Alk �r."wil9. Donnerstag, den 19. September 1889. 6. Jabrg. SMerVlllKsbllitt Lrgiin für die Interesse» der Arbeiter. 4 d», Zlllilvk firtf llidifr» gelernt nnt» Mtrhts nergeslen! Die moderne Industrie späht überall nach billigen Arbeitskräften umher und sie schreckt dabei vor dem rusjersten nicht zurück. Trotzdem die„i n d u st r i e l l e ?rservearme e", die beschäftigungslosen Arbeiter in �?tschland, nach Tausenden, Zehntausenden und manchmal ?ch Hunderttausenden zählen, die sich um den kläglichsten �wienst drängen, sucht die Industrie, von der nimmer- f�oen Konkurrenz gespornt, immer noch billigere Arbeits- JW« aufzuspüren, als sie bisher besessen. Daß die � r n e s e n f r a g c aus einem in weiter Ferne drohenden �ipenst mit einem Mal eine Gefahr wurde, die auf den .mlmrg« Schiffen den deutschen Arbeitern und Matrosen auf den Leib gerückt ist, das ist für unser �ltolter bezeichnend genug und führt zu der «�"■'gen Thatsache, daß' auch die so großartige Entwicklung des modernen Verkehrswesens für eine große �•iahl Menschen eher zum Fluch denn zum Segen wird. minder bezeichnend ist die Thatsache, daß, trotzdem "tfr den erwachsenen Arbeitern die Zahl der Unbeschäftigten �tufhörlich im Steigen begriffen ist, doch auch die Zahl I? K inber und jugendlichen Arbeiter, die von der �dustrjx zur Beschäftigung herangezogen werden, immer zunimmt. Diese Thatsache kann nicht scharf genug her- �gehoben werden, denn es ist außerordentlich bezeichnend rs den Charakter und die Entwicklung der modernen Zn- Nrie, daß kräftige und geübte männliche Arbeiter im besten unfreiwillig feiern müssen oder gar aus ihrem Beruf Drängt werden, während des Zuströmens von weiblichen, �endlichen und kindlichen Arbeitskräften kein Ende und kindlichen Die neuesten Ziffern in den Berichten der Fabriken- �spcktoren lassen darüber keinen Zweifel obwalten. Zn * Fabriken innerhalb des preußischen Staats ist die In h,".....»w»vyv,..�--- r---- �'.—/'"—........., �zahl der Kinder und..jugendlichen Arbeiter"— der letztere Ausdruck ist vielfach nur eine Umschreibung des erstercn— 7*» 180 000 gestiegen, eine Anzahl, die bis jetzt noch nicht ?*«cht wurde. Alan wird aber dabei nicht stehen bleiben Denn weit mehr als in den Fabriken sind Kinder Jr jugendliche Arbeiter in der H a u s i n d u st r i e be- "wstuzt, wo sie auch weit mehr angestrengt und noch Rechter bezahlt werden, als in den industriellen Eiablisse- £chtz. Auch kann keine Kontrolle geübt werden, ob man � der Hausarbeit die Bestimmungen der Gewerbeordnung Utrecht erhält. Wenn man annehmen darf, daß sonach die der in der Industrie thätigen Kinder resp. jugend- .che» Arbeiter sich auf eine halbe Million beläuft, � wird man nicht fehl geben, daß mindestens die gleiche .�zahl von kindlichen uno jugendlichen Arbeitskräften sich der Landwirthschaft vorfindet. Die Herren ' 8 r a r i e r können nicht wohl, wie sie gerne Feuilleton. Dttbolm.] [69 Bin(Bölfrtncw seft. Roman von Maurus Jökai. � Den Sommer über war er viel mit Handarbeit beschäftigt. kleine Haus, das er im vorigen Jahr gezimmert, Achtele er als Schreiner ganz ein, dann folgte die Drechsler- Schnitzarbeit; auch die Musen bestahl er, er entwendete lu!11 �a8 schöpferische Talent. Es mar eine Pracht, das /erne. Holzhaus zu sehen, das unter seinem Meißel allmälig |? einem Meisterwerk sich gestaltete. An Timar war ein Ostler verloren. Jede der Säulen, welche den kleinen Hausflur stützen, zeigt eine andere Gestalt; die eine wird rl0n zwei sich umschlingenden Schlangen gebildet, deren 'öpfc das Kapital bilden: die