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' wärter Dietrich und Bielke sich zankten. Dietrich habe dabei seinem Gegner in Gegenwart vieler Zeugen vorgeworfen, daß er sich die Prämie von drei Mark, ivelche die Direktion dem Anzeiger jebeä Schienenbruches zahlt, in höchst verwerflicher Weise zu ver- schaffen wisse, indem er mittelst eines großen Hammers der- artige Brüche selbst herbeiführen und sie dann als„gefunden zur Anzeige bringe. Die Direktion trat diesem wichtigen Gegen- stände näher. Es wurde festgestellt, daß Bielke innerhalb verhällnißmäßig kurzer Zeit eine ziemlich große Anzahl Schienenbrüche entdeckt hatte und wegen seiner Aufmerksam- keit in der üblichen Weise belohnt worden war. Auch Dietrich wurde vernommen und dieser behauptete sogar, er habe in einer bestimmten Nacht gesehen, wie Bielke mit einem großen Hain- mer in der Nähe des Bahnhofes Alexanderplatz gegen die Schienen geschlagen. Am Morgen des folgenden Tages hatte Bielke allerdings einen an jener Stelle entdeckten Schienen- bruch angemeldet und die Prämie dafür eingeheimst. Bielke gab als möglich zu, daß er mit einem Hammer hanlirt habe, aber wahrscheinlich nur, um die geborstene Schiene mit- telst eines Keils in vorgeschriebener und rationeller Weise zu dichten. Es wurde ferner festgestellt, daß der Angeklagte in jener Nacht gar keinen Dienst gehabt hatte und gar nicht auf der Strecke gewesen kein konnte und als schließlich der Bahnmeister sein Gutachten dahin abgab, daß es schwer sei einen Schienenbruch mittelst Schläge mit einem Hammer hervorzubringen, gelangte man zu der Ueberzcugung, daß Bielke nur eine Verleumdung ausgestoßen haben. Er wurde zur Anzeige gebracht und wie oben erwähnt verurtheilt. ' Die Beweisaufnahme in der zweiten Instanz ergab dasselbe Re- ' sultat wie in der ersten, es mußte allerdings unter denArbeitenr der Stadtbahn das Gerücht im Umlauf fein, daß man Schienen- brüche auf die erwähnte Art herstellen könne, aber daß dies wirklich von irgend Jemandem versucht worden sei, dafür sprach nichts. Der Gerichtshof setzte mit Rücksicht darauf, daß der Angeklagte die beanstandete Behauptung nicht geradezu aus den Fingern gesogen, die Strafe auf 50 M. herab. Nor dem Senat in Krrmen stand ein Unfall zur Ver- Handlung, der am 28. September 1888 den Dampfer„Graf Bismarck" auf der Reife von Antwerpen nach Buenos Ayres betraf, indem an diesem Tage der Kohlenzieher Wilh. Busch über Bord sprang und ertrank. Die Untersuchung wurde seitens des Reichskanzlers angeordnet, da es im öffentlichen Interesse liegt, die Ursache der m der letzten Zeit häufig vorgekommenen Selbstmordfälle bei dem Kohlenzieherpersonal festzustellen. Es haben vielfache Vorvernehmungen stattgefunden, auch sind Er- Mittelungen über die Persönlichkeit des Verstorbenen angestellt worden. Zur mündlichen Vernehmung sind heute 12 Zeugen geladen. Der erstvernommene 2. Maschinist Neumann sagt aus: Zu meiner Wache gehörten zwei Heizer und ein Kohlenzieher, letzterer war Busch. Er war ein großer starker Mann, der wohl die Arbeit als Kohlenzieher verrichten konnte. Diese bestand darin, während der 4stündigen Wache das Brennmaterial für 6 Feuer herbeizuschaffen, es mögen im Durchschnitt 80 Körbe voll sein. Auf der Hinreise fielen die Kohlen aus den Bunkern direkt vor das Schott, so daß sie blas eingeschaufelt und