liefern; zirka 200 Stimmzettel( also wohl in Wirklichkeit 80 bis 100) wurden eingeliefert, und der Gesellenausschuß war fertig. Seine Busammenseßung ist noch heute tiefes Geheimniß.
Solch eine zusammengeschnorrte Gesellschaft ohne Einfluß, ohne Anhang in der Gesellenschaft soll nun das gedeihliche Das können doch nur Kinder, Einvernehmen" berstellen. Das lönnen doch nur Kinder, Narren oder Innungsmeister wirklich erwarten.
Man will aber doch in dieser Art weiter fortfahren, fich den guten Elementen" zu nähern. Wozu die Mühe, man hat Einen solchen Gesellenaus Die Bachulten ja alle Tage bereit.
| ftellungen, im Preise von 2 bis 8 Groschen, bis zu wirklichen stellungen, im Preise von 2 bis 8 Groschen, bis zu wirklichen Kunstwerken auf Seide und Atlas, mit gemalten oder gestickten Blumen. Maurer's Buchhandlung empfiehlt Neujahrswünsche in Blumentöpfen wie in einzelnen, nach der Natur gemachten in Blumentöpfen wie in einzelnen, nach der Natur gemachten riechenden Blumen und Bouquets, auf Potpourri Rißchen" sauber gemalt, auf seidenen Bändern, in Veritblumen, mit Gold in Horn gepreßt, mit Mufit für das Klavier u. s. w. Den jenigen Schönen, welche viele solche Beichen der Verehrung er hielten, empfiehlt der Kaufmann Nouffet seine Neujahrsfächer, auf denen eine allegorische Darstellung des Wechsels der Beiten ein offenes Feld umrahmte, in welches die Gratulationsfarten einzufleben waren. Recht naiv fügt der fluge Geschäftsmann hinzu, daß er auch seinen reichen Vorrath von prächtigen Karten, darunter folche mit schönen Versen, für das Einkleben zur Ver
schuß berzustellen, ist doch keine Hererei. Den fann man sehr billig haben. Die Gesellen bleiben da ganz ruhig. Sie wür den aber doch etwas unangenehm werden, wenn man auf den Wahnwis verfallen sollte, mit Hilfe eines solchen Ausschusses den Gefellen Lasten zur Einrichtung eines gedeihlichen" Arfügung stelle. Damit war also denjenigen Damen, die minder opfer beitsnachweises nach dem Muster des Herrn Steinmez Oberwillig mit schönen Wünschen bedacht waren, bequem Gelegenheit ge meister Qutb in Berlin aufzulegen.
Die kürzlich von uns erwähnten hygienischen Kurse für Schulbeamte, wie fte das hygienische Institut Deranfialtet, find nach folgendem Plane geordnet: Erster Tag: Anforderungen an eine gute Schulflaffenluft( Koch), Apparate und Methoden zur Untersuchung der Luft auf Kohlensäure, Koblenoryd, Feuchtigkeit, Staub und Bakterien( Proskauer). Bweiter Tag: Heizung und Lüftung( Esmarch). Dritter Tag: Schulbänke, Beleuchtung und Photometrie( Roch.) Vierter Tag: Waferversorgung der Schulen, Abortanlagen, Mauerfeuchtigkeit ( Proskauer). Fünfter Tag: Anstedende Krankheiten, thre Ur fachen und Verhütung( Koch). Sechfter Tag: Studien im Hygiene- Museum ( Esmarch). An den Nachmittagen werden die einzelnen Kapitel der Schulhygiene durch Besichtigung von Schulen( Louisengymnaftum, 113. und 99. Gemeindeschule, Joachimsthal 'sches Gymnaftum) praktisch erläutert. Die Kurse für Verwaltungsbeamte, welche zunächst in der Zeit vom 3. bis 15. Dezbr. stattfanden, umfaßten folgende Lehrgegenstände; 1) Ansteckende Krankheiten( Koch), 2) Wafferversorgung( Koch), 3) Abfuhr und Ranalisation( Roch), 4) Heizug und Lüftung( Roch), 5) Fluß verunreinigung( Koch), 6) Begräbnißpläge, Mauerfeuchtigkeit, Abwäfferreinigung( Koch), 7) Desinfektion( Esmarch), 8) Schul hygiene( Esmarch) und 9) Nahrungsmittelfrage( Proskauer). Auch mit den Verwaltungsbeamten wurden, gewöhnlich unter Führung von Proskauer oder Esmarch, Ausflüge zur Befichti gung bygienisch wichtiger Anlagen veranstaltet, namentlich nach ben Wafferwerken, Riefelfeldern, nach Bumpstationen, Kranken bäusern, dem städtischen Asyl, Gefängniß Plößensee und der Desinfektionsanftalt. Am Schluffe beiber Kurse zeigte Geheim rath Roch die Ansteckungsstoffe( Bakterien) photographirt. Die burch Mitrophotographie gewonnenen Glasphotogramme der be fannten Krantoeitsträger wurden durch ein elektrisch beleuchtetes Linsensystem 30 000fach vergrößert.