zweite ist ein Palmenstamm, ."l welchen sich eine Schlingpflanze rankt; die dritte zeigt Weinstock, an dem Eidechsen und Eichhörnchen hinauf- �ufen und die vierte ist eine aus ihren Blättern hervor- Agende Schilfgarbe. Und auch im Innern ist das Getäfel Wände lauter phantastisches Schnitzwerk, eine bunte Mosaik; Tische und Stühle sind künstlerisch konstruirt; der Aleeweiße Hagedorn, das gefladerte Wurzelholz bemühte U, eine freundliche Abwechslung zu bringen in den braunen ?Ußholzgrund; das Himmelbett mit seiner ausgelegten �Urnure verräth künstlerischen Geschmack. Und außerdem 'Fgen die Thür- und Fensterschließen von originellen Ein- thun, sich auf das hohe Pferd setzen, von Arbeiter- schütz sprechen und sich geberden, als ob derselbe nur in den industriellen Anlagen der Städte nothwendig wäre. Nein, aus einer Reihe von Mittheilungen, welche in der jüngsten Zeit in die Oeffentlichkeit gekommen sind, geht her- vor, daß das jugendliche und kindliche Proletariat, das man in der Landwirthschaft verwendet, weit übler dran ist, als d e jugendlichen und kindlichen Arbeiter in den Fabriken der Städte. Die Zustände, die in der Landwirthschaft herrschen, erscheinen nur zu häufm geradezu als ein Hohn auf die gute Sitte und auf alle Humanität. Die Agrarier aber sind trotz ihrer schönen Phrasen, die sie zuweilen im Parlament machen, gegen die Bestrebungen auf Einführung einerwirk- samen Arbeiterschutzgcsetzgebung noch hartnäckiger eingenom- men, als die Industriellen der Städte. Bei Manchen der letzteren findet man doch noch wohlwollende Gesinnungen den Arbeitern gegenüber und der furchtbare Druck der Konkurrenz hat noch nicht alles Gefühl für Recht und Billigkeit zu ersticken vermocht. Anders auf dem Lande. Unbarmherzig werden dort die mittelalterlichen Bestimmungen der Gesinde- o r d n u n g auf die Arbeiter angewendet und die neuste Blüthe konservativ-agranscher Arbeiterfrcundlichkeit ist ja daS Bestreben, die Gesindeordnung auf alle Arbeiter auszu- dehnen. Echt patriarchalisch-junkerlich— eh! Darf man sonach annehmen, daß wohl eine Million jugendlicher Arbeiter und Kinder von Industrie und Land- wirthschaft herangezogen wird, so kann man sich auch vor- stellen, welche Summen von Unwissenheit und Unbildung da konservirt wird, indem man diese Jugend dem Unterricht entzieht. Ja, hier wird wahrhaft„konservirt" im Sinne der Herren Konservativen. Die abgerackerten Kinder können von einem Unterricht, und sei er auch noch so vortrefflich, kaum etwa« profitiren. Wie oft hat man schon von den Lehrern die heftigsten Beschwerden gehört, daß die in der HauS- arbeit ermüdeten Kinder in der Schule einfach einschlafen und daß ihnen nichts beizubringen ist. Die Einwirkung auf die Gesundheit und die körperliche Entwickelung, welche die Ueberanstrengung der Jugend nach sich zieht, brauchen wir nicht erst zu schildern. Es wächst eine Generation heran, behaftet mit allen Mängeln unserer Zeit. Der Schaden, der solcher Gestalt angerichtet wird, ist unermeßlich und wird lange, lange in der künstigen Geschichte unseres Volkes zu verspüren sein. Es wird auch die Zeit kommen, da man beklagen wird, den rechtzeitigen Warnungen kein Gehör ge- schenkt zu haben. Man kann kaum sagen, daß die Umstände dringender mahnen könnten; Jedermann möchte endlich den ernsten Willen bekunden, daß eine Arbeitcrschutzgesetzgebung zu Stande kommt, die den geschilderten Uebeln und Gefahren Schranken zieht. Aber wenn man darum glaubt, daß die o f f i z ö s e Presse deshalb davon ablassen werde, die Arbeiterbestrebungen und