Beilage zum Berliner Voltsblatt.

. 305.

Lokales.

Berlin   ist eine in hohem Grade erleuchtete Stadt. Nach den legten Ermittelungen ist der Gasverbrauch in Berlin  aus den städtischen Anstalten in ftetem Steigen. Das Ver waltungsjahr 1. April 1887-88 hat sich durch eine Zunahme des Gasverbrauches aus den genannten Anstalten ausgezeichnet, wie fte in dieser Höhe seit dem Jahre 1874-75 nicht vorges tommen ist. In den vier Jahren vom 1. Juli 1871 bis aum 1. Juli 1875 hatte die Zunahme im Vergleich zu dem Ver brauch des Vorjahres jährlich durchschnittlich 12 pCt. oder durch Schnittlich 5 050 000 Rubilmeter betragen, und war durch diese

Sonnabend, den 29. Dezember 1888.

5. Jahrg,

und Seele bedrohen. Als sicherster Schuß gegen das zeitliche| vielleicht in zahlreicheren Fällen als man allgemein annimmt, und ewige Verderben werden dann die verschiedenen Herbergen zur Heimath" resp. christlichen Hospize" empfohlen. Die Ers fabrungen einer nicht zu langen Bergangenheit haben ge­zeigt, welcher Geist der Rohheit und Heuchelei wenigstens in einzelnen dieser Herbergen im Schwange ift. Es folgt ein Verzeichniß chriftlicher Arbeitervereine"(- über diesen Schwindel ift fich nun wohl alle Welt im Klaren-) und diesem schließt fich das Register der Berliner   Jünglingsvereine" refp. Stadt­miffionen" an, dessen Ausdehnung zeigt, wie viel Terrain, miffionen" an, deffen Ausdehnung zeigt, wie viel Terrain, wenigstens dem äußeren Anscheine nach, bem frumben Humbug au erobern bisher vergönnt war. Der Chriftliche Verein Sonn

faasheim" hat es fich zur Aufgabe gestellt, jungen Mädchen

Erbauung" zu gewähren und sie bei achtbaren christlichen Herrschaften" in Dienst zu bringen. Ein wahres Wunder ist errschaften" in Dienst zu bringen. Ein wahres Wunder ist es, daß allen diesen schönen Dingen noch ein Verzeichniß der Sehenswürdigkeiten Berlins   angefügt worden ist. Dazu ge bören natürlich auch die Kirchen und speziell der Dom. Ueber Die Sehenswürdigkeit diefes zum mindesten in architektonischer

Beziehung gänzlich mikglückten Gebäudes war man bisher wohl ungetheilt negativer Anficht; feit allerdings der Stöder auf die Rangel steigt und den anbächtig lauschenden Buhörern und all feinen lieben Freunden" und lieben Freundinnen" Wahr heit" und Liebe" predigt, ist der Berliner Dom   in der That eine Merkwürdigkeit geworden, welche in der ganzen gebildeten Welt ohne Gleichen dasteht.

Cremer hat das Wort! Die Broschüre des Herrn Cremer über die Bleichröder  'schen Silberlinge ist jetzt erschienen. Erfährt man daraus auch nicht, wer die 10 000 Mart erhalten hat, so steht doch manches andere von Interesse darin. Herr Cremer ist nämlich auf Herrn Stöder und die Kreuzzeitung  " schlecht zu sprechen und in seinem Aerger plaudert er aus der Schule. Wir theilen die nachfolgende Indiskretion mit:

Die oft recht hohle Befferwifferet gegenüber der Regierung, wie fie allmälig in die Berliner   Bürgervereine eingeführt wer ben soll und in der chriftlich- sozialen Partei längst und oben brein nicht ganz unbedenklich getrieben wird, halte ich für durch aus unzulässig. Ebenso wenig bin ich zu sprechen, wenn das alte Deklarantenthum der Kreuzzeitung  " gegen den Fürsten Bis­mard zum Vorschein kommt und für die Berliner   Konservativen maßgebend werden soll.

