mmmmmamamm2. Beilage zum Berliner Bolksblatt.Ur. S40.Sonntag, dr« 13. GKtodrr 188S.S. Jahrg.Xiovrefpoudimzeu.Kamburg, 9. Oktober. Wie schwer es für die Arbeiterift, das durch einen Streik Errungene für die Dauer festzu-balten, beweist der Lohnkampst zu welchem die SchneiderMtona's seit kurzem durch das Vorgehen eines großen Theilsder Arbeitgeber gezwungen worden find. Im Laufe desSommers haben fich nümUch eine Anzahl Konfektionsgeschäfts«Inhaber und kleiner Schneidermeister unter dem Namen einertreten Vereinigung zusammen geihan,'um die, infolge derLohnbewegung der Gehilfen im vergangenen Fiühjahre, erhöhtenLohnsätze wieder herab zu drücken. Sie arbeiteten ihrerseits einenLsgntarif aus und als nun nach Beendigung der log. Gurkenzeitdt« Arbeit wieder begann, bestimmten diese Arbeitgeber dieZahlung für die anzufertigenden Kleidungsstücke nach den vonahnen ausgearbeiteten Lohnsätzen, welche bedeutend hinter denim Frühjahre vereinbarten zurückbleiben. In mehreren Ver-jammlungen der Gehilfen wurde natürlich gegen dieses Vor-gehen der Arbeitgeber protestirt, aber wie es scheint, mit we-nigem Erfolge. Durch da« Fassen von Resolutionen, wie dasp so meistens in Arbeiterversammlungen heutzutage an derTagesordnung ist, läßt fich der ArbeitSmarkt nicht bestimmennno lassrn fich die Gegen paiteien weder beinflussen noch inihrkm Thun und Treiben beirren. Die freie Vereinigungseibil ständiger Schneider und Konfeküon.äre hält dennauch bis jetzt an ihrem Lohntarife fest, in Folgedessen die Lohnkommiffion der Schneidergehilfen von Hamburg-Anoua und Umgegend über mehr als 40 in Altona domizilirteGeschäfte die Sperre verhängt hat: d. h. in ebenso vielenSchneiderwerkstältten befinden fich die Arbeiter jetzt wieder imAusstande und die Freude über den im vergangenen Früh»linge errungenen Sieg war eine verzweifelt schnell vorüber-gehende.Würden die Arbeiter wenigstens einer Geschäftsbrancheaber �eineS Gewerkes olle stramm zusammenhalten,so wären solche Vorfälle natürlich einfach unmöglich.Es sollen in Altona ganze Schneidersamilien aus Sachsenous Verschreibung eingetroffen sein, welche Mann, Frau undTöchier bis»um 12 jährigen Kmde herab nun darauf losr-ahen und bügeln was das Zeug halten will. Solche Leute,weiche aus Sachsen mit seinen berüchtigten niedrigen Arbeits-Ivanen hierher kommen, glauben fich, selbst bei den heruntererdrückten Preisen der Alrorraer Schneidergeschäste, in einParadies versetzt und die hiefigen Schneidergehilfen mögenfroh sein, wenn den bereits Zugezogenen nicht noch eine ganzeVölkerwanderung aus Sachsen oder Schlesien folgt.Dadurch, daß die größte Mehrheit der Schneider vonHamburg zur Organisation hält, können die in Altonaim Ausstände befindlichen vorläufig wohl genügendunterstützt werden, aber eine Beendigung der Differenz ist nochnicht �abzusehen. Die Schneider Berlins aber sollten diesenVorgängen in Hamburg-Alrona die eingehendste Beachtungschrnken, denn wenn eS den Geschästsinhabern hier jetzt ge-ikgen sollte, die Errungenschaften de« letzten Streikes illusorischzu machen� so ist ein neuer allgemeiner Lohnkompf der Schnei-der im nächsten Frühjahre hier unvermeidlich und das würdefür dre in Berlin zum nächsten Jahre geplante Lohnbewegungin» Schneidergewerde nicht von den günstigsten Folgen sein!Die in Folge der hiesigen Lohnkämpfe der Schnei«de» geplante und in mehreren Versammlungen diskutüte Errich-!ung einer Produktiv-Genossenschast der Schneider ist nochirgend einer Verwirklichung sehr fern und wird aller Wahr-schrmlichkeit nicht einmal als todtgekorenes Kind zur Weltkommen. Wie auch sollte solche Genossenschast, welche vorauS-fuklli® ohne genügende Kapitalien ins Leben treten würde,ihren Arbeitern �oder TheUhabern aber Löhne nach dem höchstenSatze zahlen müßte, in