Wagen nack C�empin, wo er fich in der dortigen Apotheke ebenfalls Pflaster geben ließ: die Nacbt von Montag zu DienS- tag brackite er in OMempin zu. Am Dienstag fuhr er von da nach Kosten und zwar wiederum mit einem Wagen und logirte dort in einem Hotel. Von dort aus soll er mit der Bahn nach Breslau   gefahren fein. Der in Moschin stationirte Gendarm versichert, daß. wenn die Moschiner Polizeiverwaltung am 15. von der Posener Polizei telegraphisch   von der Entweichurg benachrichtigt worden wäre, sie unbedingt Savine am Sonntag oder Montag verhaftet hätte. Aber eist am 25 erhielt die Moschiner Polizei ein Regierungszirkular mit der Nachricht der Flucht: in diesem Zirkular, welches das Signalement noch oben- drein sehr unvollkommen brachte, war als Tag der Eni- weichung der 17. angegeben, wäbrend dieselbe thatsächlich am 15. stattgefunden hatte. Auf diese Weise erklärt sich wenigstens �um Theil das fabelhafte Glück, welches Savine bei feiner längsten Entweichung gehabt hat. Ob es ihm auch diesmal wieder glücken wird? Durch eine» wette« Klirlr in die Zukunft zeichnen sich die Schöneberger vor den Berlinern aus. Sie diskontiren den Ruhm des 20. Jahrhunderts sckon im voraus, indem sie eine ihrer Straßen mit dem NamenHerbertstraße� belegen. Derfchwunde« sind fett Konuabend die beiden Knaben der in der Mühlenstraße 72a wohnhaften Familie Wmdt. Der ältere Knabe ist 7 Jahre alt, trug grauen Ueberzieher, roth und grau gestreifte wollene Mütze, schwarze Strümpfe und hilbauSgeschnittene Schuhe. Der 6 jährige Bruder war mit emem grauen Plissee-Anzug und schwarzer Mütze bekleidet und trug weiße Strümps« und halbausgeschnittene Schuhe. Man vcnnuthet, daß die Kinder in der Köpnicker Haide sich verirrt haben oder in die Spree gerathen sind. In fchreckttchrr Weise hat am Sonntag ein schon be- jahrter Mann in der Nähe der Spandauer   Bergbrauerei seinem Leben ein Ende gemacht. Unweit der Haltestelle der Pferde- bahn rechts der Charlottenburger Chaussee fanden Vorüber- gehende de« Morgens einen Menschen, der förmlich in seinem Blute schwamm und nock Lebenszeichen von sich gab. Der- selbe hatte sich entsetzliche Verletzungen beigebracht. Er hat sich, dem Anschein nach, zunächst die Pulsader an dem linken Hand- gelenk öffnen wollen: als er hiermit seinen Zweck nicht erreichte, suchte er sich die Kehle zu durchschneiden. Infolge des großen Blutverlustes waren aber feine Kräfte bereits geschwächt, und die Verwundungen waren nicht sofort tödtliche. Der Selbst- mörder wurde nach Chorlottenburg transportirt, wo er bald darauf unter unsäglichen Qualen sein Leben aushauchte. Der Verstorbene war Ausgangs der fünfziger Jahre. Die Perfön- lichkeit ist unbekannt. Do« einem pferdebahuwagen überfahren wurde am Sonntag Abend in der Brunncnstraße ein unbekannter Mann, welcher während der Fahrt so ungeschickt vom Vorderperron sprang, daß er zu Fall und mit den beiden Beinen auf die Schienen zu liegen kam. Von mitleidigen Passanten wurde er nach her nächstgelegenen SanitätSwache und von da mittelst Droscbke nach einem Krankenbause geschafft. Gi« gräßlicher Unglücksfall, der merkwürdigerweise geheimgehalten worden ist, hat sich in voriger Woche, während der Nacht zum Sonnabend in der Zeitungsd ruckerei von Rudolf Moffe. Jerufalemerstraße 48/49, ereignet. Daselbst ist gegen 1 Uhr Nacht« der meist in der Walzenküche dieser Druckerei