etwa 5— 6 Schritt weit getragen zu werden brauchten. Der 4stündigen Wache folgte eine 8stundige Ruhepause, die allerdings dadurch um etwa% Stunde verkürzt wird, daß die Kohlenzieher erst am Schlüsse der Wache noch Asche hieven müssen. Nach dem Unglücksfalle find in jeder Wache 2 Kohlenzieher, wie es auf den anderen Dampfern, die stärkere Maschinen haben, schon immer der Fall ist, eingestellt. Wurde bei unserer Einrichtung der Kohlenzieher krank, so mußten die von den anderen Wachen 6 Stunden Dienst thun, oder es wurde ein Mann vom Deck dazu genommen. Der Kesselraum des Dampfers hat 4 Ventilatoren, die gut funktioniren. In den Tagen vor dem Unfall, wie an dem Un- falls tage selbst war es ziemlich heiß, im Maschiuenraum hatten wir 40—42 C. Busch hatte sich an den vorhergehenden Tagen i&cm einmal von der Arbeit gedrückt und auf Deck versteckt. Er kam dann später zweimal und meldete sich krank, worauf ich ihn zum Arzte schickte, der ihn aber für gesund erklärte. Ich habe ,hm wohl Vorhaltungen über sein lässiges Betragen gemacht, glaube aber nicht(Das glaubt so ein Kerl blas! Red.), daß ich ihn geschlagen oder mich zu anderen Thätlichkeiten gegen ihn habe hinreißen lassen. Ich habe ihm bei seiner Arbeit ge- Holsen, er blieb dann noch unten, erst später ging er hinauf und sprang gleich über Bord. Die Maschine wurde sofort auf „volle Kraft rückwärts" gestellt. In der ersten Zeit war Busch ein fleißiger Arbeiter. Der Spruch des Secamtes lautet: Der Selbstmord des Kohlenziehers W. Busch, welcher am 28. September 1888 vom Dampfer„Graf Bismarck" auf der Reise von Bremerhaven nach Brasilien über Bord sprang und ertrank, ist daraus zurückzu- führen, daß Busch bei der zu jener Zeit im Kesselraum herrschenden starken Hitze die Arbeit nicht aushalten zu können glaubte und sich daher entschloß, sich das Leben zu nehmen, nachdem er sich schon mehrere Tage hindurch mit diesem Ge- danken getragen hatte. Es geht aus den Verhandlungen hervor, daß der Dienst des Busch ein außergewöhnlich schwerer nicht gewesen ist, und daß er auch eine schlechte Behandlung seitens seiner Vorgesetzten nicht erfahren hat. Festgestellt ist, baß er vom zweiten Maschinisten Neumann, welcher ihn den Umständen nach für arbeitsunlustig halten mußte, am Tage des Selbst- mordes wegen lässigen Arbeitens energisch zur Rede gestellt und zur Arbeit angewiesen worden ist. Eine Mißhandlung des Busch seitens des zweiten Maschinisten hat nicht stattgefunden, vuch ist festgestellt, daß die angebliche Aufforderung des letzteren, den Busch mit der Schaufel auf den Kopf zu schlagen, nicht erfolgt ist. In Bezug auf die Beschaffenheit und insbesondere der Ventilation des Heizraumes auf dem Dampfer sind kemmei Ausstellungen zu machen. Zur Rettung des Venin- gluckten sind alle den Umständen nach möglichen Maßregeln getroffen ivorden. Den Kommentar hierzu finden unsere Leser an anderer stelle.
SnziAle Ueverstchk. A« alle deutschen Arbeiter! Finsterwalde , den 8. Juli. Wir machen sämmtliche Kollegen hierdurch aufmerk- sam, daß mit dem heutigen Tage der Streik der Arbeiter in der Reichelt'schen Metallschraubenfabrik begonnen hat. Wir bitten sämmtliche Arbeiter aller Branchen, den Zuzug nach hier auf jeden Fall fern zu halten. Wir bauen aus das Solidari- tätsgefühl aller deutschen Arbeiter; wir haben unsere Pflicht stets gethan und werden auch in Zukunft voll und ganz unsere Schuldigkeit thun. Die Zahl der Streikenden beträgt 120 Mann, von denen ungefähr 100 verheirathet und Familienväter sind. Geldsendungen sind zu richten an unfern Kassirer Reinhold Ewald, Berlinerstr. 29. Mit kollegialischem Gruß: Die Ar- berter der Reichelt'schen Metallschraubenfabrik. ruf-' erfurftf�6"11��6 werden um Abdruck dieses Auf-
