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2. Beilage zum Berliner Volksblatt.

Nr. 259.

Gerichts- Beitung.

Entscheidungen des Reichsgerichts.( Nachdruck ver­boten.) Leipzig , 31. Oktober. ( Bolts- Zeitungs- Prozeß) Am 9. März d. J., dem Todestage Kaiser Wilhelms I., brachte die Berliner Bolts- Beitung" einen Artikel, beffen Spize fich gegen diejenigen richtete, welche den 9. März als National- Gedenktag eingeführt sehen möchten, und in welchem der Charakter, die Fähigkeiten, Neigungen und Thaten des genannten Kaisers einer Kritik unterzogen wurden. Die Staatsanwaltschaft war der Ansicht, daß diese Kritik des verstorbenen Herrschers eine beleidigende fei, und daß diese Beleidigung wegen der nahen Be­ziehungen Wilhelms I. zu seinem Enkel zugleich den jezt regierenden Kaiser treffen. Deshalb erhob sie gegen den ver= antwortlichen Redakteur des Blattes, Oldenburg , Anklage wegen Majestätsbeleidigung. Die Staatsanwaltschaft fuchte diefes Delift auf die Weise zu fonstruiren, daß sie die Theorie einer ideellen Kontinuität zwischen den verschiedenen Herrschern aus derselben Familie aufstellte, nach welcher der lebende Fürst mit seinen Vorfahren in gewiffer Beziehung solidarisch sei. Das Landgericht Berlin I konnte dieser Theorie und der daraus sich er­gebenden Folgerung, daß durch die abfällige Kritik Wilhelms 1. zugleich Wilhelm II. beleidigt sei, nicht beitreten, sprach fich vielmehr bahin aus, daß diese Theorie zu verschiedenen Unge­heuerlichkeiten führen und die historische Kritik unmöglich machen würde. Insbesondere würde diese Theorie zur Fälschung der Geschichte führen und bewirken, einerseits daß die Sünden der früheren Herrscher nicht aufgebeckt, anderer­seits daß nicht nur die guten Eigenschaften, sondern auch eben jene Sünden den lebenden Fürsten in unliebfamer Weise an die Rodschöße gehängt werden. Einer solchen Kontinuität, fährt das Urtheil weiter fort, steht auch das. Strafgeset die Ve § 189 bestraft die schimpfung des Andenkens entgegen, denn Verstorbener nur insoweit, als Kinder 2c. dadurch sich verlegt fühlen und Strafantrag stellen. Ein Strafantrag ist in diesem Falle nicht gestellt wor= aus dem Gesichtspunkte des§ 189 gar nicht nöthig gehabt. ben, das Gericht hätte also eine Prüfung des Thatbestandes Es that es aber dennoch; allerdings kam es zu der Feststellung,

wider

vorliege, weil das Thatbestandsmerkmal, daß die Beschimpfung besseres Wissen erfolgt sei, nicht habe feft­gestellt werden können. Aus diesen Gründen wurde auf völlige Freisprechung des Angeklagten erkannt. Die Revision des Staatsanwalts gegen dieses Urtheil fam in der legten Sigung des 2. Straffenates des Reichsgerichts zur Verhandlung. Ihr Inhalt war folgender: Die Beleidigung eines verstorbenen Fürsten ist dann ftrafbar, wenn sie gleich­seitig für einen lebenden Fürsten beleidigend ist. Dies muß aber fast regelmäßig der Fall sein, weil die Kaifer- 2c. Würde, welche es mit fich bringt, daß ihr Ansehen ein traditionelles_ift, eine erbliche Würde ist. Eine Ausnahme muß man zulassen, wenn ein großer Zeitraum zwischen den beiden in Betracht fommenden Bersonen fürstlichen liegt, oder wenn zwischen der Auffaffung der Herrscherwürde der beiden Fürften eine prinzipielle Verschiedenheit obwaltet. Es ist also für jeden Fall zu prüfen, ob diese Kontinuität vor­liegt. Der§ 189 steht dem nicht entgegen. Das Bewußtsein des beleidigenden Charakters des Artikels für den lebenden Kaiser hat das Landgericht verneint, weil Wilhelm II. nicht diefelben Motive für sein Handeln habe wie Wilhelm I. , das Gericht erkennt aber an, daß die Proklamation Wilhelms II. dieselben Regierungsgrundsäge verheißt, wie sie Wilhelm I. be­folgt hat, und von einem Zwiespalte Wilhelm I. und Wil­ helm II. in Bezug auf die Auffassung von den Herrscherpflichten und Regierungsgrundsägen ist niemals etwas bekannt geworden.

werden.

