Einzelbild herunterladen
 
gegen endete ein im November ausgekrochener Streik der Milch- kutscher mit einer absoluten Niederlage für die Tireikenden, ob- gleich es sich gar nicht um eine Lohnfrage Handelle, sondern allein um das Recht der Kutscher, Mitglieder eines Fahrvereins zu sein. Eine ähnliche Frage war die Ursache eines Landarbeiterstreiks in der Nähe von Aarhus  , der damit endigte, daß das Vereinsrecht der Arbeiter anerkannt wurde. Auf dem platten Lande ist man übrigens von Streiks verschont worden, auch stehe» solche kaum in absehbarer Zeit zu gewärtigen. Es soll nämlich die allgemeine Anschauung bei den Leitern der Arbeiterpartei vorherrschen, daß Arbeitseinstellungen der Landarbeiter uuter den gegenwärtigen Konjunkturen unmöglich zu einem günstigen Resultat führen können. In Kopenhagen   sind die Arbeitsverhältnisse während des ganzen Jahres günstig und die Arbeitslosigkeit in dem bisher ver- flosseiien Theil des Winters nur sehr gering gewesen. Hoffentlich wird Herr v. Stumm diese auch in anderer Hinsicht belehrende Auslassung sich hinter den Spiegel stecken was auch anderen Herren sehr zu empfehlen. Vor dem sozialdemokratisch m Gottseibeiuns oder dem Gewerkschaftsteufel brauchen sie sich dabei nicht zu fürchten denn von durchaus reiner das heißt in bezug auf patentirte Königs-, Kaiser- und Reichstreue durchaus unverdächtiger Stelle kommt die Belehrung aus der* K r e» z- Z t g." des gestrigen Tages.   Wie man dcnnnzirt! In der Redaktion derKrenz-Zeihlng dieses vornehmsten und edelsten Organs unserer Vornehmste» und Edelsten, ist man in der edlen Kunst des Denunzirens von jeher wohl erfuhren gewesen. Es ist diese Kunst eine der Gaben, die dem preußischen Junkerblalt von einer freundlichen Fee in die Wiege gelegt wurden. Niemals hat es diese höhere Kunst mit größerer Virtuosiiät bethäligl als in nachfolgender zweifellos aus anarchistisch-polizistischer Quelle stammender Einsendung: Am sterdam, 7. Januar. In de» letzten Tagen des alten Jahres h ielt die niederländische Sozialdemokratie ihren diesjährigen Kongreß ab, dessen Verhandlungen und Be schlüsse sich sehr interessant gestaltete». Es ist bekannt, daß sich innerhalb der niederländische» Sozialdemokratie seit geraumer Zeit zwei grundverschiedene Strömungen kundgeben, welche bereits auf dem letzten internationalen Sozmlistenkongreß in London   mit großer Schärfe zu tage traten. Die eine Richtung nähert sich der Auffassmig derjenigen Sozialisten, welche die Vertretung der Partei in den Parlamenten begünstigen und wenigstens vorläufig jede Gemeinschaft mit dem Anarchismus von sich weisen. Die andere Richtung aber betrachtet dieses gemäßigte Glanbensdekenntniß nur als ein schwindelhaftes Lockmittel, um die bürgerlich sinnten auf den sozialistischen   Leim zu locken, und ihre Anhänger sagen es rund heraus, daß die Sozialdemokratie keine Ordnungs Partei sei, sondern eine Partei der Revolution. An der Spitze dieser Partei steht der einflußreiche und bedeutendste nieder- läudische Sozialistensührer Domela Nieuwenhnis, der in seinem weit verbreiteten Hetzblatt«Recht voor allen im Grunde genommen nur anarchistische Grundsätze ver- tritt. Domela NieuwenhniS, welcher vor einigen Jahren der niederländischen Kammer augehörte, aber dann durchfiel, ist plötzlich zur Einsicht gelangt, daß die Proletarier, als deren Ver treter sich dieser Millionär aufspielt, von dem