Versammlungen.- Di- D-rlammlung des sozialdemokratischen Mahl- verein» de»»weiten berliner Reichstags, nahlkreise». welche, wie inzwischen bereits andenveit bekannt geworden ist, dem Schicksale der polizeilichen Auflösung verfiel, fand am 2, d. M. im Saale der Habel'schen Brauerei statt. Der Saal
war überfüllt, als um 9% Uhr der Vorsitzende Emst Wilschke die Versammlung eröffnete. Zum ersten Gegenstand der Tagesordnung: Vortrag über das Thema:«Die Partei-Ver- Hältnisse in Deutschland und die nächsten Wahlen" nahm Max Schippe! als Referent das Wort. Derselbe begann mit einer Darstellung der Parteiverhältnisse vor dem Beginne der Ver- fassung. Damals war die alte konservative Partei eine auf Besitz und Macht gegründete Partei, die sich stützte auf die Monarchie, den Adel und die Geistlichkeit und so die Feudal- Herrschaft gründete, wobei der Belitz von Grund und Boden als besonders wichtig angesehen wurde. So entstand der Groß- grundbcsitz als selbstständige Partei. Die Kirche diente sowohl als Stütze des Adels, wie als Stütze der absoluten Monarchie; sie war mit Privilegien und Machtbefugnissen ausge- stattet, und man konnte sie deshalb als eine' selbstständige Kirchenpartei betrachten. Diese sämmtlichen Parteien waren ihrer ganzen Natur und Entstehung nach Feinde des Bürgerthums und der Demokratie, jeder freien Anschauung und iedes Freidenkerthums. Durch die von oben her bevorzugte Pflege der Zünfte wurde die Macht der herrschenden Parteien nicht wenig gestützt; diese sicherten ihre Eristenz dadurch, daß sie den Bauer und Landmann gegen das Bürgerthum und die Demokratie hetzten, um jeden dieser Stände vor zu großer Machtentwickelung zu bewahren. In Wirklichkeit richtete sich damals schon der Kampf dieser Parteien unter einander gegen das Großkapital. Als dann nach der Revolution von 1848 dem liberalen Bürgerthum und der Demokratie Zugeständnisse gemacht werden mußten, hatten auch die Arbeiter insofern hiervon einigen Nutzen, als ihnen die KoalitionS-, Verfammlungs- und Preßfreiheit ebenfalls zu statten kämm. Unter dem Einfluß dieser Bildungsmittel erkannte die Masse bald, daß alle Errungenschaften der Revolution für sie nur auf dem Papier standen und die privilegirten Klassen alle diese Errungenschaften nur im Dienste und zum Nutzen des Kapitals gemacht hatten. So dauerte der Kampf der privilegirten Klassen und des Kapitals gegen die Arbeiter, gegen das Proletariat fort. Aber das Volk hatte seine Lage erkannt und eingesehen, daß es im Kampfe gegen das Kapital auf sich selbst angewiesen war, und so kam es, daß, als eine neueZPartei, die sozial- demokratische, ihre Forderungen in einem Programm aufstellte, diese neue Partei sich feindlich allen anderen gegenüberstellen mußte. Heute bilden alle anderen Parteien, einzeln und ge- meinsam, mit dem großen Militärapparat und der Bureaukratie das Bollwerk zum Schutze des Großkapitals. Von diesem Gesichtspunkte aus ist ihre Opposition der Regierung gegenüber nur Schein; das bewies die freifinnige Partei bei den Militär- vorlagen und beim Sozialistengesetz. Die Furcht vor einem Kriege muß den Großgrundbesitzern, den Großindustriellen und den Großkapitalisten dazu stimmen, wenn er'eine Macht und sein Ansehen nicht verlieren will. Das begriff die freisinnige Partei und darum stimmte sie im Reichstage für die Erweite- rung des Militärapparates, weil dadurch iyre Macht gestärkt wirv.