wählen schon im Januar oder Februar erfolgen sollen, lassen wir dahingestellt. Jedenfalls Ihut man wohl, mit dieser Mög- li&keit zu rechnen, und ungesäumt und mil Anspannung aller Kräfte an die Wahloorbereiiungen heranzutreten." Aua Sachsen, 4. Oktober. Die Angriffe in der Presse und in den Versammlungen auf die Wahlbeeinflussungen, die bisher bei der Agitation für die Nachwchl im 11. sächsischen W-hlkreis(Wurzen -Oschatz ) voraekommen sind, haben den Vor- theit gehabt, daß man von kartellbrüderlicher Seite etwa« an- dere Saiten aufzieht. Die Entrüstung bei einem größeren Tbeil der eigenen Anhänger zwang dazu. So erhielten für yestern Abend die Sozialdemokraten den großen Saal des Oschatzer Rathhauses zu einer Versammlung eingeräumt, ob- gleich der Bürgermeister der Stadt zu den eifrigsten Agitatoren der Kartellparteien gehört. Die Versammlung, in welcher der sozialdemokratische Kandidat Günther und der Abg. Bebet sorachen, war zum Erdrücken gefüllt, es mochten an 1500 Ver- fonen zugegen fein. Die Stimmung war ausgezeichnet. Herr Bürgermeister Hartwig, der dem Abg. Bebel in emigen Punkten Opposition mackte. fand eine Entgegnung, die ihm Zeine Freude bereitete. Man ist allgemein auf den Ausfall der Wahl, die Dienstag, den 8. Oktober, stattfindet, gespannt. Man vermuthet Stichwahl, doch ist die Frage offen, ob die Sozialdemokraten oder die Deutschsreifinnigen mit den Kartell- Parteien in dieselbe kommen. Bei dem verstorbenen Abg. Günther, der 22 Jahre den Wahlkreis im Reichstag vertrat, entstand diese Frage nie, es wurde aber auch nie eine Agitation hervor- gerufen, wie sie dieses Mal im Kreise betrieben wird. Hervorgehoben muß werden, daß die Kartellparteien auf «inen Antrag ihrer Gegner, die Stimmzettel von gleichem Papier zu drucken, eingingen und den gegnerischen Parteien je ein Exemplar ihrer Zettel zustellten. Dieses Verhalten ver- dient Anerkennung und es wäre ein sehr erheblicher Schritt zur Sicherung des WahlgebeimniffeS geschehen, wenn dieser Vorgang bei den nächsten Wahlen allgemein Anklang fände. Mer ist verantmartlich? Das Schöffengeiicht in Guben hat oie beiden verantwortlichen Redakteure der freisinnigen „Riederlausitzer Volksztg." zu Geldbußen verurtheilt, weil die- selben sür den politischen Theil bezw. für den lokalen Theil der Zeitung zeichnen, das Blatt aber außerdem noch eine Rubrik für„Nachbarliches" und„Vermischtes" enthalte, ohne daß ein verantwortlicher Redakteur für diesen Theil vorhanden sei. Durch ihren Vertheidiger Herrn Rechtsanwalt Dr. Lewin in Guben ließen die Beschuldigten geltend machen, daß, wenn überhaupt auS der Zeichnung der Zeitung nicht mit Bestimmt- hcit zu ersehen sei, für welchen Theil die Beschuldigten zeich- neten, nicht sie, sondern der Herausgeber strafbar sei, werl er für eine richtige Zeichnung seines Blattes nickt gesorgt habe. DaS Gericht erklärte aber die zeichnenden Redakteure für ver- antwortlich. m* c■ An» Technikerkreife« finden wir folgenden Nothruf m den Blättern: „Wir leben im Zeitalter der„Sozialreform". Man wrll für Alle sorgen, insbesondere für die Arbeiter. Der Stand der Techniker aber, der die Erfolge der Industrie in erster Reihe ermöglicht, geht leer aus. Sie arbeiten größtentheils im Dienste privater Unternehmungen, und wenn ihre Kräfte ver- braucht sind und die schwere Zeit des Alters kommt— wer sorgt für sie? Zugegeben, daß einige Großsabrikbesitzer