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Beilage zum Berliner Volksblatt.

Nr. 251.

Tokales.

Bei dem Neubau der alten Post in der Königstraße it auch ein kleines Haus ohne Hof gefallen, welches zwischen 3,50 Die großen Eckbäufer eingeflemmt war. Vor Jahren wurde daffelbe für 4000 Thaler vergeblich ausgeboten. Jetzt bei der - franks. Regulitung dieser Ede hat es dem Befiger 135 000 Mart gebracht.

Der Bahnhof Friedrichstraße erhält jezt auch in seinen dunklen Fiuren elettrische Beleuchtung. Alle Probe mit Gas­anate beleuchtungs- Apparaten baben sich als ungenügend erwiefen. chäft, pe,

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Im letzten Halbjahr bestand in der Karlstraße eine Lelehalle, welche von einer Anzahl junger Russen, die auf den schiedenen Hochschulen Berlins ihren Studien nachgingen, gegründet worden war und für diesen Theil der hier Studi­renden den Mittelpunkt des geselligen Verkehrs bildete. Die Wiebereröffnung der Lefehalle in dem laufenden Halbjahr ist unte blieben, nicht weil die Zahl der hier studirenden Russen fich erheblich vermindert hätte, wie es in der ersten Meldung 2 hieß, sondern weil die Leiter der Lesehalle, soweit sie noch in Berlin find, nach den Vorfällen im ver floffenen Frühsommer, 4,50 welche zu der Auslieferung eines russischen Studenten der tech

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nischen Hochschule an die ruffischen Behörden und zur Aus­3weisung mehrerer seiner Kameraden führten, es nicht für rath­fam erachteten, durch die Lesehalle die öffentliche Aufmerksam­Reit auf fich zu lenken. Die durch den Besuch des Zaren ver­4,50 anlaßte Anwesenheit einer großen Anzahl ruffischer Geheim­polizisten dürfte nicht ohne Einfluß auf das Schicksal der russi­

Armbän hen Lesehalle geblieben sein.

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Gin interessantes Schauspiel bot sich aufmerksamen Beobachtern am Donnerstag Vormittag am Heinrichsplak. Enige Krähen, die dort auf den Höfen und im Mariannen­und Bethanienpark fich aufzuhalten pflegen, hatten auf einem ber Dächer Plaz genommen, als von dem Hausboden aus eine itoa 30 Stüd zählende Taubenschaar ausgelassen wurde, die benn auch bald in schönen regelrechten Schwingungen durch bie Luft zogen. Plößlich schienen fie der Krähen ansichtig zu werden und nun begannen die Tauben ihre Flugkreise so ein­zurichten, daß fie jedes Mal mit Heftigkeit auf die Krähen Fieberstießen, um sich sofort wieder langsam zu erheben. Die Krähen versuchten, fich mit ihren Schnabeln zu wehren; gaben bics aber bald auf und fuchten das Weite.

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Ein raffinirtes Gaunerstück hat, der Boil" zufolge, geftern ein junger Handlungsbefliffener ausgeführt. Der Hand­lungsgehilfe Ludwig Strauß war erst vor wenigen Tagen bei einer größeren hiesigen Firma in Stellung getreten, hatte sich aber durch fein gefälliges, freundliches Wesen das Vertrauen seiner Chefs so schnell erworben, daß ihm vorgestern Abend der Broturist der Fuma einen nach Holstein bestimmten Geldbrief mit einem Inhalt von 2496 M. zur Ablieferung auf dem Hauptpoftamt übergab. Strauß führte den Auftrag auch aus, tehrte bald zurüd und übergab den Einlieferungsschein dem Brokuristen; dann arbeitete er rubig meiter bis zum Schluß des Geschäftes. Gestern Morgen fehrte Strauß in das Ge­fchäft nicht zurück, eine von bem holsteiner Adressaten ein­treffende Depesche gab aber balb Aufschluß über das Aus­biciben des jungen Mannes. Der Adreffat telegraphirte näm­lich, daß der Gelbbrief zwar unverlegt und mit dem angegebenen rei Gewicht richtig angekommen fei; in dem Brief habe sich aber statt des Geldes nur unbeschriebenes Papier befunden. Die Phlhard Sofort angestellte Nachforschung nach Strauß in deffen Behnung blieb erfolglos; denn der Betrüger war nach der­felben überhaupt nicht zurückgekehrt. Strauß ist in Fürth in Bayern gebürtig.