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In dieser Hinsicht ist es sehr bezeichnend, daß, als in dem nunmehr abgelaufenen Jahre die Vorstände konservativer Berliner   Bürgervereine fich gelegentlich der Gebutstagsfeier des Fürsten Bismard, wie faft alljährlich, au einer gemeinsamen Glüdwunschadreffe vereinigten, nur der Borfigende des Thier aarten Bezirksvereins" feine Unterschrift verweigerte. Dieser Dieser Borsigende ist mit dem Chefredakteur der Kreuzzta." identisch. Die Sache hat viel böses Blut gefeßt, und die Mißftimmung, welche in den dadurch peinlich berührten Kreisen entstand, ist feineswegs überwunden. Ein anderer Vorfigender aus dem zweiten Reichstags. Wahlkreise, der bei der letzten Landtagswahl als Kandidat der Konservativen der Kartellfeindlichen- als Kandidat der Konservativen aufgestellt war, fagte gelegentlich zu mir, um mich über die Verkehrtheit meiner Kartellideen zu belehren: Was fümmern Sie fich denn noch um Friedrichsruh  ? das thue ich längst nicht mehr!" Als ich darauf ganz bescheiden bemerkte, daß ich den Fürsten Bismard für die Leitung der deutschen Politik vor läufig noch in höherem Maße verantwortlich erachte, als Herrn Hofprediger Stöcker und auch die Verdienste des Herrn Neichs fanglers um das deutsche Vaterland sogar noch über die des Herrn Stöder ftelle, erwiderte mir jener Butunftsminister: Ach was, felbstständige Politik, das ist die Hauptsache!"- Drohungen, der Regierung einmal zu zeigen, welche Oppofition man ihr machen könne, wenn fie die christlich- sozialen Führer und Forderungen nicht eingehender berücksichtige, fallen bei jeder Gelegenheit. In manchen untergeordneten Köpfen hat fich auf Grund deffen die Vorstellung daß der Fürst Reichskanzler der eigentlich zu bes lämpfende Gegner set, bereits so sehr festgefeßt, daß man von ihnen den Ausruf vernehmen fann: Wir jagen den Fürsten Bismard, falls er es nicht anders macht!"