dieser Frage schon näher getreten und ihre in langjährigen Diensten stehenden technischen Beamten mit einer kleinen Versorgung für deren späteres unproduktives Alter bedacht haben: aber was will das heißen der großen Masse derjenigen Industriellen gegenüber, die sich um diese Frage noch gar nicht gekümmert haben? Die Stellung der Privattechnikcr ist im günstigen Falle der Art, daß ste bei mäßigen Ansprüchen auskömmlich zu leben im Stande sind; aber das Ziel, im späten Alier eine von Sorgen entlastete Ruhe zu genießen, vermögen sie nicht zu erreichen. Sind ihre Kräfte erschöpft, so verfallen sie im Alter oft einer Notb. von der Armen- und Krankenhäuser ge- vugsam berichten könnten. Es besteht zwar ein„Deutscher Technikeroerband", der manches Gute leistet, aber doch zu schwach ist, dem großen Uebel zu steuern, dem sich hoffentlich mehr als bisher die gebührende Beachtung aller Betheüigten zuwenden wird." So weit der Nolhrus der Techniker. In gleicher Lage wie diese befinden stch die Buchhalter, Korrespondenten, Schreiber, überhaupt das Kontorpersonal der Kaufleute und Industriellen, die Kommis diverser Branchen und die Angehörigen anderer Berusszweige— sie Alle werden kommen und sagen, wir be- finden uns Alle in derselben Lage wie die Lohnarbeiter; wenn wir unsere Kräfte dem privaten Betriebe zum Opfer gebracht und alt und arbeitsunfähig geworden sind, so mögen wir sehen, wo wir bleiben. AuS diesen Reden leuchtet ein ahnungsvoller Geist. Und so hätte denn die staatliche„Fürsorge" für die Arbeiter das Klaffenbemußtsein dieser Geistesproletarier geweckt, die heute noch in politischer Beziehung weit hinter den aus- .geklärten Lohnarbeitern stehen und glauben, sie seien keine „Arbeiter" und hätten sich zu hüten, wie diese in den Emanzipationskampf einzutreten. Daß dieser Glaube all. mälig schwinden werde, dessen find wir gewiß, daß aber
Timea und dem Major gegenüber trieb Athalie die Unterwürfigkeit fast bis zur Kriecherei. Weder ihre Mienen, noch ihr Betragen verriethen ihre früheren An- fprüche. Wenn der Major zu Besuch kam, öffnete sie ihm lächelnd die Thür, führte ihn höflich zu Timea, nahm an der Konversation Theil, und wenn sie das Zimmer verließ, hörte man auS dem Nebengemach ihr lustiges Trällern. Die Manieren einer Zofe, welche sie affektirte, hatte sie künstlich sich anzueignen gewußt. Einmal forderte Timea sie aus, vierhändig mit ihr zu spielen, worauf Athalie mit naiver Verschämtheit und so, daß der Major eS hören konnte, er- widerte, sie habe das Klavierspielen schon ganz verlernt, das «inzige Instrument, an dem sie noch spiele, sei das„Hack- brett", nämlich nicht das, welches der Ungar Zimbal nennt, sondern worauf man die Wurstfülle hackt. Seit jener großen Katastrophe spielte Athalie nur dann Klavier wenn sie wußte, daß Niemand ihr zuhören konnte. Zucken nicht alle Deine Nerven zusammen, wenn Du dieses Mädchen Dir inS Gesicht lächeln siehst? Läuft es Dir nicht eiskalt durch die Adern, wenn sie sich herabbeugt, um Dir die Hand zu küssen? Wenn sie Deine Stiefeletten Dir zuschnürt, ist es Dir dann nicht, als winde eine Schlange mit ihren kalten Ringen sich um Deinen Fuß? Und wenn sie das Trink- glas Dir füllt, fällt es Dir dann nicht ein, nachzusehen, was auf dem Boden sich befindet? Nein, nein. Timea hegt keinen Argwohn. Sie ist ja so gut. Sie behandelt Athalie wie ihre leibliche Schwester. (Fortsetzung folgt.)