Arbeiterverhältnisse in dem Hohl- spiegel geheimräthlicher Ignoranz und Pindter'schen Scha- Neu. Thüren und"Fenster' verschwinden alle in die A�md. die einen lassen sich seitwärts, die anderen i-»««, oie einen Aufschieben und unm- mtt den seltsainst W?. hölzerne« Klinken geöffnet und geschlossen; denn Timar vorausgesagt hatte, daß in dem ganzen Hause kein einziger Nagel sein dürste, den er nicht selbst verfertigt, gab es darin auch nicht ein Stück von Eisen. Ganz aus eigener Kraft und ganz aus Erzeugnissender Insel wollte er es herstellen. Nur wegen der Fenster war er noch in Verlegenheit; was soll ihm daS GlaS ersetzen? Zuerst spannte er Mückengarn in die Rahmen, so aber hätte das Haus nur als Sommerwohnung dienen können, und eS hätte auch hineingeregnet, wenn die Fensterladen nicht zuge- macht waren; dann verfertigte er Fensterscheiben auS Blasen, wie die Eskimos; die stachen aber zu sehr von dem übrigen Pomp ab. Zuletzt suchte er so lange, bis er an einer Fläche des erratischen Blocks eine Schicht Katzensilber ent- deckte, welchen Glimmer man auch„MarienglaS" nennt. Dies löste er mit großer Sorgfalt vom Gestein ab; daS feine, durchsichtige Mineral spaltete er in dünne Blättchen und stellte dann aus schmalen zierlichen Leisten ein Gitter zu- sammen, dessen Zwischenräume er mit dem NaturglaS ausfüllte. DaS war wirklich eine Sklavenarbeit. Und der gewaltig reiche Mann hatte die Geduld, sich damit zu plagen. Welche Freude aber, als das HauS fertig war und er seine Lieben hineinführen konnte. Seht, das ist alles meiner Hände Arbeit! Ein solches HauS kann nicht einmal ein König seiner Königin schenken. Dodi(der Zweite) war damals schon vier Jahre alt, als das Haus fertig wurde.„DaS Haus Dodi's." Nun bekam Michael etwas anderes zu thun. Er muß Dodi lesen lehren. Dodi war ein lebhafter Junge. Ein gesundes, gescheidteS. gutmüthiaes Kind. Timar sagte, er werde ihm alleS selbst lehren. Lesen, schreiben, schwimmen und turnen; später auch Gärtnerei und mit Hobel und Meißel Hantiren. Wer sich aufs Zimmern und Schnitzen versteht, der finde überall in der Welt sein Brot. Dodi wird daS alles lernen. Timar glaubte schon, das werde immer so fortgehen: nun sei alles in Ordnung; er braucht nur dies Leben fortzusetzen bis ans Ende der Tage. bloniSmuS verzerrt darzustellen, der irrt sich. Die Berichte der Fabriken-Jnspektoren über die Zunahme der Kinderarbeit machen der„Norddeutschen Allgemeinen Zeitung" wenig Kummer; um so eifriger bemüht sie sich trotz des ihr in allen Fragen eigenthümlichen Mangels an Gründen neuerdings wieder nachzuweisen, daß die Streiks ein> sozialdemokratischer Angriff auf die Gesellschaftsordnung seien. Wenn eS nur gelingt, daS Koalitionsrecht aufzuheben, dann mag aus der Jugend unseres Volkes werden was will. 0 sauota siw- plieita*! Diese Offiziösen und der ganze Troß, der auf ihre Weisheit schwört, sind in Einem konsequent; ihr Mangel an Verständniß für die Zeitfragen bleibt immer derselbe. Ja, sie haben nichts gelernt und nichts vergessen! Die stsillie Frage m Deute . Es ist begrei flick, daß Diejenigen, welche sich innerhalb einer bestehenden gesellschaftlichen Ordnung aus der Seite des Glückes und des Sonnenscheins definden, mit Zähigkeit an dem Be- stehenden hängen, und das ökonomische System, das durch die Gunst des Zufalls ihnen als ein glückliches erscheint, mit allen Kräften vettheidigen. Der' Mensch müßte anders fein, als er ist, wenn er dies nicht thäte. Es ist daher nickt nur begreiflich, es ist auch verzeihlich. Nur müßten die Betreffenden die wahren Beweggründe angeben