beschäftigte Arbeiter Moritz beim Ueberlchreiten einer in den Fußboden eingelassenen Transmission in die TranSmissionSgrube gefallen und ungesehen minutenlang von Riemenscheibe und Riemen bearbeitet worden. Da die Riemenscheibe eine volle ist und der Abstand derselben von der Grubenwand der Schenkel- stärke des hineingestürzten Moritz entspricht, wurden dem Un- glücklichen Bekleidung und Fleisch förmlich von den Beinen ge- schliffen, während die R.emenkanten ihm Schnitt auf Schnitt in der Muskulatur beibrachten. Wäre das Unglück bemerkt und die Ma- schine angehalten worden, konnte dem Aermsten nicht viel passiren und er schließlich mit eigenen Kräften auS der Grube kommen, so ober waren, als man hinzukam, zwe, kräftige Männer nöthig, um den vor Schmerz ohnmächtig Gewordenen und Ineinander- gesunken m an den Armen herauszuziehen. Und nun geschah das Entsetzlichste: man ließ den Aermsten. wie eS heißt, um «ine Nachtdroschke zu ersparen, bis zum Morgen gegen 7 Uhr liegen, statt denselben nach dem Krankenhause zu schaffen. Als er dann nach der Charitee kam, schwebte er nach den ärztlichen Depeschen fast einen Tag zwischen Leben und Tod. Moritz ist etwa 6 Monate in genannter Druckerei beschäftigt, steht im Alter von 22 Jahren und ist unverheirathet. Die TranS- missiontgrube, in welche er gefallen ist, pflegt mit verschiedenen schwarzen Eisenplatten abgedeckt zu sein. Eine derselben war im UngluckSmoment abgehoben, was Moritz nicht bemerkt hat. Der verantwortliche Maschinenmeister war in kurzer Zeit der dritte in jener Druckerei und giebt an, noch nicht gut Bescheid gewußt zu haben. Der Unglücksfall ist dort auch der dritte. Der Zirkus Kufch hatte am Montag Abend als will- kommene Zugabe zu dem bisherigen reicben Programm eine von dem Direktor verfaßte Pantomime»Em Traum in den norwegischen Gebirgen" in Bereitschaft, die in ihrer farbenpräch- tigen und abwechselungsreichen Gestalt allgemein gefiel. Ein kecker Bursch, der Großknecht eines reichen norwegischen Bauern, liebt die Tochter seines Gebieter« ohne Liebe geht e« ja selbst bei einer Pantomime nicht ab. Der vom Vater begünstigte reiche Nebenbuhler, ein adeliger Kahlkopf, begehrt daS schöne Kind für sich, erfährt aber handfeste Zurechtletzung. Die Lie- benden fliehen in die Berge, und die Feen, Gnomen und Erd- geister stehen ihnen bei, nasführen ihre Verfolger und spielen ihnen allerlei Schabernack. Zum Schluß giebt es ein schönes Tableau: Die Liebe triumphirt. Die niedliche Idee war aller- liebst in Szene gesetzt. Direktor Busch wurde mehrfach ge- rufen. Gemäß den Neröffeutttchuuge« de« Kaiserliche« Gefuudhettsamt« sind in der Zeit vom 22. September bis 28. September er. von je 1000 Einwohnern, auf den Jahresdurch- schnitt berechnet, als gestorben gemeldet: in Berlin   17,5, in Breslau   23,0, in Königsberg   27,9, in Köln   21.3, in Frank- furt a. M. 15,2, in Wiesbaden   14,1, in Hannover   16/8, in Kaffel 14.5, in Magdeburg   22,8, in Stettin   27,2, in Altona  18,8, in Straßburg   17.3, in Metz  , in München   25,0, in Nürnberg   22,7, in Augsburg   14,3, in Dresden   18,1, in Leipzig  19,8, in Stuttgart   15,2, in Karlsruhe   11,0, in Braunschweig  24,2, in Hamburg   23,6, in Wien   18,6, in Pest 28,4, in Prag  23,4, in Trieft 28,3. in Krakau   31,8, in Amsterdam   16,1, in Brüffel 17/5, in Paris 2 II. in Basel  , in London   16,3, in Glasgow   20.7, in