Aus Spandau terichtet der A. f. H." In Aufregung| wurden am Sonntagrad mittag Bewohrer her Potsdamer Vor­Stadt durch das schändliche Treiben eines Verbrechers gegen die Sittlichkeit verlegt. Derselbe hatte unbemerkt zwei fleine fechs­jährige Mädchen an sich gelockt, indem er ihnen Geld gab, und ging mit ihnen übers Felb in der Richtung des Feftungsges fangnifies. Geraume Zeit darauf stellte sich das eine Mädchen, Tochter der Wittme Werk in der Pichelsdorfer Straße, bei ihrer Mutter ein; das Kind erzählte, daß es von dem fremben Manne mit 10 Bf. fortgeschickt worden wäre, um Rigarren zu faufen. In Wuflichkeit hatte der Unhold das Mädchen nur entfernt, um feinen Zeugen seines verbrecherischen Thuns zu haben. Durch die Mittheilung des Kindes wurde auch dem Vater des andern Mädchens, Maurer Hud, bekannt, in welchen Sänden sich seine Tochter befand. Mehrere Perfonen machten fich nun an die Verfolgung des Unbekannten. Von Paffanten, melche einen Mann, der ein meinendes Kind auf dem Arme trug, auf freiem Felde gesehen hatten, erfuhren fie, in welcher Gegend der Verruchte zu finden fei. Sie folgten der Spur und riefen laut den Vornamen des Kindes. Bald darauf fanden fie daffelbe verloffen auf freiem Felde vor. Der Ver­brecher, welcher die Rufe der Verfolger vernommen, hatte sich aus dem Staube aemacht. Doch gestern Vormittag wurde der Berbrecher, der Wollscheck heißt, in der Potsdamerstraße be­troffen und verhaftet. Er leugnete zwar hartnäckig, mit dem Kinde etwas vorgehabt zu haben; durch verschiedene Umstände ift er aber doch schwer belaftet.

Gemäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheitsamts find in der Zeit vom 8. September bis 14. September cr. von je 1000 Einwohnern, auf den Jahresdurch­Breslau 23.5, in Königsberg 22,3, in Köln 20,7, in Frank­ furt a. M. 17,1, in Wiesbaden 14,1, in Hannover 19,2, in Staffel 24,4, in Magdeburg 24,0, in Stettin 29,7, in Altona 17.3, in Straßburg 19,1, in Meg 15,2, in München 35,4, in Nürnberg 24,4, in Augsburg 23,3, in Dresden 17,7, in Leipzig 20,7, in Stuttgart 15,2, in Rarlsruhe 17,2, in Braunschweig 18,6, in Hamburg 23,9, in Wien 16,7, in Best 27,2, in Prag 20.2, in Trieft 27,0, in Aratau 25,6, in Amsterdam 15,6, in Brüffel 16,5, in Paris , in Basel , in London 14,8, in Glasgow 198, in Liverpool 19,6, in Dublin 24,5, in Edinburg 15,1, in Kopenhagen 19,8, in Stockholm 15,7, in Chriftiania 173, in St. Petersburg in Warschau 29,3, in Odessa 25,2, in Rom 27,3, in Turin 25,6, in Venedig 26,6, in Alerandria 46,0. Ferner in der Zeit vom 18. Auguft bis 25. Auguft cr. in New- York 25,6, in Philadelphia 21,4, in Baltimore 20,9, in Stalfutta 26,7, in Bombay- Madras 24,2.

