, UtS betrachteten, je unzweifelhafter wurde es, dab hier cm durchtriebener Federfuchser auf höheres Kam- mndo eine Arbeit verrichtet hatte, deren Eindruck ,n demselben Grade steigen maßte, in welchem oaZ Niveau der GeisteSaaben der Leser der»New. Torker Volksztg." durch den jahrelang genährten Vertrauens dusel ge- I unken war. Nicht um kurze Wiedergabe eines offiziellen Aktenstückes handelte es sich, nein, dasselbe wurde als Hand. bade benutzt, um plötzlich den zu»Ex-Sozialisten* degradirten Mitgliedern der alten Exekutive vor ihrem Rücktritt einen(je- hörigen Eselstritt zu versetzen. Daß diesesedle"' Kunststück vis zu einem gewissen Grade gelungen ist, wollen wir offen zuzestehen, denn:.Di« Dummen sind noch längst nicht ausge- Horben ." Alle Diejenigen, welche emen Diktionär befitzen, bitten wir, um die UebersetzungSweiSheit derVolksztg." kennen zu lernen, denselben zur Hand zu nehmen. ES folgt dann der betr. Originaltext m Gegenüberstellung zur Ueberfetzung m der V. Z", und dann heißt'S weiter;Nachdem sie an Hand des Lexikons sich überzeugt, daß in der Millionenftreet die Phantasie der Bosheit großer ist, als die dort so viel ge- vnesene Wahrheitsliebe und Gerechtigkeit, werden sie sicherlich bestätigen können, daß zur Bedienung desersten ArdeiterblatteS des Landes" nichts weiter gehört, als eine gute Portion unverschämte Unverfiorenheit, der es nicht im Mindesten darauf ankommt, zu lügen und zu fälschen, nur um den Eindruck hervorzurufen, als ob langerprobten Parteigenossen urplötzlich das Verständniß der Jnternationalität der Arbeitersach- abhanden gekommen wäre, und sie sich zu schamlosen Renegaten herabgewürdigt hätten. In dieser Handlungsweise liegt System: liegt die Absicht, unliebsame Kritiker so ganz sacht, so ganz s-ns%on und meuchlings adzuthun. Doch gemach! So fein angelegt dieser Plan auch sein mag, eine« Tage« werden selbst den blindesten Parteigängern dieser Art Revolverjournalisten, welche die Ehrenhaftigkeit innerhalb der Arbeiterbewegung mit Gewalt zu Grabe tragen, die Augen derart aufgehen, daß die Demagogen ihr Zelt werden bei den Bolokuden aufzuschlagen gezwungen sein." Bei einer solchen gegenseitigen Erbitterung ist also die Augficht eine sehr geringe, daß binnen einer kurzen Zeit wieder eine allgemeine Harmonie eintreten werde. Die auf dem Kongreß vom 12. Okt. entworfene und zur Urabstimmung vorliegende Plattform und Konstitution werden allem Anschem nach heftigen Erörterungen unterliegen; schon sind in einzelnen Branchen in New- Park gegen verschiedene Anordnungen Einwendungen erhoben worden, da man meint, daß die Partei dadurch in ihrer Selbstständigkeit beein» trächtigt werde. Auch macht sich die Anficht geltend, daß der Plattform-Entwurf wohl geeignet sei als eine Art Programm« broschüre, nicht aber als Programm selbst, da er viel zu um- fangreich sei. Tolrslos. Ate Stadtbahn. Als die Stadtbahn, nachdem das de- tjeffende Aktien- Unternehmen verkracht war, vom Eisenbahn- sisku» übernommen wurde, konnte man einen Augenblick hoffen, daß sie dem Publikum in zufriedenstellender Weise dienstbar gemacht werden würde. Diese Hoffnung ist in manchen Stücken bitter getäuscht worden. Man hätte denken sollen, daß mit dem stet« steigenden, jetzt schon gewaltigen Verkehr der Betrieb gleichen Schritt halten