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Einen großen Vertrauensbruch, infolge deffen fast ber geschäftliche Stuin eines hiesigen achtbaren Kaufmanns her­beigeführt worden ist, hat sich der 28 Jahre alte Anton Ewald 3. zu Schulden tommen lassen. Nachdem derselbe in der gratis. Handlung eines Anverwandten, des Fabrikanten 2. in der ambut Binzenstraße, eine mehrjährige Thätigkeit als Geschäftsführer M. Le abfolvirt und sich in diefer Stellung gut geführt hatte, wurde Sihm im Herbst vorigen Jahres Profura für die Firma ertheilt, Gromit eine ansehnliche Gehaltszulage verknüpft war. P., welcher Co bis dahin einen äußerst soliden Lebenswandel geführt, muß nun furterfire in fchlechte Geſellſchaft gerathen und zu Ausgaben verleitet worden sein, die mit seinen Einkünften nicht im Einklang ftanden. Am legten Montag tam P. nicht wie sonst ins Komptoir, Öffnung bodh traf statt feiner am Nachmittag ein aus Hamburg datirter haltbaren Beef ein. Nichts Gutes beim Anblick der bekannten Hand­dschuhen trift ahnend, erbrach Herr L. bas Schreiben, welches ihm die enträger Runde brachte, daß der unwürdige Verwandte das ihm ge­mich in schenkte Vertrauen, in der schändlichsten Weise mßbraucht hatte. ftüßen.

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Durch Umstände, so heißt es in dem Schriftftüd, war ich ge­zwungen, die Geschäftstaffe zu beftehlen. Die Mantos habe ich burch geich die Buchführung und fingirte Wechsel gedeckt, die Atzepte find in Kurzem fällig, die einzelnen Boften betragen fummirt ca. 30 000 M. Am Schluß der Hiobspost bittet Echreiber, feine Anzeige bei der Behörde zu machen, sonst würde der Geschädigte nicht einen Pfennig zurückerhalten, was andern­falls ja noch immer einmal paffiren( wörtlich) dürfte". Herr L. hat diefer Bitte nicht Folge geleistet, und so ist denn die Ding feftmachung des theuren" Berwandten, der sich in Gesellschaft eines Berliner Frauenzimmers befand, in einer Gastwirthschaft zu Altona am Mittwoch Mittag erfolat.

Der Schauplak zweier Unglücksfälle ist im Laufe des vorgeftrigen Abends die Ringbahn- Haltestelle am Morits plat geoefen. In der achten Stunde wollte an der genannten Stelle eine ältliche Dame bie Pferdebahn besteigen. Der Schaffner erklärte ihr, daß lein Plak mehr vorhanden sei und

allstraße gab das Zeichen zum Weiterfahren. Die Frau aber, von

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lüfch- und herunter und blieb bewußtlos auf dem Straßenpflafter liegen.

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welcher es fich nachher herausstellte, daß fie taub sei, und mit­ben den Kondukteur gar nicht verstanden, hatte trotzdem den Fuk auf das Trittbrett gefeßt, um aufzufteigen und durch die logiche Bewegung des Wagens überrascht, fiel fie vom Tritt Ein Rontroleur der Bahn und ein Schußmann hoben die Be­hauernswerthe auf und nachdem man sie in einem nahen Leben in's Leben zurüdgerufen, überführten sie die beiden Beamten nach der in der Adalbertstraße belegenen Sanitäts­mache, woselbst es sich herausstellte, daß die Dame, eine in ber Blumenstraße wohnende Fran B., einen Bruch des rechten Armes davongetragen hatte. Eine Stunde später sprang am

Sonnabend den 26. Oktober 1889.