Konkurrenz treten können mit den Ge-schästcn, die ihre Preise kalkuliren nach den Lohnsätzen, weicheFrauen und minderjährige Arbeiter erhalten. Die Arberter,Erinnerungen aus meinerGefangenschaft in der Kastülevom 27. September 1780 bts 19. Mai 1782.Von Henry L i n g u e t.Henry Linguet wurde am 14. Zuli 1736— demJahrestage der 53 Jahre später erfolgenden Erstürmung derBofiille— als Sohn eines wegen seiner jansenistischen(wirwürden heute sagen: freireligiösen) Gesinnung abgesetztenProsessors geboren. Henry Linguet studirte in Paris, undnachdem er Reisebegleiter deS Grafen von Zweibrücken,Theaterschriftsteller, Seifenfabrikant, Genieoffizier und Lehrerder Mathematik gewesen, wurde er Advokat in Reims. Alssolcher gelang es ihm, einen Herrn de la Barre, welcher derGottesleugnung angeklagt war, weil er bei Begegnungrwer Prozession den Hut aufbehalten, der Tortur und demScheiterhaufen zu entreißen. Hierdurch und durch ein vonihm veisaßteS Werk über den Jesuitenorden, welches vonHenkeri Hand verbrannt wurve, erregte er den Haß der ver-einigten Pfaffen und Reaktionäre, so daß er am 11. Fe-lnuar 1774 von der Lrste der Advokaten gestrichen wurdeLinguet widmete sich nun der Redaktion einer Zeitung baldmußte er aber fem Vaterland wegen seiner Zeitungsartikelwelche, um in heutigen Ausdrücken zu reden,„in einer denFrieden der Bevölkerung gefährdenden Weise" verfaßt warenaus Frankreich entfliehen.Er gab nun nach einander von England, der Schweizund Belgien aus eine Zeitung heraus, welche er mit Ge-schick zu redigiren und nach Frankreich einzuschmuggeln verstand, und worin er mit den Pfeilen des Witzes und wuch.iPen Keulenschlägen der Kritik die alte Gesellschaft angriff.Leider ließ er sich verleiten, in eine ihm vom französischenHofe gestellte Falle zu gehen, und den Boden Frankreichs� betreten. Die Folge war, daß er am 27. Sept. 1780"�Straße von Paris ergriffen und ohne weitere ProzeßVerhandlung in die Bastille abgeführt wurde. Lassen wirihn nun selbst erzählen:'"Eingetreten in da» Innere dieser Mauern, wurde icvon zwei Höllenhunde» in Empfang genommen, welche micgiündnch durchsuchten und mir Geld, Werthsachen, Messer unScheere, sowie alle Briefschaften ic., abnahmen. Als diesesgeschehen, wurde ich in meine Zelle abgeführt. Dieselbe,.9°* einem Thurme mit Mauern vonzwölf Fuß Stärke.... Siede Zelle hat em einziges kleines Fenster mit dreidicken Eisenstäben, welche so raffinirt angebracht find, daßund auf Absatz in den Kreisen derselben wird doch wohl inerster Linie gerechnet, gehen dorthin, wo sie ihreKleider am billigsten, gewöhnlich gleich fertig erhalten.Diese Kleider aber werden von den sogenanntenFettböcken mit ihren gering bezahlten Arbeitskräften, vielleichtanz und gar ausschließlich von Frauenhänden angefertigt.Ins sogenannte„feine" Kundschaft kann eine Arbeitcrgenossen-lchaft nicht rechnen. Die Mittelsorte-Kundschaft aber beanspruchtbeim Schneider in der Regel noch Kredit. Woher will alsoeine solche Schneider- Assoziation ihre Kundschaft rckcutiren?Vielleicht bliebe den Theilnehmern nichts übrig um Arbeit zuhaben, als fich gegenseitig die Kleider anzufertigen. Dabeiaber würde eine solche Produktiv-Genossenschast schwerlichfloriren. Es ist überhaupt meines Erachlevs noch nachdrücklichvor ollen solchen Experimenten zu warnen! Schon Ferdin.Lassa lle wies darauf hin, daß solcheProduktionSgenossinschafts-Experimente im Falle des Gelingens nur einige Bourgeoismehr züchten, indem die Theilnehmer bald sich von ihrenfrüheren Kollegen absondern und fich in die Reihe der Unter-nehmer stellen, oder das Experiment scheitert, was in der Mehr-zahl der Fälle anzunehmen ist, und dann wird durch jedensolchen Fall, der mit Frohlocken durch die Kapitalistenpreffe indie Welt hinarrs polaunt