Wie die Deutschen im Auslande Weihnachten feiern, erzählt Friedrich Gerstäder mit der Glaubwürdigkeit, welche einem so bewährten Weltreisenden eigen ist. Es war mein Schidial," saat er, daß ich das Fest in den verschiedensten Ländern der Erde zubrachte, und ordentlich rührend kam es mir vor, wie hartnädig die Deutschen aller Orten an der lieben, trauten Sitte fefthielten und diese, während ihre Erinnerungen wie in einer Art von Heimweh an dem alten Vaterland haf teten, gleichsam über die Erde säeten." In England, dem Stammverwandten Infelreiche, hat der Christbaum schon feste Wurzel geschlagen und ist nicht mehr auszurotten. Langfam, aber sicher streut er von London aus feinen Samen durch das britische Reich, und die Zeit wird kommen, wo fich ein englisches Rind ebenso wenig die Weibnachten ohne einen Baum denten tann, wie ein deutsches. Mindestens ebenso verbreitet sich Dieser über die ganzen Vereinigten Staaten von Nordamerika , wobei die nördlichen Theile mit ihrem starken Kontingent deutscher Einwanderer allerdings in der Kultur des Wethnachtsbaumes weiter fortgeschritten find als die südlichen. Nicht wenig dazu bei trägt auch der Umstand, daß hier das Nadelholz, vor allem die Tanne, beinahe gänzlich fehlt. Als ich Weihnachten," erzählt Gerstäder, in Louisiana war, batten wir große Noth um einen Weihnachtsbaum, denn weder Fichten noch Tannen gab es in der Nachbarschaft, nur einzelne Kiefern verftreut; ein Wipfel aus diesen mußte deshalb zu einem Weihnachtsbaum ausgeschnitten werden. Aber auch Lch er fehlten, um ibn zu erleuchten, und ich erinnere mich noch recht gut welche Mühe ich hatte, um fie herzustellen. Es wurden nämlich furze Schilfstücke, sogenannte cane, in gleicher Länge geschnitten, dann ein Docht bineingezogen und das Ganze Darauf mit dem Wachs wilder Bienen ausgegoffen. Allerdings tonnte man die Form nicht wieder entfernen, aber das schadete auch weiter nicht, fte war werthlos, und mit einem scharfen Meffet gelang es leicht, das Schilf in feinen Streifen von den also gegoffenen Wachslichten abzuschälen und dies dadurch voll. Ebenso fehlte es an einem Tommen wieder herzustellen. Konditor, um den Baum zu füllen. Da but die Hausfrau selbst dünne Ruchen, diese schnitten wir in alle möglichen Formen und hatten die Genugthuung, an dem heiligen Abend die Rinder ben aufgepußten und mit Lichtern besteckten Baum unter lautem Jubel umspringen zu sehen." Noch übler er ging es dem berühmten Reisenden aber in Gegenden, wo selbst die Kiefer nicht mehr anzutreffen war. In Batavia nahm er einen Torusstamm, aber die Bweige waren störrisch; da stüßte man fie mit Bambusstäben, daß fie Lichter trugen und Abends hinein funkelten in eine Landschaft, welcher freilich Die Weihnachtsattribute sonst vollkomm.n fehlten, welche der Deutsche aus seiner Heimath her feftgewoben in der Erinnerung bewabrt. Prächtige Weihnachten verlebte Gerstäder in Merilo. Die Hochebenen daselbst find unsern Nadelhölzern besonders günstig, und fie gebeiben mit außerordentlicher Ueppigkeit. Ich habe in meinem Leben keine schöneren und regelmäßiger ge wachsenen Fichten gesehen, wie gerade in Merilo, und prachtvoll werden fte auch von den Deutschen aufgepußt. Das fann ihnen n chts von ihrem Reis nehmen, daß statt der Alepfel