bedeutende Vermehrung der Ansprüche an die Anstalten die be­Schleunigte Errichtung der neuen städtischen Anstalt in der Danzigerstraße bedingt. Nach dem Jahre 1874/75 batte jedoch Infolge der ungünstigen wirthschaftlichen Verhältniffe die Bu nahme in dem Gasverbrauche fich sehr erheblich vermindert; im Jabre 1878 79 fant diefelbe fogar bis auf 128 000 Rubikmeter oder 0,21 pCt. und erhöhte fth erst in den Sabren 1881/82 bis 1883,84 auf rund 2 500 000 Rubikmeter jabrlich. In den Jahren 1883-84 bis 1885-86 überftleg die fährliche Erhöhung des Gasverbrauches indeffen bereits 3500 000 Rubikmeter oder 4,8 pCt. Jm Verwaltungsjahre Im Verwaltungsjahre 1887-88 weift dagegen der Gasverbrauch eine Zunahme von 5072 000 Rubikmeter oder von 6,24 pCt. auf, und es ist damit bie so bedeutende jährliche Steigerung, welche in den Jahren des höchsten gewerblichen Aufschwunges eingetreten war, in der absoluten Zahl wiederum erreicht. Auch im Verhältniß zur Bu­nahme der Bevölkerung ist der Gasverbrauch 1887-88 febr flart gewachsen. Die mittlere Bevölkerungszahl fteigerte fich in Diesem Jahre von 1393 063 auf 1493 755, alfo um 50 692 oder um 3,62 pt.; der Gasverbrauch zeigt daher eine wesents lich größere Steigerung, als fte der Zunahme der Bevölkerung entspricht. Das prozentuale Verhältniß der Bunahme des Gas verbrauds in diesem Jahre wird noch erheblich höher, menn man lediglich das zum Privatgebrauch verwendete Gas in Betracht zieht, indem das unberechnet gebliebene Gas­quantum( der Gasverluft, gegen das Vorjahr fich nahezu um 600 000 Rubikmeter vermindert hat; für den Gasverbrauch durch Brivate ergiebt fich hierdurch eine Steigerung gegen das Jahr 1886-87 um 7,75 pCt. Bur rid tigen Würdigung dieses Ver hältniffes ist noch zu berüdfichtigen, daß auch die Verwendung des elektrischen Lichtes in dem Verwaltungsjahre 1887-88 eine febr erhebliche Steigerung erfahren bat, indem nach den settens der Stadtverwaltung veranlaßten Bählungen nahezu eine Ver boppelung der Bahl der elektrischen Lampen gegen das Vorjahr ermittelt worden ist. Für diefe so bedeutende Bunahme in der Verwendung des Gafes zum Privatgebrauche laffen fich irgend­welche außergewöhnlichen Gründe nicht anführen. Bwar ist in bem abgelaufenen Jahre von den städtischen Behörden der Beschluß gefaßt worden, den Preis für das zu anderen Sweden als zur Beleuchtung verwendete Gas um zwanzig Diese Maßregel Brozent zu ermäßigen, indeffen fonnte diese Maßregel erst mit dem 1. November 1887 in's Leben treten, und es find, wie der Verwaltungs- Direktor der städtischen Erleuchtungs angelegenheit, Cuno, in feinem Berichte über die städtischen Gatanstalten an den Magistrat bemerit, von diesem Zeitpunkte ab bis zum Rechnungsabschluffe nur sehr wenig neue Leitungen für diesen Bwed eingerichtet worden, so daß die herabfetung des Breises noch ganz ohne Einfluß auf die Höhe des Gass verbrauchs in diesem Jahre geblieben ist. Die Betheiligung der einzelnen Stadtibelle an der Bunahme des Gasverbrauchs ift auch in dem Verwaltungsjahre 1887/88 gleich wie früher eine febr verschiebene und theilweise auch von den Verhältnissen, welche die Vorjahre aufweisen, durchaus abweichende. Während in den älteren Stadttbellen Berlin  , Ali Kölln, Friedrichs werder und Dorotheenstadt( Bezirk des Standesamts 1.) in dem legten Jahre eine sehr geringe Steigerung, ja des in einzelnen Theilen sogar eine Verminderung Gatverbrauches stattgefunden hatte, zeigt das jetzt ab Bunahme 8,50 pelaufene Verwaltungsjahr Brozent, alfo höher als die durchschnittliche Zunahme der ganzen Etadt; die Friedrichstadt  ( Bezirk des Standesamt 11.) übertrifft bie vorgenannten Stadttheile erheblich, indem hier eine Steige rung der Gasabgabe um 10,51 pet. des Vorjahres eingetreten ift. Diese so erhebliche Bunahme in dem ältesten Stadttheile Berlins   erscheint um so auffallender, als gerade hier die Ge schäftethätigkeit der Berliner   Elektrizitätswerke in dem abges laufenen Jahre fich ganz besonders entwidelt hat und die Bahl Der elektrischen Beleuchtungsanlagen eine verhältnismäßig sehr bedeutende Vermehrung aufweift. Außerdem ist eine Steige­rung des Gasverbrauches, welche den durchschnittlichen Prozent fat für ganz Berlin   übersteigt, au verzeichnen in der Schöne berger Borstadt mit 9,73 pet., in der Tempelhofer Vorstadt mit 10,14 pet, in der Luisenstadt jenseits des Kanals mit 8,96 pt., in der Rosenthaler Vorstadt mit 10,58 pCt., im Spandauer Viertel mit 8.66 pCt., in dem Rönigsviertel mit 10,02 pet. Jn den übrigen Stadttheilen ist die Bunahme theils in geringerem, theils in höherem Maße hinter bem Gesammtdurchschnitt zurückgeblieben; Dies ist nament lich der Fall in dem Bezirke des Standesamts XII, um­faffend die Friedrich Wilhelm- Stadt, Thiergarten und Moabit  , in welchem Theile nur 4 pCt., und in noch größerem Maße in bem Standesamt XIII, umfaffend den Webbing, in welchem fo­par nur eine Bunahme von 009 pet. zu verzeichnen ist. Die Basproduktion in den vier städtischen Gasbereitungs- Anstalten betrua in dem Betriebsjahre 1887/88 86 415 000 cbm, es ist eine Bunahme gegenüber der Produktion im Vorjahre einges Die treten um 5 188 000 Stubifmeter oder um 6,39 pCt. Bahl der elektrischen Beleuchtungsanlagen in Berlin   betrug ult. März 1888 489, die Bahl der vorbandenen Bogenlampen 2249, bie Bahl der vorhandenen Glühlampen 45 552. Die Berliner   Elektrizitätswerke versorgten aus ihren Bentralanlagen hieroon 300 Beleuchtungsanlagen, 540 Bogenlampen bei Bri paten, 23 016 Glühlampen, während von den übrigen Beleuch tungsanlagen betrieben wurden 136 durch Dampfbetrieb und 53 burch Gasmotoren.