wird, die ganze Idee der Emanzipationher orbeilenden Klaffe mißkreditirt. Also lieber: Hand davon!Dasselbe hier Gesagte gilt auch von der ebenfalls veutilirtenFrage der Errichtung leiner Zigarrenmacher-Genossenschaft, ob-gleich man annehmen könnte, daß die Zigarre ein auch unterder arbeitenden Bevölkerung leicht vertreibdarer Artikel ist. DieHauptfrage bleibt in diesem Falle die, ob Hamburg der geeignetePlatz für die Ausführung eines solches Projektes wäre. That-sächlich rauchen wir hier in Hamburg, trotz der berühmtenHamburger Tabaksfabrikation, schon Jahre lang Zigarren,welche in Mitteldeutschland zu den dort üblichen geringen Ar-beitslöhnen angefertigt werden. Ja, es wurde von hiesigenHändlern, als Hamburg noch feine Freihafenstellung hatte, sogarein äußerst schwungvoller Handel mit Thüringer Zigarren getrie-den, indem solche nach Hamburger Manier sorlnt und verpacktals„echte Hamburger Zigarren" ihren Weg wieder ins deutscheZollgebiet nahmen. Es ist sogar nicht nur zu befürchten,sondern sogar anzunehmen, daß die Fabrikation von Zigarrengeringerer Sorte, sowie das Sortirergejchäft dafür, fich in ab-fehbarer Zeit ganz vom hiefigen Platze weg und nach Mittel-deutfchland hinwenden wird. Also wird es auch woh! mit dergeplanten Zigarrenmacher-Genossenschaft oder auch einer Ge-nossenschast der Zigarrensortirer am hiefigen Platze nur beimProjekte bleiben.Vevinifehkes.Leipzig wird ein grausiger Muitermord gemeldet.Am Dienstag Abend gegen 11 Uhr trat ein 13jähriger Knabein der Dörrienstroße an einen dort patrouillirenden Schutzmannheran und theilte ihm mit, daß er seine Mutter mit einemBeile erschlagen habe. Der Beamte, welcher an die Wahrheitdieser Erzählung kaum zu glauben vermochte, versicherte sichgleichwohl des Knaben durch Unterbringung auf die Wache undveranlaßt« sodann sofort nähere Erörterung an Ort und Stelle.Man verfügte sich nach der angegebenen Wohnung Kreuz-straße 27, woselbst die 41 Jahre alte HandarbeiterSwittweStelzner mit ihrem 13 Jahre alten Sohne, Bernhard EmilStelzner, geboren am 6. August 1876 in Mockau, ein kleinesLogis bewohnt. Die von dem Knaben erzählte Thaisache fandihre volle Bestätigung, im Bette lag blutüberströmt undtodl Frau Stelzner, der Kopf durch mehrere scharfe Beilhiebe zerschmettert und förmlich zerhackt. Der Knabe will, nachdem seineMutler etwa um loUhrAbends sich niedergelegt und er bald daraufebenfalls zu Bett gegangen, wieder aufgestanden sein. Er mußte,man kaum einen Blick auf die Außenwelt genießt(dieBretterkästen vor den Gefangenenzcllenfenstern, welche nurden Ausblick auf ein ganz kleines Stückchen Himmel\fiatten, scheinen damals noch nicht erfunden gewesen zuein.) Früher hatten diese Zellen drei kleine Fenster. Alleinnoch unter der Regierung des jetzigen Königs sind je zweiderselben zugemauert. Daß bei diesem geringen Luft- undLichteingang eine solche Zelle sehr feucht und im Wintereifig kalt ist, kann nicht Wunder nehmen. Von meinemZellenfenster blickt man nach dem Graben hinaus, inwelchen sich die Gossen des ganzen Stadtviertels SaintAntoine ergießen; welchen Gestank dieser Graben imSommer verbreitet, brauche ich nicht auseinanderzusetzen.Man denke sich einen Gefangenen in solcher Atmosphäre.Obgleich eine genügende Summe zur Erwärmung derZellen ausgesetzt ist, so reicht diese— nachdem sie vom obersten Kommandanten bis zum Stubenheizer gesiebt— dochnur aus, um jedem Gefangenen täglich sechs Stückchen Holzschlechtester Qualität zu liefern. Wehe dem Gefangenen,der über keine Geldmittel verfügt.Die Möbeln sind diesen anderen Verhältnissen würdig.Ist die Elsparniß bei dem Holzverbrauch seitens des Gouverneurs eine Unterschlagung, so ist dieser Geiz bei Haltungder Möbel schon der reine Raub, begangen an den Unglück:lichen Gefangenen.Zwei