— Bei diesen Worten löste der überwachcnbe Beamte unter Berufung auf§ 9 des Sozialistengesetzes die Versamm- lung auf. Mit einem donnernden Hoch auf die Sozialdemo- kratie ging die Versammlung auseinander. Der Vorstand wird gegen die Auflösung Beschwerde führen. Eine öffentliche schwach besuchte Neesanimlnng der Maler, Karftirer, Anstreicher und verwandter Berufs- genossen fand am Freitag, den 5. Juli, in Orschel'S Salon statt mit der Tagesordnung: 1. Wahl eines Delegirten zum internationalm Arbeiterkongreß in Paris . 2. In welcher Weise hat uns der Delegirte zu vertreten? Zum ersten Punkt der Tagesordnung theilt Herr Retzerau im Namen der Komniission, welche am 5. Juni in Mundt's Salon zur Aufbringung der Kosten für den Delegirten gewählt war, der Versammlung mit, daß die Kommission die Saminlung habe einstellen müssen, da am 24. Juni die Maler und Anstreicher in den Streik einge- treten seien, die bisher gesammelten Gelder aber nicht zum vierten Theil ausreichten, um einen Delegirten zu entfenoen, so sei sich die Kommission dahin einig geworden, das Mandat für Berlin dem in Hamburg , Lübeck und Bremen gewählten Delegirten, Kollegen Schweitzer(Berlins , zu übertragen. Herr Hohlwegler war anderer Meinung. Da die Sammlung noch nicht so viel ergeben hat, einen eigenen Delegirten zu entsenden, so sollte Berlin ganz Abstand nehmen, einen Delegirterr zu entsenden. Berlin dürfe sich nicht die Blöße geben und den in kleineren Städten gewählten Delegirten das Mandat zu übertragen. Die Herren Heidemann, Spuhr und Reddm waren ebenfalls dagegen, dem Kollegen Schweitzer das Mandat zu übertragen. Es wurde folgender Antrag Hohlwegler's angenommen: Stelle den Antrag, von der Wahl eines Delegirten Abstand zu nehmen, und die bestehende Kommission zu beauf- tragen, eine Sympathicadresse am Eröffnungstage nach Paris zu senden. Durch Annahme dieses Antrages war somit auch der 2. Punkt der Tagesordnung gefallen. Zum Schluß ehrte die Versammlung durch Erheben von den Plätzen das An- denken an den uns unvergeßlich bleibenden Arbeitervertreter und früheren Reichstagsabgeordneten Wilhelm Hasenclever . Eine Uersammlung der Wähler des S. Berliner Reichs- tagswahlkreiscs fand am Montag in Scbeffer's Lokal, Jnsel- straße 10, statt, um die Nothwendigkeit der Gründung eines Wahlvereins zu erörtern. Das Bureau bildete der Vorstand des schon in aller Stille gegründeten Vereins; von dem Vor- stanb ist uns nur Herr Klempner Arno Winter bekannt, der Vorsitzender ist und die Versammlung leitete. Derselbe begann sein Referat mit einer Reihe von Entschuldigungen wegen seines eigenmächtigen Vorgehens. Er habe von dem Wunsche, oaß im 3. Kreise kein Verein ins Leben treten solle, nichts ge- wüßt tRufe: Na, na!); er habe im Gegentheil geglaubt, recht praktisch gehandelt zu haben.