Parlamentarismus nichts zu erwarte» haben, sondern nur von der Anwendung der Gewalt, die er als das beste Mittel zum Ziele preist. Deshalb fordert Domela Nieuwenhuis   einen engen Anschluß der Sozial demokratie an den Anarchismus, zu dem ihn seine ganze Tendenz hindrängt. Man war nun neugierig, zu sehe», welche Richtung innerhalb der niederländischen Sozial demokratie ans dem Kongresse die Oberhand gewinnen werde. Der Sieg ist Domela Nieuwenhuis   und seinen Anbänger» ge bliebe», indem der niederländische Sozialisteukongreß jede Be theiligung der Partei an den bevorstehenden Parlamentswahlen verwarf, dagegen den sehr bezeichnenden Beschluß faßte, fortan den Anarchisten die Ausnahme in den sozialistischen   Parteiverband zu gestatte». I» Holland   vollzieht sich schon der Amalgamirungsprozeß der Sozialdemokratie mit dem Anarchismus, ein Prozeß, den jeder vernünftig Denkende längst vorausgesehen hat. Im Schwanz steckt das Gift", wie bei dem Skorpion. Herr Domela Nieuwenhuis   hat von der Sozialdemokratie Fußtritt Über Fußtritt erhalten; seine zudringlichen Versuche, sich als stamm- und zielverwandt bei ihr einzuschmarotzen, sind von dem letzten Internationale» Arbeiterkongreß so kräftig zurückgewiesen worden, daß er auf alle weiteren Versuche verzichtet und sich offen als Anarchist" entpuppt hat. Und das nennt der Biedermann der Kreuz-Zeitg." einenAmalganiirungsprozeß der Sozialdemo- k r a t l e mit dem Anarchismus", einenProzeß, den jeder vernünftig Denkende längst vorhergesehen hat! Da könnte ja der Zuchthäusler Freiherr   v. Hammerstein mit viel größerem Recht von sich sagen, er sei mit dem jetzigen Chefredakteur derKreuz-Zeitung  " a m a l g a m i r t". Chronik der MajestätsbeleidigungS- Prozesse. Eine An- klage wegen M a j e st ä t s b e l e i d i g u n g, die als Typus für eine ganze Reihe derartiger Anklagen gellen kann, führte gestern die Frau des Eisendrehers Rinke vor die 7. Strafkammer des Berliner  Landgerichts I  . Die Angeklagte wohnt mit der Frau Tischler Wolf in einem Hause, Adalbertstraße 24. Beide Frauen hatten sich verfeindet und es kam zu einer Privatklage der Angeklagten gegen Frau Wolf. Nunmehr brüstete sich letztere einer Hausgenossin gegenüber, daß es ihr ein leichtes sei, ihrer Gegnerin zu einigen Monaten Gesängniß zu verhelfen. Wohin diese Drohung zielte, zeigte die auf ihr Betreiben erhobene Anklage wegen Majestätsbeleidigung. Frau Rinke soll eine solche im Jahre 1894 also vor drei Jahren! ausgestoßen haben. Die Denunziantin behauptete, daß die Angeklagte eines Tages zu ihr ? gekommen sei und ihr geklagt habe, daß sie wieder nichts in der ächsischen Lotterie gewonnen habe; hierbei habe sie dann eine Bemerkung gemacht, die eine schwere Beleidigung der Person des Kaisers ent- halten habe. Die Angeklagte bestritt entschieden die Wahrheit dieser Behauptung, deren Erfindung schon daraus hervorgehe, daß sie zu jener Zeit überhaupt nicht in der sächsischen Lotterie gespielt habe. Frau Wolf und deren Tochter beschworen ihre belastenden Aussagen. Der Gerichtshof erkannte jedoch in Uebereinftimmung mit dem Staatsanwalt aus Freisprechung, da dem ganzen Borgange die innere Wahrscheinlichkeit fehle und bei der Länge der Zeit die Sache sich nicht ausklären lasse. Deutsches Reich. Die Kommission für Arbeiterstatistik erledigte in zweitägiger Sitzung die Berathung zur Erstattung eines Berichts über die Erhebungen der