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Regel nur bestätigen zu verfehen haben. Die Taktik lautet: Mundtodtmachung der Oppofitions- Parteien, namentlich der Sozialdemokraten. In Sachsen wird das auf folgende Weise bewerkstelligt. Erstens unterdrückt man die oppofitionellen Wählervereine und sonstigen Organisationen, soweit das irgendwie fich machen läßt. Zweitens erlaubt man teine Versammlungen, und verhindert vor Allem die Kandidaten, zu den Wählern zu reden. Das ist der negative Theil des Programms. Der pofitive ift: Mobilisation aller reichstreuen Organisationen, besonders der Militär- und Kriegervereine. Einschüchterung der Wähler durch Alarmnachrichten jeder Art. Kurz die Praxis des Jahres 1887. Nur daß diesmal mit noch größerem Hochbruck gearbeitet werden muß, da die Wähler mißtrauisch geworden sind.
Im Wurzener Wahlkreis, wo eine Nachwahl zum Reichstag stattfindet, ist es den Sozialdemokraten einfach unmöglich, Versammlungen abzuhalten. Der Kartellfandidat spricht nur hinter verschlossenen Thüren, fo daß man ihm nicht zu Leib gehen kann, und der ganze amtliche Apparat der Beeinflussung ist in Arbeit- natürlich unamtlich. Selbst die Gendarmen agitiren, denn sie sind ja auch Wähler". Beschwerden helfen nichts; entweder werden sie zurückgewiesen, oder der Entscheid wird erst eintreffen, wenn die Wahl vorbei ist.
Auf diese Taktik muß man fich einrichten. Zum Glück fprechen die Thaten der Kartellbrüder so deutlich, daß es der Oppofition doch nicht an wirksamen Waffen fehlt.
In Chemnik, wo die Kartellbrüder für die am 15. Oktober stattfindende Landtagswahl und für die nächste Reichstagswahl mit Grund Niederlagen befürchten, wird hartnäckig keine Wählerversammlung erlaubt, in welcher die sozialdemokratischen Kandidater auftreten. Das ist jedenfalls radikal". Nüzen wird es freilich nichts. Und dieselbe Kartellpresse, die diese Praktiken billigt, entrüstet sich über die Parteilichkeit" der fran zösischen Regierung.
Von dem Reichstagsabgeordneten Herrn W. Liebknecht geht uns mit der Bitte um Aufnahme folgende Erflärung zu:
Die Kreuzzeitung " veröffentlicht in ihrer Nummer vom 18. b. M. einen Artikel, betitelt:„ Ein sozialdemokratischer Antimargist." Dieser Artikel, welcher mir erst jeßt nach meiner Rückkunft aus Paris zu Geficht gefommen ist, nöthigt mich, als Verleger der Volksbibliothek des menschlichen Wissens", zu der Erklärung:
1) Daß die Volksbiliothek" mit der Fraktion der sozialdemokratischen Partei, überhaupt mit der Partei als solcher, niemals in Verbindung gestanden hat;
2) daß ich den Verlag der Volksbibliothek Familienrücksichten übernommen habe; und daß
lediglich aus
3) die Aufnahme der Schlesinger'schen Schrift, wie bereits vor Monaten von mir erklärt ward, ohne meine Zustimmung erfolgt ist, und daß ich das Weitererscheinen verhindert haben würde, wenn dies juristisch zulässig wäre.
Die albernen Schlußfolgerungen der Kreuzzeitung " fallen hiermit in sich selbst zusammen.
