Für diesen Fall aber und um sein über die 3ustände in der wilden" Schweiz   in Wallung gerathenes Blut zu beruhigen, wollen wir dem Herrn im Vertrauen mittheilen, daß es auch in Deutschland   schon schlimme 3eiten gegeben hat. Von dem fortschrittlichen Kreisrichter" in der Kon­fliktsperiode wird ja der Herr Kommissionsrath schon gehört haben. Aber wir haben sogar auch schon fortschrittliche Revierlieutenants gekannt und wer sollte das denken! Schußleute, die ihren Stimmzettel für F. W. Fritsche und Wilhelm Hasenclever   abgaben!

Haben Sie sich von Ihrem Schreck erholt, Herr Kom­missionsrath?

Nun, dann trösten Sie sich mit der Magdeburger  Loosung von 1884: Lieber zehn Sozialdemokraten, als einen Deutschfreisinnigen!"

Der Prozeß gegen die Gleichheit".

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( Schluß.) doing Auf die Aeußerungen des Staatsanwaltes, mit welchen derselbe die von dem Vertheidiger beantragten Vorladungen von Zeugen bekämpft hatte, nahm nochmals der Angeklagte Dr. Adler das Wort. Der Staatsanwalt habe bemerkt, daß der Antrag auf Vernehmung des Polizeipräsidenten als Zeugen tein glücklicher sei, da der Polizeipräsident erst jüngst Anlaß gefunden habe, das Erscheinen der Gleichheit" einzustellen. Allein dieses Blatt sei jedoch dem Defrete der Polizeidirektion zufolge nicht etwa unterdrückt worden, weil es anarchistischen Tendenzen huldige, sondern nur im Interesse der öffentlichen Ruhe und Ordnung. Er sei überzeugt, daß wenn der Polizei­präsident hier vernommen würde, er sagen müßte, die Gleich­heit" sei fein anarchistisches Blatt. Daß die Gleichheit" auf Grund der Ausnahmsverfügungen eingestellt wurde, beweise nichts. Mit demselben Recht könnte auch ein anderes Blatt, z. B. die Neue Freie Presse" eingestellt werden, wenn sie der Polizei unbequem würde, und die Neue Freie Presse" sei doch gewiß fein anarchistisches Blatt.

Es folgt hierauf die Ablehnung der Anträge des Ver­theidigers durch den Gerichtshof.

Der Präsident bringt sodann nebst anderen Aftenstücken auch die polizeilichen Leumundsnoten zur Verlesung. Eine Stelle derselben, wonach aus dem Umstande, daß Dr. Adler Eigen­thümer und Herausgeber der Gleichheit" sei, sich schließen lasse, er sei seiner Gesinnung nach Sozialdemokrat, ruft Heiterkeit im Publikum hervor. Im übrigen giebt die Note eine Biographie des Angeklagten und bespricht in scharfer Weise seine agitato­rische Wirksamkeit. Auch den zweiten Angeklagten nennt die Note einen sozialdemokratischen Agitator.

Staatsanwalt v. Soos nimmt nunmehr zu seinem Schluß­antrage folgendermaßen das Wort: Nachdem ich annehmen muß, daß die geehrte Vertheidignng sich in ihren Auseinander­fegungen an den Ausspruch ihres Klienten Dr. Adler halten werde, so muß ich die Kompetenzfrage des Ausnahmsgerichts­hofes in Erörterung ziehen, welche der Angeklagte so ausführlich behandelt hat, nnd kann nur annehmen, daß kein anderes Thema wichtigerer Art Gegenstand ihrer Darlegung sein wird. Denn Dr. Adler hat sich in das Meritorische nicht eingelassen.