Liverpool 18,7, in Dublin   3 II, in Edinburg  16,6, in Kopenhagen   22,3, in Stockholm   17/5, in Christiania  16.2, in St/ Petersburg   23,9, in Warschau   32,4, in Odeffa 25,2, in Rom   23,6, in Turin  , in Venedig  , in Alezandria 41.0. Ferner in der Zeit vom 2. bis 8. Sep- tember er. in New-Pork 23,5, in Philadelphia   17,2, in Balti­ more   16.4, in Kalkutta   22,6, in Bombay 27,7, in Madras 42,0. Die allgemeine Sterblichkeit blieb auch in dieser Berichts- woche in den meisten größeren Städten Europas   eine günstige und wurden auch aus einer großen Zahl derselben sehr kleine Sterblichkeitsz'ffern mitgetheilt. Sehr gering(bis 15,0 pro Mille und Jahr) war die Sterblichkeit in Karlsruhe  , Elberfeld  , Barmen, Erfurt  . Wiesbaden  , Lübeck  , Augsburg  . Kassel  ; günstig (bis 20.0 pro Mille und Jahr) war sie in Berlin  . Frank- furt a. M., Stuttgart  , Straßburg  , Dresden  , Leipzig  , Hannover  , Bremen  , Aliona, Düffeldorf, Darmstadt  , Amsterdam  . London  , Wien  , Briiffel, Liverpool, Edinburo, Stockholm  , Christiania  u. a. O. Mäßist hoch(etwas über 20,0 pro Mille) in Köln  , Magdeburg  . Nürnberg  , Chemnitz  . Mannheim  . Kopenhagen  , Paris  , Glasgow  . Hohe Sterblichkeiisziffern(über 35,0 pro Mille) wurden auS keiner deutschen   Stadt gemeldet. Unter den Todesursachen kamen Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder ,n normalem Verhältniß zum Vorschein, nur au« Ham- bürg, Königsberg  , S e tin, London  , St. Petersburg  , Warschau  werden etwoS mehr Todesfälle an diesen Krankheiten gemeldet, als in der vorhergegangenen Woche. Die Theilnahme des Säuglingsalters an der Sterblichkeit blieb auch in dieser Woche eine geringe: von je 10 000 Lebenden starben, aufs Jahr be- rechnet, in Berlin   54. in München   93 Säuglinge. Akuie Entzündungen der AihmungSorgane führten im Allgemeinen etwas seltener zum Tode.   Von den Infektionskrankheiten wurden nur von typhösen Fiebern und Keuchhusten weniger von Masern, Scharloch und Diphtherie mehr Todesfälle als in der Vorwoche zur Meldung gebracht. So blieben Todes- fälle an Masern   in Paris   in gleicher Zahl wie in der Vor- woche, nahmen aber in Brünn  , London  , Warschau  , St. Peters- bürg zu. Erkrankungen kamen in Berlin  , Breslau  , Wien   sei- tener, im Regierungsbezirk Erfurt   und in Petersburg   häufiger zur Anzeige. Das Scharlachfieber hat in Berlin   und London  weniger, in Breslau  . Königsberg  , Liverpool, Warschau  , St. Petersburg   mehr Opfer gefordert. Neue Erkrankungen waren in Berlin   und Edinbura seltener, dagegen in Hamburg  , Brek- lau, Kopenhasten, Stockholm  , St. Petersburg   zahlreicher. Die Sterblichkeit an Diphtherie und Kroup war in Berlin  , Breslau  , Frankfurt   a. M, Stettin  , Nürnbera, Hamburg  , Wien  eine kleinere, in Altona  , Kiel  , Posen, München  , Dresden  , Leipzig  , Mainz  , Braunfchweig, Praa. Pest, Kopenhagen  , Paris  , Amsterdam  , London  , Warschau  , St. Petersbu-g. Christiania  eine größere. Neue Erkrankungen kamen aus Berlin  . Breslau  , Nürnberg  , dem Regierungsbezirk Schleswig  , aus Pest, Koven- Hägen, St. Petersburg   in vermehrter, aus Hamburg   und Cbri- ftiania in verminderter Zahl zur Berichterstattung. Sterbe- fälle an Unterleibstyphus nahmen in Berlin�   Hamburg  . Paris   ob, in Magdeburg  , Pest, London  , St. Peters- bürg, Warschau   zu. Erkrankungen gelangten in Berlin  und Kopenhagen   weniger, in Hamburg  , Pest, St. Petersburg  häufiger zur Mittheilung. An Fleckiyphu« wurden aus Krakau   1, aus London   und Warschau   je 2 Todesfälle, aus St. Petersburg   l Erkrankung gemeldet, an epidemischer Genick- starre au« den Regierungsbezirken Düsseldorf   und Schleswig  sowie aus St. Petersburg   je 1 Todesfall, aus Nürnberg   und au« den genannten Regierungsbezirken je 1 Erkrankung.   