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in

Die Sterblichkeitsverhältnisse blieben auch in dieser Be­richtswoche in den meisten europäischen Großstädten günstige, wenn auch vielfach etwas größere Sterblichkeitsziffern gemeldet merden, als aus der Vorwoche. Sehr niedrig( bis 15,0 pro Mille und Jahr) war die Sterblichkeit in Barmen, Düsseldorf , Wiesbaden , Frankfurt a. D., Bremen , Mainz , London . Günftig ( bis 200 pro Mille) war diefelbe auch in Berlin , Frankfurt a. M., Altona , Danzig , Hannover , Braunschweig , Dresden , Straßburg , Stuttgart , Karlsruhe , Darmstadt , Wien , Brüffel, Kopenhagen , Amsterdam , Glasgow , Liverpool, Edinburg , Mäßig hoch( etwas Stocholm, Chriftiania und anderen. über 20,0 pro Mille) war sie ferner in Köln , Elberfeld , Leip­ zig , Mannheim , Prag . In München , Chemnik, Elbing stieg von den deutschen Städten die Sterblichkeit über 35,0 pro Mille. Unter den Todesursachen haben Darmkatarrhe und Brech durchfälle der Kinder wieder mehrfach eine größere Zahl von Todesfällen hervorgerufen, wie in Hamburg , München , Dresden , Leipzig , Wien u. a. so daß auch die Theilnahme bes Säuglingsalters an der Sterblichkeit im Allgemeinen etwas höher( in Berlm jedoch fleiner) als in der Vorwoche mar. Von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr berechnet, in Berlin ( 74, in München 164 Säuglinge. Auch afute Ent­zündungen der Athmungsorgane wurden vielfach häufiger Todes­Deranlassung Von den Infektionsfrankheiten wurden Sterbe­fälle an Maiern, Schariach, Unterleibstyphus und Poden weniger, an Diphtherie und Keuchbuften etwas mehr zur Mel­dung gebracht. Sterbefälle an Mafern waren nur in London und Warschau häufiger, in Brünn so zahlreich, wie in der Bors woche. Neue Erkrankungen tamen nur aus Breslau und Wien in größerer Zahl zur Anzeige.- Das Scharlach fieber hat in Solle, Liverpool, Warschau mehr, in Rönigsberg weniger, in Berlin und London die gleich große Zahl von Sterbe­fällen wie in der Vorwoche veranlaßt; neue Erkrankungen aus Berlin , Hamburg , Budapest und Edin burg feltener, aus Kopenhagen häufiger gemeldet. Sterblichkeit an Diphtherie und Group mar in Hamburg , Königsberg , Darzig, Stettin , Magdeburg , Wien , Pest, Prag und Kopenhagen eine fieinere, dagegen in Berlin , Breslau , München , Nürnberg , Dresden , Frankfurt a. M., London , Warschau , Chriftiania eine größere als in der Vorwoche. Neue Erkrankungen tamen aus Berlin , Breslau , Best in größerer, aus Hamburg , dem Regierungsbezirf Schleswig, Kopenhagen , Christiania in geringerer Zahl zur Anzeige. Todesfälle an Unterleibs yphus erfuhren in Effen und Lyon eine Steigerung, in Berlin , Hamburg , Peft und London nahm die Zahl der Sterbefälle ein wenig ab. An Fleck pphus wurden aus Warschau und Doeffa je 1, aus Edinburg 2 Todesfälle, aus letzterem Orte epidemischer Genick auch 2 Erfrankungen berichtet; an ftarre 1 Todesfall aus Prag und 1 Erkrankung aus des Bell­Kopenhagen. Rofenartige Entzündungen gemebes der Haut tamen weniger zur Beobachtung. Der Keuchhuften forderte in Berlin mehr, in Hamburg und London weniger Opfer. Erkrankungen waren in Hamburg und Wien nicht selten. Einzelne Todesfälle an Boden wurden aus Rom und Lyon , mehrfache ous Brünn , Prag und Odessa ( ie, 2), aus Benedig( 7), aus Warichau 26 gemeldet. Neue Erfrankungen famen aus Berlin , Breslau und Wien zur Mit­theilung. Die Cholera hat in den ursprünglich ergriffenen Drien( Schatra, Nasrie) erheblich abgenommen, verbreitet sich jedoch den Euphrat aufwärts, sowie nördlich längs der Diala Die Beft in Affyr dauerte Ende an der persischen Grenze. Auguft in den Dörfern von Beni Scheir noch fort.