Die Darlegung, die der Angeklagte Dr. Adler anstatt eines Verhörs hier bot, beschränkte sich darauf, daß er eine Auseinander­sezung zwischen Anarchismus und Sozialdemokratie gegeben hat. Beide Angeklagte haben zu wiederholten Malen während des Beweisverfahrens hervorgehoben, daß ich den Unterschied zwischen diesen Barteirichtungen verstehe. Gerade deshalb und weil ich bei dem Prozeßmaterial genügende Anhaltspunkte habe, erkläre ich jetzt, um von vornherein diesem einen Irrthume vor­zubeugen, daß es mir heute ebensowenig wie früher eingefallen ist, den Privatmann Dr. Viktor Adler und den verantwort lichen Redakteur der Gleichheit", Ludwig Bretschneider  , für das zu halten, was man Anarchisten nennt. Ich habe aber dies gar nicht nachzuweisen, sondern nur dafür den Nachweis zu führen, daß es sich im gegenwärtigen Falle um eine straf­bare Handlung handelt, welcher anarchistische, auf den gewalt­samen Umsturz der bestehenden Staats- und Gesellschaftsord­nung gerichtete Bestrebungen zu Grunde liegen. Solche Be­strebungen fann auch derjenige haben, welcher bis zur Anklage von dem Vorwurfe des Anarchismus frei war. Er begeht dieses Vergehen durch die That. Gerade ich zähle zu jenen Persön­lichkeiten, welche den Unterschied zwischen Sozialdemokratie und Anarchismus auf das Aengstlichste beobachten. Es fällt mir auch heute nicht ein, die Bestrebungen der sozialdemokratischen Arbeiterpartei, ja selbst der radifalen, mit dem Schlagworte Anarchismus zu bezeichnen. Ich selbst stimme der Behauptung des Dr. Adler zu, daß zwischen den Bestrebungen der Anarchisten und Sozialisten ein bedeutender, ja sogar ein himmel­weiter Unterschied besteht. Es handelt sich bei den inkriminirten Artikeln jedoch darum, ob bei den gegenwärtigen Zeitläuften,

Denn in diesem Felsenkanal ist das Loos des Fahrzeuges ein wechselndes: es hat hier zu kämpfen mit den Windstößen des entfesselten Sturmes der räthselhaften Strömung, der eigenen Last, und den Felsen und den Studeln, denen es auszuweichen hat. Sein Ge­schick liegt in den Händen zweier Menschen.. Der eine ist der Pilot, der das Steuerruder lenkt; der andere der Schiffs­kommissär, der mitten unter dem Tosen der Elemente dem Schiffszug mit dem Schall des Hornes seine Aufgabe signalisirt. Wird das Signal schlecht verstanden, dann rennt das Schiff entweder an einen Felsen an, oder gleitet in dem Wirbel hinab, oder wird an das südliche Ufer verschlagen, oder fährt auf einer neu entstandenen Sandbank auf und geht zu Grunde mit Mann und Maus.

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Den Physiognomien dieser beiden Männer sieht man aber nicht an, daß Furcht ein ihnen bekanntes Ding ist.

Der Steuermann ist ein klafterhoher abgehärteter Schiffer, mit stark geröthetem Gesicht, dessen Incarnat auf beiden Wangen aus einem Geflecht feiner Aederchen gebildet wird, von dem auch das Weiße im Auge durchsetzt ist. Er ist beständig heiser und seine Stimme kennt nur zwei Varia­tionen, entweder ein starkes Brüllen oder ein heiseres Brummen. Wahrscheinlich ist dies die Ursache, welche ihn nöthigt, für seine Kehle doppelte Sorge zu tragen: eine vorbeugende, mittelst eines rothen Shawls, der dicht um seinen Hals geschlungen ist, und eine nachträgliche, mittelst einer Schnapsflasche, die in seiner Manteltasche ihren per­manenten Sitz hat.

Der Schiffskommissär ist ein Mann in den Dreißigen, mit blondem Haar, schwärmerischen blauen Augen und langem Schnurrbart, während das übrige Gesicht glatt rafirt ist. Er ist von mittlerer Größe, und auf den ersten Blick scheint es, als sei er von zarter Konstitution; damit steht auch der Ton seiner Stimme in Einklang, die, wenn er leise spricht, fast wie eine Weiberstimme sich anhört.

Der Steuermann heißt Johann Fabula; der Name des Schiffskommissärs ist Michael Timar.