Arbeitsverhältnisse der in der Kleider- und Wäschekonfeklion beschäftigten Arbeiter. Ein großer Theil der ermittelten Mißstände ist in dem System der Hausarbeit begründet, welche in diesem Industriezweig fast allgemein vor- herrscht. In einzelnen Ländern hat man den Versuch gemacht, dieses System durch die Gesetzgebung zu bekämpfen. Zu solchem Schritt konnte man sich in Deutschland   unter dem Februarkurs des Jahres 1890 nicht entschließen und noch weniger wie damals, ist heute dazu eine Neigung vorhanden. Unter dem Ein- druck, den die bei dem Streik des vorigen Jahres zu tage getretenen Bilder aus die Gemüthcr ausübten, haben die Regierung und die Majoritätsparteien sich insofern festgelegt, daß sie versprachen, etwas zur Beseitigung der bestehenden Mißstände beizutragen. Die Mehrheit der Konimission ist nun zu dem Schluß gekommen, daß sie ettipfiehlt, die Schutzbestinimungen der ßh 13S bis 139b der Gewerbe-Ordnung(Verbot der Kinderarbeit, Maxinml- Arbeitstag von zehn Stunden für jugendliche Arbeiter und Elfstunden-Arbeitstag für weibliche Arbeiter u. s. w.) auf die Werkstätten der Konfeklions- industrie auszudehnen, serner daß das Mitnehmen von Arbeit in die Wohnung eingeschränkt wird. ES wird ferner empfohlen, daß daS ArbeitSverhältniß mehr geregelt wird, indem bei Stückarbeit entweder durch Lohntarife, Lohnbücher oder Lohnzettel der Arbeiter vor Beginn der Arbeit über den Lohn, der für das Stück gezahlt wird, Kenntniß erhält. Ebensalls war die Mehrheit der Konunissio» der Ansicht, daß die Arbeiter gegen Krankheit, Invalidität und Alter versichert sein müssen, daß die Versicherungspflicht auch ach die Hausarbeiter ausgedehnt werden muß und die Konfektionäre zur Zahlung der Beiträge herangezogen werden, welche die Unternehmer zu entrichten haben. Zum Schutze der Gesundheit der Arbeiter bieten die ßß 120a bis 120 o der Gewerbe-Ordnung den Behörden mancherlei Gelegen heit. Wenn die Behörden bei Werkstätten von ihren Befugnissen wenig Gebranch gemacht haben, dann ist dieses zum theil darin begründet, daß die sachverständigen Beamten, die Gewerbe Inspektoren, so wenig in die Werkstätten hineingekommen sind. Werden die ßZ 13S bis 139b der Gewerbe-Ordnung auf die Werkstätten der Konfektionsindustrie angewendet, dann sind die Gewerbe- Inspektoren angewiesen. dies« Werkstätten zu besuchen, sie können dann die nöthigen Anregungen zur Be seitigung der Mißstände geben Andere Mißstände wie z. B., daß die ArbeitSräume gleichzeitig als Wohu-, Schlaf- und Kochräume benutzt worden, sind Mißstände, welche allgemein mit der Hausarbeit verknüpft sind, die aber am wirksamsten durch Wohnüngsgesetze bekämpft werden können. Die Uebertragung ansteckender Krankheilen durch Kleidungsstücke� die in Räumen angefertigt sind, in denen Kranke liegen, kommt nicht nur durch in der Konfektionsindustrie, sondern auch durch von Handwerkern angefertigte Kleider vor. Soll hierfür ein Schutz geschaffen werden, dann muß dieses durch ein Seuchengesetz ge schehen. Die Frage, ob durch gewisse Arbeitsmethoden, wie die Aw Wendung des Kohlenbügeleisens, die Gesundheit der Arbeiter ge- fährdet wird, wurde allgemein bejaht. Ebenfalls war die Mehrheit der Kommisston der Ansicht, daß die regelmäßige Beschäftigung mit Maschinennähen für jugendliche weibliche Arbeiter mit besonderer Gefahr für die Gesundheit der Arbeiterinnen verknüpft ist. Die allgemeinen Grundsätze, welche