Tourden

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Der Gefundheitszustand in Berlin war in der Berichts­woche ein ziemlich günstiger und auch die Sterblichkeit eine leine, wenn auch etwas größer als in der vorangegangenen Woche. Eine weitere Abnahme erfuhren Darmkatairhe und Brech durchfälle, so daß die Zahl der an diesen Krank heitsformen gemeldeten Todesfälle auf 95 fant; auch der Antheil des Säuglingsalters an der Sterblichkeit wurde ein etwas fleinerer. Dagegen tamen afute Entzündungen der Athmungsorgane häufiger zum Vorschein und endeten auch in Unter den Infektionskrant etwas größerer Zahl tödtlich. heiten wurden Erfrankungen an Masern nur wenig zur Mel­bung gebracht, auch Erkrankungen an Unterleibstyphus wurden weniger gemeldet. Etwas weniger kamen Erkrankungen an Scharlach , die sich in der Rofenthaler Vorstadt am häufigsten zeigten, zur Anzeige, während Erkrankungen an Diphtherie zu­nahmen und aus dem Stralauer Viertel und aus der Rosen­thaler Vorstadt am zahlreichsten zur Meldung kamen. Erfran­ungen an Kindbettfieber und an rosenartigen Entzündungen des Zellgewebes der Haut wurden feltener beobachtet. Eine neue Eifranfung an Pocken gelangte zur Aufnahme in die Krantenhäufer. Erfrankungen an Keuchhusten wurden ebenfalls häufiger beobachtet, die Zahl der durch ihn hervorgerufenen Sterbefälle stieg auf 10. Rheumatische Beschwerden aller Art Tamen aleichfalls etwas häufiger zur ärztlichen Behandlung. Polizeibericht. Am 25. d. Mts. Vormittage brachte fich ein Arbeiter in der Wohnung der Wittwe Belowsky, Waffer­borstr. 40, mittelft eines Revolvers einen Schuß in die Stirn bei. Er wurde noch lebend nach der Charité gebracht.- Nach­

mittags wurde vor dem Hause Schloßfreiheit Nr. 1 der Ar­beitsbursche Bichowiat von einem Arbeitswagen erfaßt und nicht unbedeutend an der Brust verlegt, so daß er nach der Charité gebracht werden mußte. Abends ging in der Wilhelmsstraße das Pferd einer führerlosen Droschte durch, bog in die Straße Unter den Linden ein und stieß mit einer ihr entgegenkommenden Droschte zusammen, so daß lettere zer­trümmert und die beiden Insassen derselben auf die Straße geschleudert wurden. Von diesen erlitt eine Frau eine ziemlich schwere Verlegung am Kopfe.

von

Gerichts- Beitung.

der Genehmigung das Geschäft mit ihrem Firmenstempel az bestimmter Stelle bedruckt. In diefer Verfassung wurden die Bücher an die Landwirthschaftliche Bank zurückgesandt, in vielen Fällen wurden von den Kontrahenten auch Gegenbücher geführt. Nun kennt das Gesez vom 1. Juli 1881 noch feinen Schluß­schein zwang, vielmehr hat erst das neuere Gesetz vom Jahre 1885 bestimmt, daß derartige Geschäfte unter allen Unte ständen mittelft Auswechselung der Schlukscheine einzuleiten find Die Steuerbehörde ist nun aber der Meinung, daß jene Ab stimmungszettel und Abstimmungsbücher Nichts weiter feien als Schlußscheine, welche nach dem Reichsgesetz vom 1. Juli 1881 stempelpflichtig waren. Die Behörde ist der Meinung, das jene Form nur gewählt worden ist, um die für Schlußscheine erforderlichen Stempelabgaben zu umgehen und sie hat des halb für jeden der Betheiligten nach der Zahl und dem Umfang der abgeschlossenen Geschäfte die verwirfte Stempel strafe herausgerechnet, welche die Summe von 210 500 M. insgesammt erreicht. insgesammt erreicht. Vor Eintritt in die Verhandlung machten Dr. Hilfe und Rechtsanwalt Basch zwei präjudizielle Einwände geltend. Sie führten nämlich aus, daß das Gefeh vom 1. Juli 1881 durch die Novelle vom Jahre 1885 aufge= § 266 der Str.-Pr.-D. zur Anwendung zu bringenden" efet fehle. In diesem Falle handelte es sich um genau dasselbe, als wenn Jemand nach dem alten preußischen Strafgefeßbuch angeklagt worden und inzwischen das Reichsstrafgesetzbuch in Kraft getreten wäre. Der zweite Einwand aber ging dahin, daß das Gesetz vom 25. Mai 1857 noch immer bestehe. Nach diesem Gefeß müsse einer Attiengesellschaft, welche unter Aufsicht der Regierung stehe, bei Vorkommen Verstoßes vor der Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zu nächst ein Refolut der Regierung zugeftellt werden. Dies sei in diesem Falle nicht geschehen und der Gerichtshof deshalb unzuständig. Der Gerichtshof lehnte nach längerer Berathung beide Einwände als unzutreffend ab. Ein Eintreten in die Sachel felbft wurde aber dadurch unmöglich, daß nunmehr sämmtliche Vertheidiger erklärten, irgend welche Zugestänoniffe in thatsächlicher Beziehung nicht abgeben zu wollen. Der Gerichtshof mußte deshalb einen neuen Termin anberaumen, zu welchem nun das persönliche Erscheinen der 23 Angeklagten angeordnet werden muß.

