich ein paar Schoppen trinkt!" Diese aus dem Englischen entnommenen Strophen erinnern uns recht lebhaft an das Dreiergläschen Schnaps, welches in dem Reichstage bericht des Herrn Juftig raths Schneider eine so große Rolle spielte. Jedermann ist Demnach seines eigenen Glüdes Schmied und lann durch Ronfumverminderung fich nicht blos um die Bier, Branntwein, Raffee sc. Steuer berumbrüden, sondern auch noch ein reicher Mann, ja fogar Bürgermeister merden. Hoffentlich lachen fich Die Arbeiter, wenn fie obiges Gedicht gelesen, nicht etwa zu Tode, sonst tommen fie um die- Bürgermeisterstelle." Dies die Zuschrift.
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und
Wir fagten oben, die Herren Arbeiterfreunde" würden ein sehr gutes Geschäft machen, wenn die Arbeiter auf den Lelm ber Arbeiterzeitung" gingen. Dies gute Geschäft würde indeß blos politischer Natur und nur indirett ökonomischer Natur Jein, insofern die Arbeiter, wenn fie fich für den Schlafftall des
Freitag, den 28. Dezember 1888.
Harmoniebusels einfangen ließen, beliebig geschoren werden tönnten. Allein der Sparsped, mit dem die Mäuslein in die Falle gelodt werden sollen, wird von den Herren Arbeiter freunden selber nicht ernst genommen, wenigstens nicht von benen, die ein bischen Grüße im Kopfe haben und das ABC der Nationalökonomie halbwegs verbaut haben. Wenn nämlich die Arbeiter das Sparevangelium befolgen, von Waffer und Brot leben, in Höhlen oder Löchern wohnen, fich in Sadleinwand leiden funz jedem Lurus" entsagen wollten, wie weiland der erste Sparmeffias Diogenes dann könnten die Herren arbeiterfreundlichen Fabrikanten hübsch einpacken und unsere Industrie wäre futsch". Dann wäre freilich auch die soziale Frage" gelöst und die sozialen Gegensäte" beseitigtjedoch in einer Weise, die unseren Herren Arbeiterfreunden schwerlich behagen würde.
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Genug die Herren Sparapostel vergeffen ganz, daß unsere Industrie von dem Konsum der Arbeiter abhängt, daß die gegenwärtige Nothlage der Industrie hauptsächlich in der Unfähigkeit der Arbeiter, viel zu faufen, ihren Grund hat, und daß, wenn die Arbeiter noch fünftlich durch Sparen" ihre ohnehin spärliche Konsumtion einschränkten, dies den vollständigen Ruin der Industrie bedeuten würde.
Eine vernünftige Volkswirthschaft strebt darnach, den Arbeiter tonfumtionsfähiger zu machen. Das heißt, flatt Das heißt, statt denselben zum Sparen" zu ermuntern, welches leider freiwillig und weit mehr noch unfreiwillig schon viel zu viel und in verderblich hohem Maße getrieben wird soll man thn zu höheren Kulturbedürfnissen erziehen und die Produktion so einrichten, daß der Arbeiter den ihm gebührenden Anthell am Ertrage der Arbeit erhält und damit die Möglichkeit zur Befriedigung der höheren Kulturbedürfnisse.
Lokales.