vergoldete Bananen und Granatapfel daran hängen". Auch der Chrift markt in M rifo stebt absolut unter dem Eir fluffe der deutschen Man fann fich kaum denken, daß man fich Einwohner fchart. unter den Tropen befindet. En Wald von Fichten ragt überall empor, und zahlreiche Buden mit Buckerwert und tausend vers schiedenen fleinen, oft setr originellen Spielsachen werden feil geboten." Die Katholiken Merifo haben den Coristbaum, wie ihn die meistens protest ntischen Einwanderer aus Deutsch land herrichten, bereits liebgewonnen, so daß er mit fliegenden Fabnen immer weiter seinen Einzug bolt in das den Fremden fonft nicht eben gaftliche Land. In Lima traf Gerstäder als einzige Erinnerung an die deutschen Weihnachten Spielwaaren aus Nürnberg und Puppen aus Berlin , welche von Indianern und Mulatten feilgeboten wurden. Die traurigften Weihnachten hat er aber auf einem Walfischfänger der Südsee verlebt. Der einzige Baum, welcher ihn an das traute Fest der Heimath erinnerte, war der Maft, wie er fabl und leer über das unendSeer schaute. Der berühmte Reisende hat überall, wo er te traf, barauf gehalten, daß fie der heimathlichen Chriffeft zu feiern, nicht vergeffen möchten. Aus Thüringer Walde," so schließt er diese Aufzeich he ich mir guten Samen zu Fichten und Tonnen den gab er überall, wohin er auf seinen weiten unfern über den ganzen Erdball verstreuten it fie fich die Chriftbäume stehen, um Weih fifchmud zu befißen, auf welchen der nirger de verzichten mag.
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e und Geschenke vor 100 Jahren het rechts anfündigungen der Gescharts finden fich in engfter Verbindung Neujahrswünsche und Neujahrs. iedene Maler und Kupferstecher ihr Tienen, von einfachen Blättern oder sonstigen Dar
boten, Fehlendes zu ergänzen, ja die bevorzugten Nebenbuhlerinnen mit dem Anschein der besonders kostspieligen Huldigung zu übertrumpfen. Das Schönste in derartigen Aufmerksamkeiten scheint aber doch der Hofmedailleur Loos geboten zu haben, von dem es, der„ Voff. Btg." zufolge, in einer Ankündigung heißt: Jebermann zwar sucht durch neu erdachte Arten von Geschenken fich dem Publiko angenehm zu machen, aber nicht allen gelingt es, durch ihre Erfindung so gemeinnüßig zu werden, als Herr Loos, der dieses Jahr vorzüglich schöne Schaumünzen für Lie bende, Freunde, Jünglinge u. f. w. gepräget hat." Diese Schaumünzen nun waren nach Zeichnungen von Meil, einem sehr geschäßten Künstler, oder nach Angaben von Namler, dem deutschen Horas", angefertigt. Die Vorderseite zeigt die ent fliehende Beit, was der Empfänger und Beschauer fich zu über feßen hatte mit:" Die Beit entflieht", worauf die Rückseite ben Nie Nachfat bildete mit:„ Doch meine Freundschaft nicht", meine Dankbarkeit, Doch meine Liebe nicht" u. f. w. Ein besonderer Scherz scheinen noch die Neujahrspfeifen gewesen zu sein, von denen das Dußend fünf Groschen foftete. Dabei ist nicht etwa an Aehnliches wie die heutigen Radauflöten" zu denken, denn diese Pfeifen waren nicht zum Blasen, sondern zum Rauchen, und zugleich mit ihnen wird ein leichter Nollen. fanafter empfohlen. Nach dem billigen Preise zu urtheilen, dürften es bemalte Thonpfeifen gewesen sein, die beim frohen Sylvesterpunsch thre Wollen mit denen des feurigen Trantes mischten.