Matratzen, von Würmern benagt, in einer eiser:neu Bettstelle, ein einfaches Rohrsopha, ein wackliger Tisch,ein Wasserkrug, zwei Steinguttöpfe, eine Schippe und einFeuerhaken— dies ist, was mir geliefert wurde. Erst nachneun Monaten gelang es mir, zu erreichen, daß ich mir aufmeine Kosten ein aepolstertes Sopha und eine Theemaschineanschaffen konnte. Nur eine leinene Bettdecke zu kaufen, warmir von vornherein erlaubt, da die Motten die wollenen Deckenmeines Bettes gänzlich zerfressen hatten. Wenn Mademoiselle de Staöl erzählt, ihr Zimmer sei tapeziert gewesen, somuß ich mich darüber wundern, denn meine Zelle war sofeucht, daß keine Tapeten an den Mauern geklebt habenwürden. Die Wände meiner Zelle flößten mir Grauen ein;einer meiner Vorgänger, ein Maler oder Liebhaber der edlenMalerkunst, hatte sie mit einer Reihe Bilder bemalt— undzwar mit dunkler Ockerfarbe— welche nichts, als verschiedeneHinrichwngSarten— Köpfen, Hängen, Rädern, Verbrennenu. s. w.— vorstellten.Mit dem Augenblick, wo der Gefangene die Bastillebetritt, ist er für die Außenwelt todt. Weder ein Brief,weder ein Besuch, noch eine Nachricht irgend welcher Arterreicht ihn. Der Gefangene ist für die Welt verloren.um in den Hof zu gelangen, durch die Stube bei dem Bettder Mutter vorbeigehen, und hierbei ist ihm, als er da« wiegewöhnlich unter dem Bett liegende Beil gefeben,— er weißnicht wie— der Gedanke aufgestiegen, seine Mutter damit zuerschlagen, welchen Entschluß er denn gleich darauf in so ent-setzlicher Weise zur Ausführung gebracht hat. Er hat sich so-dann, wie er angiebt, wieder in sein Bett gelegt,ist bald nachher aber von Neuem aufgestanden,hat sich angekleidet und auf der Straße einenSchutzmann ausgesucht, um diesem die verübte That zugestehen. Das Räthsel ist noch ungelöst, welche Motive denKnaben zu dem Verbrechen gefüh-t haben. In der Schulewar Stelzner durchaus kein roher K'-abe, und auch sonst zeigteer sich nicht als ein solcher, in dessen Gemüih ein Mordplanreifen könnte. Der Knabe war von beschränktem Geiste und faul,dagegen können ihm seine Led-er im Betragen nichts Schlechte«nachsagen, wie denn auch die Zensur im Betragen immer die I ge-wesen ist. Zm Erkiäi uvg des Falles wird es aber dienen können,daß der Knabe vor vier Wochen aus einer Schaukel auf denHinierkopf gefallen ist. Am Tage nach diesem Fall war derKnabe in der Schule, ist aber durch seine Blässe den Lehrernaufgefallen. Am Nachmittage des 12. Sept. blieb er von derSchule fort, und zwar hat diese Abwesenheit bis zum 2t. Sept.infolge der Krankheit nach dem Falle von der Schaukel ge-dauert. Ucber schlechte Behandlung von seiner Mutter hat ernie geklagt, wie auch Bekannte des Knaben von irgend einemZerwnrsniß der Beiden nicht zu berichten wissen.Melche erstaunliche Flugkraft der Kühnerhabichi(Asiat palumbarius L.) besitzt, mag aus nachstehender Mit-theilung hervorgehen: Am S. Mai v.J. zerstörte ich, so schreibtman. im Verein mit dem königlichen Förster V. zu Fuhrbergim Regierungsbezirk Lüneburg den Horst eines Hühnerhabichts.Der ans dem Horst festsitzende Brutvogel erhieli zwei Schüsse.Mein Langgeschoß(Spitzkugel) hatte den linken Fang desRaubvogels getroffen und das Schienbein vollständig zer-schmettert. Die Knael des Försters V.