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Der amtliche Purifikator" sitzt am Rande der Steuer­bank; er hat eine Kapuze über den Kopf gezogen, so daß man nur Nase und Schnurrbart sieht; beide sind roth.

abgesehen von der früheren Haltung des Blattes, Umstände dafür zu suchen sind und gefunden werden können, daß diese Auffäße auf anarchistischen, d. h. auf gewaltsamen Umsturz der bestehenden Staatsordnung gerichtet sind. Es giebt aber solche an der Hand der Artikel und an den Thatsachen. Die Ange­daß wir nun und nimmermehr irgend welche anarchistische Be­flagten sagen: Wir weisen an der Hand des Blattes nach, strebungen haben, sondern uns lediglich im Rahmen der Sozial­demokratie bewegen; Dr. Adler behauptet fogar, daß er ein Antagonist des Anarchismus sei. Ich sage aber, es fommt nur auf den Standpunkt an. Jeder denkende Mensch weiß, was für Zwecke, er weiß, welche Mittel er anwenden muß, um feinen Zweck zu erreichen, er weiß, welche Erfolge gewiffe Mittel haben können. Wenn ich nun den Zweck der Artikel ins Auge fasse, fo frage Kann frage ich: Dr. Adler anch nur einen Moment im Zweifel darüber sein, daß der Verlauf der sozialdemokratischen Aktion inner halb des Rahmens der gesellschaftlichen Ordnung durch diesen eingeschlagenen Weg möglich sei? Wenn er das Besseren belehrt werden. Er hat die Erfahrung machen können, welche Früchte es trägt, wenn in einem Blatte soziales Elend, Unglück, Noth, die Art der Unterdrückung in den düstersten Farben gemalt werden.( Mit erhobener Stimme): Wer an einem gefährlichen Orte immer mit der Brandfackel umgeht, der fann nicht sagen:" Ich habe kein Feuer anzünden wollen. Ich fann nichts dafür, wenn die Fackel mit dem Zündstoff in Be­rührung gekommen ist. Ich bin ganz unschuldig!"

Sehen Sie, hoher Gerichtshof, in diesem Kontakte, welchen die Gleichheit" mit den in der legten Zeit zu Tage getretenen Thatsachen hat, liegt die Nothwendigkeit zu dem Schluffe: Mußte der Angeklagte glauben, duß diese Artikel zu einer friedlichen Lösung führen können oder mußte er mit dem Faktor rechnen, daß, wenn in dem Blatte immer geschrieben und agitirt wird, die Dinge einen anderen Verlauf nehmen müssen? Da muß ich sagen: Das letztere iſt mir zweifellos. Dr. Adler mußte wissen, daß durch solche agitatorische Artikel dem Volfe ein Zündstoff geliefert werde, daß es zu einer gewaltsamen Eruption fommen muß, die einen verheerenden Brand erzeugt. Nun, Dr. Adler hat sogar Ansichtspunkte gegeben, daß er mit diesem Faktor rechnete. Denn er läßt folgendes durch­leuchten: Wenn wir die Gewalt hätten, dann weiß ich nicht, was da geschehen würde." Allein er vergißt, daß es nicht nur eine sozialdemokratische Partei, sondern daß es auch andere Faktoren giebt, welche nicht geneigt sind, ihren Besiz ohne wei­teres herzugeben. Dr. Adler muß wissen, daß hier Gewaltakte eintreten müssen.

Der Staatsanwalt zitirt noch eine andere Stelle aus der Gleichheit" und kommt zu dem Reſultate, daß dieses Blatt mit solchen Worten dasjenige Feld betreten, von dem es be­hauptet, daß es dasselbe sorgfältig meidet. Artikel, die geeignet sind, die Leser zu erregen, sind nichts anderes als ein Agita­tionsmittel zu gewaltsamem Umsturze der bestehenden Ord­nung. Es handelt sich hier um Delikte gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung. In dem Momente, wo die ersten Steine fliegen, der erste Tramwaywagen umgestürzt wird, die Fenster der Häuser eingeschlagen werden und, wir in Steyr   und Kladno  , der Besiß und die Sicherheit gefährdet find, da hört sich, wie der Wiener sagt, das Gemüthliche auf, da giebt es feine akademische Auseinandersetzung, sondern der Staat hat die Verpflichtung, allen jenen Elementen entgegenzutreten, die mitwirken, daß dergleichen Dinge geschehen können.