eines

Ein tausend und vierzehn Betrugsfälle wurden dem Stellenvermittler August Wilhelm Fröse zur Laft gelegt, welcher gestern vor der 88. Abtheilung des Schöffengerichts ftand. Die große Anzahl von Strafthaten vertheilt sich auf die Jahre 1885 bis 1888. Im vorigen Herbste beschwerten sich mehrere Stellensuchende bei der Polizei über das eigenthüm- hoben worden sei und es deshalb an einem im Sinne des liche Verfahren, welches der Angeklagte bei Ausübung seines Geschäfts zur Anwendung brachte, man trat der Sache näher und ermittelte allerdings, daß die Bedauernswerthen, welche die Hilfe des Angeklagten in Anspruch nahmen, in unzuläffiger Weise geschröpft wurden. Der Angeklagte fucht die Zeitungen durch, in welchem Leute jeden Standes Beschäftigung suchen, Er schickt ihnen sodann einen gedruckten Prospekt zu, in welchem er dem Stellensuchenden seine Vermittelung anbietet und Er­folg in Aussicht stellt. In dem Prospekte ist der Paffus ent­halten, daß die Thätigkeit des Stellenvermittlers erst beginnt, mittlers, welches bei perfönlichem Besuche in deffen Bureau für 50 Pf., auf schriftlichem Wege aber gegen Vorbezahlung 1 Mark zu erhalten ist, unterschrieben hat. Ging nun ein Beschäftigungsloser hoffnungsfreudig zum Angeklagten, so erhielt er gegen 50 Pf. ein zweites be­drucktes Stück Bapier, das sogenannte Geschäftsreglement", das er sich zu Hause" durchlesen und unterzeichnen mußte, da in dem Bureau des Angeklagten feine Zeit" dazu mar. Der Stellensuchende wurde arg enttäuscht, wenn er das Reglement durchfah. Da stand u. a., daß der Vermittler nach beschaffter Stelle 2 Prozent des ersten Jahresgehalts beanspruche, ferner aber auch, daß der Suchende zur Deckung der Roften" einen Vorschuß von nicht unter drei Mark zu leisten habe, der im Falle einer Placirung von den Gebühren in Abzug gebracht, in feinem Falle aber zurückgezahlt würde. Beschäftigungslose pflegen felten über reichliche Mittel zu verfügen, entweder fie fonnten diesen Vorschuß nicht leisten oder sie mochten es nicht, fondern zogen es vor, die bereits geopferten 50 Pf. oder eine Mart zu verschmerzen. In dem Verschweigen auf dem ersten Prospekt, daß die Suchenden noch einen Vorschuß von 3 M. zu leiften haben, bevor etwas zu ihren Gunsten geschieht, erblickt die Anklagebehörde ein schlau angelegtes betrügerisches Ma­növer, da angenommen wird, daß der Angeklagte es in erster Linie auf das Geld abgesehen hat, das die Suchenden opfern müssen, um überhaupt erst seine Bedingungen zu erhalten. Die Bücher des Angeklagten sind beschlagnahmt worden und hat der Bücherrevisor Bierstedt herausgefunden, daß in über 1000 Fällen Beträge von 50 Pf. und 1 M. eingegangen find. Der Angeklagte berief sich im Termine darauf. daß die Kunden aus dem Prospekte ja erfehen können, daß sie gegen die ge­nannten Beträge vorläufig nur das Reglement" erhielten, ein Betrug fönne demnach nicht vorliegen. Eine ganze Reihe von Zeugen befundete aber, daß sie im Glauben gewesen wären, fie hätten einen Vorschuß nicht zu leisten, einen Erfolg seiner Thätigkeit für diejenigen, die Vorschuß gezahlt hatten, ver mochte der Angeklagte außerdem nur in feltenen Fällen zu er bringen. Der Staatsanwalt beantragt 4 Monate Gefängniß, der Gerichtshof erkannte aber gegen den bereits mehrfach Vor­bestraften auf 6 Monate Gefängniß.