die Kommission aufgestellt, sollen in einem Bericht zum Ausdruck gebracht und dem Reichs kanzlet übermittelt werden. Bis diese Grundsätze sich zu einem Ge setzesvorschlage verdichten, wird es noch geraume Zeil dauern. Denn mit der Schnelligkeit, mit welcher Strafgesetze oder Gesetze, in welchen Gelder für Militärzwecke gefordert, ausgearbeitet werde», sunktionirt die Gesetzgebungsmaschinerie nicht, wenn der Arbeiter- schütz Gegenstand der Gesetzgebungsarbeit ist. Zur Abänderung der Bäckereiverordnung soll, wie wir aus wohlinformirten Kreisen erfahren, im preußischen Slaatsministerium keine Neigung vorhanden sein. egen die vorzeitige Pensionirung der Offiziere, die in dem Prozesse gegen Genossen Theiß, den ver- antwortlichen Redakteur derRheinisch-Westsälischen Arbeiter-Ztg/ eine Rolle spielte, wenden sich nun anch mit Entschiedenheit in be achtenswerlhen Ausführungen dieHamburger Nachrichten". Sie schreiben: Die Pensionirung der Offiziere erfolgt jetzt so rasch, daß das gesetzliche Maximum der Pension ihrer Charge zu erlangen für sie zur völligen Illusion wird, und nur die allerselteusten Ausnahmen dabei vorkommen. Die durchschnittliche Pensionirung der Haupt leute erfolgt»ach dea seinerzeit in der Budgetkommifsion gemachten Angaben im Alter von 41 Jahren, die der Stabsoffiziere mit 43 Jahren, die den Regimentskommandeure mit Sl'/, Jahren, die der Brigadekommandeure mit, die der Divisionskommandeure mit 53 und die der Korpskommandeure mit 80 Jahren. In derjenigen Armee, die am meisten bestrebt ist, uns in jeder möglichen militärischen Richtung den Rang abzulaufen, der französische  », betragen die gesetzlich normirten Altersgrenzen nach ihrer kürzlich vorgeschlagenen Herabsetzung für den französischen   Divisionsgeneral, auch wenn er kouimandirender General ist, 64 Jahre, für den Brigadegeneral 61 Jahre, für den Obersten S9 Jahre, für den Oberstlieutenant S7 Jahre, für den Major Jahre, für den Hauptmann S2 Jahre. Auch die Offizierkorps der übrigen Armeen sind zum großen Theil beträchtlich älter als das deutsche. Bei der russischen Armee geht dies schon aus dem Um- tande hervor, daß ein Lebensalter von S0 Jahren, allerdings als Maximalgrenze, bei der Beförderung vom Kapitän zum Oberst- lieutenant, d. h. zum Stabsoffizier, vorgeschrieben ist. Die russische Armee zählt unter ihren Generalen eine beträchtliche Anzahl junger Persönlichkeiten, allein in allen übrigen Chargen ist ihr Offizier- korps älter als das deutsche. Die Pensionirungen sind im Ver- hältniß weit weniger zahlreich als im deutschen   Heere und treten wohl auch aus ökonomischen und humanen Rück- echten weniger rasch ein. In der italienischen Armee sind die gesetzlichen Bestimmungen für die Pensionirung da« durch charakterisirt, daß eine Versetzung in den Ruhestand mit Pension erst beantragt werden kann bei den Generalen und Stabsoffizieren nach Svjähriger, bei den Subalternoffizieren nach 2Siähriger Dienstzeit. Bis zu diesem Zeitpunkt sind die betreffenden Chargen verpflichtet, von körperlicher Dienstunfähigkeit abgesehen. im Dienst zu bleiben, wenn sie bei ihrem Ausscheiden Pension beziehen wollen, während im deutschen Heer» jedem Penstons- gesuch vor diesem Zeitpunkte, bei dem der Nachweis der körperlichen Dienstunfähigkeit bekanntlich die reine Form ist, mit ganz verschwindenden Ausnahmen ohne weiteres Folge gegeben wird. Um jenes Recht geltend zu