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Wie Applans gemacht wird. Man schreibt der ,, Boff. Beitung" ch besuchte gestern Abend mit meinem Bruder die Première in einem hiefigen fleineren Theater. Obgleich wir an Die Vordringlichkeit der bezahlten wie freiwilligen Klaque eini germaßen gewöhnt find, war uns doch noch nicht bekannt, daß in diesem Musentempel eine mißbilligende Aeußerung mit so fortiger Entfernung bedroht ist. Als im 1. Aft die rührige Rlaque bei einer äußerst schwachen Stelle auf das Stichwort zur Applauspause" in einen frenetischen Jubel und obligates mi nutenlanges Klatschen ausbrach, bielten wir es für angebracht, durch mäßiges Bischen unser Mißfallen, weniger über das auf der Bühne, als das im Zuschauerraum Vorfichgehende zum Ausdruck zu bringen. Sofort fuhr uns, die wir Edpläge inne hatten, eine daneben stehende Person, die nach ihrem Aeußeren zum Hausper.onal gehörte, in barscher Weise an, wir sollten bas unterlassen, sonst würde er uns unser Geld zurückgeben. Wir blieben zwar eine entsprechende Antwort nicht schuldig, mußten aber nolens volens, um eine größere Störung zu vers meiden, in der Folgezeit uns darauf beschränken, unsere Meis meiden, in der Folgezeit uns darauf beschränken, unsere Mei nungsäußerungen, soweit fte mit denen der Klaque nicht übereinstimmten, zu unterdrücken; denn der Benfurbeamte" be wachte uns, nachdem wir uns als Menschen mit eigener Mei nung verbächtig gemacht hatten, in den folgenden Alten mit wahren Argusaugen. So entsteht dann allerdings nur jubeln der, einstimmiger Beifall."
Eine interessante und in Gaftwizihskreisen schon jegt lebhaft besprochene Gerichtsverhandlung wird in nächster Bett hier stattfinden. Der Chemiter Dr. J. befand sich vor einiger Beit Abends in einem Restaurant am Bellealliance. Plas. Bald nachdem das bestellte Effen aufgetragen war, wurde er von einem großen Hunde arg belästigt und dadurch veranlaßt, fich zu beschweren. Die Folge der fich anschließenden Aus einanderlegung war, daß man Dr. J. aufforderte, das Lokal zu verlaffen. Dies geschah und als der Gaft den dunklen Aus gang paffirte, ward er überfallen, mißhandelt und auf die Straße befördert Bald nahm er wahr, daß sein Ueberzieher in lange Fegen geriffen oder geschnitten war, daß thm Uhr und Kette und ein Portemonnaie mit etwa 300 Matt abhanden ge tommen waren. Dr. J. begab fich zunächst in das Lolal zurüd, woselbst seine Beschwerde bei dem Befizer deffelben und der Vermert von Zeugen des Vorfalls erfolgte; dann begab fich Dr. J. zu dem in unmittelbarer Nähe befindlichen Polizei bureau, in welchem der Thatbestand festgestellt wurde. Am anderen Tage erhielt Dr. J. Uhr und Kette zurück, aber das Portemonnaie mit seinem Inhalt blieb verschwunden. Die ein gereichte Denunziation richtet sich nun gegen den Inhaber des Lotals und Genofen, und die Gerichtsverhandlung wird über bie sehr wichtige Frage zu entscheiden haben, inwieweit ein Wirth seine bei ihm verkehrenden Gäste zu schüßen hat. Auf den Ausfall ist man in Gastwirthstreifen fehr gespannt, aber auch das große Publikum dürfte die Entscheidung dieser Frage lebhaft intereffiren.