Dienstag, den 5. November 1889.

6. Jahrg.

stellen einerseits, und andererseits er durch die Verbesserung| 3obel u. a. Sämmtliche Redner äußerten sich im Sinne des seiner Maschinen immer weniger Arbeitskräfte braucht. Es wird also durch das Entlassen der übriggewordenen Arbeiter die draußenstehende Reservearmee nicht allein um ein be­deutendes vermehrt, sondern durch die Vermehrung dieser be= schäftigungslosen, hungerleidenden Arbeiter werde nur dem Kapitalisten eine neue Waffe gegen den beschäftigten Arbeiter in die Hand gedrückt.

Hinter sich die große Masse der Beschäftigungslosen ist es dem Arbeitgeber ein Leichtes, seine Arbeiter immer mehr und mehr ins Joch zu spannen. Hier kann nur Abhilfe geschaffen werden, wenn die Arbeiter sich in starken Organisa­tionen vereinigen und dafür sorgen, daß die Reserve- Armee vermindert wird. Dies kann aber nur geschehen durch Ver­fürzung der Arbeitszeit. Der Fabrikant braucht, wenn er die­felben Produkte liefern wolle, mehr Arbeitskräfte. Die Nach frage nach Arbeitskräften wird steigen. Mit diesen gewinnt aber der Arbeiter auch sofort eine größere Bewegungs­freiheit. Er wird sich nicht mehr so ohne weiteres den erbärmlichen Werkstatt- und Fabrikordnungen unterwerfen, er wird, da er nun Gelegenheit hat, bei weniger Arbeitszeit, fich mehr um das Leben außerhalb seines bisherigen Wirkungs­freises bekümmern. Er wird einsehen, welch eine Macht in der Maffe der Arbeiter stedt, sobald sie sich in geschloffenen Reihen vereinigen, er wird die Macht der Gewerkschaftsorganisationen anerkennen und sowie er nach und nach zur Freiheit auf ge­werkschaftlichem Gebiete gelangt, so wird er auch schließlich zur politischen Freiheit gelangen. In der Diskussion sprachen fich die Herren Weber, Reuter, Markmann, Delze im Sinne des Referenten aus. Zu Werkstatt- und Vereinsangelegenheiten wurden verschiedene Werkstellen namhaft gemacht, wo Sonn­tags und nach Feierabend gearbeitet wird. Unter Ver schiedenes" wurde ein Antrag einstimmig angenommen, die Produkte von Klingel- Bolle" und von Löser und Wolff nicht zu kaufen. Eine Frage, wie stellt sich der Fachverein zur Beseitigung des denaturirten Spiritus, rief eine lebhafte Debatte hervor. Kollege Schade weist einen erhobenen Vor­murf seitens des Kollegen Weber, der Fachverein habe in dieser Sache seine Schuldigkeit nicht gethan, zurück. Kollege Schubert stellt den Antrag, den Bevollmächtigten zu beauftragen, in der beschließenden Versammlung des Fachvereins der Tischler den

Antrag zu stellen, die Arbeiten zur Beseitigung des denatu rirten Spiritus materiell zu unterstüßen. Derfelbe wird ange­nommen. Desgleichen der Antrag von Kollege Hoffmann: Der Fachverein wolle beschließen, daß der 1. Mai 1890 für sämmt­liche Berliner Tischlergesellen ein Feiertag sei. Hiermit war die Tagesordnung erschöpft. Aufgenommen wurden 30 Mit­glieder.

Der Fachverein der Kernmacher und verwandten Berufsgenossen Berlins und Umgegend hielt am Sonn­abond, den 26. v. Mts., seine General- Versammlung ab. Herr. Otto Knauf hielt einen Vortrag über Thomas Münzer und seine Beit". Die Abrechnung vom dritten Quartal 1889 be= trug in

Einnahme Ausgabe

112,55 M. 60,29"

Bestand 52,26 M.