Klus Munfl und reden. Zola als Gestbtporntpp und Tagespolitiker. Dem »B. T." wird aus Paris geschrieben:„Zola soll in diesen T igen als Geschworener fungiren. Das macht ihm keinen Spaß. Er hat seinem Aerger einem Gauloieredakteur gegen- mb.r Luft gemacht. Ec erkennt wohl die Nothwendigkeit der Geschworenengerichte an, aber er will nicht, daß man die Leute
ozar die AlterSoerficherung als ein We.k. daß dem„de- stiuktiven" Geiste entgegenwirken soll, im Gegentheil diesem „destruktiven" Geiste entgegenkommt, das ist uns eine große Ueberrafchung..„, Dresden » 4. Oktober. Ein hohes Maß von Un— ver- frorenheit hat der Direktor der Siemens'schen Glasfabrik im benachbarten Löbtau an den Tag gelegt. Als am vorigen Sonntag eine Versammlung in der Nähe der Fabrik in einem öffentlichen Lokal abgehalten wurde, verbot der Direktor durch Anschlag den Besuch der Versammlung bei Strafe sofortiger Entlassung. Und als einige Arbeiter trotz dieses Ukas, der eines Sklavenhalters würdig ist, die Versammlung dennoch be- suchten, wurden sie auch wirklich entlassen. Wir bedauern nur, daß die übrigen Arbeiter so wenig Selbstgefühl hatten und sich einer solch anmaßenden Anordnung fügten. So weit sind wir denn doch noch nicht in Deutschland herabgekommen, daß der Direktor oder der Unternehmer einer Fabrik den Arbeitern vor- schreiben dürfen, welche politische Gesinnung sie haben sollen und was sie in Bethätizung ihrer Gesinnung thun, was nicht thun dürfen. Oder sind die Arbeiter bereits Heloten, die nach der Pfeife ihres Herrn tanzen müssen? Die industrielle Feudalität mag diesen Glauben von ihren Arbeitern haben, an den Arbeitern ist es, jenen zu zeigen, daß sie eine solche Unterdrückung ihrer Bürger- und Menschenwürde sich nicht gefallen lassen. Die Kteigernng der LebensmMelpreise macht sich, wie dem„Bert. Tagebl." aus Sachsen geschrieben wird, dort für die armen Hausinduftriellen in besonders empfindlicher Weife bemerkbar. Für diese sind die jetzigen Fleisch- und Brot- preise nahezu unerschwinglich. Fleisch zu essen ist den Hand- webcrn und Wirkern nicht mehr möglich, seit die Durchschnitts- preise für das Pfund Schweinefleisch 80 Pf., Rindfleisch und Hammelfleisch 65 Pf. und Kalbfleisch 60 Pf. in den Industrie- dsstcikten betragen. Dort kostet das Pfund Brot jetzt 12 Pf. Die Kohlen sind erheblrch gesteigert und die Miethen für die beschränkteste Wohnung hoch. Die Arbeitslöhne in den arg darniederliegenden Handwebcreien betragen jetzt vielfach nicht mehr als 6 bis 8 M. wöchentlich, auch in der Wirkerei und einzelnm anderer, Bemfszweigen stehen die Löhne mit den Fleifch und Brotpreisen in keinem Verhältniß. Uelxr de« Protest des Sultans von Sanstbar gegen das Verbot des Waffenverkaufs lautete die Meldung der„Times" dah n:„Der Sultan richtet« einen Protest an die Konsuln Deutschlands und Englands, in welchem er Einspruch erhebt gegen den Fortbestand des Verbots des Waffenverkaufs in Sansibar und gegen einen Erlaß WißmannS, durch welchen die Waffeneinfuhr im deutschen Küstengebiet mit schweren Geld- strafen belegt wird. Der Sultan behauptet, gegenüber seinen Zugeständnissen in der Sklavereifrage sei ihm die Aufhebung der Blokade versprochen worden; dieselbe bleibe jedoch durch genannte Verbote im Küstengebiet, mit Ausnahme des englischen, thatsächlich bestehen.— Es entsteht nunmehr die Frage, in wie weit in den unter der Oberhoheit des Sultans von Sansibar stehenden Gebieten ein Waffeneinfuhrverbot ohne dessen Zu- stimmung erlassen werden kann. Aus dem Mttugediet veröffentlichen verschiedene Blätter neuere Nachrichten, denen wir Folgendes entnehmen: Bekannt- lich machten die Engländer nicht nur auf Lamu Ansprüche, sondern stellten die Forderung auf, daß ihnen auch vom Witu- gebiete die bekannten 10 Seemeilen Küste, welche das deutsch - englische Abkommen vom 1. November 1836 dem Sultan von Sansibar vom I. bis 10. Grad südlicher Breite zugewiesen hatte, zugesprochen werden müßten. An die Erfüllung dieses Verlangens ist dem Vernehmen nach nicht zu denken, eine