von

dem

Einen recht schwer liegenden Fall der versuchten Expreffung hatte gestern die IV. Straffammer hiesigen Land­gerichts I gegen den Restaurateur Friedrich Gotthelf Poppen berg und deffen Ehefrau Auguste Lydia geb. Weber zu vers handeln. Die lettere war 4 Jahre hindurch Verkäuferin in der großen Seifenfabrik von P. in der Chauffeestraße gewesen, bis fie ihren jetzigen Ehemann heirathete und mit demselben eine Restauration am Luisenufer eröffnete. Die Geschäfte das felbst gingen nicht sehr gut und so entschloß sie sich dann bei eintretender Gelbverlegenheit ihren früheren Prinzipal um die Gewährung eines Darlehns von 300 M. anzugehen. Mit Rücksicht auf die langen Dienste der Angeklagten erklärte sich Herr P. zu diesem Darlehn bereit, ließ sich aber Ehemanne zwei Wechsel ausstellen, deren eingeflagt und durch Zwangsvoll­Betrag schließlich streckung beigetrieben werden mußte. Dem ersten Anliegen folgten bald anderweitige. Herr P. wurde mit Gesuchen um Darlehne gewiffermaßen bombardirt und die Ansprüche, welche stets rundweg abgelehnt wurden, steigerten sich auf 500 und 600 M. Schließlich zog die Angeklagte andere Seiten auf: fie legte sich nicht mehr auf's Bitten, sondern versuchte es nun­mehr mit Drohungen. Sie schrieb Herrn P. einen Schreibe brief, in welchem sie schlankweg 1000 m. verlangte und drohte, daß sie, weil dieses Gesuch fein Gehör finden sollte, es der Familie des Adressaten mitgetheilt werden würde, daß er während ihrer gefchäftlichen Thätigkeit mit ihr fträflichen Umgang gepflogen habe. Die Brieffchreiberin ließ durch ihre Zeilen durch Blicken, daß auf diese Weise ein öffentlicher und ein Familienskandal entstehen würde. Herr P. ließ sich durch diese gänzlich erfun dene Geschichte aber nicht einschüchtern, sondern überreichte die ganze Korrespondenz der Staatsanwaltschaft, welche nun die Anflage gegen das geldlüfterne Ehepaar erhob. Die Angeklagte versuchte es, die Wahrheit ihrer in dem qu. Briefe erhobenen Beschuldigung nachzuweisen, dieser Nachweis mißglüdte aber gänzlich. Staatsanwalt Werner gab dem Gerichtshof zur Erwägung anheim, welche traurigen Folgen solche gemeingefähr liche Handlungsweise für die Ruhe und das Glück ganzer Familien nach sich ziehen könne und beantragt je 2 Jabre Gefängniß. Der Gerichtshof erkannte jedoch nur auf ie 9 Monate Gefängniß.