Dazu kommt der Kassenbestand vom zweiten Quartal mit 33,33 M., mithin bleibt ein Gesammtbestand in baaren Geldern von 85,59 M. Dem Kassirer wurde Decharge ertheilt. Von dem Sommernachtsfest ist ein Ueberschuß von 80 M. 30 Pf. zu verzeichnen. Die Kollegen, welche noch im Besize von Billet sind, werden ersucht, die Sache schleunigst zu regeln, weil sonst ihre Aufforderung öffentlich erfolgen muß. Zum Bibliothekar wurde Kollege Dülfert einstimmig gewählt. Fol­gende Resolutionen und Anträge wurden einstimmig ange­nommen: 1) Von der Firma Loeser u. Wolff nichts zu kaufen wegen schlechter Behandlung ihrer Arbeiter; 2) die Versamm­lung verpflichtet sich, die Produkte von Klingel- Bolle nicht zu faufen, ebenso verpflichten sich die Mitglieder, welche in Schlaf­stelle wohnen, diese zu kündigen, die Wirthin

wenn

von Bolle fauft; 3) folgende Lokale den Arbeitern als nicht für ihren Besuch geeignet zu erklären, da die Wirthe ihre Säle zu öffentlichen Arbeiter- Versammlungen nicht her­geben wollen. Brauerei Feldschlößchen, Müllerstr. 142, Brauerei Dessow, Schönhauser Allee , Restaurant Sachon, Müllerstraße, Restaurant Pohl, Müllerstr. 7, Restaurant Kuhlmei, Choriner­

Der Reichsanwalt sah sich nicht in der Lage, der Revision beizutreten, soweit Nichtanwendung des§ 95( Majestätsbelei digung) gerügt war und äußerte nur einige Bedenken über die bezüglichen Stellen des Urtheils. Er glaubte aber auf diese Bedenken um so weniger Gewicht legen zu sollen, als die Re­vision nach einer anderen Richtung feiner Ansicht nach voll­ftändig begründet war. Das Erkenntniß verlege in der augen­fälligsten Weise den§ 189 und müsse deshalb aufgehoben Allerdings könne dann in diesem Falle eine Verurtheilung nicht, sondern nur eine Einstellung des Ver­fahrens stattfinden. Die Einstellung hätte schon deshalb erfolgen müssen, weil die Frist zur Stellung des Strafftraße, Restaurant Wittig, Moabit , Artushof und Victoria­antrages noch nicht abgelaufen mar, möglicherweise aber noch nicht einmal zu laufen begonnen hatte.- Der Vertheidiger, Rechts­anwalt Mundel, wies gegenüber allen diesen Ausführungen auf die klaren Feststellungen des Urtheils hin, welche die Frei­fprechung vollständig rechtfertigten. Alle rechtsirrig bezeichnete er sodann die vorgetragene Ansicht, daß auf Grund des§ 189 überhaupt hätte prozedirt werden können, solange kein Straf­antrag vorliege, habe sich das Gericht überhaupt nicht mit der Verfolgung eines entsprechenden Delittes zu befassen und folg­Das Urtheil des Reichsgerichts ging, wie bereits furs gemeldet, bahin, daß die staatsanwaltliche Revision als unbegründet zu verwerfen sei.

Bu fünfzehn Jahren Zuchthaus wegen Verkaufs von trichinöfem Fleisch, dessen Genuß den Tod von sechs Personen zur Folge hatte, wurden die Franz Beier'schen Eheleute aus Klein- Schonwald durch das Schwurgericht zu Dels verurtheilt. Die

Schweines vom Fleischbeschauer als trichinenhaltig bezeichnet Gründe der That. Trobem das Fleisch des geschlachteten und seine Vernichtung angeordnet war, auch die Versicherungs­fumme voll ausgezahlt war, haben die Beier'schen Eheleute aus Habsucht Fleisch von dem trichinösen Schweine bei Seite ge schafft und verkauft. Mehr als dreißig Personen erkrankten baran, sechs starben.

Versammlungen.