(Lef. Kal. 20 Rnndkugel)hatte ebenfall« den linken Fang gefaßt und den Lauf gebrochen,war dann oberhalb des Schenkels in das Fleisch eingedrungenund auf dem Rücken wieder ausgetreten, ohne jedoch denBrustkasten selbst verletzt zu haben. Mit diesen beiden Schüssenwar der Räuber noch 200 Schritt fortgestrichen, und zwar ineinen Kieiernstangenort, wo wir ihn erst nach zwei Tagen auf-fanden. In dem großen flachen Horste fanden sich drei Eiervon grauweißer Färbung, in denen die jungen Vögel bereitsdeutlich sichtbar waren. Die Größe der Eier betrug 57,4: 44Millimeter(Längsachse X Breitenachse).Die Mänfeplage tritt im oberen Sauerlande in er-schreckender Weise auf. Durch die vorjährig außergewöhnlichreiche Ernte an Bucheckern hatten die Feldmäuse, die sich nachAberntung der Felder in die Wälder zurückgezogen, währenddes strengen Winters reichliche Nahrung, sodann hat die Dürredes Sommers ihre Vermehrung so sehr begünstigt, daß sie jetztin einer ungeheuren Anzahl sich den in der Nähe von Wäldernwohnenden Landleuten bemerkbar machen. Am schlimmstendürfte nach der Lüder.scheider„Reform" das Dorf Latrop imAmte Schmallenberg mit unter dieser Plage leiden. Die Mäusehausen, nachdem ste den Sommerfriichten vielen Schaden zu-gefügt haben, in den Kartoffelslücken derartig, daß unterKartoffetsträuchen, die noch vor acht Tagen schöne unverletzteKartoffeln bargen, jetzt beim Aufgraben blas nach die ansge-höhlten Sckalen dieser Früchte zu finden find. Wurzeln, Kohl-rabi und Runkeln in den Gärten geht es ebenso. Es dürsteunglaublich klingen, daß Lalroper Bewohner ihre Kartoffelnnach dem fast eine Stunde entfernten Fleckenberg gefahrenhaben, um sie vor den Mäusen zu retten, unv daß einBauer von 15 Scheffel Aussaat nicht einmal einen ScheffelFrucht gedroschen hat, das andere haben die Mäuse vernichtet.Wenn es früher vorgekommen sein soll, daß Gefangeneals Zellennachbarn durch den Kamin mit einander gesprochen,so ist die Einzelhaft heute so streng durchgeführt und dieSchornsteine sind so durch Zwischenmauern abgetheilt, daßdaran nicht zu denken ist. Die Wärter, der Oberoffizier, beiKrankheit der Arzt, sowie zweimal wöchentlich der Barbier, diesesind die einzigen Menschen, die der Gefangene bei sich erblickt.Im Allgemeinen herrscht ein tiefes Schweigen in dieser Burgdes Leidens, nur selten hört man auf dem Korridoredie langsamen Schritte anderer Leidensgeuoffen.Man denke hierzu, daß mir Bücher" und Schreibmaterialerst nach Monaten gestattet wurden. Aus einem mir ge-lieferten Reißzeug war der Zirkel heraus genommen; späterwurde mir ein solcher von Elfenbein statt von Stahl ge-liefert. Wahrscheinlich fürchtete man Selbstmord. DaS Broterhielt ich geschnitten, die Nägel abzuschneiden, war Sachedes Barbiers.Der Gouverneur bereichert sich auf Kosten der Ge-fangenen auf das Empörendste. Derselbe empfängt für jede»Jnhaftirten— und es sind in der Regel etwa 50 vor-banden— jährlich 800 M., daneben, je nach der bürger-lichen Stellung des Gefangenen, extra täglich 3 M. füreinen gewöhnlichen Gefangenen, 4 M. für einen Groß-bürger, 9 M. für einen Priester, Richter oder großen Finanz-mann, 12 M. für ein Parlamentsmitglied, 20 M. für einenGeneral und 30 M. für einen Marschall von Frankreich.Wie viel für einen„Prinzen" von„Geblüt" täglich bezahltwird, weiß ich nicht.Keines meiner Gnadengesuche wurde weiter befördert.Briese zu schreiben wurde mir nicht erlaubt.Am 19. Mai 1782, nach nahezu 1 Jahr 8 Monaten,ward Linguet entlassen, ohne, wie bereits erwähnt, ein ein-ziges Mal richterlich vernommen zu sein.Seine Memoiren und die Enthüllungen anderer Schick-salSgenossen über die Bastille waren es größtentheilS mit,welche das Pariser Volk veraulaßten, die Bastille einigeJahre«ach Erscheinen der Brochüre zu stürmen und zu zer-stören, wobei der oben genannte Gouverneur Launay er-schlagen wurde.Die Revolution fand Linguet von der Welt zurückge-zogen- er ernährte sich als Gärtner redlich und zufrieden.Verheirathet war er nicht, doch hatte er eine Haushälterin.Wieder i» das öffentliche Leben eintretend, schloß er fich denenergischsten Revolutionsmännern, den„CordelierS" Dantonund Camille DeSmoulin an. Mit diesen Revolutionärenerlitt er unter dem Schreckensregiment RobespiereS den Tod.auf der Guillotine am 17. Juni 1794.