(Zwischenruf: Wie ein Konser- vativer!) Man müsse sich jetzt schon zur Wahl vorbereite». (Oho! Unruhe.) Der Redner wird unverständlich nnd bittet um Ruhe, er sei doch in einer sozialdemokratischen Versamm- luna!(Ironisches Sehr richtig!) Redner fortfahrend: Der 3. Kreis müsse diesmal einen Vertreter ins Parlament schicken! Da der Verein nun einmal gegründet sei(Rufe: Wo- Um Spitzel zu züchten!), so sollten sich die Anwesenden als Mit- t lieber aufnehmen lassen(Rufe: Oho!), und er vertage die Versammlung auf 15 Minuten.(Rufe: Oho! Tumult, stür- mische Rufe: Zur Geschäftsordnung! Abstimmen! Erst fragen, ob wir wollen. Trauriger Kerl!) Schließlich beruhigte man sich. Nach Ablauf der Pause erklärte der Vorsitzende, daß er nur Wählern aus dem 3. Wahlkreise das Wort geben werde (Tumult, stürmischer Protest). Es wird davon Abstand ge- nommen. Tischler Winter protestirt gegen die Art und Weise des Vorgehens und der Geschäftsführung seines Namensvetters als undemokratisch; er erklärt dieselbe als denkbar dreist und zugleich, daß er den Verein nicht anerkenne. Wie könne man die Wähler so vergewaltigen und ihnen den Verein und den Vorstand aufdrängen.(Beifall.) Tapezierer Hamann erklärt, daß, so lange er in der Bewegung stehe, sei nie so etwas vor- gekommen.«Rufe: Im vierten! Gegenruf: Traurig genug!) Die Wähler sollen das Geld hergeben, das übrige thut der Vorstand. Die ganze Sache wäre ein Bubenstreich.(Beifall. Sehr richtig!) Tischler Glocke betont, daß die vorhergegangenen skandalösen Auftritte nur auf den Vorstand zurückfallen, da sie von ihm provozirt wurden. Er halte den Verein sür unnöthig; im 3. Wahlkreise wohnten meistens aufgeklärte und or- ganisirte Arbeiter, die in ihren Fachvereinen dieselben Referate und Referenten hörten, wie in den Wahlvereinen. Ein Wahlverein bedeute demnach nur Vereinsspielerei und Zersplitterung der Kräfte. Gegen den jetzigen Verein müsse opponirt werden, er sei nicht maßgebend, weil ohne den Willen der Masse gegründet. Sei die Zeit gekommen, dann werde ein Verein gegründet werden, natürlich nicht hinter verschlossenen Thüren. Tischler Seelig führt aus, daß ein Wahlverein nur
eine Brutanstalt für Spitzel sei; er erinnere an Mahlow -Jhring und Naporra, die im Bezirksverein Osten ihr Wesen getrieben. Auch er protestire gegen den Verein, von dem er nicht einmal wisse, ob er auf dem Molkenmarkt gegründet wurde.(Lebhaftes Bravo; Rufe: Budikermache!) Käufhold erklärt, daß Arno Winter nach diesen Vorgängen nicht mehr als Genosse zu betrachten sei. Klempner Winter: So schlimm ist'S ja nicht!(Tumult, Rufe: Oho!) Arbeiter Granz glossirt unter Heiterkeit der Anwesenden die Gründung des Vereins-Vorsitzenden Winter: Ich gebe ja zu—(Zwischenruf: Sagen Sie;„Verzeihen Sie, meine Herren, ich bin grund- dämlich!" Dann sind wir zufrieden.) Schuhmacher Feske meint, daß die Gegner des Vereins sich an die Stirn zu schlagen hätten, wenn der Kreis verloren gehe!(Tumult, Oho!) Der Vorsitzende spricht, ist aber nicht zu verstehen: schließlich ruft er laut: Meine Herren, ich Hab' das Wort!(Gegenruf: Meine Herren, Herr Stöcker hat das Wort! Heiterkeit) Tischler Winter bittet, iiber seinen Antrag, betreffend Auflosung des Vereins, abzustimmen. Der Vorsitzende: Schön, es dürfen aber nur Mitglieder stimmen.