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Wie Breng unsere Eisenbahnverwaltung seiner Beit gegen den Berlauf scharf ausgeprägter politischer Tendenzblätter auf den Staatseisenbahnhöfen vorgegangen ist, dürfte noch in lebendiger Erinnerung sein. Heutzutage hat so schreibt die Bolls. 8tg." treffend eine mildere Braris Blaß gegriffen; folches erleben wir wenigstens bei jeder Eisenbahnfahrt nach Berlin  , denn in alle bierselbst einlaufenden Büge wird auf den hauptsächlichsten Vorftationen neben einem lediglich Verkehrs­intereffen dienenden Geschäfts. Anzeiger neuerdings auch ein Wegweiser durch Berlin  " maffenhaft eingeworfen, welcher von Der Chriftlichen Gemeinschaft St. Michael" verbreitet wird. Es handelt fich dabei um eine so aufdringliche wie plumpe Machenschaft der Stöderschen- wann wäre diefe Sorte von Pfaffen denn auch nicht aufdringlich und plump? Abgesehen von diversen Geschäfts. Anzeigen christlich sozialer Bundesbrüder enthält das Blatt zunädst eine fromme Warnung vor den zahl­reichen Gefahren, welche den in Berlin   Einfahrenden an Leib

Wenn auch diese Dinge fich bisher nicht vor dem großen Bublifum abgespielt haben, so deutet doch Alles darauf hin, daß in allernächster Belt offenkundige Bethätigungen des gelenn zeichneten Belftes erfolgen werden. So lange es fich vermieden Ites, habe ich allen Angriffen zum Troß darüber geschwiegen. Nachdem aber längeres Vertuschen unmöglich geworden, trage ich kein Bedenken mehr, es unumwunden auszusprechen, daß Die Berliner Bewegung unter der ausschließlichen Führung des Herrn Stöder dazu außersehen ist, ihre Spige gegen den Fürften Bismard zu richten.

Nun haben Herr Stöcker und Herr von Hammerstein bas Wort!

Die schrecklichen Folgen der Diphtheritis, selbst wenn bei dieser gefährlichen Erkrankung das Leben gerettet wird, find befannt genug; Taubheit, andauernde Heiserkeit, ähnliche organische Fehler und dauerndes Stechthum werden nicht selten nach einem überstandenen Anfall dieser gefährlichen Krankheit beobachtet. Aber das Schlimmste bei der Sache ist aweifellos, baß manche dieser zurüdgebliebenen Leiden selbst dem Arzt bei oberflächlicher Untersuchung entgehen. Die Schilderung von berartigen Vorkommniffen, welche ein amerikanisches ärztliches Journal von folchen Folgezuständen der Diphtherie giebt, ist fehr interessant und auch für unsere Verhältniffe autreffend: Herr Doktor, sehen Sie fich einmal die Augen diefes faulen Jungen an; nicht wahr, es ist doch nichts damit? Er will nicht in die Schule geben und sagt, er fann nichts sehen. Ich nicht in die Schule geben und fagt, er tann nichts sehen. I habe ihn schon bestraft, aber er ist hartnädig und will nicht lesen noch schreiben. Sagen Sie ihm doch, daß ihm nichts fehlt und daß er in die Schule zu gehen hat." Solche eine arme Burschen werden von Zeit zu Zeit von den Eltern zum Augenarzt gebracht, und oft wird hinzugefügt, daß der Arzt, der den kleinen bisher behandelt, derselben Meinung wäre. War benn ber Knabe frant?" ist die Frage des Augen arztes  . Ja, " Ja," lautet die Antwort, feine Schwester hat Diphtherie gehabt und war sehr frant; er batte aber nur einen etwas schlimmen Hals." Nun findet die Untersuchung der Augen statt und diese ergiebt eine vollständige Lähmung der ienigen Muskeln, welde die Anpaffungsthätigkeit des Auges be wirten, also namentlich bei denjenigen Veränderungen mitzu­wirken haben, die bei jedem Auge eintreten müffen, wenn es in einer gegebenen Entfernung Gegenstände deutlich erkennen soll. beim Lesen und Schreiben ist diese Mus Namentlich besonders lebhaft thätig und tulatur des Auges ganz das Resultat der ärztlichen Untersuchung ist also, daß der Kleine absolut nicht im Stande ist, zu lesen oder zu schreiben und daß alle Befirafung mindestens unnüg war. In endern Fällen bringen Eltern ihre Kinder wegen Schielens  , der Junge will die Augen durchaus nicht gerade gerichtet halten, man mag fagen oder thun was man will," so lautet die ärgerliche Klage der Eltern. Auch in diesen Fällen find die Augenmuskeln oft burch einen vorhergegangenen Diphtheritis. Anfall gelähmt und nicht blos die Haltung des Auges, sondern die Sebfähigkeit ist start beeinträchtigt.- Solchen fleinen Patienten, die oftmals,