Der Staatsanwalt erörtert hierauf die Erzesse von Steyr und Kladno   und sagt: Den Zusammenhang der Artikel der Gleichheit" mit diesen Vorgängen habe ich hier nicht zu be­weisen, da, wenn die Mitschuld als erweisbar dargestellt würde, die dortigen Behörden amtlich einzugreifen haben. Es giebt aber eine andere Art von Mitschuld, nämlich eine indirekte Mitschuld. Es ist nicht nothwendig, daß man direkt aufreizt. Wenn man aber, wie z. B. in Steyr  , eine Fabrik als Schinder­bude" bezeichnet und Zustände in der Weise schildert, in der es hier geschehen, so ist dies ein Anlaß zu Krawallen. Auch ich habe es nicht nothwendig, in das Meritorische näher einzugehen, denn die Artikel liegen dem hohen Gerichtshofe zur Beurthei­lung vor.

Der Staatsanwalt bittet schließlich, Dr. Adler als den ge­ständigen Verfasser der Artikel im Sinne der Anklage zu ver­urtheilen und hieran zugleich einen Rautionsverlust zu knüpfen. Was den zweiten Angeklagten Bretschneider betrifft, so werde der Gerichtshof entscheiden, ob es sich hier um ein Ver­gehen oder, weil er behauptet, die Artikel nicht gelesen zu haben, um eine Uebertretung der pflichtmäßigen Obsorge handelt.

Der Vertheidiger Dr. Eppinger sagt: Ich kann in dem heutigen Prozesse nur einen unerhörten und durch nichts ge­rechtfertigten Versuch erblicken, ein wichtiges Recht des Staats­bürgers zu konfisziren und die gesetzliche Grundlage der Justiz­pflege anzugreifen. Nicht von dem Standpunkte einer Partei, sondern von einer viel höheren Warte muß diese Anklage auf­gefaßt werden. Denn das verfassungsmäßig gewährleistete Recht, wonach Niemand seinem ordentlichen Richter entzogen

Seinen Namen hat die Geschichte nicht aufgezeichnet. Gegen­wärtig faut er Tabak.

An das schwere Eichenschiff ist das Boot angehängt; darin sizen sechs Ruderknechte, welche im Takt rudern; mit Einem Schlag springen Alle von ihren Sißen auf, laufen ein, zwei Schritte ein podiumartiges Gerüst hinan, ergreifen die Ruderstange, drücken das Ruder hinab und werfen sich dann rücklings auf ihre Sige zurück; nebst dem Schiffszug bringt auch dies das Schiff vorwärts, wo der Gegendruck des Wassers ein stärkerer ist.

nach.

Ein an das Boot angehängter Kahn schwimmt hinten

In der Thür der Doppel- Kabine steht ein Mann, der das Aussehen eines Fünfzigers hat. Er raucht aus einem Tschibuk türkischen Tabak. Seine Büge sind orientalisch, haben jedoch mehr einen türkischen als griechischen Typus; fein Anzug mit dem verbrämten Kaftan und dem rothen runden Käppchen läßt eher auf einen Griechen oder Serben schließen. Einem aufmerksamen Beobachter wird es nicht entgehen, daß der rafirte Theil seines Gesichtes im Gegensat zu dem anderen eine viel hellere Farbe zeigt, wie dies bei solchen der Fall ist, welche sich erst vor Kurzem ihren dichten Bart haben abnehmen lassen.

Dieser Herr ist Euthym Trikaliß, unter welchem Namen er in das Schiffsbuch eingetragen ist. Er ist der Eigenthümer der Schiffsladung; das Schiff selbst gehört dem Komorner Kaufmann Athanas Brazovics.

Aus dem einen der Kabinenfenster guckt das Gesicht eines jungen Mädchens heraus und wird dadurch zur Nach­barin der heiligen Barbara. Man könnte glauben, ein zweites Heiligenbild vor sich zu sehen.

Dies Gesicht ist nicht blaß, aber weiß; es ist die dem Marmor, dem Krystall von Natur innewohnende Weiße; wie der Abyssinierin die schwarze, der Malayin die gelbe Farbe, ist die weiße dem Mädchen angeboren. Keine fremde Farbenbeimischung stört dies Weiß. Auf diesem Antlig ruft weder der Hauch des Windes noch der Blick des Mannes eine Röthe hervor.

Allerdings ist sie erst ein Kind, kaum älter als dreizehn Jahre; aber ihre Gestalt ist hoch und schlank, ihr Antlig

werden darf, soll hier durch ein Verfahren vor dem Ausnahms­gericht vernichtet werden.