(Stürmischer Tumult und Protest. Der Vorsitzende hört einige Schmeicheleien.) In- mitten des Tumultes ruft ein Arbeiter: Verlassen wir doch den Saal und lassen die Brüder sitzen! Dieser Aufforderung kamen fast alle Anwesenden nach und verließen in geschlossenen Reihen unter Protest den Saal, 9 Mann, einschließlich der Polizei, zurücklassend. Auf der Straße wurde das Verhalten des Vorsitzenden lebhaft kritisirt. Gine große öffentliche Uersaminlnng der Tischler Berlins fand ani 8. d. MtS., Abends 9 Uhr in den Bürger- sälen, DreSdenerstr. 96, statt. Die Tagesordnung lautete: Die Lage der streikenden Tischler in den verschiedenen Städten Deutschlands . Referent Herr Aßmann aus Ärannfchweig.— Zur Leitung der Versammlung wurden die Herren Millarg, Manien und Avelt gewählt. Herr Aßmann schilderte nun die Lohnbewegung der Tischler in Eilenbnrg und Kiel . Hier wur- den die Forderungen ohne Streik infolge der guten Oraani- sation durchgesetzt. Dann schilderte Redner den Streik der Lübecker Kollege», welche bereits 14 Wochen im Streik liegen und ihre Forderungen meistentheils durchgesetzt haben, nämlich 9< stündige Arbeitszeit und einen Minimallohn von 3 M.pro Tag. der Zuzug sei noch fern zu halten, da gegenwärtig noch 22 Kollegen im Streik liegen. Für die Bergedorfer Kollegen, welche 16 Wochen streikten, sei vor allen Dingen der Zuzug fern zu halten. Nun setzte Redner in längeren Ausführungen die einzelnen Details der Braunschweiger Kollegen, welche 6 Wochen streikten, auseinander. Die Forderungen ver Arbeiter sind: 1. Abschaffung der obligatorischen Entlassungsscheine. 2. Die Arbeitszeit beträgt 9si Stunden und Sonnabends 9 Stunden. Einschränkung der Sonn- und Nachfeicrabend- arbeit. 3. Der Minimallohn beträgt pro Stunde 32 Pf. Am Schluß der Woche muß der Lohn unverkürzt ausbezahlt werden. In denjenigen Werkstätten, wo der Arbeiter Werkzeug und Hobelbank halten muß, erfolgt ein Zuschlag von 1 M. wöchentlich. Sämmtliche Akkordarbeiten erhalten einen Zuschlag von 15 pCt. In sämmtlichen Werkstätten sind vom 3. Juni an Lohnbücher einzuführen. Dieses sind die Hauptfordenmgen, die doch gewiß nicht unverschämt sind, wie sich die Unternehmer ausdrückten. Es könne den Arbeitern auch keine Ungesetzlichkeit vorgeworfen werden, da sie sämmtlich die vierzehntagige Kün- digung rnnegehaltm hätten. Noch in letzter Stunde habeir die Unternehmer durch falsche Vorspiegelungen mittelst eines Aufrufs den Streik illusorisch zu machen versucht. Berner muß er konstatiren, daß vor vierzehn Tagen die ommission nicht im Stande gewesen ist, einen Pfennig Unter- stützung auszuzahlen, da keine Mittel vorhanden waren. Er richtet an die Berliner Kollegen die Bitte, da doch sonst bei ihnen Intelligenz! zu finden sei, den Zuzug fern zu halten und die Streikenden nach Kräften zu unterstützen, dann werde der Sieg unausbleiblich sein. Es folgte nun eine lebhafte Debatte, an welcher sich die Herren Blunie aus Hamburg , Apelt und Zubeil auf das lebhafteste Betheiligten. Es ging schließlich folgender Antrag ein:„Die Versammlung erklärt sich mit den Ausführungen des Referenten einverstanden und erklärt sich mit den auswärtigen Kollegen solidarisch. Em Jeder macht es sich ferner zur Pflicht, die streikenden Kollegen nach Kräften zu unterstützen." Der Antrag wurde mit großer Maionlat angenommen. Nachdem der Vorsitzende ammtliche Kollegen aufgefordert hatte, sich weiter an der Teller- ämmlung zu betheiligen, da die Unkosten nicht gedeckt seien, chließt er die Versammlung gegen 12 Uhr.