Rosenartige Entzündungen des Zellgewebes der Haut kamen in keiner größeren Stadt in nennenSwerther Zahl als Todes- Ursachen vor. Dem Keuchhusten erlagen in Berlin  , Paris  und London   weniger, in St. Petersburg   und Warschau   mehr Kinder, die Zahl der Erkrankungen war in Hamburg   und Kopenhagen   wenig gegen die Vorwoche verändert. Aus London   werden 2 Todesfälle an Tollwuth berichtet. Ver- einzelte Todesfälle an Pocken   kamen au« den Vororten Wiens, aus Prag  , Rom  , Odrffa, mehrfach aus Paris  (4), Brünn  (5), Warschau  (31) zur Mrtiheilung; Erkrankungen nur au« St. Petersburg 4. Ueber die Cholera in Mesopotamien   verlautet, daß sie in Bassora   erloschen, in Bagdad   an Heftigkeit nachge­lassen hat; dagegen hat sie in der Richtung nach Persien  (Rescbt) an Umfang zugenommen. Dre sanitären Verhältnisse in Berlin   waren auch in dieser Berichtswocke günstige, und die Sterblichkeit die gleich niedrige wie in der Vorwoche. Erheblich abgenommen haben Darm- katarrhe und Brechdurchfälle, besonders unter den Säuglingen, fo daß diesen Krankheiten nur 22 Säuglinge erlagen. Auch die Betheiligung des Säuglingsalters an der Sterblichkeit wurde eine geringere. Dagegen kamen akute Entzün- düngen der Athmungkorgane zahlreicher zum Vorschein, doch nahmen dieselben in der überwiegenden Zahl von Fällen einen günstigen Verlauf. Unter den Jnfektionükran heilen wurden nur Erkrankungen an Diphtherie   in gesteigerter Zahl zur Anzeige gebracht, während Erkrankungen an Scharlach.  wiewohl noch immer häufig, doch gegen die Vorwoche in ver- minderter Zahl zur Meldung kamen und zwar am zahlreichsten in dem Stralauer Viertel und in der diesseitigen Luisenstadt, die Diphtherie   außer in den'genannten Stadttheilen auch in der Rosenthaler Vorstadt und in der jenseitigen Luisenstadt. Er- krankungen an Masern und Unterleibstyphus waren selten. Er- krankungen an Kmdbettfieber sanken auf 6(von 11 der Vor- woche). Seltener kamen auch rosenartige Entzündungen des Zellengewebes der Haut zum Vorschein, wie auch Erkrankungen an Keuchhusten, welcher letztere auch nur in wenigen Fällen »um Tode führte. Rhermcui'che Beschwerden der Muskeln, sowie akute Gelenkrheumatismen zeigten in ihrem Vorkommen im Vergleich zu den Vorwochen keine wesentliche Veränderung. Nolheibericht. Am 7. d. M. Nachmittags fiel der Hausdiener Lehmann vor dem Haufe Unter den Linden 4849 beim Absteigen vom Wagen und brach den linken Oberarm, so daß er nach der Universitätsklinik gebracht werden mußte. Zu derselben Zeit wurde eine Frau mit ihrem Zjähcigen Sohn vor dem Hause Holzmarktstr. 21 von einem MLrtelwagcn überfahren. Beide erlitten anscheinend innerliche Verletzungen und wurden" nach der' PrivatkltnikiMarkuSstr. 1 gebracht. Gegen Abend wurde ein Mann vor dem Hause Fruchtstr. 24 betrunken und mit mehreren stark blutenden Schnittwunden am Kopfe und am rechten Unterarm vorgesunden und noch dem Krankenhause am Friedrichshain   gebracht. Abends fiel der Kutscher Blümel vor dcm Hause Pcenzlauerstr. 