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Dem Möbelschwindel, der seit Jahr und Tag in Berlin blüht, ist die Kriminalpolizei näher getreten. Auf Grund zahl reicher Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft und einer direkten Borstellung des biefigen Vereins der Berliner Möbelhändler wird jetzt der unlautere Geschäftsbetrieb solcher Händler feft. gestellt und strafrechtlich verfolgt werden, die durch schwindel hafte Anzeigen das Publikum zu schädigen suchen. Diese tag täglich wiederholten Inserate erweden meist den Glauben, daß täglich wiederholten Inserate ermeden meist den Glauben, daß es fich nicht um ein reguläres Geschäft, sondern um Gelegen beltstäufe von Privatpersonen handelt. Was die Phantaste nur irgend erfinnen fann, um Gimpel auf den Leim" zu loden, irgend erfinnen fann, um Gimpel auf den Leim" zu loden, wird von jenen Machern" in den Anzeigen geleistet, die täglich mit einer neuen Bugmarte erscheinen. Oft heißt es, wegen Todesfall" sei eine ganze Wirthschaft sofort um jeden Preis zu verlaufen, Händler werden( natürlich!) verbeten", oft ist es eine Berfegung" oder gar eine zurüdgegangene Verlobung", die als Lodmittel Monate lang herbalten muß, und zu dem gleichen Bwed werden auch„ Ehescheidungen" und andere intime Familienangelegenheiten erdichtet. Viele von diesen Möbelſchwindlein haben mehrere Dugende von Verwandten und bezahlten Familien an der Hand, welche die Helfershelfer spielen. Jeder Betheiligte erhält seine hohen Prozente, die natürlich aus der Tasche des Käufers gehen. Es ist festgestellt worden, daß bet Annonsen wegen Todesfalls" tiefschwarz gelleidete Per sonen die Kauflufigen empfingen und ihnen unter Weinen und Schluchzen ihre Trauer schilderten alles nur, um ein gutes Geschäft zu machen! Ja sogar besondere Nachlaßverwalter" werden häufig vorgeschoben, um der unsauberen Sache den Echein des Rechtes zu geben. Gegen einen diefer Nachlaß verwalter", der jedoch der eigentliche„ Macher" ist, schwebt das Berfahren, nachdem ermittelt worden war, daß er die Reflektanten zur angeblichen Wohnung des Verstorbenen" begleitet oder schickt, wo fie dann von der weinenden Wittwe" empfangen und gründlich bupirt werden. Die Zahl der Personen, die burch solch fingirte Todesfälle fich bethören ließen und arg ge schädigt worden find, ist unglaublich groß. Die Polizei bat hier in Berlin sogar gewiffe Werkstätten ermittelt, wo eigens für solche Ramschverkäufe Schundwaare schlimmster Sorte ge fertigt wird. Die Geschädigten find immer unbemittelte oder weniger bemittelte Leute, die etwas an Ausgaben ersparen wollen und von solchen Schwindlern nun erst recht übervortheilt
werden.
Saussuchung. Am 20. Dezember wurde bei dem Fräulein Amalte Schneider, Oberwafferstr. 12a, eine Haussuchung abge.
halten. Gefunden wurden 1 Exemplar des Cozialdemokrat", 1 Liederbuch, Die Frau, von Bebel, 1 Protokoll vom Parteitag zu St. Gallen , 1 Exemplar Acht Opfer des Klaffenhaffes", verschiedene Hefte von der Volls Bibliothek und Heinrich Heine's Werte. Beschlagnahmt wurde nichts als das Exemplar des " Sozialdemokrat". Am 24. Dezember wurde Amalte Sch. und eine Frau Ehrete nach dem Moltenmarkt um 8 Uhr früh zum Verhör bestellt, um 9 Uhr wurde der Bräutigam des Fräulein Schneider, der Schuhmacher Karl Blödorn, aus der Fabril von Der Arbeit von einem Kriminalschugmann abgeholt. Als er nach dem Moltenmarkt tam, wurde er verhört und gleich nach einer halben Stunde entlassen. Als Herr B. nach Hause kam, wurde er sofort aus der Arbeit entlassen. Es wurde ihm gefagt, daß man solche Leute nicht gebrauchen lönne; es paffe den Fabrikanten nicht, daß die Polizei ihnen unliebsame Besuche mache.