welchem vier junge Leute, Bäckergesellen, sich unterhielten; nach furzer Zeit ließ er jedoch über dieses Spiel einige abfällige Be­merkungen follen, bis er endlich zu der Aeußerung fich verstieg, daß dumme Jungen niemals richtig Billard spielen lernen. Die vier Bädergesellen fühlten sich hier durch selbstverständlich beleidigt, schritten aber wegen dieser brutalen Belästigung nicht felbst ein, sondern beschwerten sich einfach bei dem Wirth, der dem Störenfried weitere derartige Kundgebungen ernstlich unter­fagte. Der Fremde fuhr aber trotzdem fort, die Spielenden zu be­lästigen, so daß der Wirth sich veranlaßt fah, den lästigen Gaft furzer Hand an die frische Luft zu beförden. Diese frische Luft schien dem Biedermann aber nicht recht zu behagen, denn kaum war er vor der Thür, so schwang er seinen Stock, schlug mit dessen ein Jagdstück darstellenden schweren Messingariff in ra­sender Schnelligkeit sechs große Spiegelfcheiben des Lofals ein und suchte sodann das Weite. Der Flüchtling wurde aber von dem Wirth und von zahlreichen Zeugen des Zerstörungswertes sofort verfolgt und an der Ede der Kleinen Hamburgerstraße auch enblich von einem Schuhmann gestellt und angehalten. Seiner Abführung nach der nächstgelegenen Polizeimache in der Großen Hamburgerstraße widerfchte fich der rohe Patron in so hartnäckiger Weise, daß einige anwesende Männer sich veran laßt fanden, dem Polizeibeamten Hilfe zu leisten, wobei ein jüngerer Mann von dem Widerspenstigen durch einen Schlag mit dem erwähnten Stock verwundet wurde. Schließlich wurde der Patron aber doch überwältigt, von dem Schußmann ge= feffelt und sodann unter großem Ehrengeleit nach der Wache abgeführt. Dort wurde der Arretirte als der frühere Bädermeister B. refngnoszirt; nach Erledigung der üblichen Formalitäten wurde er in Untersuchungshaft ge­

nommen.

In der Artilleriewerkstatt zu Spandau ereignete sich gestern ein Betriebsunfall. Ein Klempner aus Berlin war im Begriff, in Gemeinschaft mit einem Kollegen einen etwa drei Zentner schweren Raften zu transportiren. Dabei stolperte er und stürzte nieder; die schwere Last fiel ihm nun auf die Beine und beschädigte dieselben erheblich; anscheinend ist ein Bein ge­brochen. Der Verunglückte ist nach dem Krankenhause im Friedrichshain in Berlin übergeführt worden.

Wieder ein Unglücksfall durch Billets kupiren während der Fahrt. Am Dienstag Abend verunglückte durch diese Manipulation auf der Potsdamer Bahn zwischen Schöneberg und Friedenau der Hilfsschaffner Buchta aus Neuendorf bei Potsdam , welcher vom Trittbrett herabfiel und fich dadurch einen Rippenbruch und eine arge Verlegung im Geficht zuzog. Der Zug hielt sofort an und nahm den Ver­unglückten mit nach Potsdam , wo ihm auf dem Bahnhof die erste ärztliche Hilfe geleistet wurde. Wann wird wohl endlich die faft nur noch auf der Stammbahn zwischen Berlin und Potsdam bestehende Sitte, daß die Schaffner während der Fahrt die Billets von auken tupiren, beseitigt werden?

Ein mißglücktes Debüt gab vorgestern Nachmittag ein Schwinoler in der Bergstraße. Bei einer dort wohnenden Frau K. erschien ein junger Mann mit wenig Vertrauen er weckendem Aussehen und überreichte der Frau R. einen Zettel mit der Unterschrift des bei ihr wohrenden Studenten. Lepterer bat auf dem Bettel seine Within, dem Ueberbringer desselben feinen schwarzen Anzug und Ueberzieher auszuhändigen. Die vorsichtige Wirthin erfundigte sich, wozu ihr Miether die Sachen holen laffe, und nun machte der Schwindler die wenig glaub­hafte Angabe, der Student habe mit ihm in einem Restaurant gezecht, es fehlten ihm an der Bezahlung 5 Mart, deshalb wolle er die Sachen schnell verseßen. Frau R. verweigerte daraufhin die Herausgabe der Sachen, und der Schwindler zog unter Mitnahme des Zettels schimpfend ab. Natürlich hatte der Student teine Ahnung von dem ganzen Vorfall.

