Beilage zum Berliner Voltsblatt.
Nr. 152.
Ein wirkliches Hausmittel.
In den weitesten Kreisen hat sich heute die Ueberzeugung Bahn gebrochen, daß es zur Erhaltung der Gesundheit nicht so sehr darauf ankomme, Krankheiten zu heilen, als vielmehr dem Entstehen von Krankheiten vorzubeugen.
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In der Prophylare vermag meist jeder verständige Laie durch die einfachsten Mittel mehr zu leisten, als nach dem Ausbruch einer Krankheit Arzt und Apotheker zusammengenommen. Unter den vorbeugenden Maßregeln spielen vernünftige Hausmittel eine außerordentlich wichtige Rolle; dies ist schon so die wichsehr. anerkannt, das Karbolwasser und Wundwatte tigsten Hausmittel in vielen Familien den Rang einnehmen, den früher die alten Hausmittel einnahmen, deren Rezepte sich von Generation zu Generation forterbten und deren Namen glücklicherweise von der gegenwärtigen Generation schon vollfommen vergessen sind.
Ueber Karbolsäure und Wundwatte noch ein Wort zu verlieren, hieße Eulen nach Athen tragen, die Wirkungsweise und Anwendung derselben sind überall wohlbekannt. Wir wollen jedoch heute von einem anderen einfachen und wirksamen Mittel sprechen, das wegen seiner vielseitigen Anwendbarkeit in feiner Familie fehlen sollte. Es ist ein wirklicher kleiner Schußgeist, der über der Gesundheit der Familie wacht, wenn es zwedentsprechend verwandt wird.
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Ehe wir jedoch dieses bewährte Hausmittel das übermangansaure Kali näher besprechen, wollen wir einen Augenblick auf die Ursachen eingehen, welche in den allermeisten Fällen Krankheiten, und zwar gerade die allerschwersten, hervor bringen.
Es ist heute ziemlich allgemein bekannt, daß die gefährlichsten Feinde der Gesundheit jene mikroskopisch kleinen Pilze find, die je nach ihrer Gestalt oder ihren Lebensäußerungen Bazillen, Bakterien, Koffen u. s. w. genannt werden. Diese erwähnten Mikroorganismen bauen ihr eigenes Leben aus den Stoffen desjenigen Organismus auf, in oder an dem sie die Bedingungen für ihr Gedeihen finden.
Zu Tausenden, zu Millionen finden sich in der Luft, im Waffer, im irdischen Staube, auf allen Gegenständen des täglichen Gebrauchs auf Möbeln, Kleidern, Teppichen u. s. m.
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jene unheimlichen Gäste, oder vielmehr ihre Sporen wie man diejenigen Gebilde nennt, welche ihre Fortpflanzung einleiten, die den größeren oder geringeren Zerfall des Organismus herbeiführen, wenn sie in denselben erst einmal zur Bucherung gelangen.
Typhus, Cholera, Lungenschwindsucht, Diphteritis, Milzbrand, Rinderpest u. f. w. sind die Namen jener schrecklichen Seuchen, die von den mörderischen kleinen Pilzen erzeugt, Thierand Menschenleben dahinraffen.
Aber auch jeder Verwesungsvorgang nicht mehr lebender organischer Thiere, wie des Fleisches geschlachteter Thiere, der Milch, der Eier, der Speiserefte u. s. w., wird durch Bakterien hervorgerufen. Haben dieselben erst einmal in einem Organismus Fuß gefaßt, so ist es schwer und häufig ganz unmöglich, sie aus demselben wieder zu vertreiben. Wollen wir daher das organische Gebilde frisch und gesund erhalten, so muß unser Augenmerk hauptsächlich darauf gerichtet sein, ein mal außerhalb der organischen Gebilde die Erscheinung und Fortpflanzung der erwähnten Parasiten nach Möglichkeit einzuschränken und zu verhindern, und zweitens, wenn dieselben in unseren Organismus eingedrungen find, ihre Weiterentwickelung zu verhindern.