Der Fachverein der Tischler( für den Osten) hielt am Sonntag, den 27. v. M., in Saeger's Salon, eine gut be suchte Versammlung ab. Der Saal konnte die in großer An­mieder umtehren, ohne Einlaß bekommen zu haben. Die Tagesordnung lautete: 1. Die Vortheile einer Arbeitszeit- Ver­fürzung. 2. Diskussion. 3. Werkstatt- und Vereinsangelegen heiten und Verschiedenes. Zum 1. Punkt hielt Kollege Schade einen mit Beifall aufgenommenen Vortrag. Er führte unge fähr folgendes aus: Eine Hauptforderung einer jeden Arbeiter organisation bei eventuellen Streits sei Verkürzung der Ar­beitszeit und das mit vollem Recht. Wir sehen, wie die

Salon. Für die Kollegen Fritfche und Richter werden zwei andere Mitglieder in den Arbeitsnachweis gewählt, nämlich bie Kollegen Krüger und 2üd. Der Antrag des Kollegen Pieper, den streitenden Formern der Schwarzkopff'fchen Fabrit 50 M. aus der Vereinskaffe zu bewilligen, wurde ein­stimmig angenommen. Zum Schluß wurde der Antrag, den 1. Mai 1890 zu Ehren des Arbeiter- Kongresses zu Paris als einen Feiertag zu begehen, mit großem Beifall angenommen.

Eine öffentliche Versammlung der Lithographie­Steinschleifer und Berufsgenossen tagte am 29. Oftober, zahl­reich besucht, in Bemters Lokal, Münzstr. 11, unter Vorüß des

Herrn D. Zobel. Die Tagesordnung lautete: 1. Bericht der Lohnkommission. 2. Wahl von 3 Revisoren. 3. Wie stellen wir uns zu dem Kongreß der Steindrucker und Lithographen? 4. Verschiedenes. Der von Herrn Rohmann erstattete Bericht über die zum Generalfonds eingegangenen Gelder ergab eine Einnahme von 183,80 M., dem steht eine Ausgabe von 17,56 M.

gegenüber, so daß ein Bestand von 166,24 M. verbleibt. Der Borfißende bemerkt hierzu, daß die Sammlungen leider hinter den Erwartungen der Kommission zurückgeblieben seien. Redner gab im Anschluß hieran einen genaueren Situationsbericht. Darnach betheiligten sich zu Anfang 24 Anstalten mit 52 Stolle gen, von diesen 52 Kollegen haben 3 nach Verlauf einiger Wochen die Zahlungen eingestellt, 24 betheiligten sich wöchentlich mit 20 Pf., 8 mit 30 Bf., 13 mit 40 Pf., 4 zahlen mit Unterbrechung ohne bestimmte Norm. Es wurden hierauf drei Revisoren gewählt und die Wahl fiel auf die Herren B. Beier, H. Grundmann und W. Zechert. Zum 3. Punkt der Tagesordnung hatte Herr F. Rose das einleitende Referat übernommen. Referent legte in kurzen Worten klar, wodurch die Steinbrucker und Lithographen veranlaßt wurden, einen Gewerkschaftsfongreß einzuberufen. Aus unserer Lohnbewegung, so äußerte fich Redner, fönnten wir sehen, welch ein schwacher

geihan, bie schläfrigen Kollegen aufzurütteln. Ebenso müßten

Die Kollegen in der Provinz aufgeklärt werden, denn dort sei meistens noch die Ansicht verbreitet, daß die Verhältnisse in Berlin glänzend feien. Solle der Kongreß etwas Erfprießliches leiften, so müßte auf demselben die Allgemeinheit vertreten sein. Die Tagesordnung des Kongresses sei eine derartige, daß auch die lebhaftefte Betheiligung der Berufsgenossen am Blake wäre. Hier hätten die Schleifer Gelegenheit zu zeigen, daß fie fich mit den Steindruckern und Lithographen solidarisch fühlen. Redner kommt zu dem Schluß, daß die Schleifer im eigensten

in den Stand gesezt wird, mit wenigen Arbeitskräften bei Intereffe verpflichtet wären, den Kongreß zu beschicken. langer Arbeitszeit eine ungeheure Maffe Arbeitsprodukte herzu- An der Diskuffion betheiligten sich die Herren Schäfer, Bechert,