Die Pulsadern durchschnitten. Die in der Oranien­straße wohnenden P.'schen Eheleute waren gestern Abend in Wortwechsel gerathen, der einen so heftigen Charakter an­nahm, daß P. auf seine Frau eindrang um sie zu schlagen. Der drohenden Gefahr zu entgehen, flüchtete die B., der Mann holte nach der Fliehenden aus, und indem er sie selbst ver­fehlte, schlug er mit den geballten Fäusten mit voller Gewalt in die Scheiben eines Rüchenspindes, daß diese klirrend zer­

brachen und ein unmittelbar barauf aus beiden Armen macht voll hervorsprigender Blutstrahl verkündete, daß er an dem zertrümmerten Glas die Pulsadern sich durchschnitten habe. Er befand sich allein und ohne Hilfe, denn die Frau war, um weiteren Mißhandlungen zu entgehen, aus der Wohnung geeilt. Er schleppte fich bis zur Treppe, blieb aber dort, vom Blutverluft bereits erschöpft, besinnungslos liegen. So fand ihn sein Bruder, der ihn zu besuchen gekommen war. Er machte im Hause Lärm, man holt einen Arzt, dem es auch ge­lang, die Adern zu unterbinden und den blutigen Strom zu hemmen, doch befand sich P. in einem derartigen Zustande, daß der Arzt seine Ueberführung nach einem Krankenhause anordnete. Als die Frau nach einiger Zeit sich wieder nach Hause wagte und dort von dem inzwischen Geschehenen erfuhr, erwachte die alte Liebe wieder. Sie vergaß, daß die für den Mann so un­alücklich abgelaufenen Fauftschläge nicht an die Adresse des Spindes, sondern an die ihrige gerichtet waren und nur mit Mühe konnte die von heftigstem Schmerz ergriffene Gattin be= ruhigt werden.

Eine Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrentrant­heiten, woselbst unbemittelte täglich von 10-11 Uhr unentgelt­lich behandelt werden, hat, wie uns mitgetheilt wird, Dr. Hersfeld, Brückenftr. 1B, errichtet.

Polizeibericht. Am 23. d. Mts. Abends wurde der Maurer Römer in der Nähe des Königsthores von einem Ge­fchäftswagen überfahren und erlitt dabei so schwere innerliche Verlegungen, daß er am darauffolgenden Tage verstarb. Am 24. d. M. Vormittags versuchte eine Frau infolge von Streis tigkeiten mit ihrem Liebhaber sich auf dem Kloset im Erdgeschoß eines Hauses in der Prinz Eugenstraße zu erhängen. Es ge lang jedoch, fie wieder ins Leben zurückzurufen. Als zu der felben Zeit der Hausdiener Jung mit einem Handwagen die Mauerstraße entlang fuhr, gerieth er vor dem Hause Nr. 48 zwischen zwei beladene Arbeitswagen und wurde dabei von einem Pferde derart gegen seinen Wagen gedrückt, daß er ans scheinend innerliche Berlegungen erlitt. Er wurde nach der Charitee gebracht. Abends erschoß sich in einem Gasthause in der Friedrichsstraße ein etwa 18 jähriger Mann, welcher aus Dortmund bezeichnet hatte.

end- Hem origplay vom Vorderperron ein Herr H. herunter. Er glitt Nachmittags dort eingefehrt war und sich als Kaufmann Riemann

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des Wagens und trennten ihm zwei Finger von der Hand­ourzel ab. Auch dieser Verunglückte ward von einem Be amten der Pferdeeisenbahn nach der nämlichen Sanitätswache gebracht. Ein eigenthümlicher Gaft. Am Mittwoch Nachmittag

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in der vierten Stunde erschien in der im Partere des Hauses fleibeter, etwa 45 Jahre alter Mann, welcher an einem Tisch m Billardzimmer Plaz nahm und ein Glas Bier bestellte. Anfangs fah der fremde Gaft ruhig dem Billard piele zu, mit

Gerichts- Beitung.

Zwei Presprozesse gegen die Germania " wurden gestern faft gleichzeitig vor dem hiesigen Schöffengericht und der I. Straffammer des hiesigen Landgerichts I verhandelt. In bem einen Falle, welcher ein Nachspiel zu dem Bergarbeiter

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6. Jahrg.