würde. Aber bis heute ist die Zahl der fahrplanmäßigen Züge dieselbe geblieben, ebenso die Zahl der angehängten Wagen, und die Folge davon ist, daß zu ge- wissen Tageszeiten, in den Morgenstunden zwischen 7 und 9 Uhr, Mittags 12 bis 2 Uhr und Abends 5 bis 7 Uhr, die Sonn- und Feiertage g« nicht zu rechnen, eine Ueberfüllung der Koupee« eintritt, welche nur als durchaus ungehörig bezeichnet werden muß. Wenn sich in einem Pferdebahn- wagen ein überzähliger Passagier vorfindet und ein Polizei- beamter davon Kenntniß nimmt, wird der Kondukteur in Strafe genommen. Für die Stadtbahn scheint indessen em anderes Gesetz zu gelten. Wenn einst durch Entgleisung, falsche Weichen- stellung und dergleichm ein Unglück eintreten sollte, wa« bei der Abnutzung der Betriebsmittel leicht einmal kommen kann, so ist gar nicht auszudenken, welchen Umfang dasselbe bei der übermaßigen Vollstopfung der Wagen gewinnen müßt«. Wie aber außerdem noch mit dem die Bahn benutzenden Publikum umgesprunacn wird, dafür ein recht drastisches Beispiel, wel« che« dieVolkk-Zeitung" mittheilt:Der BahnhofWestend" liegt in der Mute emeü Stadt- Theils, der etwa 25 000 Einwohner zählt. Im letzten Sommer wurden da stündlich von und nach Berlin fünf Züge abgelassen. Vier derselben hatten ihren Endpunkt auf dem vordersten Perron, wenn man demselben als einem die kalbe Länge der Züge kaum erreichen- den, auf beiden Seiten offenen Schuppen die Ehre dieser Be- zeichnung anthun will, und konnten auf ebener Erde erreicht werden. Der fünfte war ein Nordringzug. Wer denselben be- nutzen will, muß erst eine Treppe hinansteigen und dann eine zweite viel höhere und steilere mit bereits stark abgetretenen Holzstufen hinunterklettern, um zum zweiten Perron zu ge- langen. Die von Westend kommenden Fahrgäste müssen sogar vorher noch die erste Treppe hinabsteigen, um zum Fahrkarten- schalter zu gelanoen. Der sogenannte zweite Perron hat zum Dach das Himmelszelt, bietet also jedem Wind und Wetter freien Zugang und hat bei Regen einen stark aufgeweichten Boden. In diesem offenen Wartesaal müssen die Fahrgäste die Ankunft des Zuges erwarten, welcher zudem nicht selten bis zu zehn Minuten Verspätung hat. Welche Gefahr für die Gesundheit der War- tenden damit verknüpft ist, brauchen wir wohl nicht erst nach- zuweisen. Nun kommt aber noch hinzu, daß für den Winter «in fahrvlanmäßiger Zug kassirt ist, so daß die Verbindung mit Berlin auf stündlich nur vier Zügen beruht, und daß außerdem zwei derselben zu Nordringzugen eingerichtet find, sich also die geschilderte Unannehmlichkeit verdoppelt, ja man kann sagen, bei dem Winterwettet verzehnfacht. Zahlreiche Petitionen, die der Verwaltung eingereicht worden find, haben nicht die mindeste Berücksichtigung erfahren, und e« fällt das um so schwerer in« Gewicht, da der gemeine Unterthanen- verstand nicht fassen kann, warum die mit einer Verbesserung der Verhältnisse verknüvften Kosten bei dem kolossalm Ueberschuß der StaatS-Eisenbahnen nicht zu tragen wären. Allerdings ist da« Publikum, dem man mit Recht den Vor- wurf machen kann, daß es nicht zu fahren versteht und über- dies zu einem guten Thcile nicht weiß, wie et sich in den Eisenbahnwagen zu benehmen bat, an manchen llebelständev schuld. Es muß wohl in dem Menschen doch so etwa« wie eine