Ein Riesenprozeß wegen Stempelhinterziehung, bei welchem es sich um eine Strafsumme von zirka 210 500 M. handelt, beschäftigte heute die 11. Straffammer hiesigen Land­gerichts 1. Die Anklage richtete sich gegen die Direktoren der " Landwirthschaftlichen Bank", D. Adler, Kazenellen bogen, Albert Waiz, Selig Mofes, sowie gegen 19 hiesige Kaufleute und Bankiers, welche mit der Landwirth­schaftlichen Bank Geschäfte gemacht haben. Dieselben wurden beschuldigt, in den Jahren 1882 und 83 bei Schriftstücken über Beitgeschäfte, welche als unter Abfaz 4a des Tarifs zum Reichs­gefeße vom 1. Juli 1881 fallen, den vorschriftsmäßigen Stempel Die Angeklagten waren persön­lich nicht erschienen, ihre Rechte wurden von nicht verwendet zu haben. den Rechtsanwälten Dr. Sello, Heiniz, Sachs, Frän­fel, Basch, Breslauer und Springer wahr genommen. Die Aktiengesellschaft Landwirthschaftliche Bank" ließ ihre Geschäfte eine Zeit lang durch eine Reihe unvereideter Makler besorgen, welche die Verpflichtung hatten, gleich nach Schluß der Börse nach dem Geschäftslokal zu kommen und über Kauf und Lieferungsgeschäfte über Produkte auf 3eit auf fog. Rapportbogen Bericht zu erstatten. Später wurden den Gegenkontrahenten sogenannte Abstimmungszettel ohne Stempelverwendung zugestellt oder die Eintragung der abgeschloffenen Geschäfte in sogenannte Abstimmungs­bücher bewirkt und diese demnächst ohne Stempelverwendung den Gegenkontrahenten vorgelegt und von diesen zum Beichen

Soziale Uebersicht.

Holzarbeiter! Schlußabrechnung der Kom­mission über die eingelaufenen Gelder zur Beschickung des Pariser Kongreffes. Einnahme 815 M. 73 Pf., Ausgabe 494 M. 75 Pf., Unkosten der legten Versammlung vom 16. d. Mts. 34 M. 98 Pf.; bleibt ein Ber ftand von 286 M. Es erhielten laut Beschluß der Versamm lung die Böttcher Berlins 16 M. 70 PF., die Bildhauer Berlins 26 M. 30 Pf., die Stellmacher Berlins 30 M. 50 Bf. Es wurden verabfolgt an den Zentralftreiffonds der Tischler 212 M. 50 Pf. Gesammtsumme 286 M. Namens der Kom miffion: Aug. Apel, Stegligerstraße 91. Namens der Ne visoren: J. Schulz, Tischler, Brizerstraße 42.

Versammlungen.

vor.