Streit bildete, handelte es fich um eine Privatklage des Re­präsentanten der Zeche Eintracht Tiefbau", Herrn Lieb­recht, gegen den verantwortlichen Redakteur der Germania", Dr. v. Kartowsky. In ihrer Nummer 115 vom 21. Mai c. brachte die Germania" eine später in andere Blätter über gegangene Korrespondenz aus Bochum , in welcher es u. A. hiek: Eine interessante Nachricht kommt aus Steele . Der Re­präsentant der Zeche Eintracht Tiefbau" ist verhaftet und in das Untersuchungsgefängniß nach Essen abgeführt worden. Seit langer Zeit hat derfelbe Lohnliften und Lohnbücher gefälscht." Da an dieser Nachricht absolut Nichts wahr gewesen, so hat der Beleidigte die Privatllage angeftrengt, welche gestern vom Rechtsanwalt Dr. Rich. Wolff vertreten wurde. Derselbe machte besonders darauf aufmerksam, daß der Artikel in eine Beit fiel, wo die Gemüther heftig erregt waren und demzu­folge durch eine derartige falsche Notiz große Gefahren für den sozialen Frieden heraufbeschworen werden konnten. Bon den Redakteuren, welche im Vertrauen auf die Autorität der Germania " jenen Artikel nachgedruckt, seien zwei zu acht Monaten und zwei Monaten Gefängniß verurtheilt worden und er beantrage auch in diesem Falle, von einer Geldstrafe grundfäßlich abzusehen. Der Vertreter des Angeklagten, Rechtsanwalt Mobler führte dagegen aus, daß die Germania " in der ganzen Bergarbeiterfache einen durch­aus versöhnlichen Standpunkt eingenommen und in der Bes handlung der Arbeiterfrage überhaupt fich stets im Einklange mit den Priestern, Bischöfen und dem Papste befunden habe. Die unter Antlage gestellte Mittheilung sei im Vertrauen auf die Zuverlässigkeit des betreffenden Korrespondenten aufgenom men worden und deshalb sei eine Geldstrafe genügend. Der Gerichtshof schloß sich jedoch im wesentlichen den Aus­führungen des Vertreters des Privatkiägers an. Er erwog, daß der Artikel in einer Zeit der sozialen Gährung erschienen, in welcher derselbe leicht bedenklichen Zündstoff in die Kreise der Arbeiter hätte tragen fönnen. Außerdem handele es sich um außerordentlich schwere Beleidigungen eines gänzlich unbescholtenen Ehrenmannes, welche vollständig in Ser Luft schwebten und da die Privat Ehre gegen solche Verunglimpfungen nachdrücklichst zu schützen sei, so hat der Gerichtshof auf eine Strafe von vier Wochen Gefängniß

erkannt.

Die zweite Anflage gegen denselben Angeklagten betraf eine aus Frankfurt a. M. datirte Korrespondenz in Nr. 116 vom 22. Mai. Es wurde darin gesagt, daß bei der dortigen Aufführung des Lutherfestspiels von Devrient auch Juden thätig seien. Daran wurden Vorwürfe gegen das Komitee geknüpft und gesagt, daß in dem Komitee Pfarrer Battenberg fige, welcher in Schrift und Predigt die Gott heit Chrifti und die biblischen Wunder leugnei". Durch diesen Vorwurf fühlt sich Pfarrer Battenberg beleidigt und die Staatsanwaltschaft erhob die Anklage, welcher sich Pfarrer Battenberg , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Sello, als Nebenkläger anschloß. Der Angeklagte erbot sich zum Beweise der Wahrheit, daß in der That Pfarrer Battenberg die Wun­der und damit die Gottheit Chrifti, wie sie die orthodoxe Richtung versteht, leugne. Sein Vertheidiger, Rechtsanwalt Modler, überreichte zu diesem Behufe eine Reihe von Num mern des Frankfurter Evangelischen Gemeindeblattes" mit Berichten über Vorträge des Beleidigten über das Wunder". Er berief sich außerdem event. auf das Gutachten der evan­gelisch- theologischen Fakultät, des Kultusministers und bes Evangelischen Oberkirchenraths.- Der Gerichtshof beschloß, die überreichten Artikel einer Prüfung zu unterziehen und zu einem nächsten Termine den Pfarrer Battenberg persönlich vorzuladen.