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so
Auf dieses Vorgehen ist ganz besonderes Gewicht zu legen, denn durch dasselbe hat die heutige medizinische Wissenschaft ihre schönsteu Erfolge wie zum Beispiel die antiseptische Wundbehand ung, die Vermeidung des des mörderischen Kindbettfiebers u. s. m. zu verzeichnen. Auch die Industrie und Technik haben davon Profit gezogen, man darf nur daran denken, mit welcher Leichtigkeit heut frisches Fleisch viele Hunderte von Meilen versandt wird, Unternehmen, das vor 15 Jahren noch abfo ut unausführbar
gewesen ist.
ein
Wir können nicht auf all die zahlreichen Mittel eingehen, bie dem gleichen Zwecke dienen, sondern beschränken uns heute enf ein einziges, das übermangansaure Kali.
Das übermanganfaure Kali, das für ein paar Pfennige in jeder Apotheke und jeder Droguerie erhaltlich ist, stellt ein aus fleinen, violett- metallisch schimmernden Krystallen bestehendes Pulver dar, das sich in Wasser leicht löst und zwar je nach der Menge mit hellrosa- rother bis dunkel- violetter Farbe. Diese Lösung kommt bei der Benuzung ausschließlich zur Anwendung.
Die Wirkung des übermanganfauren Ralis beruht auf einer eigenthümlichen Eigenschaft desselben, die in seiner chemischen Zuſammenſegung ihren Grund hat.
Das übermanganfaure Kali giebt nämlich in Berührung mit organischen Körpern, z. B. mit der menschlichen Haut oder Schleimhaut, mit organischem Staub, mit Pflanzen und-last not least in Berührung mit den erwähnten parasitären Organismen, einen Theil des ihm chemisch gebundenen Sauerstoffes ab; und zwar wird dieser Sauerstoff in einer Form frei, die man wegen ihres Geruches Ozon" nennt. Dieses Ozon hat nun die ausgezeichnete Eigenschaft, sich mit einer großen Zahl von anderen chemischen Stoffen leicht zu verbinden. Bei organischen Verbindungen geschieht dies meist dadurch, daß das Ozon zu dem Wasserstoff derselben( fast alle organischen Körper enthalten Wasserstoff als Bestandtheil) hinzutritt und sich mit demselben zu Wasser verbindet, wobei natürlich der organische Körper mehr oder weniger zerstört wird.( So beruht, beiläufig bemerkt, die bleibende Wirkung des Ozons darauf, daß dasselbe den gefärbten organischen Stoffen, deren Farbstoff ebenfalls immer Wasserstoff enthält, einen Theil dieses Wasserstoffes entzieht, den Farbstoff also zerstört.)
Auf dieser zerstörenden Wirkung des Dzons beruht die Anwendung des übermanganſauren Kalis als Hausmittel, denn gerade eine große Zahl der Bakterien u. s. w. sind außerordentlich empfindlich gegen die Einwirkung von Ozon und werden durch dasselbe getödtet.
Vor allem erweist sich das übermanganfaure Kali als ein arger Feind der Fäulnisbakterien, also der Parafiten, die das Verderben und Ungenießbarwerden von Fleisch, Butter, Käse u. bgl. hervorrufen.
Jede Hausfrau weiß es, wie unangenehm es ist, wenn ein Stüd Fleisch, das am Tag vorher noch ganz frisch gewesen, den nächsten Morgen schon einen mephistischen Duft verbreitet und vollkommen ungenießbar ist; und doch vermag in vielen Fällen eine kleine Dosis von übermanganſaurem Kali_das Fleisch wieder genießbar zu machen. In einem solchen Falle In einem solchen Falle serfährt man einfach folgendermaßen:
Man stellt sich eine dunkelrothe Lösung von übermanganJaurem Kali in Wasser dar, indem man etwa 1-2 Messerpißen der genannten Substanz in einem Liter Waffer auflöſt; in diefe Lösung bringe man das Fleisch, d. h. wenn es nur art an der Oberfläche verdorben ist, hinein und wasche es so
Mittwoch, den 3. Juli 1889.
lange gut aus, bis keine Spur eines üblen Geruches mehr zu merken ist; im Falle sich die Lösung während des Gebrauches etwa stark entfärbt haben sollte, füge man noch einige Körnchen übermangansaures Kali hinzu.