Ju der Affäre Dickhoff hat die angekündigte Verneh mung des Droschtentutschers, Der vor einigen Tagen in einem Schantlokale der Heiligengeiststraße anscheinend wichtige Ents hüllungen gemacht hatte, am Vormittage des ersten Feiertages ftattgefunden. Dieser Droschkentutscher, ein in der Oppelner ftraße wohnhafter Fuhrherr B., machte auf den vernehmenden Bolizeikommiffar einen durchaus glaubhaften Eindruc; seine Auslaffungen find aber infofern belanglos, als man zur Zeit der gegen Dickhoff geführten Untersuchung bereits genau wußte, daß zwei von D. gedungene Mörder, die muthmaklich Schlächtergefellen waren, die That begangen hatten. Die damals nach Dieser Richtung hin vorgenommenen eingehenden Recherchen batten aber ein negatives Resultat, sodaß fich, nachdem jezt Jahre feit den Mordthaten vergangen find, eine Wiederaufnahme der Untersuchung von vornherein als ausfichtslos darstellt. Der Ber nommene bestätigt voll und ganz alles dasjenige, was er der der Kriminalpolizei zugegangenen Anzeige zufolge in jenem Schantlokale gesagt haben follte; da wir diese Auslaffungen bereits mitgetheit haben, lönnen wir uns darauf beschränken, hinzuzufügen, daß der damals in Rirdorf wohnende Droschten fuhrherr B. den Kommiffionär Didhoff, welchen er wiederholt Don Rigdorf gegen eine geringe Entschädigung mit nach Berlin genommen habe, dem Namen nach gar nicht tannte, ihn aber nach der ihm aus dem Verbrecher Album vorgelegten Photo graphie als jenen Fahrgast rekognoszirte Jm Uebrigen baftiten Die Aussagen B.'s auf, wie es scheint, vollständig zutreffenden Kombinationen, deren sachgemäße Benuzung zur Beit, als der Didhoff'sche Mordprozeß schwebte, wohl noch einiges Be lastungsmaterial gegen den Angeklagten zu Tage gefördert hätte; heute aber find, wie oben schon angedeutet, die Auslaffungen B.'s völlig werthlos.
Ueber eine Mordthat, von der die Kunde fich schon am zweiten Weihnachtstage in der Stadt verbreitet hatte, tönnen wir nunmehr folgende authentische Einzelheiten mittheilen: Der Militärinvalide Wilhelm Röse, 53 Jahre alt, unverheirathet, be wohnte auf dem Hofe des Grundstüds Krausnidstr. 5 eine aus Küche, Kammer und Stube bestehende Kellerwohnung. Er lebte fehr zurückgezogen, tochte selbst und ging wenig aus, belam aber häufig Abends Besuch von jungen Burschen, die teinen Vers trauen erweckenden Eindruck machten( und von denen man an nahm, daß R. mit ihnen strafbaren Umgang pflege). Näher be freundet war er nur mit dem Kapellmeister G., mit welchem er zusammen bei den Bietenhusaren gestanden hatte und in deffen Kapelle er im Drpheum von Zeit zu Zeit mitspielte. G. hatte ihn eingeladen, den heiligen Abend in seiner Familie zu ver bringen und ihn schon am Sonntag zu besuchen, um beim Aus pugen des Christbaums behilflich zu sein. Da Röse aber weber am 23. noch am 24. fich bei 3. eingefunden hatte, begab letterer fich am Nachmittage des ersten Feiertages nach der Krausnid ftraße und ging in Begleitung des Hausportiers Kladiwa in die Röse'sche Wohnung, deren sonst stets verfchloffen gehaltene Thür halb geöffnet vorgefunden wurde. Die Küche, welche dem Eins gang zunächst liegt, sowie die links davon gelegene Wohn ftube wurden in peinlichfter Ordnung und Sauberkeit vorges funden. In der an die Küche rechts stoßenden fleinen Kammer lag auf der Erde, den Kopf auf den rechten Ellenbogen geftüßt, die angelleidete Leiche des Röse. Als das Tuch, mit welchem das Geficht bebedt war, entfernt wurde, bemerkten die Ein tretenden und die sofort herbeigeeilten Beamten der Reviers und Kriminal Polizei, daß der Schädel durch den Schlag von einem stumpfen Instrument zertrümmert und der Hals mit einem scharfen