solche Forderung auch von amtlicher englischer Seite nicht er- hoben worden. Weiter dürfte demnächst eine Entscheidung über den Besitz der Inseln Manda, Patta u. s. w., über welche der obengenannte Vertrag jede Bestimmung unterlassen hatte, in nächster Zeit erfolgen, und zwar zu Gunsten Deutschlands . Ferner dürste ein Besitzwechsel bei der Witu-Gesellschaft er- folgen, wenigstens sind nach dieser Richtung hin Unterhand- tungen eingeleitet. Im Monat Juli ist eine Deputation von Somalis zum Sultan Fumu Bakati in Witu gekommen und hat ihn um die Erlaubniß ersucht, ihre Produkte durch sein Gebiet bis nach Wangs bringen zu dürfen, da sie damit einen viel kürzeren Weg als nach KiSmaju hätten. Der Sultan hat ihnen vorläufig eine zusagende Antwort nicht gegeben, denn die SomalrS sind als diebisch und räuberisch bekannt, man müßte erst verschiedene Einrichtungen treffen, z. B. einige mit Soldaten besetzte Stationen errichten, um sich gegen ihre Ueber- griffe zu sichern. Das kann aber der Sultan nicht eher, als bis ihm die Errichtung von Zollstätten wieder gestattet wird, welche ihm durch ihre Einkünfte solche Ausgaben möglich machen. Dr. Peters hat stch mit den Somalis sofort in freundlichsten Verkehr gesetzt und trotz der eingehendsten Warnungen von Kennern ihren Worten und Versprechungen getraut. Dort besteht jedoch die Befürchtung, daß, wenn die PeterS'sche Erpedition sich weiter von der Küste entfernen sollte, die Somalis einen Angriff auf dieselbe machen werden.
zwangsweise anhalten soll, ihres Gleichen zu richten. Das, sagt er, sei namentlich der Grund, aus welchem er bedauert, zur Schwurgenchtsselsion einberufen zu sein. Er möchte, daß die Jury nur auS Freiwilligen zusammengesetzt sei, da der Zwang ein Attentat auf das Recht zu arbeiten einschließe. Verweigert der als Geschworener Einberufene zu tagen, so kostet das zum ersten Male 500 Franks, das zweite Mal 1000, das dritte Mal 1500 Franks.„Freilich," bemerkte Herr Zola vergnüglich, „wenn man diese 3000 Franks bezahlt hat, verliert man das Recht, als Geschworener zu fungiren. Er hat sie nicht gezahlt, aber er hat alles gethan, um von der Bürde loszukommen. Vergeblich!„Das wird mich sehr in meinen Arbeiten stören/ meinte er,„und mich daran verhindern, meinen Roman in diesen Tagen fertigzustellen. Ich pflege von neun Uhr bis ein Uhr Mittags zu arbeiten, gerade in der Zeit, wo ich im Gericht sein muß." Zola ist ein abgesagter Feind der Todesstrafe:„Ich finde es ungeheuerlich", sagt er,„daß die Gesellschaft sich taS Recht an« maßt, einem Individuum, welches auch seine moralische Be schaffenheit sern möge, das Leben zu nehmen. Es ist das ein fest in mir wurzelndes Gefühl, welches Niemand auszurotten vermag. Ich habe einmal in meinem Leben einer Hinrichtung beigewohnt. Es war im Jahre 1851. Ich war damals kaum 11 Jahre alt. Zu jener Zeit köpfte man noch auf der Place St. Jacques. Die Guillotine war sehr hoch, so daß man den Ver brecher aut sehen konnte. Auf der Schulter eines Verwandten sitzend, habe ich Alles beobachtet und ein solches Entsetzen empfunden, daß ich für alles Geld der Welt einer derartigen Szene nicht noch einmal beiwohnen möchte." Das Gespräch kam auch aus Politik, für die Zola ein sehr mäßige» Jntercsse bekundet.„Sehen Sie," sagte er,„ich habe instrnktmäßig mich immer von Politik fern gehalten. Man kann nicht Politiker und Literat sein. Es find dies zwei Wesen, welche durch verschiedene Mittel zum selben Ziele zu gelangen suchen, zu dem nämlich: von der Menge gekannt und zuweuen geschätzt zu werden. Ich kann Ihnen daher sehr wenig über die Tagespolitik sagen Ich bin jedoch der Ansicht, daß das Wahleraebniß wohl dazu angethan ist, um un» Literaten, Maler und Musiker, die wir vor Allem einen wolkenlosen politischen Horizont wünschen, zu beruhigen. Ich hoffe, daß wir zwei Jahre Ruhe haben und unsere Ohren nicht mehr die Schimpfworte und Schandworte zu hören bekommen werden, die sich zwei Parteien in dem Ansturm auf die öffentliche Gewalt an der Kopf ge- warfen haben.