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Berliner
Die Berliner Schuhmacher- Junung hat das Weth nachtsfest nicht vorübergehen laffen, ohne den außerhalb der Innung stehenden Schuhmachern noch eine neue Ueberraschung Unmittelbar vor dem Feste ist den Nicht- Mitzu bereiten. gliedern der Innung der im§ 100 k der Gewerbe- Ordnung vorgeschriebene Kostenanschlag über die Wohlfahrts Einrichtungen der Innung zugegangen. Dieses nothwendige Erforderniß für Die Heranziehung der Nicht- Mitglieder zu den Roften war ur sprünglich ganz und gar vergessen worden, erst nachdem das frühere Mitglied der Gewerbe Deputation des Magistrats, Herr Rechtsanwalt Dr. Meschelsohn, in einer öffent lichen Schuhmacher Versammlung auf dieses Erforderniß hingewiefen batte, beeilte fich die Innung, das Versäumte nachzu holen. Sie hat das aber in einer Weise gethan, die allgemeines Befremden erregen muß und den Erfordernissen des Gefeßes in teiner Weise entspricht. Der zur Versendung gelangte aus ballsplan" enthält nämlich folgende Bofitionen: Einnahme von zirka 2300 beitragspflichtigen Gewerbetreibenden( der Jnnung angehörig und nicht angehörig) 1. Klaffe: 1300 12 Mart Gewerbesteuer zahlen, welche teine oder
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à 1,20 Mart= 1560 Mart; 2. Klaffe: 600 welche 18 bis 30 Mart Gewerbesteuer zahlen, à 3 Mart= 1800 Mart; 3. Klaffe: 200 welche 30-42 M. Gewerbesteuer zahlen, à 6 M. 1200 M.; 4. Klaffe: 200 welche 42 M. und höhere Gewerbesteuer zahlen, à 8 M. 1600. Summa 6160 Mart. Dazu kommt von den Gesellen für Arbeitsnachweis und Rontrolgebühr& 10 Bf. für zirka 6400 640 M., zusammen 6800 M. Als Ausgabe für das Schiedsgerichts, Herbergs, Einbringe und Kontrolwesen: 6800 M. Die Ausgaben find also nicht spezialistet, sondern es heißt einfach: Die Einnahmen werden ausgegeben! Dieser merkwürdige Haushaltsplan" er hält allerdings eine drastische Illustration durch die Erklärungen, welche der Obermeister der Innung in der außerordentlichen Generalversammlung der Innung gab, die zum 18. Dezember zum Zwede der Statutenänderung einberufen und troß der Wichtigkeit der Tagesordnung nur von 250 Mitgliedern( von 2400 Mitgliedern) besucht war. Der Jnnungsbeitrag betrug bisher 1,20 m. pro Jahr, davon wurden 40 Pfennig zu den betreffenden Wohlfahrtseinrichtungen und 80 Pfennig für alte Meister und Wittwen Der Unterſtügungen wendet. Der Beitrag soll nun zwar derselbe bleiben, aber einem Antrage des Vorstandes gemäß soll die theilweise Verwendung zu Unterstügungen in Bukunft fortfallen. Trogdem sollen die Unterſtügungen auch ferner ein ftatutarisch verbrieftes Recht der Mitglieder bleiben. Dieser Swiespalt der Natur wurde durch den Obermeister Beutel babin aufgellärt, daß die Unterstüßungen in anderer Form gewährt werden sollen; es handele fich nur darum, das Statut mit dem§ 100 f der Gewerbeordnung in Einklang zu bringen. Der Vorstand könne ja doch machen, was er wolle. Es scheint nach diesen Erllä. rnngen des Obermeisters, daß dem Gefeß ein Schnippchen geschlagen werden und der Beitrag, welcher von den Nichtmit gliedern eingetrieben werden soll, unter der Hand auch zu den fenigen Unterstüßungen verwandt werden dürfte, die nur den Innungsmitgliedern zu Gute tommen. Uebrigens dürfte es der Innung auch sonst einige Schwierigkeiten bereiten, die im Etat angenommene Einnahme von 6800 M. in einer den gefeßlichen Bestimmungen entsprechenden Weise an den Mann zu bringen, denn jene Einrichtungen erfordern leineswegs eine solch große Summe; aber wie sagt Herr Obermeister Beutel so treffend: " Der Vorstand fann ja doch machen was er will!"
Es
Weber Innungsgesellen- Ausschüsse haben sich die Bünftler aus dem Baugewerbe auf einem ihrer legten Tage" unterhalten. Es tam babet zu Tage, daß einzelne Innungs meister wirklich sonderbare Anfichten von einem gebeiblichen Einvernehmen zwischen Meister und Gefellen" haben. wurde gellagt, daß selbst da, wo die Bildung solcher„ Gefellen ausschüffe" gelungen ist, wie der Ausdrud dafür bezeichnend genug heißt, ein solches gedeihliches Einvernehmen" nicht erreicht ist. Darüber wundern fann fich freilich nur ein In nungsmeister. Wenn man fortwährend von den unverschämten Forderungen" der Gesellen spricht; wenn man niedrige Löhne, Lange Arbeitszeit, Affordarbeit zum Heben des Hand werls" für durchaus erforderlich hält; wenn man alle Schliche und Kniffe anwendet, die die zünftlerische Be schränktheit überhaupt hergiebt, um die Gefellen an der Ausübung ihrer gefeßlichen Rechte zu behindern und ihre Lebenshaltung herabzudrücken; wenn man schwarze Listen Lebenshaltung herabzudrüden; fabrizirt, jeben Arbeiter, der fich den eigennüßigen Bestrebungen Der Meiffer entgegenstellt, mit fanatischer Wuth verfolgt; wenn man die Behörden bittet, den Gesellen das Bereinigungsrecht, bas ihnen schon bis zum wefenlosen Schein verlümmert ist, ganz zu nehmen; wenn man mit dem Ausnahmegefeß und dem Butttamer'schen Streiterlaß noch lange nicht befriedigt ist, son dern immer nach mehr Druck für die Arbeiter schreit; menn man eifrig bemüht ist, da, wo die Lebenshaltung der Arbeiter fich noch einigermaßen günstig stellt, durch Einführung fremder billiger" Arbeiter die Kultur des Volles herabzubringen; wenn man jede Berleumbung, jede Schmähung, jebe Berbächtigung, jede Denunziation gegen die Arbeiter schleudert; wenn man