26 von seinem Rollwagen und qerielh mit dem Kopfe unter die Räder, so daß er schwere Quetschungen erlitt. Zu derselben Zeit wurde auf dem Grundstück Perlebergerstr. 14 in einem Pferdestall die Leiche eines etwa 50 Jahre alten unbekannten Mannes auf- gefunden und nach dem Schauhause geschafft. Tlicntev. Iasef Kai«? trat am Montag Abend zum ersten Male als Demetrius im.Berliner Theater" auf. Diesem Auftreten find eine Reihe häßlicher Vorgänge hinter den Kouliffen voran- gegangen, bei denen Herrn Barnay, den Direktor, nicht die kleinste Schuld trifft. Genug üble Laune war Herrn Kainz anzumerken, als er die Bretter betrat. Er war im ersten Akte offenbar sehr wenig bei der Sache, seine Stimme war ver- schleimt, und seine Sprache klang müde und gelanr.weilt. Besser wurde eS erst, als er den ersten stürmischen Berlall seiner zahlreichen Bewunderer eingeheimst hatte. Er raffte sich aus und hatte gute Momente. Ob Herr Kainz ein künstle- rischer Gewinn lür das.Berliner Theater" ist, läßt sich nach diesem ersten Abend noch nicht beurtheilen. Geritt�ks-Ieikung. Die Augelegeuhett de« Herr« v. Carfteuu-Lichter- felde scheint nunmehr zur Ruhe kommen zu sollen. Derselbe hat ein Rechtsgutachten des Rechtsanwalts Dr. R. Wolfs darüber eingeholt, welche Aussichten eine Schadenseriatzklage haben würde, welche er gegen diejenigen Beamten anstrengen wollte, durch deren rigoroses Versahren er geschädigt worden. Das Rechtsgutachten, welches Herr v. Carsten« jetzt der Ocffent- lichkeit übergeben hat. geht dahin, daß materiell ein Regreßan- spruch gegen den k. Bauroth Bernhardt juristisch und thatsäch- lich zu begründen sein würde, wenn nicht hier, wie in den Fällen, wo der Major Blume ersatzpflichtig gemacht werden könnte, nicht die Verjährung bereits vorläge.? Das Rechtsgutachten schließt mit dem Satze:Demnach haben Sie Ihr Reckt, gegen die beircssenden Beamten vorzugehcn. verloren. Daß vom moralischen Standpunkte betrachtet, Ihre Ansprüche durchaus anders zu beurtheilen sind, darüber dürfte wohl nur eine Meinung bestehen." Herr v. Carstenn   entwickelt dann noch ausführlich die Gründe, welche ihn abgehalten, noch rechtzeitig sein« Regreßan spiüche gegen dre betreffenden Beamten geltend i' machen. Diese Auseinandersetzung ist so lehrreich, daß einipe Sätze daraus wohl verdienen, festgenagelt zu werden. Hen n. C. sagt:V'etr Jahre habe ich damit vergeudet, vom Reichstage, vom Kaiser, vom KriegSmir.isterium, eine unpai- tensche Kommission zur Feststellung meiner Schaden- ersotzanlprüche zu erbitten allein vergellich. Die an deii Kaiser gerichteten Eingaben gehen regelmäßig an bei K'iegsministerium zur Berichterstattung, also an diejenige Behörde, über deren Organe ,ch mich beschwere. Wie deie' Bescheid lautet, kann man sich leicht vorstellen. Zuweilen schien eS, als ob das Kncasministerium geneigt wäre, eine güilicie Ausgleichung der Differenz HirdeizusüHren: es erklärte, daß. solange ich noch vermeine, ngcnd welche Ansprüche an da« Ministerium zu haben, mir Hilfe nickt gewährt werden könne- Mein Veitreter erwiderte hierauf, daß ich bereit sei, Zug um Zug gegen die mir zuzubilligende AlfindungSsuwme auf meine sammtlichen Ansprüche gegen den Fieku» zu verzichten. Ja' dessen auch da:auf wollte doS Kriegsministerium nicht ei»- gehen, sond-rn verlangte einfach