machen, muß überdies im italienischen Heere das folgende Lebensalter bei den einzelnen Chargen erreicht sein: bei den Armeegeneralen und General  -Lieutenants 60 Jahre, den Generalmajors 55 Jahre, den Stabsosfizieren 52, den Subaltern-Osfizieren 45 Jahre. Sowohl im ranzösischen wie im italienischen Heere ist also das Offizierkorps durch gesetzliche Bestimmungen und im russischen durch den uberlieferten Ge- !, rauch vor zu frühzeitiger Pensionirung geschützt. Dieser Schutz aber ist es. der dem deutschen   Offizierkorps gänzlich fehlt und auf deffen Nothwendigkeit die Verhältnisse immer gebieterischer hinweisen. Di« heutige materielle Lage des Offizierstandes»ach der Ver- abschiedung drängt immer gebieterischer auf die Einführung ge- 'etzlich normirter Altersgrenzen und auf das kommissarische Ver- ahren bei Verabschiedungen und Beförderungen im Frieden hin. Mit den heute beliebte,� vorzeitigen Pensionirungen muß uw bedingt gebrochen und unser Offizierkorps in der Jnnehaltung seiues - ligstens annähernd so gestellt werden wie das der Lebensbernfes wenigstens übrigen Mächte. Deh- und wehmüthig quittirt der Bund der Land- wirthe die seinem offiziellen Organe von derVerl  . Corr." applizirte Ohrfeige. DieDeutsche Tages-Zeitung" giebt zu. daß der Artikel der wirthschaflspolitischen Blätter durchaus unwahr sei. Die Versammlung Delegirter von fast allen preußischen Handelsplätzen trat gestern und heute hier zusammen. um über die durch die neue Gesetzgebung und deren Ausführung ür den Getreide- und Produtten-Handel geschaffene Lage zu be- rathen. Es wurde nach eingehender Diskussion über die wichtigsten Punkte mit an Einstiinmigkeit grenzender Majorität resp. mit Ein- timmigkeit beschloffen: 1. die Gründung einer Organisation für den deutschen   Getreide- und Produkien-Handel mit dem Sitze in Berlin  , 2. seitens der betheiligten Vereinigungen keinerlei Preis- ermittelungen zu veranstalten und weder direkt noch indirekt zu veröffentlichen. Anläßlich des ZeugnißzwangS-Verfahrens gegen dieFrankfurter Zeitung  " erinnert dieNationalzeitung" an die folgende, am 21. Mai 1895 imReichs-Anzeiger" publizirte Verfügung von fünf Ministern(des Handels, der Finanzen, des Kultus, des Innern und der Justiz) an sämmtliche Regierungs- Präsidenten: Anläßlich eines Einzelfalles, in welchem der Untersuchungs- kommissar in dem Disziplinarverfahren gegen«inen Bürgermeister daS Amtsgericht ersucht hatte, gegen einen von dem Untersuchungs- kommissar geladenen, aber ausgebliebenen Zeugen eine Ordmuigs- strafe eventuell eine Haitstrafe festzusetzen, sind in einem Be- schluß des Oberlandesgerichts in-Naumburg   vom 17. November 1894 folgende Grundsätze ausgesprochen worden: Gegenüber dem Untersuchungskommissar in Disziplinarsachen besteht ein Zeugnißzwang. Da dieser Gegenstand durch das Gesetz betreffend die Dienstvergehen der nichtrichterlicheu Beamten, vom 21. Juli 1852 nicht erschöpfend geregelt ist, so sind die Vorschriften dieses Gesetzes durch die für das ordentliche gerichtliche Versahren jeweilig gellenden Vorschriften, mithin durch die Bestimmungen der Reichs-Strafprozeßordnung zu ergänzen. Der Untersuchungs- kommissar hat demgemäß die in der Strafprozeßordnung gegebenen Strafbestimmungen selbst zu handhaben. Durch Vermitteluug des Anitsgerichts dagegen ist eine solche Strasfestsetznng nicht zu erreichen, soweit eine solche Vermiltelung nicht für beson- dere