— Listen können in Empfang genommen werden: bei Millarg, Lehrterstr 22, Ilr Lobstädt, Oranienstr. 171, III I.; A. Müller, Oppclnerstr. 49. Hof IV; Manien, Kreuzbergstraße 9, Ouergeb. III; F. Rüster, Lausitzerplatz 2, H. II . Der Fachverein fämmtlicher an Holtbearbeitn««»- maschinen beschäftigter Arbeiter hielt am Montag, 1. Juli. bei Gnadt, Brunnenstr. 38, seine Mitglieder-Versammlung ab. Auf der Tagesordnung stand: I. Vortrag des Herrn Th. Glocke über Nutzen der Organisation. 2. Verschiedenes und Fragekasten.— Zum 1. Punkt erhielt Herr Glocke das Wort zu seinem Vortrage. Referent sprach in längerer Rede sehr eingehend über in- und ausländische Strcikgebiete nnd erntete am Schlüsse reichen Beifall. — Hierauf ent- spann sich eine lebhaste Diskussion, in welcher mehrere Redner für und gegen den Vortrag sprachen. Hierauf wurde von Herrn W. Wolff folgende Resolution eingebracht:„3>ie heutige in Gnadt's Saal tagende Versammlung fämmtlicher au Holzbearbeitungsmaschinen beschäftigten Arbeiter erklärt sich mit den Ausführungen des Referenten einverstanden, und verpflichtet. sich, mit ganzer Energie und Kraft dafür einzutreten, unsere Berussorganisation groß und stark zu machen. Zum 2. Punkt „Verschiedenes" wurde ein Antrag gestellt, den streikenden Maurern und BauarbeitSleuten je 25 M. aus der Vereinskasse zu de- willige», worauf der Kassirer sich zum Wort meldete und be- kannt machte, daß die VereinSkasse augenblicklich sehr schwach gestellt ist und daß wir höchstens zusammen 30 M. bewilligen könnten, welches auch von der Versammlung einstimmig an- genonunen wurde. Nachdem noch verschiedene innere Ange- tegenheiten, sowie der Fragekasten erledigt und die nächste Ver- saminlung bekannt gemacht war, wurde die Versammlung um Iii Uhr geschlossen. Die öffentliche Manreroersantmlung. welche am 8. d. M. unter Vorsitz des Herrn Grothmann in der Tonhalle zwecks Stellungnahme zum internationalen Kongreß in Paris und Wahl eines Delegirten zu demselben abgehalten wurde, war trotz der wichtigen Tagesordnung nur mäßig besucht. Der Referent, Herr Wernau, wies Eingangs seines Vortrages darauf hin, daß das ganze gesellschaftliche Leben international durch- haucht sei. Ein Blick auf die Nahrungsmittel, Kleidung, Ver- kehrSmittel u. dal- m. liefern einen vollgiltigen Beweis dafür. Die modernen Verkehrsmittel hatten es dahin gebracht, daß von einer spezifischen Nation nicht mehr die Rede sein könne. Dies lehre wiederum ein Blick auf die statistischen. Tabellen über Ein- und Auswanderung. In Anbetracht dieses erscheine auch eine internationale Gesetzgebung geboten. Auch die moderne Produktionsweise gestalte sich international und sei auch hier eine internationale Regelung am Platze. Die Nothwendigkeit eineö internationalen Schutzes der Arbeit sei heute bereits allerorts erkannt worden. Das beweise die Zusage aller Kulturstaaten zu der von der demokratischen Schweiz ausgeschriebenen Konferenz mit Aus- nähme Deutschlands infolge des bekannten„Zwischenfalls". Redner hoffte einen baldigen Ausgleich der Differenzen zwischen Deutschland und der Schweiz eintreten zu sehen, um Deutschland die Theilnahme an der internationalen Konferenz zum Wohle seiner Bürger, der ganzen Menschheit zu ermögliche»». In welcher Weise der moderne JndustrialiSmuS schädigend