Referenten und die Versammlung beschlok, den Kongreß durch einen Delegirten zu beschicken. Bei der Wahl wurde Kollege F. Rose als Delegirter gewählt. Hierauf wurde eine Kommission gewählt, bestehend aus den Kollegen H. Bechert, Swinemünder­traße 142, W. Bechert, Ackerstr. 50, D. Zobel, Fransectstr. 26, welche zur Deckung der Kosten, die durch Beschickung des Rongreffes entstehen, freiwillige Beiträge entgegen nehmen. Unter Verschiedenem wurde für den Kollegen Kl.. welcher fich f. 3. in die Lohnkommission wählen ließ, ohne Entschuldi­gung aber den Arbeiten der Kommission fern geblieben ist, als Ersay Herr F. Rose gewählt. Herr Schäfer nimmt Veran lassung, das Verhalten verschiedener Kollegen zu fritisiren, die nicht an unserer Bewegung theilnehmen. Alle Gewerkschaften haben die Verbesserung ihrer Lage durch die Organisation er­reicht, deshalb solle auch bei den Schleifern das Solidaritäts­gefühl mehr und mehr Plaz greifen; alle müßten der Organisation beitreten, so daß man dann dem Kapital geschlossen gegenüber treten fönne. Nachstehende Resolution wurde einstimmig ange­nommen: Die heute, am 29. Oftober, in Zemter's Lokal tagende öffentliche Versammlung der Lithographiesteinschleifer und Be­rufsgenossen erklärt sich mit der bis jept geübten Thätigkeit der Lohnkommission vollständig einverstanden und ersucht die Kom­miffion in dieser Weise weiter zu wirken; ferner verpflichten sich alle heut Anwesende dem Fachverein der Lithographieftein­schleifer und Berufsgenossen beizutreten, denn nur durch eine stramme Organisation ist es möglich, unsere materielle Lage zu verbessern. Nach dem noch das Berliner Volksblatt" und die Graphische Presse"( Fachblatt) zum Abonnement empfohlen, sowie auf die nächste Fachvereinsversammlung am 19. November in Zemter's Lokal aufmerksam gemacht worden, erfolgte Schluß der Versammlung.

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Der Fachverein der Gas-, Waffer-, Heizungsrohr­leger und Berufsgenossen Berlins hielt am Sonntag, den 27. Oftober, seine regelmäßige Mitglieder Versammlung in Feuerstein's Salon, Alte Jakobstraße 75, ab. Tagesordnung: 1. Vortrag des Herrn F. Krüger über die Verkürzung der Arbeitszeit und deren Wirkung auf die Arbeiter. 2. Diskussion. 3. Bericht über den Arbeitsnachweis. 4. Verschiedenes und Fragetaften. Zu Punkt 1 schilderte der Referent zunächst das Leben der alten Völker, die Sklaverei, die Entwickelung des Handwerks der heutigen Industrie und die Ausbeutung der Arbeiter durch die Kapitalmacht. Die Unternehmer fuchten für sich ihr Rapital auf Rosten der Arbeiter anzuhäufen. Mit Hilfe der raffinirtesten technischen Erfindungen sucht man die Arbeiter auf alle mögliche Weise zu drücken; man ver­längert die Arbeitszeif, um möglichst wenig Produktionskosten zu haben und einen möglichst hohen Profit durch den einzel­nen Arbeiter zu erzielen. Die nothwendige Folge hiervon ist die koloffale Arbeitslosigkeit. An der Hand statistischen Materials schildert Redner die traurigen Verhältnisse in einzel­nen Industrien, insbesondere bei der Weberei. Ferner kam der­selbe auf die oftpreußischen Verhältnisse zu sprechen; hier sähe man, wie die Bevölkerung dieser Provinz, durch die überlange Arbeitszeit, förperlich und geistig verfümmern muß. Durch soziale Reformen, wie sie die heutige Gesellschaft macht, wird man dem Ar­beiter nicht helfen; was nüße demselben die Altersversorgung, wenn er, um bei 70 Jahren die Altersrente zu genießen, sich eine möglichst lange Arbeitszeit erhalten muß. Nur durch Vertür­zung der Arbeitszeit sei es möglich zu helfen. Dann werde bie Reservearmee vom Arbeitsmarkt verschwinden. die Vagas bondenfrage würde von selbst geregelt, der Mann, die Frau fönnten Beide, sich mehr der Erziehung ihrer Kinder widmen, würde geregeltes Familienleben eintreten, und würde eine beffere Generation herangezogen wer­