Fälle, z. B. in dem Gesetz über das Paßwesen, ausdrücklich vorgesehen ist. Euer Hochwohlgeboren ersuche ich ergebenst, zu veranlassen daß vorstehende Rechtsgrundsätze bei dem Verfahren der Untersuchungskommissare in Disziplinarsachen, betreffend nicht- richterliche Beamte, Beachtung finden. Das preußisch« StaalSminifterium nimmt in diesem Erlaffe ent- gegen der Meinung hervorragender Juristen an, daß in Disziplinar- fachen ein Zeugnißzwang zu Recht besieht. Gegen dieHamburger Nachrichten" hat die Redaktion derFrankfurter Zeitung  " die Dennnzialion wegen Landes- verraths unterlassen. Wozu dann die Drohung? Köln  , 11. Januar.  (Voss. Ztg.) Aus Anlaß einer den Fall Brüsewitz   geißelnden Rede während einer Sitzung der Kölner Karnevalsgesellschaft verbot der Gouverner den sänimtliche» Ossi- zieren den Besuch der beiden großen Gesellschafien. Das Verbor ist schon deshalb von weittragender Bedeutung für den Karneval, iveil zur Bespannung sämmtlicher Wagengruppen bei dem Rosenmontags  - zuge die Militärpserde bereitwilligst zur Verfügung gestellt wurden. Krenzbnrg(Ober- Schlesien  ), II. Januar. Bei der heutigen Landtags-Ersatzwahl im Wahlkreise Kreuzburg  -(Ober- Schlesien  ) Rosenberg wurde der hiesige Rechtsanwalt und Notar Mücke(Z.) zum Abgeordneten gewählt. Der klagende Mohr will Berufung gegen die Urtheile einlegen, wo das Strafmaß ihm zu niedrig erscheint. Erscheint Herrn Mohr die Einschätzung seines Ehrverlustes mit drei Mark zu niedrig? DieRhein.- Westf. Ztg.", das führende nationalliberale Blatt des Westens, schreibt: Nachdem nunmehr langsam Einzelheiten aus dem Vorleben MoHr's bekannt werden, welche er dem amtlichenHandbuche der Abgeordneten" nicht übergeben hat, da erheben wir im Interesse des moralischen Ansehens der Partei nunmehr die Forderung, daß ein Mann, der zweimal das Gesängniß gesehen. auS der Liste der parlanlentarischen Führer der Partei gestrichen werde." Meiningen  , 10. Januar.  (Eig. Ber.) Dem Landtage ist der G e s e h e n t w u r f betr. die Neugestaltung der Ge- m e i n d e- O r d n u n g zugegangen. Sind durch denselben anch einige Verbesserungen gegenüber dem jetzigen Zustande ins Auge gesaßt, so werden dieselben doch reichlich durch die neu ausgenommene Be- timmung der an die Höhe des Einkommens sich knüpfenden Mehr- Stimmabgabe wieder aufgewogen. Bis jetzt knüpst« in den Städten daS Wahlrecht zur Gemeindevertretung sich an die Bedingung der erfolgten Bürgerrechtserwerbung. Eine Rareiizzeit bez. des Anfent- Halles im Herzogthum oder in der betr. Stadt existirte nicht, fondern 's konnte vielmehr jeder, der heute in einer meiningischen Stadt ich niederließ, andern Tags sowohl das aktive wie passive Wahl- recht zu den Gemeindevertretungen erwerben. Auf den Dörfern existirt allerdings schon heute das nach dem Einkommen sich richtende Mehr- Stimmensystem. Eine einzige Person giebt dort heute oft bis zu 100 Stimmen ab. Dieser Ungeheuerlichkeit beugt der Gesetzentwurf dadurch vor, daß niemand mehr als 20 Stimmen abgeben kann. Im übrigen enthält der Gesetzentwurf folgende Haupt- 'ächliche Bestimmungen: Das Gemeinde- Bürgerrecht ist nicht mehr an Aufnahme und Gebührenentrichtung gebunden, sondern es steht dem im Vollbesitz der bürgerlichen Ehrenrechte befindlichen 25 jährigen männlichen deutschen   Einwohner einer Ge- meinde gesetzlich zu, wenn er im Gemeindebezirk als Besitzer oder Mitbesitzer