einen unbedingten Ve" zickt. Gedrängt durch meine Nothlage, habe ich aucb diese Verzichterklärung abgegeben; allein, nachdem das kpl. Kriegsministerium diese erlangt halte, erklärte dasselbe, eS wolle mit mir überhaupt nicht verhandeln. Inzwischen wurden for" während gerichtliche Schritte vom KnegSministerium gegen mich unternommen. Die Grundstücke, auf denen ich die geleistete» Kautionen hypothekarisch hatte eintragen lassen, wurden sud- hastirt und nachweislich theilweise zum 50sten Theile ihre« wirklichen WertheS vom Kriegeministerium erworben, so daß die Hypotheken ausfielen, ich die Hypothek verlor und zugleich noch der Schuldner des Kriegsministeriums aus den aus- gefallenen Hypotheken blieb. Herr van Carstenn be- hauptet schließlich, daß dz» zum Eintritt der Verjährung die Beamten der Bauoerwaliung die gegen sie erhobene«! schweren Beschuldigungen ruhig hingenommen haben und da« dann dir bekannte Strafprozeß angestrengt wurde, der iiiki Herrn v. C. durchaus günstig ausgefallen ist. Herr v. Cor»! stenn. der immer wieder vor allen Dingen eine unparteiische Untersuchung fordert, verweist nicht unzutreffend darauf, daß, als rm Palais des Reichskanzlers gewisse bauliche Unzutiäz» lichkeiten zu Tage traten und als im Ministerium des Jnnei» Siuck von der Decke gefallen war, ohne weiteres parlamentarische UntersuchurgS-Kommisfionen niedergesetzt morden sind. Gin bemttleidenswerthe« Individuum stand in if Person deS aus Grünberg   in Schlesien gebürtigen Arbeiter«! Ernst Wilhelm Vogel gestern vor der ersten Strafkammer f1 Öanbgeridit 0. Der wegen schweren Diebstahls angeschuldigt' junge Mann gilt als gewohnheitsmäßiger Verbrecher und wegen Einbruchs schon mehrfach vorbestraft. Er legte der«'« willig folgendes Geständniß ab: Am 12. April d. I. kam durch das Torf Meikun, a!s es ihm einfiel, in ein Haus ei»- zubrechen. Mit einer zur Hand liegen den Forke brach er die Kramme aus der Hausthür, in der Stube schlug«r mit einem Beile die Thüre eines KleiderspindeS ein. ent­wendete sodann aus demselben Krarken- und Sterbekass«" QaittungSbücher und eine Feuer-VersicherungS-Polize netR 7,50 Mark baaren Geldes. Damit ging er seiner Wege, wm de ober verfolgt, ergriffen und in das AmtSgerichtsgesängniß"> Nauen   emgeliesert. Diesem Geständnisse nach wäre die Sack' sehr einfach gewesen, aber ein Umstand hatte es erforderlich macht, daß drei medizinische Sachverständige über seinen Geistes zustand vernommen werden mußten. Am 17. April nämlich 5 Tage nach dem Einbruch, verfiel der Gefangene in Tobsvtl und demolirte die ganze Zelle, in der er sich befand. Der her- beigerusene KreiSphysikuS Dr. Rrimcke fano den Tobsüchtig.» in einer Verfassung, die jede Möglichkeit einer Simulatio» ausschloß, das Gesicht kirschroth  , der Ausdruck wir», dos Auge stier und mit Blut unterlousev. DoM Remicke sprach sich nun dahin aus, daß der Angeklagte»» schweren epileptischen Anfällen leidet und zwar schon se' seinem zehnten Lebensjahre. Er leide dann zeitweise>- Störungen seiner geistigen Thäligkeit und es fei wohl möglich daß er alle Verbrechen unter dem Einflüsse der vermindert«» Geistesthätigkeit begangen habe. Professor Dr. Mendel hat de» Angekmglen ebenfalls untersucht. Er hat zwar denselben nid' während eines Anfalle« beobachten können, aber da« Vo»' handcnsein der Epilepsi- konstatirt. Beide Sochvetständlg' halten die Möglichkeit