5. Jahrg.
fich sogar nicht entblödet, die Krankentafen der Arbeiter mit giftigem Belfer und schamlosen Lügen zu befpriten und au befchmutzen; wenn man den Arbeitern niemals das gegebene Wort hält, fich durch keine Abmachung über Lohn und Preis, durch fein Ehrenwort und durch feine Unterschrift gebunden fühlt; wenn man in jedem Wort, in jeder Schrift, in jeder Verhandlung dem giftigsten Haß gegen jede Regung der Selbstständigkeit der Arbeiter Ausdruck giebt; furz, wenn man alles thut, was zur Verbitterung, zur Entfremdung zwischen Meister und Gesellen führen muß, auch wenn ihre natürlichen Interessen nicht in den Hauptsachen entgegengesette wären, und wenn man dann mit heuchlerischem Augens verdrehen von der Herstellung eines" gedeihlichen Ein vernehmens" spricht, worunter man doch nur verstehen kann, daß die Gesellen sich nicht nur den Interessen, sondern auch den Launen und Schrullen der wirthschaftlich ungebildeten Meister fügen sollen: dann bieten die Innungsheber ein Bild und Beispiel der mit Dummheit verbundenen Lüge und Heuchelet, wie es verächtlicher und trauriger nicht ge dacht werden kann.
Die Innungen find errichtet worden, um dem wirthschaft lich ungebildeten Kleinmeisterftande, der der rettungslosen Auf saugung durch das Großgewerbe entgegen geht, nicht etwa Rettung zu bringen, was unmöglich ist, sondern um ihm ein Spielzeug zu geben, mit dem er fich beschäftigen und von dem Nachdenken über seine Lage abbringen läßt, das ihn verhindert, die eigentlichen, übermächtigen Ursachen seiner Verarmung zu er tennen und ihn von dem einzig möglichen Weg der wirth schaftlichen Unformung abbalten soll. Die Innungen müssen, es ist dies die nothwendige Folge, Unfrieden zwischen Meister und Gesellen pflanzen und pflegen. Wo kann da ein Einvers nehmen bestehen?
Aber die Jnnungsmeister verlangen ja auch nur ein gedeibliches" Einvernehmen, nicht ein Einvernehmen schlecht hin. Wenn dies Wort überhaupt einen Sinn hat, so heißt es, ein solches Einvernehmen, bei welchem die Jnnungsmeister gut gedeihen, bei dem fie von dem Arbeitsertrag den möglichst größesten Theil für fich nehmen tönnen. Sie wollen dies im erzwungenen Einvernehmen mit den Gefellen thun. Einen anderen Sinn tönnen wir dem von den Innunasmeistern er wünschten gedeihlichen Einvernehmen" mit den Gesellen nicht unterlegen. Es ist ganz ausgeschloffen, anzunehmen, daß Dieses Einvernehmen zum Gedeihen der Gesellen beitragen soll.
Der schon öfter besprochene Innungsarbeitsnachweis giebt ein lehrreiches Beispiel von dem Einvernehmen, wie es die In nungsmeister wünschen.
Bu folchem Einvernehmen sollen die Innungs- Gesellen Ausschüffe helfen. Uns ist aber bis jest, selbst auf wiederholte und sehr bestimmt gestellte Fragen nicht eine Antwort geworden, wie fich die Jnnungs- Agitatoren eigentlich den ten, baß der Gesellenausschuß dieses gedeihliche Einvernehmen herstellen soll.