ein

es

den. Bur Diskussion sprach Kollege Beder über die Lohnbewegung der Rohrleger in diesem Jahre; unter 2200 Rohrlegern in Berlin sei es nicht möglich gewesen, eine feste Organisation zu schaffen; er forderte zu reger Agitation für die Organisation auf, damit auch die Rohrleger endlich eine Verkürzung der Arbeitszeit erringen. Es wurde beschlossen, das Wintervergnügen in diesem Jahre in Orschel's Salon, Sebaftianstraße 39, abzuhalten. Kollege Breitholz machte auf die am 25. November bei Feuerstein stattfindende öffentliche Rohrleger- Versammlung aufmerksam und ersuchte um recht rege Betheiligung an derfelben. Nachdem Kollege Hanke noch auf eine in der Lüßowstraße bestehende Rohrleg- Fabrik aufmerksam gemacht, schloß der erste Vorsitzende mit dem Hinweise auf die am 10. November stattfindende Generalversammlung des Fach­vereins.

Eine Versammlung des Fachvereins der Tischler tagte am Dienstag, den 22. Oktober, in Huth's Salon, Bad­straße 22, mit der Tagesordnung: Die diesjährigen aus wärtigen Streits im Tischlergewerbe und ihre Rückwirkung auf die Tischler Berlins . Diskussion. Verschiedenes. Das Referat übernahm, da der angesezte Referent, Herr Zubeil, verhindert war zu erscheinen, der Kollege Millarg. In seinen Aus­führungen berührte derselbe in erster Linie den Braunschweiger Streit, da derfelbe am hartnäckigsten und prinzipiellsten geführt worden ist und gleichzeitig beweist, daß zur Durchführung des Streits eine straffe Organisation im Rücken der Streifenden stehen muß. Redner nahm dann die in verschiedenen Städten Deutschlands ausgekämpften und noch schwebenden Streits durch, wie in Nürnberg , Lübeck , Bergedorf und Delmenhorst , wo die Tischler mit zäher Ausdauer fest auf ihren Forde rungen, die in erster Linie auf Verkürzung der Arbeitszeit hin­zielten, bestanden. Sodann giebt der Referent einen Ueber blick über die Verhandlungen des 6. deutschen Tischlerverbands­tages. Besprochen wurde dort, die Versuche der Meister, die Entlassungsscheine wieder einzuführen, was für die Kollegen eine schwarze Liste darstellen würde. Pflicht eines jeden wäre es fomit, fich zu organisiren, sich einer großen Maffe anzu­der Tischler schließen, wie sie heute der Fachverein Berlins darstelle. Der Redner legt ferner flar, wie heut zu Tage die Verhältnisse der Tischler Berlins , Lohn und Arbeitszeit betreffend, stehen, indem er einige statistische An­gaben aus der im Frühjahr durch den Fachverein aufgenomme nen Statistik vorführt, woraus zu ersehen ist, wie wenig Kol­legen fich der Organisation angeschloffen haben. Ferner be sprach Kollege Millarg die Beschlüsse der legten Meisterver­sammlung, in der Innungsmeister Brandes das Referat gehalten. Dort wurde davon gesprochen, in welcher Weise die Meister die Gefellen im Falle eines Streits maßregeln könnten. Ein Meifter offenbarte, er gebe fein Koftgeld mehr, der andere, er nehme polizeiliche Hilfe in Anspruch, um die stehen gebliebe­nen Gesellen in Obhut zu geben. Beim 3. Punkt der Tages­ordnung: Verschiedenes", sprachen noch drei Kollegen über Werkstellen- Angelegenheiten, u. A. Kollege Albrecht über die Arnold'sche Werkstatt, Gesundbrunnen , Straße 76. Dort waren alle Kollegen gewillt, die Arbeit niederzulegen, wenn nicht wenig­ftens eine Lohnerhöhung von 3 Mark für 4 Spinde eintrete. Nach längerer Debatte mit der Werkstatt- Kontrolfommiffion, be­willigte der Tischlermeister die Forderung, wenn auch nicht in dem Umfange, wie die Kollegen es verlangten. Redner empfahl