Nach dem Waschen nimmt das Fleisch allerdings einen eigenthümlichen Geruch an den Geruch des Ozons- derselbe verschwindit aber beim Braten, besonders wenn man etwas mehr Gewürze hinzufügt, vollständig, so daß kaum etwas zu merken ist.
In derselben Weise wie hier kann auch in anderen, weniger ästhetischen Fällen das übermangansaure Kali dazu dienen, die Fäulnisbakterien zu zerstören und den mit der Fäulniß immer verbundenen üblen Geruch zu vernichten.
Gewisse Geschirre und auch die Ausgußsteine haben immer die Neigung, üblen Geruch zu verbreiten; schwenkt man dieselben jedoch mit einer dunkelvioletten Lösung aus, so verschwindet der üble Geruch sofort und man hat die Beruhigung, mit diesem üblen Geruch auch die Fäulnißbakterien und auch andere gefährlichere Feinde des menschlichen Organismus vers nichtet zu haben.
Wegen dieser beiden Eigenschaften allein schon verdiente das übermanganfaure Kali, Hausrecht in jeder Familte zu ge nießen, aber es hat noch weitere vorzügliche Eigenschaften, die es vor allem bei Epidemien als ausgezeichnetes Hausmittel erscheinen lassen.
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etwa
Es ist bekannt, daß die Cholera- und Typhusbazillen hauptsächlich durch das Trinkwasser dem Organismus zugeführt werden. Weun es nun auch freilich am gerathensten ist, in der Zeit solcher Epidemieen nur gekochtes Wasser in der Form von schwachem Thee zu genießen, so läßt sich doch auch frisches Trinkwasser von einem großen Theil der gefährlichsten Feinde befreien, wenn man demselben einige wenige fleine Körnchen übermangansaures Kali zufügt, so daß das Wasser gerade noch gefärbt erscheint. Es bekommt dadurch allerdings einen kleinen Beigeschmack, den man aber gern in den Kauf nimmt, wenn man dadurch die Garantie erhält, ein völlig unschädliches Wasser zu genießen, während man sich andernfalls durch daffelbe den Tod trinken fönnte.
Ob in einem Wasser überhaupt organische Stoffe, gleichgiltig welcher Art, enthalten sind, läßt sich übrigens mit Hilfe bes übermanganfauren Kali's leicht nachweisen, denn je nach der Menge der vorhandenen organischen Bestandtheile wird eine dunklere oder hellere Lösung des genannten Stoffes völlig entfärbt.
Die ausgezeichneten Wirkungen des übermanganſauren Kalis sind übrigens durch die bereits aufgezählten Anwendungsarten noch gar nicht erschöpft. Wir müssen noch einer Verwendung Erwähnung thun. Eine dunkle, rosenrothe Auflösung ist nämlich das beste Mundwasser, was man sich denken fann. Dasselbe vertreibt nämlich sofort und auf das Wirksamste jeden üblen Geruch, der aus hohlen Zähnen stammt, es vertilgt den übelriechenden Athem, der die Folge von Käsegenuß oder Zigarrenrauch und dergleichen mehr ist. Aber, und dies ist die Hauptsache, es vernichtet auch die Cariespilze, welche die Ursache des Schadhaftwerdens der Zähne sind. Wer längere Zeit eine Auflösung von übermangansaurem Kali als Mundwasser benugt, kann sicher sein, niemals wieder von Zahnschmerzen gequält zu werden, besonders wenn er nach einer Mahlzeit sofort den Mund damit ausspült. Allerdings hat dieses Mundwasser die unangenehme Eigenschaft, die Zähne allmälig braun zu färben; wendet man jedoch nach dem Ausspülen des Mundes noch die Zahnbürste unter Zuhilfenahme eines Zahnpulvers an, so fällt auch dieser Uebelstand vollständig meg.