und sich nickt hinter allerhand Schein- gründen verbarrikadiren, welche meist vollständig falsch, aber immer gänzlich unzureichend sind. Einer der beliebtesten dieser Gründe ist die Behauvtung, daß es immer so gewesen sei, wie jetzt, denn es habe immer Reiche und Arme gegeben. Das ist nun vollständig falsch. Es hat ersten» nicht immer Reiche und Arme gegeben, und eS ist nicht immer so gewesen, wie jetzt. Zu einer Zeit, in welcher die Zivilisation noch in ihren Anfängen lag, und der Mensch durch seine Arbeit der Natur nicht mehr abzuringen im Staude war, als er gerade zu seiner physischen Existenz unbedingt bedurste, als der Mensch noch mit der Natur in ernem heftige» Kampfe um daS Dasein lag, da konnte eS weder Reiche noch Arme geben. Erst als mit dem Fortschreiten der Zivilisation durch E'. findung von Werkzeugen der Mensch in den Stand gesetzt wurde, über seine Bedürfnisse hinaus zu produziren, erst da wurde es möglich, Güter anzusammeln und erst mit der Möglichkeit der Ansammlung vonGütern konnte der Unterschied zwischen Reich undArm eintreten. Der Kampf um's Dasein verwandelte sich dann aber auch allmälig aus einem Kampfe zwischen dem Menschen und der Gewalt der Natur in einen Kampf zwischen Mensch und Mensch, oder zwi- schen dem Menschen und sozialen Gewalten. Aus dem natür- lichen Kampfe umS Dasein wurde der gesellschaftliche Kampf umS Dasein. Dieser gesellschaftliche Kampf umS Dasein führte zunächst zu scharf begrenzten Klassenunterschieden, welche durch politische und physische Gewalt aufrecht erhalten wurden. Der Reich- em Mit einem Male rief ihm aber daS Schicksal „Halt!" zu. Nicht das Schicksal war es, welches dies Halt! aus- sprach, sondern Therese. Acht Jahre waren schon seit der Zeit vergangen, wo Timar sich auf die kleine Insel verirrt hatte. Damals waren Noemi und Timea noch Kinder gc- wesen; jetzt ist Noemi zweiundzwanzig, Timea einundzwanzig alt; Athalie geht in ihr füufundzwanzigsteS Jahr; Therese hat ihr fünfundvierzigstcs Jahr überschritten; Timar selbst ist in sein zweiundvierzigstes und der kleine Dodi in sein fünftes Jahr getreten. Einer von ihnen muß sich schon zur Heimreise anschicken, denn seine Zeit ist unr und daS Maß seiner Leiden voll, das ausgereicht haben würde für ein ganzes langes Menschenleben:— und dieser Eine ist Therese. An einem Sommernachmittag, als Noemi draußen war mit dem Kinde, sagte sie zu Timar:„Michael, ich habe Dir etwas anzuvertrauen. In diesem Herbste geht eS mit mir zu Ende. Ich weiß, daß mein Tod nahe bevorsteht. Schon seit zwanzig Jahren leide ich an dem Uebel, an dem ich sterben werde; ich bin herzkrank. Nimm das nicht als eine Redensart. Es ist ein tödliches Leiden. Ich habe es immer verheimlicht und nie geklagt. Ich kurirte es durch Geduld und Ihr durch die Liebe, die Ihr. mir erwieset, und die Freuden, die Ihr mir bereitet. Hättet Ihr das nicht ge- than, so läge ich schon unter der Erde. Aber länger kann ichs nicht ertragen. Seit einem Jahre flieht mich der Schlaf. Ich höre den ganzen Tag meinen Herzschlag. Drei, vier Mal schlägt es rasch nacheinander, als wäre eS er- schrecken, dann thut es nur einen halben Schlag; dann hört es auf zu schlagen, als wäre eS todt; hierauf macht eS in langen Pausen einen und den andern Schlag, bis es wieder rasch zu pochen beginnt und hernach wieder ein kurzes Ticken und darauf wieder langer Stillstand. DaS geht schon zum Ende. Häufig werde ich von Schwindel befallen und erhalte mich nur durch meinen starken Willen aufrecht. Heber
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