Der Staatsanwalt habe in seinen Berichten an den Justiz­minister von der Gleichheit gesagt, daß fie fein anarchistisches Blatt sei, und heute unterschiebe er ihr gleichwohl eine an= archistische Tendenz. Entweder habe er damals nicht die Wahr­heit gesagt oder heute nicht. Selbstverständlich meine er dies nnr in objektiver Hinsicht, denn daß der Staatsanwalt subjek­tiv, möge er sich noch so oft widersprechen, nur die Absicht habe, die Wahrheit zu sagen, daran zweifle er nicht.

Der Staatsanwalt habe auf die Zukunft hingewiesen, welche Gewaltmaßregeln bringen fönnte. Allein was in einer fernen Zukunft geschehen könnte, sei nicht unsere Sache. Jeder Angeklagte habe das Recht, nach dem beurtheilt zu werden, was er wirklich ausgesprochen, was er wirklich erstrebt hat.

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Der Vertheidiger weist jeden Zusammenhang der Artikel der Gleichheit" mit den Erzeffen in Kladno   und Steyr   zurück und sagt: Wenn ich heute Staatsanwalt wäre, und wenn mir gegenüber nur ein Vertheidiger und nicht die geschäßte Person des Vertreters der Anklage stünde, so würde ich vielleicht er­klären, daß die erwähnten Artikel und die vorgefallenen Erzeffe in feinem ursächlichen, sondern nur in einem zeitlichen Zu­sammenhange standen, daß nicht die geringste Beeinflussung jener Vorgänge stattgefunden und daß nur Tratsch und Ver dächtigung diese Auffassung hervorgerufen haben.( Worte der Staatsanwaltschaft in einer Verhandlung über den Tramway­Streif.) Da ich aber nur der Vertheidiger bin, begnüge ich mich, zu sagen, daß nicht die geringste Spur irgend eines Be weises für den Einfluß der Artikel auf diese Unruhen vorliegt.

In der Kalkulation des Staatsanwalts, mit welcher er zwar die Angeklagten nicht als Anarchisten, aber ihre Darlegungen, mit welchen sie die sozialen Schäden beleuchteten, als Unter­stüßung anarchistischer Tendenzen bezeichnete, liege offenbar ein Trugschluß. Nach dieser These wäre nicht der Dieb strafbar, sondern derjenige, der die Anzeige macht, daß gestohlen würde, und der Arzt, der die Krankheit klarlegt, wäre der Krankheits­erreger. Es sei nicht möglich, daß der Gerichtshof, daß irgend ein Gericht eine solche Verwechslung akzeptire.

Es fönne nun allerdings sein, daß ein Gerichtshof zu einer irrigen Feststellung thatsächlicher Umstände gelangt. Wenn aber dieser Irrthum darin besteht, daß sozialistische Bestrebungen als anarchistische festgestellt werden, dann dürfe man nicht vergessen, daß Hunderte und Tausende genau wissen, was Sozialismus und was Anarchismus ist. Durch cine solche Feststellung würde die Autorität derjenigen, welche der Wahrheit ins Gesicht schlagen, für jezt und für alle künftigen Zeiten leiden.

Der Redner hebt hervor, daß die Regierung bei der zweiten Lesung der Ausnahmsverordnung feierlich erklärte, sie werde dieselbe nur gegen anarchistische Umtriebe anwenden. Diese Anflage sei also den Intentionen der Regierung selbst entgegen, denn wenn er annehmen würde, daß die Regierung dabei die Meinung gehabt hätte, daß sie gleichwohl nicht blos anarchistische, sondern auch fozialistische Tendenzen vor dem Ausnahmsgerichte verfolgen wolle, so müßte er zu einem Resultate kommen, zu dem er nicht kommen dürfe, nämlich der Regierung der Irre­führung des Parlaments und der Doppelzüngigkeit zu be­schuldigen.

Nach einer Erörterung des Unterschiedes zwischen Sozialis­mus und Anarchismus sagt Dr. Eppinger: Ein weiterer fräftiger Beweis, daß die Sozialdemokraten keinen Umsturz der Staats­und Gesellschaftsordnung anstreben, sei die außerordentliche Parteinahme der Sozialdemokraten für die Schule. Der Protest, den sie in einer Volksversammlung gegen das Attentat auf die Schule erhoben, ist schärfer als der aller anderen Parteien. In dieserHaltung gegenüber derSchule liege aber auch ein Berührungs­mittel mit den anderen Parteien der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung, weil sie das Bildungsniveau nicht herab drücken wollen.