6. Jahrg.
ein junges Mädchen, dem ein seltenes Unglück zugestoßen war. In das Mitleid, das Aerzte für ihre Patienten haben, mischte sich in diesem Fall ein etwas spöttisches Lachen. Das Mädchen hatte nämlich ein gewiß verzeihliches Verbrechen- das Bedürfniß zum Gähnen verspürt und diesem Naturverlangen in so kräftiger Weise Ausdruck gegeben, daß sie sich dabei den Unterfiefer verrenkte. Sie hatte nicht erst nöthig, zu erzählen, was ihr zugestoßen, man erkannte das kleine Unglück an dem Offenstehen des Mundes, den das junge Mädchen beim besten Willen nicht schließen konnte. Bei der Seltenheit des Falles
es pflegen zwar viele Menschen recht ausgiebig zu gähnen, aber glücklicher Weise selten mit so fatalem Erfolg- wurde das Mädchen in den klinischen Hörsaal geführt, wo gerade Dr. Bramann in Abwesenheit des Geheimraths v. Bergmann die Operationen vor dem studentischen Auditorium machte. Einer der Jünger des Aeskulap mußte sich daran versuchen, die Krankheit des jungen Mädchens zu diagnoftiziren, was ihm auch nicht schwer werden sollte. Um das Unglück wieder gut zu machen, faßte Dr. Bramann mit einem vorgeschriebeuen Griff den Unterkiefer, es gab einen Ruck, einen Schrei und unter allgemeiner Heiterkeit verließ die Wiedergenesene den Hörsaal. Hier ereignete es sich auch vor einiger Zeit, daß sich jemand das gleiche kleine Unglück zuzog, als er der an ihn gerichteten Aufforderung, den Mund zu öffnen, in einer etwas zu energischen Weise nachkam. Joseph Kyrtl, der berühmte Wiener Anatom, erzählt in seinem Lehrbuch von einer Frau, die sich den Unterkiefer ausrenkte, weil sie eine etwas groß gerathene Birne durchaus im Ganzen in den Mund stecken wollte.
Eine drollige Rückgeschichte wird uns vom Montag aus dem Nordosten der Stadt berichtet. Der Vizewirth eines Hauses der Schönhauser Allee bemerkte am Montag früh gegen 5 Uhr, daß in dem im Souterrain belegenen Viktualienfeller eine unheimliche Geschäftigkeit herrschte. Das Rücken, Hin- und Herschleppen der Möbel verkündete dem Hausverwalter, daß feine zahlungsunfähigen Miether einen Rückversuch zu unternehmen beabsichtigten. Um dieselben dabei plößlich zu überraschen, stieg der Vizewirth die vom Hofe in die Kellerwohnung führende Treppe hinab, drückte leise auf das Schloß und trat nun als„ deus ex machina" unter die Rücker, welche bei seinem Anblick entsetzt aus der ziemlich leeren Kammer, welche den Bewohnern zur Schlafstube gedient, entflohen. Während noch der Vizewirth entsegt das Fehlen sämmtlicher werthvollen Mobilien betrachtete, schnappte es zweimal im Schloß, der Zugang nach dem Hofe und nach dem vorderen Gemache wurde deutlich verschlossen, so daß der Hausverwalter gefangen war. Dann luden in aller Seelenruhe die Rückenden Alles, was nicht niet- und nagelfest im Laden war, auf den inzwischen vorge fahrenen Möbelwagen, während welcher Zeit der Vizewirth vergeblich um Hilfe rief, bis nach über einer Viertelstunde unheimliche Stille eintrat. Es dauerte ziemlich lange, bis Miether erschienen, welche das Toben des Vizewirthes gehört und den Geprellten aus, seiner Gefangenschaft befreiten. Natürlich war der rückende Viktualienhändler schon längst über alle Berge.
Der dritte Mann". In dem Frühzuge der Görliger Bahn von Kottbus saßen neulich in einem Kupee zwei Herren, welche gern einen Skat geklopft hätten. Aber der dritte Mann fehlte. Sie kamen nun auf die ingeniöse Idee, ein Plakat an das Koupeefenster zu hängen: Dritter Mann gesucht. In Adlershof hatten sie bereits das ganze Kupee voll dritter Männer". Das ist die Folge der Statseuche!