Großbritannie«. London , 3. Oktober. Jäh, plötzlich und den meisten unerwartet ist der von dem Holländer Steeostrand in's Leben zerufene Liverpooler Baumwoll-„Corner"»usammengebrochrn. Von Liverpool wird geschrieben:„Die Eröffnung der B>um- wollbörse wurde heute mit großer Spannung erwartet. Jedcr wußte, daß es sich um eine der größten Krisen der letzten Iah e handelte. Die übertriebensten Gerüchte waren über die Ab- rechnung im Ganae. Die Börse füllte sich viel früher als sonst mit aufgeregten Maklern, Spinnem und Spekulanten. Die Eröffnung vollzog sich ruhig zu einem Point(d. b.>/-»?-) tiefer, darauf gingen zwei weitere Points verloren. Ein Point wurde jedoch wieder erobert und um 11 Uhr war der Markt ziemlich stetig. Käufer zu 6"/,< 6. per September. Andere Positionen waren um ein klein wenig theurer. Seit dem MorriS-Ranger-„Corner" hat niemals solche Auftegung ge- herrscht. Als der Mittag sich nahte, fielen Preise für September fortwährend sturzartig mit 4—8 Points jedes Mal. Der tiefste Stand war 6"/«,<l., d. h. 30 Points unter dem vorgestrigen Schlüsse. In den letzten drei Monaten wurden 6 Points wieder eingeholt. Der Monat schloß zu 6"'g, 6. Verkäufer, d. h. 30 Points unter der höchsten Noti» rung des Monats. Man kann sagen, daß der„Corner" voll- ständig zusammengebrochen und die Stellung Steenstrands enorm geschwächt worden ist. Er hat 70000—100000 Ballen amerikanische Baumwolle. Steenstrand selbst war den ganzen Morgen auf der Börse. Dem Anscheine nach wurde er durch alle die Vorgänge nicht berührt. Als die Uhr 12 schlug, fing die riesige Menschenmenge an sich zu verlaufen. Alles unter- hielt sich aber noch lange lebhaft über das wahrscheinliche Er- gebniß des„Corner"." Einem Briefe der„Times" aus Liverpool entnehmen wir noch folgendes: Gedrängte Mengen an der Börse warteten, was Steenstrand thun würde. Treibt er durch Kaufen die Preise oder muß er verkaufen? Als sich herausstellte, daß er verkaufen mußte, waren sofort viele andere Verkäufer da und das Ergebniß war der oben geschilderte Rückgang der Preise. Die Erklärung liegt darin, daß das Baissierintereffe vorher liquidirt war und daß viele kleine Haussiers auf Steenstrands lrtz'e Entscheidung gewartet hatten. Natürlich ist das wirkliche Ente noch nicht erreicht, die Schwierigkeit ist nur vertagt. Da Steen- strand einen großen Posten lieserbarer Waare besitzt, welche die Spinner dringend nöthig haben, so wird er wahrscheinlich ve- suchen, die Klemme auf den Oktober auszudehnen, aber wenn die Spinner bei der Herabsetzung der Arbeitszeit blerben, so wird ihm die nun rasch vor sich gehende Ansammlung von Baumwolle entgegen wirken. Die Kaufleute in Liverpool find im Allgemeinen Haussiers gewesen und so haben sie Vortherl auS dem Gang der Preise gezogen, indeß erwartet man nack dem gestrigen plötzlichen Fall einige Fallissements, obwohl der größte Theil der aus dem„Corner" entspringenden Verluste auf den Kontinent entfällt. Man sagt, daß ein großer elsäsfischer Spinner 100000 Lstrl. verliere. Die ausständigen Schneidergesellen des Ostends hielten vorgestern Abend eine zahlreick besuchte Versammlung. Die Ankündigung des anwesenden Abgeordneten Samuel Montague, daß sie in diesen Tagen 100 Lstrl. zur Beschaffung von Nah. rungsmitteln bekommen würden, machte den erwünschten Eindruck, und so erklärten sie sich bereit, den Vorschlag anzunehmen und den Lohnstreit einem Schiedsgericht zu unterbreiten. Kalkanlander. Aus Jassy wird dem„Neuen Wiener Tgbl." peschrieben: In der ganzen Stadt spricht man heute von einem Vorfall, der sich während der Fahrt der Königin Natalie von hier nack Bukarest ereignete und bei welchem es sich, wie ganz bestimmt verlautet, um ein Attentat auf