W. Liebknech t."
Aus Dresden , 27. September, schreibt man uns: Der Redakteur Teistler vom Sächs. Wochenbl." stand gestern abermals vor dem hiesigen Landgericht, angeklagt wegen Verlegung des§153 der Gewerbeordnung, die dadurch begangen sein follte, daß das" Sächs. Wochenbl." im Mai dieses Jahres anläßlich eines Streits in einer Pianofortefabrik in einem Artikel Arbeiter, welche vor Beendigung des Ausstandes die Arbeit aufgenommen hatten, der Feigheit und Fahnenflucht zieh, und fie als Verräther an der gemeinsamen Sache bezeichnete. Das Amtsgericht hatte den Angeklagten wegen des Vergehens gegen § 153 der Gewerbeordnung freigesprochen, aber auf erhobene Berufung seitens der Staatsanwaltschaft verurtheilte das Landgericht Teistler, zu 3 Monaten Gefängniß, wobei eine frühere Verurtheilung Teiftler's zu 6 Wochen Gefängniß wegen Beleidigung eines Fabrikanten mit eingerechnet wurde. Das Gericht nahm an, der Artikel habe nicht nur Beleidigungen gegen die Arbeiter, welche die Arbeit aufgenommen, enthalten, sondern auch Drohungen. Ferner habe für Teistler nicht die geringste Veranlassung vorgelegen, sich an der betreffenden Angelegenheit zu betheiligen, und sein Gebahren sei nur als gewerbsmäßige Heberei zu bezeichnen.
Man sieht, das Dresdener Landgericht hat der Bestrafung Teistler's eine Motivirung gegeben, welche die von der Nordd. Allgemeinen" und einem Theil der Kartellpresse verlangte Bestrafung derjenigen Berfonen, welche bei einem Ausstand nicht persönlich betheiligt sind, auch ohne weitere Gefeßesbestimmungen ermöglicht, und es ist zu erwarten, daß dem Dresdener Landgericht dafür das Lob der Norddeutschen" nicht fehlt. Anerkannt muß werden, daß es bisher fast immer sächsische Richter waren, die einer neuen Auslegung der Gefeße die Bahn brachen, so bezüglich der§§ 128, 129, 130, 131 bes Strafgesezes, der verschiedenen Paragraphen des Sozialistengesetes wir erinnern nur an die fürzlich aus
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werden dann alle die vierbeinigen Fischer das Weite suchen." Damit beruhigte sich der Fischer, empfahl seinen Herrn dem göttlichen Schuß und trabte heimwärts.
Der taube Winzer, außer Timar das einzige lebende Wesen im Hause, schlief schon lange. 3u seiner Taubheit tam noch, daß er dem guten Wein in solchem Maße zugesprochen hatte, daß man völlig darüber beruhigt sein konnte, er werde in feiner nächtlichen Ruhe sich durch nichts stören laffen. Auch Timar ging in sein 3immer hinauf und schürte das Feuer im Kamin.
Er war durchaus nicht schläfrig. Sein aufgeregtes Gemüth verlangte nicht nach träger Ruhe. Es giebt ja noch eine andere Art auszuruhen. Oder heißt das nicht ausruhen, wenn man in falter Winternacht auf den Erker sich hinaussetzt an die offen gelassene Thüre und dann die schweig fame Natur fich betrachtet? Der Mond war noch nicht aufgegangen; nur die Sterne glänzen oben am Himmel und bort unten auf dem glatten Eisspiegel; ihr Widerschein gleicht Karfunkeln, die über eine blanke Stahlplatte zerstreut liegen, oder den Lichtern, welche am Allerseelentag auf den Gräbern flackern.
Er staunt vor sich hin und denkt nicht. Er sitt, ohne irgend eine Empfindung, weder von der Kälte, noch vom Schlag seines Herzens, weder von der äußern noch von der innern Welt, er staunt nur. So ruht er aus.
Biertes Kapitel.
Das Gespenst.
Die Sterne glänzten am Himmel und glänzten auf dem Eisspiegel; kein Lüftchen störte die Stille der Nacht. Da hört Michael hinter seinem Rücken eine Stimme, die ihn also begrüßt: Guten Abend, mein Herr!"
Vor der auf die Treppe führenden 3immerthüre steht in der doppelten Beleuchtung der Lampe und des Kaminfeuers eine Gestalt, bei deren Anblick Timar das Blut in ben Adern gerinnt. In falter Winternacht durch rauhen Nebel ist er über das Eis der Donau vor diesem Gespenst geflohen...
Dem Anzug nach war der Mann ein Seeoffizier, dessen Marine Uniform indessen sichtlich von Sturm und Wetter
Zwidau
gemeldete
Ve: utheilung Aweier Angeklagten zu 1 Monat und 14 Tage Gefängniß, weil diefelben nach einem erfolgten Verbot einer Versammlung es übersehen hatten, die Annonze für die Versammlung zurück zu ziehen, worin das Gericht die Fortfeßung einer verbotenen Versammlung fah sowie jest wieder des§ 153 der Gewerbeordnung.