in den Verdacht der Böswilligtelt oder einer Krankheitss Simulation gerathen, muß der Augenarzt als Erlöser er scheinen. Im höchsten Maße betrübend ist es aber, wenn folche Kinder, abgesehen von der belästigenden, ja oft­mals recht schmerzhaften Erkrankung, nun auch noch von dem Unverstande der Eltern zu leiden haben, wenn diese in ihrem erzieherifchen Uebereifer gegen den Mangel an Fleiß einschreiten zu müssen glauben. Nach der Meinung erfahrener Spezialärzte ist die Häufigkeit solcher bösartigen Folgezustände der Diphtherie geradezu erstaunlich groß. Es dürfte deshalb eine der wichtig ten Aufgaben der Aerzte sein, in allen Fällen, wo fie

Diphtherieertranfungen behandeln, die Eltern auf die möge lichen Folgezustände hinzuweisen, die fich gewöhnlich 1 bis 4 Wochen nach dem Krankheitsfall einzustellen pflegen und die auch für solche Kinder zu fürchten find, die nur etwas am Halse leiden, während ihre Geschwister echte Diphtherie" haben.

Spandan, die Stadt des Juliusthurms wird in letter

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Beit von allerlei unheimlichen Personen und Dingen heimge sucht. Buerst war es Boulanger, der fich innerhalb der Spans bauer Festungswälle sehen laffen sollte, dann stattete Jack der Aufschlißer den Spandauer   Spießbürgern einen vermeintlichen Besuch ab, bann fam die glorreiche Krokodilgeschichte, dann machte ein Schlingenwerfer den Spandauern Angst und jagte Frauen und Jungfrauen eine häufig paffende Gänsehaut über Die zarten und unzarten Körper und icht hat Spandau   so­gar einen Bopfabschneider. Wir lesen darüber im Anz. für das Havell." Eine neue Spezialität von Unbolden, welche es auf weibliche Berfonen abgesehen haben, ist jest aufgetaucht. Dies mal ist es ein Bopfabschneider, welcher hier debütirt hat und bei dem schwachen Geschlecht sicherlich helllofe Furcht hervor rufen wird. Ein junges Mädchen ist das Opfer des Uebel­thäters. Der Sachverhalt ist nach der Aussage der Betroffenen folgender: Die 17 Jahre alte Verkäuferin einer Deftillation hatte fich am 1. Feiertag aus dem Hause ihrer Herrschaft ent fernt und sich zu ihrer in der Börnickerstraße 3 wohnenden Mutter begeben. Als fte am Abend den Heimweg nach der Stabt antrat, wurde fie von ihren Brüdern bis zum Pots damer Thor begleitet. Dort verabschiedete sie sich kurz vor 10 Uhr in der Abficht, den Rest der Strecke allein zurüd zulegen. In der Mauerstraße wurde ihr plößlich hinterrücks ein Tuch über den Kopf geworfen, welches die Augen ver beckte. Dann hielt jemand ihre Hände fest, so daß fie eine Welle wehrlos war und fast die Befinnung verfor. Als fte fich furz darauf wieder frei fühlte und das Tuch von fich geworfen hatte, war fein Mensch in ihrer Nähe fichtbar. Sie ging dann ungehindert weiter, und als sie in ihrem Schlafzimmer anlangte, bemerkte fie, daß ihr der Bopf, welchen fie in Knotenform ge tragen, dicht am Kopf abgeschnitten war. Das Mädchen glaubt, daß der Thäter ein hochgewachsener Mann ist, der kurz vor dem Im Anschluß bieran feltsamen Vorfall an ihr vorüberging."

findet fich folgendes Inserat im ,, Anz. f. d. Havell.": ,, 50 Mark Belohnung fichere ich demjenigen zu, der so, daß gerichtliche Be ftrafung erfolgen fann, nachweist, wer die bei mir beschäftigte E. Thiele am 1. Feiertag, etwa 9-10 Uhr Abends, in der Mauerstraße überfallen, ihr die Augen verbunden und die Haare abgeschnitten hat. W. Vogeler." Wüßten wir nicht genau, daß Herr Vogeler Stadtrath in Spandau   ist, so müßte man nach der Klarheit seines Stils glauben, er hätte irgendwo Philosophie studirt.