für naheliegend, daß die epilep' tischen Ansälle sich schon lange vor ihrem EinNill insofern ungünstig äußern, als die WillenSbestimmunli eine beschränkte oder ganz aufgehoben ist, währe»! der Kranke seine gewöhnliche Thätigkeit anscheinend ganz zweck- mäßig erfüllt. Geh. SanilätSrath Lewin bezweifelt, daß sickl die Vorwirkungen eines Anfalles schon fünf Tage vorh-'» äußern. Der Gerichtshof nahm nicht an. daß der Kranke"» Augenblicke der That sich im gestörten Besitze seiner Geiste»' thäligkeit befunden habe, was ihn straflos machen konnte- Keiner der Aerzte habe bestimmt erklären können, daß der Ar- geklagte in jenem Augenblicke unzurechnungtsähiq war. E§ Hab» daher auf 2 Jahre Zuchthaus, Ehrverlust und Polizeiaufnch' erkannt werden müssen; dabei werde sich wohl G.leg-nhe'l finden, den Angeklagten noch eingehender zu betrachten,(ll) 1 Gntfcheiduugr» des Reichsgerlchl».(Nackd-uck ve»' boten.)(D ervorzeitig ausgestellte Tobte»" schein.) In einem Dorfe bei Tutzing   war am 25. Mai v. J-- Abends 9 Uhr der Ockonomiepächler Leopold B. nach lange»» Siechlhum gestorben. Der Arzt, welcher ihn während sein>» Leidens behrndelte, war, als er den Kranken im Laufe»»* erwähnten Tages besuchte, sicher, daß er die nächste Nacht nick' überleben werde, und er wußte auch ganz genau, an weicht Krankheit der Mann, wenn er todt war. gestorben sein wür»»- AlS daher am 26. Mai Morgen« 7 Uhr der 2ljährige Soh» Peter des erwähnten B. zum Dr.Beifele nach Tutzing   kam, w»' der letztere gar nicht überrascht, zu hören, daß B. gestorben sei. D»- B.. dem dre amtliche Pflicht übertragen ist, in seinem Bezirke d'' Todtenschau zu beiorgen und Todtenscheine auszustellen, w»» nun bereit, um 1V Uhr an Ort und Stelle die Todtensch»* auszuführen, wollte aber dem jungen Manne, der den Todt«»- schein in Tutzing   zum Pfarrer und zum Bürgermeister lco�» mußte, nicht znmuthen, den weiten und schlechten Weg zwcin»»' zu machen. Er stellte daher sogleich einen Todtenschein aus, i» welchem er bekundete, daß er am 26. Mai 1888, Vormilto? 10 Uhr, die Todtenschau an dem verstorbenen A ausgeführt habe. Er sagte dann dem jungen B., möchte den Schein schon jetzt an sich nehmen und sich bis 10 Uhr die Zeit vertreiben: nachher könne er damit zum Pfair»» und Bürgermeister gehen. Peter B. hörte dies und gab dur>! kein Wort zu erkennen, daß er es nicht so machen werde. ihm gesagt war. Wahrscheinlich ist ihm der Giund, den Dr. halte, gar nicht zum Bewußtsein gekommen, denn kaum h»' er den Schein in der Tasche, so graa er damit es war frr| nach 7 Uhr zum Pfarrer und Bürgermeister. Natü lich r eS auf. daß um 7 Uhr schon eine Thatsache beurkundet w»' welche erst um 10 Uhr stattgefunden haben fottie,"" da Gewissenhaftigkeit eine der Haupltugenden öffe». licher Beamten sein muß. so war eS kein Wunder, daß Staatsanwaltschaft von dieser vorzeitigen Bemkun dring Ke»»' niß erhielt und gegen Dr. B. Anklage wegen fälschlicher A* fertigung einer öffentlichen Urkunde erhob. Bemerkt muß>Z, allerdings werden, daß Dr. B. Punkt 10 Uhr im Todt-nh»»' war und alles das ihat, was er vornweg schon im To>'. sch-.ine vermerkt halte. DaS Landgericht München   ll eioch�, indessen die Anklage für unbegründet und sprach in der S>v� vom 16. Mai d. I. den Dr. B. von Strafe und Kosten AuS der interessanten Begründung des Urthals'f".,, wir die folgenden hauptsächlichsten Stellen hier fo'ß