Ein gegen den Postfiskus verübter Betrugsversuch führte gestern den Handlungsreisenden Paul Schweder vor die dritte Straffammer des Landgerichts I . Der Angeklagte vertrat eine hiesige Firma und fehrte im Februar d. J. von einer längeren Geschäftstour zurück. Bei der Abrechnung mit feinem Prinzipal stellte sich ein Fehlbetrag von 400 M. heraus. Der Angeklagte behauptete, daß er diese Summe im Dezember von Inowrazlaw an sein Haus durch Boftanweisung eingesandt habe. Das Geld ist hier nicht eingetroffen und erklärte der

angeklagte fofort, bak bann eine interfchlagung feitens eines ihn auf den Poſtschein vorzuzeigen und der Angeklagte begab sich nach feiner Wohnung, wo er denselben angeblich aufbewahre. Er fehrte aber mit leeren Händen zurück, der Schein müsse ihm abhanden gekommen sein. Nun machte der Angeklagte bei der Postbehörde von dem angeblichen Ber lust der 400 Mark Anzeige und verlangte Erfaß. Es haben dann eingehende Ermittelungen bei dem Poftamte in Inowrazlam ftattgefunden und diese haben ergeben, daß die erwähnte Summe überhaupt nicht eingezahlt worden sein kann, sondern der Verlust ein fingirter ist. Es wurde darauf An­flage gegen Schweder wegen versuchten Betruges erhoben. Der Angeklagte hielt auch im gestrigen Termine die Behauptung aufrecht, daß er thatsächlich das Geld eingezahlt habe, der Gerichtshof gewann aber mit dem Staatsans walte die Ueberzeugung von der Schuld des An­geflagten und mit Rücksicht auf den erschwerenden Umstand, daß derselbe sich nicht entblödet hatte, die Beamten zu ver dächtigen und deren ganze Existenz zu gefährden, verurtheilte der Gerichtshof ihn zu einer Gefängnißstrafe von sechs Monaten.

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Dak trok aller behördlichen Vorschriften und Vor­nichtsmaßregeln seitens der Schlächter von außerhalb der Verfuch gemacht wird, ungenießbares und verdorbenes Fleisch nach Berlin einzufchmuggeln, bewies eine Verhandlung, bie geffern vor der dritten Straffammer des Landgerichts I ftattfand. Der Schlächtermeister Ehrhardt Stenzinger aus Lübbenau , der sich auf der Anklagebant befand, wurde durch die Beweis aufnahme des Vergehens gegen das Nahrungsmittelgefek überführt. In der Nacht zum 19. April dieses Jahres kam der Angeklagte mit einer Ladung Fleisch nach Berlin , Don bem einen Theil, etwa anderthalb Zentner, auf dem Görlißer Güterbahnhofe ließ, während er die größere Menge vorschriftsmäßig nach dem Untersuchungs­amte schaffen ließ. Dem Thierarzte Rüden wurde mitgetheilt, daß das auf dem Bahnhofe zurückgebliebene Fleisch in hohem Grade verdächtig fei, derfelbe begab sich dorthin und fand ben Verdacht vollauf bestätigt. Es war Fleisch von efelerregendem, wäfferigen Aussehen und mußte von einem Rind herrühren, das in hohem Grade an der Abzehrung gelitten hatte. Der Angeklagte ergriff die Flucht, als er die Beamten fommen fab, wie er im Termine behauptete, hatte er sich aber nur beeilen wollen, nach Lübbenau zurück zu reifen, um das dort liegen gebliebene Ursprungsattest über das frag liche Fleisch zu holen. Er hatte das lettere dann dem hiesigen Untersuchungsamte zuführen wollen. Zwei Zeugen traten auch auf, welche bekundeten, daß Stenzinger sich in diesem Sinne zu ihnen geäußert und hierauf stüßte der Bertheidiger, Nehto anwalt Dr. Richard Wolff seinen Antrag auf Freisprechung

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