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Aus den Kreisen der Edelsten. Das Amtsgericht Breslau   erläßt eine öffentliche Buftellung gegen den Reichs­grafen Eduard v. Oppersdorff  , ben ein Kaufmann auf Bahlung einer Forderung für gelieferte Waaren in Höve 32 Mart verklagt bat. In dem Grafenkalender" ist Graf Eduard v. Oppersdorff als österreichischer Staatsbürger und Großgrundbefizer, preußischer Premier: Lieutenant außer Diensten" eingetragen; er ist ein Sohn des erblichen Mit. altebes des preußischen Herrenhauses, Grafen Eduard v. Oppersdorff  , welcher die Herrschaft Oberglogau   in Oberschleften mit etwa 24 000 Morgen Fläche befigt. Amtsgericht zu Margonin   batte im Juli d. J. den Majorats herrn Grafen   Sigismund Potulidi auf Brochnowo in der Provinz Posen   als Verschwender erklärt, das Landgericht zu Schneidemühl   hat aber diesen Beschluß aufgehoben, so daß Graf Potulidi nicht mehr Verschwender ist und ohne Vormund über sein Vermögen verfügen darf. Das Landgericht zu Greifswald   hat vor einigen Tagen nach vierstündiger Verhand lung bei verschloffenen Thüren die Wittwe Laura von Wadeniz aus Antiam wegen schwerer Kuppelei zu zwei Jahren Buchthaus und ihre Söhne Frans v. Wadeniz, der ohne Beruf und wegen Diebstahls schon mit drei Wochen Gefängniß vorbestraft ift, wegen gefährlicher Körperverlegung in zwei Fällen au brei Monaten Gefängniß, und Heinrich v. Wadenis, Raufmann, wegen gefährlicher Körperverlegung in einem Falle zu zwei Monaten Gefängniß verurtheilt.

Ju der Voltere des Aquariume haben es sich auch einige Sperlinge bequem gemacht, und alle Ermiffionsverfuche find fruchtlos geblieben. Ja, ein olivengrüner Bastard bezeugt, baß fie sogar von der Sippe der Singoögel vollständig in die Familie aufgenommen worden find. Ob dieser Bastard auch fingt, hat sich in dem Lärm der Voliere noch nicht feststellen laffen. Auch merkwürdige Freundschaften fann man hier bes obachten. So find z. B. ein rother Aras und ein glänzend schwarzer Rabe intime Freunde. Würdevoll, wie ein Pascha, läßt fich der Aras auf einem Aft mit geschlossenen Augen nieber, und der Rabe reinigt ihm emfta die gefträubten Federn am Kopfe und Halse. Der drolligste Infaffe ist ein schwarz­gelber Trupial. Wenn man ihm pfeift, so tommt er an das Gitter, läßt sich streicheln und fingt, so lange man pfeift, aus vollem Halse um die Wette. Auch die scheuen Steppenhübner werden schon zutraulicher; zuerst hielten fie fich beständig im Hintergrunde, jest tommen fie schon bis an das Gitter.

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Aus einem Preisverzeichniß der Handelsmenagerie von G. B. in Leipzig   ist zu ersehen, in welchem Preise die Naubthtere und sonstige Vertreter der erotischen Fauna sieben. Die Preise find wie folgt angegeben: Ein Baar Dromedare 1200 M. Ein braunes Kameel 600 M. Ein paar pracht volle Löwen  , ausgewachsen, 4 bis 5 Jabre ait, 4000. 4 Löwen, 1 Männchen, 3 Weibchen, ein Jahr alt, zur Dreffur, zufammen 3200 M. Ein Paar Löwen, importirt, zahm, 14 Monate, 2200 M. Ein schwarzer Panther, importiri, 900 M. Braune Bären, das Stüd 100 m. Beutelthiere, das Stück 35 M. Lamas, das Stüd 400 M. Guanacos, das Stüd 400 M. Nilgau Antilope 450 M. Arishirsche, das Stüd 200 M. Aristoteleshirsche, das Etüd 250.- Schomburgthirsche, das Stück 250 M Mähnenschafe, das Paar 300 M. Kleine Baviane, das Stüd 36 M. Kapus ziner Affen, das Stück 40 m. Java, Rhesus  , Kronens Affen, das Stück 25 M. Meerlagen, das Stück 25 M. Uistiti Aeffchen, das Paar 20 M. Krokodile, 3 Fuk lang, das Stück 25 M.- Wüsten Waranen, das Stüd 20 M.­Uhus, zur Jagd, das Stück 50 M. Weißtöpfiger Geier,

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