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Als Gerichtshof fungirten Landgerichtsdirektor Kurz, die Landgerichtsräthe Wolf, Meyer, Echober und Hilfsrichter Affeffor Dr. Richter. Herr Kurz ist der Reichstagsabgeordnete für Plauen i. V. und derselbe, mit welchem der Abg. Bebel vor zwei Jahren in der Sozialistengese glommission des Reichstags das bekannte Renkontre hatte.
Die obere Militärbehörde hat vor einigen Tagen in allen Kasernen einen Befehl ergehen laffen, wonach den Soldaten verboten wird, den Laden der Wittwe des verstorbenen Reichstags- Abgeordneten Rayfer zu betreten. Frau Kayfer führt ein Wäsche- und Schürzen- Geschäft, und es haben bisher wohl kaum je Soldaten in ihrem Laden Einkäufe gemacht. Da aber Frau Kayfer auch eine Abgabestelle für das tit Sächs. Wochenbl." in ihrem Laden errichtete, ist allerdings starke Veranlassung gegeben, dem Militär, im Intereffe der Reichssicherheit, das Betreten des Ladens zu verbieten. Also, Lieb Baterland, fannst ruhig sein. Bor solcher Vorsicht unserer obersten Militärbehörde verstummt die Kritik.
Heber nene kolonialpolitische Forderungen, welche an den nächsten Reichstag herantreten werden, machen die offiziösen Berl. Pol. Nachr." einige Angaben. Zuerst bestätigt das offiziöse Organ, daß, wie wir bereits mittheilten, für Südwestafrika eine Ausgabenerhöhung im nächsten Etat in Aussicht genommen ist, während für Kamerun und Toga Mehrforderungen nicht zu erheben seien. Für Ostafrika soll für 1890/91 der außerordentliche Kredit wieder in Form eines besonderen Gesezes beantragt werden. Das offiziöse Organ fügt hinzu, daß in Ostafrika angesichts der dortigen Zustände von Ausnahmemaßregeln noch nicht abgesehen werden könne. Das wird auch noch geraume Zeit hindurch nicht anders werden.
Immer Steuern zahlen! Die Hamb . Nachr." ziehen aus einer Erörterung der wahrscheinlichen Gestaltung des preußischen Etats für 1890/91 den tröstlichen Schluß, daß der Etat die Mittel zu umfassenden Maßnahmen auf dem Gebiet der Steuererleichterungen oder der allgemeinen Aufbesserung der Beamtengehälter ohne etwaige Erschließung neuer Verbefferungen der vorhandenen Einnahmequellen nicht bieten dürfte". Selbstverständlich!
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Nach Nachrichten der Kreuz- Btg." wird Dr. Peters, menn er nicht an die Rüfte zurückkehrt, mit seinen Leuten verhungern. Falls er weiter marshirt, steht ihm das AbgeSchlachteiwerden" in Aussicht. Die Wahl wird also Hrn. Peters nicht schwer werden.
Eine neue große Heeresverstärkung soll, wie der Berliner Korrespondent der Köln . Volksztg." erfahren haben will, geplant werden durch Schaffung von zwei neuen Armeeforps. Es soll sich dabei nicht, wie bisher gemeldet wurde, nur um die Schaffung von neuen Kommandostäben handeln be hufs anderweitiger Eintheilung der bestehenden Truppentheile, fondern auch um die Vermehrung der Truppentheile selbst, und zwar sowohl der Infanterie und Kavallerie, als der Artillerie und der Spezialtruppen. Andererseits sollten nur abgeschafft werden die 1887 eingeführten 15 vierten Infanterie- Bataillone.
Wir fönnen einen solchen ungeheuerlichen Plan, welcher auf eine Vermehrung des Heeres allein um 33 Infanteriebataillone und einschließlich der Spezialwaffen um etwa 30 000 Mann hinauslaufen würde, nicht für glaubhaft halten, nachdem erst anderthalb Jahre seit der letzten Erhöhung des Heeres um 41 000 Mann verfloffen sind. Wahrscheinlich liegt dieser Nach richt irgend ein Mißverständniß zu Grunde.