das Leben der Königin Natalie gehandelt haben soll. Die rumänische Regierung hatte der Königin einen eigenen, prächtig ausgestatteten Waggon zur Verfügung gestellt, der in den nach Bukarest abgehenden Kourierzug als vierter Wagen eingeschoben war. Die Abfahrt von Jassy erfolgte im Beisein einer ungeheuren Menschen- menge, die sich auf dem Bahnhofe eingefunden hatte. Etwa zwei Stationen weit von hier bemerkte der Lokomotivführer auf freiem Felde eine Stelle der Strecke, deren Schienen ihm allzu hoch über das Geleife-Niveau hervorzuragen schienen. Es war jedoch zu spät, den Zug zum Stehen zu bringen und so ihat der entsetzte Lokomotivführer alles Mögliche, um den Zug über die ihm verdächtige Stelle so langsam als möglich hinüber- zubringen. Dies gelang glücklicherweise vollkommen. In der nur einen Kilometer von jener Stelle entfernten nächsten Station theilte der Maschinist dem Stationschef den Vorfall mit. Sofort begab sich eine Kommission auf einer Lokomotive dorthin. Die Kommission fand, daß auf beiden Seiten dcS Geleises je zwei, im Ganzen also vier Schienen, aus den Tra- versen losgeschraubt worden waren, um den die Königin Natal« und ihr Gefolge führenden Kourierzug zum Entgleisen zu bringen.
Der relative Triumph der republikanischen Partei ist zum großen Theile d-m kolossalen Erfolge der Ausstellung und der geradezu verblüffenden Vernünftigkeit Carnot's zuzuschreiben. der durch eine mit Klugheit gepaarte Geschicklichkeit sich die Massen günstig zu stimmen weiß. Herr Carnvt ist geradezu die Perle aller Beamten. Hat man jemals einen Präsidenten wie diesen gehabt? Ein Mann, der es gewissenhaft mit seinem Amte nimmt und der beweist, daß. wre bei den Königen, die Pünktlichkeit die Höf- lichkeit des Präfidenten der Republik ist. Herr Carnot wohnt allen Festen, allen Einweihungen bei. Bald ist er hier, bab dort, bald im Norden, bald im Süden, kurz, überall sieht man sein majestätisch kaltes Gesicht. Und nebenbei geniert er Niemand. Er langweilt sich mit der größten Seelenruhe, aber er thut es zum Heile Frankreichs . Mehr kann man nicht von ihm ver- langen. Herr Carnot ist eher ein Bureauchef als ein Präsiden». Er befitzt die Pünktlichkeit, die Gemessenheit, die leutseligen Manieren und die feierliche Haltung eines solchen. Die Haltung hat ihm dermaßen die Sympathien Aller ge- wonnen, daß in dem eben geführten Feldzug der Beleidigungen ihm nicht eine zu Theil geworden, daß nicht ein Schmutztropfen seinen... untadelhaften Ueberrock beschmutzt hat. Was die boulangistische Partei anlangt, so glaube ich nickt, daß sie vernichtet, sondern nur, daß sie versprenat ist. Der Sieg ist ihr nicht zu Theil geworden, weil die Zahl der Un- zufriedenen in Frankreich nicht so groß ist, als man gedacht hat. So lange es nun aber Unzufriedene giedt, wird es auch Boulangisten geben. Ihre Zahl wird wachsen, bis die große MenschheitS-Explosion das gegenwärtige Regime in alle vier Winde zerstreuen wird.(!) Hoffen wir, daß diese Kata- strophe nicht eintritt." So weit Zola , der Geschworene und Politiker. Der Literat erzählt, daß er seinen neuen Roman„La bete humaine*(dos menschliche Thier) der, wie früher berichtet, eine Studie über das Eisenbahnwesen enthält, trotz der Schwurgerichtssitzung innerhalb sechs Wochen fertiggestellt haben wird. Das Werk soll hochdramatisch sein und sein Held vor dem Schwurgericht enden. Der nächste Roman wird sich mit der Börse, mit de« Journalisten und Schauspielerinnen beschäftigen. Die Serie der Rougon-Maquart wird mit einem Roman über den Krieg und einem anderen über die Wissenschaften schließen. Herr Zola hofft diese Arbeiten innerhalb zweier Jahie zu beenden und will sich dann der wohlverdienten Ruhe über- lassen."-