Jeder Versuch zum gewaltsamen Umsturze der Gesellschaft bringt nach unserer Ueberzeugung den Sozialdemokraten Schaden, der bestehenden Gesellschaft aber neue Kräftigung. Der Ver theidiger schließt mit den Worten: Wenn man dahin kommen würde, hier in Desterreich die Sozialdemokratie für Anarchismus zu erklären und speziell für Desterreich und Wien   solchergestalt einen eigenen Begriff für Anarchismus zu fonstruiren, dann muß ich sagen, daß man hier auch etwas anderes unter Recht und Gesez verstehen wird, als was in der ganzen Welt nach den Forderungen der Vernunft darunter verstanden wird. Ich erkläre, daß ich über die Kompetenzfrage nicht heraustreten werde. Ich halte es für pflichtwidrig, vor einem Gerichtshofe, deffen Kompetenz unzweifelhaft nicht gegeben ist, in merito zu plädiren. Ich will nicht der Erste sein, der zur Schaffung eines Präjudiz mithilft, daß anständige Leute ihrem ordent­fichen Richter entzogen werden. Denn es giebt Fälle, wo etwas höher steht, als das Interesse des Klienten. Ich werde mich in das Meritorische nicht einlassen, auch wenn mein Klient zehnmal härter bestraft wird ich bin überzeugt, daß mein Klient es mir verzeihen wird. Die schuldige Achtung vor diesem Gerichtshofe kann sich nicht besser fundgeben, als, indem ich den Gerichtshof bitte, das Ansehen der Justiz dadurch zu

ernst, wie aus Marmor gehauen, mit streng antiken Linien, als hätte ihre Mutter sich einst an der Statue der Venus von Milo   verschaut.

Ihr dichtes, schwarzes Haar besitzt einen Metallglanz, wie das Gefieder des schwarzen Schwans. Ihre Augen aber sind dunkelblau. Die langen, zart gezeichneten Augenbrauen stoßen auf der Stirne beinahe zusammen, was ihrem Gesicht einen eigenthümlichen 3auber verleiht. Es ist, als bildeten diese zusammenlaufenden zarten Brauen eine schwarze Aureole auf der Stirn eines Heiligenbildes.

Das Mädchen heißt Timea.

Dies sind die Passagiere der heiligen Barbara".

Wenn der Schiffskommissär das Horn aus der Hand gelegt und mit dem Senkblei untersucht hat, in wie viel Fuß Wassertiefe das Schiff fährt, nimmt er sich Beit, gegen das Eisengitter des Heiligenbildes gewendet, mit dem Mädchen zu plaudern.

Timea versteht nur Neugriechisch, was auch der Kom­missär geläufig spricht.

Er erklärt dem Mädchen die Schönheiten der Land­schaft, ihre düsteren, grausigen Schönheiten. Das weiße Antlig, die dunkelblauen Augen bleiben unbeweglich, doch lauscht das Mädchen mit gespannter Aufmerksamkeit seiner Rede.

Den Kommissär will es dennoch bedünken, als richteten diese Augen ihre Aufmerksamkeit nicht so sehr auf ihn, als auf jene Levkojen, welche zu den Füßen der heiligen Barbara duften. Er bricht eine davon ab und reicht sie dem Kinde, damit es aus der Nähe höre, was sich die Blumen erzählen.

Der Steuermann sieht das, dort von der Steuerbank, und es mißfällt ihm. Sie thäten besser" brummte er mit einer Stimme, die wie das Raspeln einer Feile klingt ,, statt die Blumen vor der Heiligen abzureißen und jenem Kinde dort zu schenken, ein geweihtes Weidenfäßchen an der Lampe anzuzünden; denn wenn der Herr Jesus   uns an seinen Steingößen treibt, wird auch der Herr Christus uns nicht mehr retten. Hilf Jesus  !"

Diesen Segenswunsch würde Johann Fabula, auch wenn er allein gewesen wäre, vor sich hin gesprochen haben; da