Die Kreuzzeitung " bringt einen Leitartikel über unsere militärische Lage, in welcher fie verlangt, daß die Regierung, statt jährlich mit Neuforderungen zu kommen, auf einmal flipp und flar darlege, was absolut nothwendig ist, um das deutscheReich nach außen sicher zu stellen."
Auch den kleinen Lenten auf dem Lande, so wird dem Reichsfreund" von einem Landwirth geschrieben, ist die jezige plögliche Preissteigerung der Schweine durchaus schädlich. Diese fleinen Leute treiben keine Schweinezucht, sondern sie taufen sich ein oder ein Paar junge Thiere, um sie hauptsächlich aus den Abfällen ihrer kleinen Wirthschaft aufzufüttern. Db und in welchem Umfange dies geschehen könne, entscheidet die Kartoffelernte, welche in diesem Jahre allgemein gut auszufallen scheint. Sie müssen nun ießt hohe Einkaufspreise bezahlen, ohne einmal die Sicherheit zu haben, im nächsten Jahre, menn fie ein etwa überzähliges Schwein wieder zum Verkauf bringen wollen, nicht Schaden zu leiden. Denn die Preise für bringen wollen, nicht Schaden zu leiden. Denn die Preise für diese Thierart find großen Schwankungen ausgefeßt, wegen ihrer starten Vermehrung, welche leicht bei hohem Werthstande eine Ueberproduktion hervorbringt. Für den eigenen Konsum aber wird jedenfalls der ländliche Arbeiter durch die jebige fünftliche Preissteigerung ebenso geschädigt als der städtische.
Den Vortheil haben die größeren Wirthschaften, welche Schweine ziehen, und diejenigen, welche in Verbindung mit Brennerei oder Molkerei die Schweinezucht im Großen betreiben, wie dies ja ber herrschenden Richtung entspricht.
Neber die Kartoffelernte spricht sich nach dem„ Berl. Tageblatt" der Amtsrath Schmidt auf Löhme folgendermaßen aus: In vielen Gegenden Deutschlands werde der quanti tative Ertrag einer Mittelernte nicht erreicht, und die drei Faktoren: 1. der geringe Stättegehalt, 2. die Kartoffelfäule, 3. der nothwendige Ersatz des theueren und infolge von Mißwachs fehlenden Korns, der theuern Kraftfuttermittel, des fehlenden Sommer und Winter strohes und des in großen Distritten fehlenden Heues würden die diesjährige Ernte gegen die vorigjährige um zirfa 20 pet. reduziren und fernere 20 pet. derselben gegen die frühere verschlingen. Nach den von Herrn Schmidt vorges nommenen Untersuchungen über den Stärkegehalt der Kar toffeln variirt derfelbe in Löhme zmifchen 16 bis 19 pt., während derselbe in den letzten beiden Jahren 20-23 pt. betrug. Diese Zahlen zeigen einen um ca. 20 pCt. geringeren Gehalt der diesjährigen Kartoffeln gegen den der legten beiden Jahre. Was die Kartoffelfäule betreffe, so glaubt Herr Schmidt auf Grund der ihm zugegangenen und in Zeitungen veröffent lichten Berichte, namentlich aus Schlesien und der Proving Sachsen, den Verlust durch Fäule auf 5 pet. beziffern zu müssen. Der diesjährigen Kartoffelernte werde ferner ein sehr bedeuten der Prozentfak durch die Landwirthschaft entzogen und zwar wegen des Fehlschlagens der Winterkorn, Sommerkorn- und Kleeernten, des Erfazes des theuren Hafens für die Pferdefütterung durch Kartoffeln, infolge der durch die theueren Schweinepreise gegebenen Möglichkeit, die Mast von Schweinen mieder in größerem Umfange aufzunehmen, sowie infolge des Erfazes der vielfach durch Raupenfiaß vernichteten Kohlrüben bei der Schaffütterung. Die vorstehenden Angaben beruhen zwar theilweise nur auf lofalen Berichten, indessen glaubt Har Schmidt, daß diefelben für weitere Kreise, namentlich in den östlichen Provinzen, gleichfalls zutreffen.
Oesterreich- Ungarn.