Instrument durchschnitten war. Spuren eines Kampfes waren nicht bemerkbar, und es ist deshalb ane zunehmen, daß Röse in der Kammer, wohin er wahrscheinlich Butter und Käse gestellt hat, von einer Person, die sich besuchs weise bei ihm aufhielt erschlagen worden ist. Ein Beil und ein Meffer, an denen frische Blutspuren bemerkt wurden, lagen un fern der von Rörben umstellten Leiche, aus deren Beschaffenheit übrigens zu entnehmen war, daß der Mord schon vor mehreren Stunden verübt sein mußte. Wie die Nachforschungen ergeben haben, ist Röse am Abende des 24. Dezember zuletzt gesehen worden, und zwar hat ein in dem Hause wohnendes Dienste mädchen vom Hofe aus zwischen 6 und 7 Uhr in der erleuchte ten Wohnstube des N. diesen in heiterer Unterholtung mit einem etwa 30 Jahre alten, anständig gelleideten Manne, ber schwarzes Kopfhaar und einen dunklen Schnurrbart hatte und den Scheitel in der Mitte trua, gesehen, will auch bemerkt haben, daß beide aßen. Als das Mädchen etwa eine Stunde später den Hof wieder betrat, war die Röse'sche Wohnung finster. Am folgenden Morgen hat R. nicht mehr wie gewöhn lich Frühstück beim Bäder geholt. Es ist hiernach anzunehmen, daß der Mord am 24. Dezember Abends zwischen 6 und 8 Uhr verübt worden ist. Nach dem Ergebniß der ersten Nach forschungen schien es, daß eine Beraubung nicht stattgefunden habe, denn die Behältnisse waren nicht durchwühlt, und an verschiedenen Stellen der Wohnung wurden erst 40 und dann noch 80 Mart in Gold vorgefunden. Es fehlt aber eine starte filberne Uhr mit Goldrand, arabischen Biffern und breiten Beigern, welche Röse als Jäger- Uhr" zu bezeichnen pflegte, und die er am 22. Dezember an einer Gummischnur ge= tragen haben soll. Früher ist auch bemerkt worden, daß Röse, wenn er fich gut anzog, die Uhr an einer langen, anscheinend goldenen Kette trug. Diese Kette hat sich gleichfalls vorgefunden, so daß anges nemmen werden muß, daß fie ebenfalls geraubt worden ist, fo fern R. fie nicht etwa versett oder verborgt hat. Die Frau des Portiers will übrigens auch eine Shlipsnadel und einen Ring mit einem Brillanten oder Similistein an dem Ermordeten früher bemerkt haben, welche Gegenstände ebenfalls nicht auf gefunden werden konnten. Für den Fortgang der Recherchen ist es von großer Wichtigkeit, feftauftellen, in weffen Begleitung R. am 23. und 24. Dezember gefehen worden ist. Der Um ftand, daß er am Morgen des 23. Dezember einen jungen, bartlosen Menschen mit vollem Geficht aus seiner Wohnung herausgelaffen und am Morgen des 24 Dezember für amet Personen Frühstück geholt hat, deutet darauf hin, daß er eine Berfon mehrere Tage beherbergt bat. Ein Kaufmann H., der R. angeblich seit mehreren Jahren tennt, will denselben am 24. Dezember um 3 Uhr auf dem Hausvoigtei- Play Arm in Arm mit einem etwa 19 Jahre alten Menschen, der einen gelb lich braunen Ueberzieher mit Diagonalstreifen trug und ein ovales, bleiches Geficht hatte, gesehen, auch bemerkt haben, daß R. ein zusammengeschlagenes weißes Tuch trug.
Folgende Mittheilungen, die fich zu einem Theile mit den obigen amtlichen Angaben deden, gehen uns von einem Bericht erstatter zu: Röse ernährte fich in legter Beit auch durch Stellen Vermittelung. An dem Tage des Weihnachts, Heiligen Abends mußte R. wohl Besuch erwartet haben, denn ganz gegen seine Gewohnheit hatte er fich am Nachmittage bei dem gegenüber wohnenden Bäder, statt wie gewöhnlich zwei, vier Schrippen welche gegen 17 Uhr den of pafirte, einen Herrn in der geholt. Thatsächlich hat auch das Dienstmädchen Anna Hobrecht, Küche des R. mit demselben figen sehen. R. hatte ihr bas
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