Nach all' dem Gesagten darf man wohl anerkennen, daß das übermanganſaure Kali in der That ein wirkliches Haus- gesprochen wurde, ist dieser Tage von Neuem verhaftet und mittel ist; wer es erst einmal versucht hat, wird es sicherlich nie wieder in seinem Haushalt ausgehen lassen, sondern dasselbe in all' den Fällen zur Anwendung bringen, wo es fich darum handelt, leichtere Verwesungserscheinungen zum Schwinden zu bringen und durch diese einfache prophylaktische Maßregel folgenschweren, nachtheiligen Wirkungen vorzubeugen.
Lokales.
Der gestrige Quartalswechsel hatte nur einen schwachen Umzug aufzuweisen und der riesige Möbeltransportverkehr, welcher sonst den Schluß des Quartals fennzeichnet, fehlte diesmal gänzlich. In den Stadttheilen des Westens und dem Zentrum der Stadt fand fast gar kein Umzug statt und nur in den im Norden und Osten belegenen Arbeiterquartieren waren Wohnungsveränderungen zu bemerken. Dagegen haben die Hauspaschas zum großen Theil den 1. Juli nicht vorübergehen Hauspafchas zum großen Theil den 1. Juli nicht vorübergehen lassen, ohne erhebliche Miethssteigerungen vorzunehmen und zwar sind es die kleinen Wohnungen bis 600 M., welche im Preise wieder einmal wesentlich erhöht worden sind, während größere Wohnungen nur selten einen Preisaufschlag zu verzeichnen hatten.
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Wie viel verschiedene Billet- Arten werden auf den Stadtbahnhöfen mit Extern- Verkehr verkauft? Die Beantwortung dieser Frage war so schreibt eine hiesige Korrespondenz der Gegenstand einer Wette, welche vor einigen Tagen von mehreren Studirenden der Technischen Hochschule eingegangen worden war. Nach dem Vorschlage eines speziell dem Eisenbahnfach sich widmenden Studenten sollte derjenige gewonnen haben, welcher der richtigen Zahl um 1000 am nächsten fäme. Schon diese Bedingung rief in dem Kreise der Wettenden allgemeine Verwunderung hervor. Um tausend am nächsten? Um wie viel Arten fonnte es sich denn überhaupt handeln! Acht Tage Bedenkzeit war den Herren gelassen, um an der Hand der Fahrpläne sich einen ungefähren Ueberschlag zu machen, wie viele Billetsorten, d. h. Billets nach den Ortschaften des In- und Auslandes, es eigentlich geben mag. Nach dieser Zeit rückte jeder mit seiner wohl durchdachten Ta belle an. Die Herren waren bei ihrer Arbeit selbst nicht wenig überrascht, als sie wahrnahmen, wie die Zahlen schier ins Unendliche wuchsen, dennoch erregte es allgemeine Heiterkeit, als jemand 18 000 verschiedene Billetsorten für die Stadtbahnhöfe mit Externverkehr herausgerechnet hatte. Nur einer der Herren blieb ernst. Es war derjenige, welcher im Auftrage der Wettenden an maßgebendec Stelle nach der richtigen Zahl sich erkundigt hatte. In der That, meine Herren," begann er, darf die Zahl 18 000 Ihre Heiterkeit erregen, denn diese Zahl ist lächerlich flein !" Noch zu flein?" schallte es dem Wissenden entgegen. Freilich, meine Herren!" entgegnete dieser. Denn die Zahl der verschiedenen auf den Stationen Schlesischer Bahnhof , Alexanderplaß, Friedrichstraße und Char lottenburg zum Verkauf gelangenden Billetsorten beträgt- 27 000!"