Eine wirkliche Gesellenvertretung fann und wird sich niemals dazu gebrauchen laffen, den Meistern bei der Vergewalti gung zu helfen. Wenn fte das thun wollte, würde fte sofort allen Anhalt in der Gesellenschaft verlieren und vollkommen machtlos fein. Eine wirkliche Gesellenvertretung wird stets mit Entschiedenheit für die Nechte der Gesellen eintreten und muß daburch in ebenso entschiedene Gegnerschaft mit den Meistern nothwendig kommen. Das wiffen die Herren auch sehr gut. Ste lebnen es Deshalb auf das Allerbestimmteste
und hartnäckigste ab, mit einer wirklichen und wah ren Gefellenvertretung zu verhandeln. Ein Einvernehmen Meister werden. mit derselben fann nie gebethlich" genug für die
Sie wollen eine Scheinvertretung der Gesellen. Der In nungsgesellen- Ausschuß soll den Ansprüchen der Meister nie ent gegentreten. Er soll stets für niedrigen Lohn, für lange Ar beitszeit, für jede Art der Bergewaltigung der Gesellschaft ein treten müffen. Nun nehmen wir an, man habe wirklich einen solchen Ausschuß aus einer Anzahl täuflicher Judasseelen zu fammengemogelt, was nügt er, wozu ist er gut?
Die Gefellen beachten sein Dasein nicht, ja man hält in vielen Fällen das Dasein dieses Ausschusses vor den Gesellen geheim. Der Ausschuß hat auf die Gesellenschaft also auch nicht ben allergeringsten Einfluß, er ist zu gar nichts gut.
Das tam benn auch auf dem Bau- Innungstage zum Aus brud. Der Gesellenausschuß, wo er zusammengemogelt ist, besteht nur dem Namen nach, nur in Riel und Lübed sollen die Simmergesellen- Ausschüsse nach Wunsch der Meister wirken. So berichtete der Referent.
Wir hätten uns gewundert, wenn es anders gewesen wäre.
Der Referent fagte weiter, daß fich an manchen Orten die Gesellen bei der Gesellenprüfung betheiligen, aber den Ansprüchen der Meister in Betreff des Herbergswesens und des Arbeitsnachweises überall ablehnend gegenüber stehen.
Auch das Verhalten ist in der Natur der Sache begründet. Die Lehrlingsprüfung ist eine werthlose Spielerei, deshalb wird niemand etwas dagegen haben, wenn ein Gefelle, bem solch Mumpis Spaß macht, fich daran betheiligt. Auch die persönliche Eitelteit so mancher Gefellen fühlt sich dabei geschmeichelt, bei einer solchen Haupt und Staatsaktion Statist zu sein. Es schabet ja nichts, also warum nicht.
Sowie es aber zu Fragen kommt, die das Intereffe der Gesellen und Meister berühren, wenn es darauf an fommt, den Meistern durch Herbergswesen und Arbeitsnachweis die Gesellen in die Hand zu liefern, dann fann der Gesellen ausschuß nichts leisten, selbst wenn er wollte, nicht, weil feine Abmachungen mit den Meistern von der Gesellenschaft, die ihn ja meistens gar nicht kennt, nicht beachtet werden würden.
Diese Ausführungen des Referenten wurden allseitig voll und ganz bestätigt. Man erfuhr dabei auch beiläufig, daß es in Berlin bei der Bauinnung solch einen geheimen Gesellenausschuß wirklich giebt, daß die Wahlkomödie am 1. April d. J. lein bloßer Aprilscherz war, sondern, was faum glaublich erscheint von den Innungsmeistern ernst genommen ist. Der F ausschuß in Berlin ist nach diesem Bericht so au St tommen". Nachdem es dreimal miklungen war, die übertölpeln, weil fie eben teine Tölpel find, our lich auf Anrathen der Aufsichtsbehörde( das is glaublich, daß eine Behörde die Verhältnisse fchief beurtheilen fann, das halten wir für Flun ( d. h. wohl wirklich etwa 20-30) bei Jnnun tende Gesellen( Bachulten und Boliere) a av die heimlich eine Randidatenliste für den gr schuß aufstellten. Nun weiter, so beißt Stimmzettel mit diesen Namen an nungsmeistern arbeitenden Gesellen ge fächliche Unwahrheit. Es hat, wie großer, vielleicht der größeste Ther arbeitenden Gesellen, feirDer Aufforderung, fie ▸