Prag , 27. September. Laut Erkenntniß des Strafgerichis senats wurden 14 Theilnehmer an den Exzessen in Kladno z schwerem Reifer von 8 bis 18 Monaten, 5 Theilnehmer zu einfachem Kerker von 5 bis 13 Monaten verurtheilt. Gegen die Strafen, welche die oberschlesischen und Waldenburger Berg leute getroffen, find diese Urtheile österreichischer Nichter außer ordentlich milde.
Das gegen den Bundesanwalt von den schweize rischen Sozialdemokraten angerufene Referendum ist nicht zu Stande gekommen. W. T. B." meldet darüber: Berr 27. September. Die Einlieferungsfrist der Stimmen für das Begehren einer Bolfsabstimmung über das Bundesgeset, be treffend die Anstellung eines Bundesanwalts, ist heute Abend abgelaufen. Da nur ca. 20 000 Unterschriften vorhanden fein sollen, so ist das von den Sozialdemokraten angerufene Re ferendum gegen den Bundesanwalt nicht zu Stande gekommen." Die Gründe für dieses traurige Ergebniß hat unser Züricher Rorrespondent in seinem legten Briefe angedeutet.
Paris , den 26. September. In einer unter Bou Iangers Borsige in London abgehaltenen Berathung der boulangistischen Parteiführer wurde nach dem„ XIX Siècle", Da beschlossen, den Verlauf der Ereignisse abzuwarten. Naquet wahrscheinlich im 5. Wahltreise geschlagen werde, folle er an Stelle des unwählbaren Dillon in Lorient auftreten. Sollte in Clignancourt, wo Joffrin weniger Stimmen als Boulanger erhielt, eine Stichwahl stattfinden, so wird der General zurücktreten und einen andern Parteiführer als Kandidaten aufstellen. Endlich wurde be fchloffen, daß Boulanger einen neuen Aufruf ans Boll erläßt.
Die Herren in London hätten sich die Mühe sparen können, über den Siz Boulangers in Clignancourt zu verfügen, denn der amtliche Bählungsausschuß hat foeben im Stadthause die für Boulanger abgegebenen Stimmen für ungiltig, und somit 3offrin für gewählt erklärt. Ein gleiches Schicksal miderfuhr den für Rochefort abgegebenen Stimmen im 1. Wahlkreise des 20. Bezirks; da aber keiner der übrigen Kandidaten die absolute Mehrheit erhielt, so hat dort eine Stichwahl ftattzufinden, wie in den übrigen 35 Bezirken der Seine, in welchen am vorigen Sonntage feine endgiltige Wahl zu Stande gekommen ist. Die Verhandlung des Wahlausschusses fand öffentlich statt. Ein Theil der etwa 150 an wesenden Wähler nahm die Ungiltigkeitserklärung der Stimmen Boulangers mit Ausrufen des Erstaunens auf, entfernte fich jedoch, ohne die Ruhe weiter zu stören.
Der Zählausschuß des Departements Morbihan hat das Wahlgefek anders ausgelegt, wie der hiefige, und die Wahl des Grafen Dillon als formell giltig anerkannt. Da jedoch das Urtheil des Staatsgerichtshofes Dillon die Wählbarkeit ent
,, Gut, gut; aber in diesem Rock fehlt noch etwas. Was meinen Sie wohl, gehört noch dazu? Nicht wahr? Die Brieftasche."
Timar nahm stumm aus einer Schublade die dort aufbewahrte Brieftasche und warf sie ihm hin. Der Vagabund griff mit der einen Hand danach, öffnete sie mit BuhilfeEinnahme der Zähne und zählte das darin befindliche Geld, die Tausender und Hunderter.
stark gelitten hatte. Die grüne Farbe des Tuches war auf den Schultern ganz verschossen und einige Knöpfe waren abgerissen. Auch die Schuhe befanden sich nicht im besten Zustand. Die Naht war vorn an der Spitze aufgegangen, so daß die nackten Behen zum Vorschein famen; über den einen Schuh war sogar ein Stück Teppich gebunden. Der lumpigen Hülle entsprach auch der Träger derselben. Ein sonnenverbranntes Gesicht, mit vernachlässigtem Bart. An der Stelle des abrafirten Schnurrbartes borstige Stoppeln; quer über die Stirn war ein schwarzes Seidentuch gebunden, welches ein Auge zudeckte. Dies war die Gestalt, die Timar guten Abend gewünscht hatte.