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Bu tark gegähnt. In die kgl. chirurgische Poliklinik in der Ziegelstraße tam, wie man uns schreibt, vor einigen Tagen
Der Vitrioleur" Bivour, seines Zeichens Buchbinder, welcher vor etwa zwei Monaten wegen eines Oleumattentates, durch welches er das Kind einer Frau in der Dresdenerstraße beschädigte, angeklagt, mangelnden Beweises halber aber freiDer Staatsanwaltschaft beim Landgericht I vorgeführt worden, weil er im Verdachte steht, die von uns seinerzeit gemeldeten Attentate gegen zwei Damen, denen ein Unbekannter auf Bahnhof Friedrichstraße " hinterrücks die Kleider zerschnitt, verübt zu haben. Da sich derartige Attentate, bei denen bald eine äßende Flüssigkeit, bald ein scharfes Instrument zur Anwendung gelangte, in letter Zeit mehrten und alle Anzeichen auf ein und denselben Thäter hindeuteten, so lenkte sich der Verdacht wiederum auf Bivour, dessen Aufenthalt die Kriminalpolizei aber längere Zeit nicht zu ermitteln vermochte. Dieser Tage erst gelang es, ihn aufzufinden und zur Haft zu bringen. Von den beiden auf Bahn hof Friedrichstraße geschädigten Damen vermochte die eine den Bivour mit aller Bestimmtheit als denjenigen zu refognosziren, welcher sich, gleich nachdem sie einen Ruck auf dem Rücken verspürt hatte, in verdächtiger Weise aus ihrer Nähe stahl, während die andere sich die Züge des Patrons weniger genau eingeprägt hat, es immerhin aber als wahrscheinlich bezeichnet, daß Bivour der Thäter gewesen ist.
Zwei Mitglieder einer in England organisirten Verbrecherbande werden soeben von Mainz her signalisirt. Man vermuthei, daß dieselben, nachdem sie in Frankreich , und zwar in Dieppe , einen Einbruch verübt und sich in den Besitz einer folossalen Summe, bestehend aus Werthpapieren der verschiedensten Länder, gebracht, ihren Weg nach Deutschland ge= nommen haben, um dort die größeren Städte, vielleicht auch Berlin , durch ihren Besuch zu beglücken. Der Verdacht richtet sich vorzugsweise gegen ein Individuum, das wie folgt be= schrieben wird: ungefähr 25 Jahre alt, 1,58 Meter groß, braune Haare, Kleiner brauner Schnurrbart, bleicher Teint, frankhaftes Aussehen, vornübergebeugt, hustet häufig, sehr magere Hände, bekleidet mit schwarzem punktirten Anzug, weichem schwarzen Hut, Lackstiefeln, spricht Französisch ohne Accent; in seiner Begleitung befindet sich ein anderes Individuum von großer Gestalt, starter Korpulenz, gebräuntem Teint und vortheilhafter Erscheinung. Beide führen 2 graue Reisetaschen bei sich, die eine sehr schwer, anscheinend das Diebeswerkzeug enthaltend, die andere leicht. Die entwendeten Werthe sind besonders die folgenden: 1400 Pfund 3 pCt. Portugieser; 17 Zentralgasaktien; 4000 Gulden Desterreichische Goldrente 4 pCt., in Stücken von 1000 Gulden; ferner Lombarden- Obligationen, Russische Obligationen, ein Viertel der Pariser Stadtschuld 1886; zwei Algerische Bons; fünf Obligationen Saragossa - Mittelmeer . Es ist nun wohl möglich, daß die Diebe diese Werthe bei deutschen Bankiers in baares Geld umzusetzen versuchen werden. Das eingangs erwähnte Amt ersucht um Nachfrage nach den bezeichneten Papieren, sowie um Herbeiführung der Festnahme jedes verdächtigen Inhabers derselben.
Eine ganze Familie wahnsinnig geworden. Vor Kurzem ging durch die Blätter die Notiz, im Asyl für Obdachlose habe eine Familie genächtigt, von welcher es sich herausgestellt, daß deren sämmtliche Mitglieder wahnsinnig gewesen wären. Ein ähnlicher schrecklicher Fall ist am Sonntag festge stellt worden. In der fünften Nachmittagsstunde wurde der am Mariannenplay stationirte Schußmann auf einen Menschen aufmerksam gemacht, welcher sich in den Anlagen umhertrieb. Das ganze Gebahren des etwa fünfzigjährigen, ein wenig reduzirt aussehenden Mannes war das eines Trunkenen, und so wollte ihn der Polizeibeamte zur nächsten Wache sistiren. Aber wie er mit ihm eine Strecke Weges gegangen