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Generalversaminlung der Bädergesellen Berlins und Umgegend tagte am Donnerstag Nachmittag unter Vorsitz des Herrn Pfeiffer in der Königsbant", Große Frankfurferstr. 117. Die Tagesordnung lautete: 1. Was soll durch die aufzunehmende Statistik im Bäckergewerbe erzielt werden? 2. Die Situation im Gewerk und Mittel zur Befferung. 3. Abrechnung vom Streif". Ueber den ersten Punkt der Tages ordnung berichtete Herr Pfeiffer. Er verliest und bespricht zunächst den vom Reichstagsabgeordneten Bebel und im Bert.. Boltsblatt zum Abdrud gebrachten Aufruf. Vorsißender schlägt die Wahl einer dreigliedrigen Kommission zur Beförderung dieser Angelegenheit Herr Hoppe die ermahnt dringend, betreffenden Fragebogen ge wiffenhaft auszufüllen. Er stellt den Antrag, den Verband mit der Verbreitung der erwähnten Fragebogen zu beauftragen. Herr Manthei spricht gegen diefen Antrag. Herr Hoppe vertheidigt ihm gegenüber seinen Standpunkt. Es müsse end lich einmal Elmas gethan werden, den verrotteten Zuständen im Gewerbe, die Redner des Näheren noch einmal vorführt, ein Ende zu bereiten. Nicht weniger als 2500 Bäcker hätten gegenwärtig in Berlin nicht einmal das farge Brot, das man hier dem Bäckergesellen biete. Die Verbandstasse berge eine Summe von gegen 1000 M., die nicht besser verwandt werden fönnte, um durch diese Statistik endlich einmal etwas zu schaffen. Es entspinnt sich wiederum der alte Streit um die Berson des Herrn Hoppe. Es wird schließlich demselben die Ver breitung und Einziehung der Fragebogen übertragen. Es werden ihm noch drei Kollegen zur Seite gestellt.- 3um zweiten Punkt der Tagesordnung führt Herr Pfeiffer aus, daß, da man nach dem Streit bedeutend ungünftiger dastehe, als vor demselben, die Agitation nicht ruhen dürfe. Man solle zunächst das zu er reichen suchen, was jeder anständige Meister von vornherein b zwölf milligen werde und am Ende auch bewilligen müffe: awö f stündige Arbeitszeit, 9 M. Minimalwochenlohn und nach den großen Feiertagen eine freie Nacht. Herr Hoppe nimmt G legenheit zu einer längeren Ausführung, die er mit einem Hoch auf die internationale Arbeiterbewegung schließt, in welches bre Eine Resolution, in Versammlung begeistert einstimmt.

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welcher ausgesprochen ward, daß zu dem Zwecke der Erringung dieser Forderungen der allgemeine Anschluß an die be fand stehende Organisation nothwendig sei, darauf einstimmige Annahme. Das Referat übes

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den dritten Punkt der Tagesordnung, Abrechnung vom Streit, giebt Herr Hoppe. Es sind eingegangen an Teller sammlungen vom 11. April bis zum 9. August 884,99 9. freiwillige Sammlungen ergaben 2194,60 M. Von fremder Städten und andern Gewerkschaften gingen insgesammt ein 387,40 M. und Berliner Gemerte spendeten 150 M. Mit Ein­schluß einiger kleinen Einnahmen ergab die Gesammt Ein­nahme die Summe pon 3626,99 M. Die Ausgabe betrug 1852,35 M. und der Bestand 1774,64 M. Nach Erledigung einiger persönlicher Bemerkungen schloß die Versammlung. Der Fachverein der Gas-, Wasser-, Heizungs­Rohrleger und Berufsgenossen Berlins hielt am Sonntag. den 22. September, in Feuerstein's Salon, Alte Jakobstraße Nr. 75, feine regelmäßige Mitgliederversammlung mit folgender Tagesordnung ab: 1. Vortrag des Herrn C. Pirch über Das­Recht auf Arbeit." 2. Diskussion. 3. Aufnahme neuer Mit glieder. 4. Verschiedenes und Fragekasten. Der Referent führte zunächst aus, wie vor einiger Zeit von hoher Stelle in Reichstage das Recht auf Arbeit" verkündet worden, und wie es von den Behörden aufgefaßt werde. Er kritisirte eingehend die Manipulationen der Behörden in den Staatswerkstätte und ist der Ansicht, wenn das Recht zu arbeiten von hoher Stelle proflamirt worden sei, man auch keinen Unterschied bei Einstellung von Arbeitern betreffs der Altersgrenze zu machen habe; denn diese könnten doch nicht bis zum 70. Jahre auf ben Genuß der fetten Altersrente lauern. Zur Kennzeichnung der Art und Weise, wie das Recht auf Arbeit gehandhabt wird führte Redner ferner noch die Maßregelungen in den verschie benen Industrien an. In den Arbeiterkolonien erhalten die Leute einen derartig lächerlichen Prozentfak Lohn, daß dieselben bei Entlassung aus denselben noch Schulden hinterlassen müffer