,, Krißtyan!" sagte Timar leise.
" Ja wohl, Ihr liebes Theodorchen, Ihr angenommenes Pflegeföhnchen Theodor Krißtyan! Schön, daß Sie mich doch noch erkannt haben."
,, Was willst Du?"
"
Vor allem Andern wünsche ich diese Doppelflinte in meine Hände zu bekommen, es könnten Ihnen sonst meine Worte einfallen, mit denen wir uns bei unserer legten Begegnung trennten: wenn ich Ihnen noch einmal unter die Augen trete, so schießen Sie mich nieder!" Ich habe seitdem meine Meinung geändert." Damit ergriff der Ankömmling das Gewehr Timars, das in einer Ecke lehnte, warf sich in einen Lehnstuhl am Kamin, und legte das Gewehr schuß bereit über seine Kniee. So, jezt können wir ruhig mit So, jett fönnen wir ruhig mit einander plaubern. Ich komme von weit her und bin schreck lich müde. Meine Equipage hat mich in Stich gelassen und ich mußte einen Theil meines Weges zu Fuß zurücklegen." Was wollen Sie hier?" sagte Timar zu ihm. " Fürs Erste, ein anständiges Gewand; denn das, welches ich anhabe, trägt schon sehr die Spuren der Unbilden des Wetters an sich." Timar trat an den Schrank, nahm seine mit Astrachan verbrämte Pikesche und die dazu gehörigen Kleidungsstücke heraus, legte sie zwischen sich und Kryßtyan auf den Fußboden und wies stumm darauf hin. Kryßtyan auf den Fußboden und wies stumm darauf hin. Der Landstreicher hielt in der einen Hand die Flinte, den Finger beständig am Drücker haltend, hob mit der anderen die Kleidungsstücke eines nach dem anderen auf und prüfte die Kleidungsstücke eines nach dem anderen auf und prüfte fie der Reihe nach mit Kennerblick.
,, Nun, das läßt sich hören," sagte er, das Portefeuille in die Seitentasche der Pikesehe steckend. It's erlaubt, auch noch um Wäsche zu bitten? Die meinige trage ich schon wochenlang am Leibe; ich fürchte, fie fönnte nicht mehr salonmäßig sein." Timar reichte ihm aus dem Schrank ein paar Stück Weißwäsche. Nun, jetzt bin ich so weit versorgt, um an's Toilettemachen gehen zu können. Vorher muß ich Ihnen einige Aufklärungen geben, um dem Herrn föniglichen Rath Eins und das Andere, was dabei zum Vorschein kommen wird, verständlich zu machen. Doch zum Teufel, warum werfen wir untereinander mit Titeln herum! Sind wir doch alte gute Kameraden! Dußen wir uns doch." Eimar setzte sich sprachlos an den Tisch. Timar setzte sich sprachlos an den Tisch. Also mein lieber Kumpan," begann der Flüchtling ,,, Du erinnerst Dich wohl noch, daß Du mich vor einigen Jahren nach Brafilien ge schickt hast. Ei, war ich damals breiweich davon gerührt! Ich adoptirte Dich zum Vater und gelobte Dir, ein rechtschaffener Mensch zu werden. Du hast mich aber nicht des halb nach Brasilien geschickt, um einen ordentlichen Menschen aus mir zu machen, sondern damit ich auf dieser Hemisphäre Du hast schlau be= hier Dir nicht länger im Wege stehe. rechnet; wenn ein so nichtsnuhiger Junge, an dem keine gute Faser ist, in jenen Welttheil gelangt, von woher das ,, Frauengift" nach Europa gekommen, und den ,, Weißen" eingeimpft worden, muß er schlechterdings zu Grunde gehen. Entweder krepirt er, oder wird ein Räuber; entweder verschlingt ihn das Meer, oder man erschlägt ihn; in einer oder der anderen Weise wird er mir aus dem Wege geräumt. Aber Du hast mir viel Geld anvertraut, Was war das für Dich? Ein Pappenstiel. Du rechneteft darauf, daß ich Dich bestehlen werde und Du mich dann verhaften und einsperren lassen könntest. Es ist ganz so gekommen. Ein paarmal hätte