eines Wohnhauses, als selbständiger Gewerbe- oder Landwirthschasttreibender oder als Rechtsanwalt oder Arzt mindestens ein Jahr lang, oder sonst mit eigenem Haus- tande drei Jahre lang seinen Wohnsitz hat, sowie auch definitive Anstellung im Reichs-, Hof-, Staats-, Be- meinde-. Schul- oder Kirchendienst. Diese? Recht soll unter gewissen Bedingungen ruhen(u. a. wegen Nichtzahlung von Gemeindeabgaben) und durch Verlust der betreffenden Voraus- etzungen in Wegfall kommen. Stimmrecht in der Gemeinde sollen auch nnt Grundbesitz angesessene Frauen, Minder- äjhrige. Auswärtige und juristische Personen haben, wenn sie eit länger als 1 Jahr über 15 M. Steuern zahlen. Das sogenannte Steuerstimmrecht wird für alle Gemeinden in der Weise geregelt. daß bei einem Steuerbetrag von 1530 M. 2, von 3050 M. 3, von 5075 M. 4, von 75100 M. 5 Stimmen, für je weitere 100 M. e 1 Stinime, aber höchstens 20 Stimmen gewährt werden. Bei der etzigen Zusammensetzung des Meininger Landtags ist an einer An- nähme des Gesetzentwurfs gar nicht zu zweifeln. Kein Mensch dürfte aber von der als liberal verschrienen Meininger Regierung ein solch reaktionäres Gesetz erwartet haben. Die Parteigenossen des Landes werden sofort Stellung hierzu nehmen. Disziplinarkammer für die Schutz DerKölnischen Zeitung  " wird aus Berlin   telegraphirt: hat gemäß der Verordnung vom 9. August 1896 die Mit, Disziplinarkammer und des Disziplinarhofes für die ernannt. Zum Vorsitzenden des Disziplinarhofes ist der des Kammergerichts, Wirkl. Geh. Rath Drenkmann, worden. «biete. er Kaiser lieber der utzgebiete Präsident ernannt Disziplinaruntersuchung ges«n den Kolo- nialhelden Dr. Peters. Nach denLeipz. N. Nachr." ist das gegen Dr. Peters eingeleitete Verfahren soweit gediehen, d. der Bericht über die disziplinarische Voruntersuchung in diese» Tage» an den Reichskanzler gelangen wird. Voraussichtlich werde sich dieser für die Einleitung des disziplinarischen Hauptverfahrens ent- scheiden. Dr. Peters soll am Montag und Dienstag von neuem vernommen worden sein. Oesterreich. Wien  , 11. Januar.  (Eig. Ber.) In L'/e Millionen Exemplaren wurde heute der Wahlaufruf der sozialdemokrati- che» Partei Oesterreichs   in allen Laudestheilen und Landessprachen verbreitet. Damit tritt die Partei osfiziell in die Wahlbewegung. Früher wie die anderen Parteien wendet sie sich mit ihrem Manifest an die Gesammth-it der Wähler, aber nicht zu frühe, denn die Wahle» dürsten nach den Andeutungen des Ministerpräsidenten recht bald tallfinden. Wir heben aus den trefflichen Ausführungen des F..:g- Kaltes die folgenden Absätze hervor: Zwei Drittel der heutigen Wählerschaft waren bisher politisch stumm. Der volksfeindlichen Regierung, den egoistischen Parteien, durch die der Geldsack herrscht, hat die Sozialdemokratie die An- erkennung des Rechtes abgezwungen. Zwar ist dieses allgemeine Wahlrecht nur elendes Stückwerk, und noch immer werden 5000 Groß- grundbesitzer-Familien mehr Einfluß haben als die 5 Mill. Wähler. und die Bollsvertretung wird majorisirt werden durch die alten wivilegirten Kurien. Aber immerhin: die 72 Abgeordneten der ünften Kurie werden«ine wirkliche Volksvertretung sein könne». Der nächste Kampf muß gelten dem allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrecht. Alle die Maskeraden der bürgerlichen Parteien können nick täuschen über den wahren Kampf unserer Zeit, den Kampf zwische