Art Hammernatur stecken, denn wenn eine Koupeethür ge» öffnet wird, steigt einer nach dem anderen ein, unbekümmert darum, ob er der elfte oder fünfzehnte ist, und ohne davon Notiz zu nehmen, daß m dem benachbarten Koupee noch Plätze unbesetzt sind. Ungezogenheiten, welche im Allge- meinen auf sehr dürftige Erziehungsresultate schließen lassen, find nicht selten. Die Emen speien fortwährend in den Wagen was außer der Ekelhanigkeit wegen der möglichen Verbreitung von Ansteckungsftoffen nicht ungefährlich ist Andere fingen oder pfeifen, noch Andere meinen, daß die Stöcke, die sie mit sich führen, nur dazu da feien, um die übrigen Fahrgäste durch unausgesetztes Aufklopfen auf den Boden oder Hin- und Herpendeln zwijchen den Stiefeln zu belästigen. Einzelne haben die Rücksichtslosigkeit, ihre Beine lang auszustrecken, oder ein Bein über das andere zu schlagen, ft> daß sich die Geqenübersitzenden kaum davor retten können, der ZeitungSleler bei gefülltem Koupee gar nicht zu gedenken. Ob an der Erziehung solcher Leute, denen es nicht m der Jugend eingeprägt ist, daß eS eines der ersten Zeichen guter Sitte ist, seinen Nebenmenschen so wenig al« möglich lästig zu werden, noch etwas zu bessern ist, wollen wir d ahmgestellt sein lassen. Aber für die Bahnverwaltuna ist sicherlich die Mög- lichkeit vorhanden, für die mit der Stadtbahnreise verknüpften Mißstände Abhilfe zu schaffm. Auf der Londoner Ringbahn geht nach beiden Richtungen alle drei Minuten ein Zug, e« können mithin solche Unannehmlichkeiten, wie sie auf der Ber - lmer Stadtbahn von dem bisherigen Betriebe unzertrennlich sind, nicht vorkommen. Auch das fahrende Publikum könnte von den Engländern in Betreff feines GeHabens viel lernen. UteU fit der Gutwenduug emer goldenen Einlegnungs- Brosche verdächtig war, wurde die 18 Jahre alte Tochter eines in der Sophienstraße wohnenden achtbaren Handwerkers vor- gestern Vormittag nach der Kriminalabtheilung durch emen Schutzmann fistirt. Es stellte sich aber, wie dieB. P." be- richtet, bald heraus, daß das junge Mädchen unschuldig war, denn da« Schmuckstück war bei einem anderen jungen Madchen, mit welcher die Bestohlene in einem Wallwaarengeschäft zu­sammen arbeitet, vorgefunden worden. Das junge Mädchen wurde nun sofort von der Behörde entlassen, hat sich aber die Sache so zu Herzen genommen, daß e» bis jetzt nicht in die elterliche Wohnung zurückgekehrt ist und sich möglicherweise ein Leids angetban hat. Fast einen halbe« Tag nebe« der Kelche seiner Frau mußte der Arbeiter Lehmann in Potsdam liegen. Der alte Mann ist gelähmt und gänzlich hilflos; er kann sich nur durch fremde Hilfe aufrichten und fortbewegen. Da« betagte Ehepaar wohnte allein und erhielt selten Besuch. Als vor einigen Tagen die Frau Abends nach Hauje kam, war ihr nicht wohl, sie fiöftelte am ganzen Körper und legte sich, um sich»u er- wärmen, in dos Bett ihres Mannes. Als der alle Mann Morgens erwachte, sagte er zu seiner Frau:Na, Mutterchen, Du bist ja noch so kalt," und als er keine Antwort erhielt, entdeckte er erst, daß er neben einer Leiche lag. Erst gegen Mittag kamen Leute und befreiten Lehmann au« seiner hilf- losen Lage. In einem hiestge» Gasthof bemerkten zwei Herren, al« sie Abends ihr Zimmer betraten, daß die Zimmerthür unver- schloffen war. Nachdem sie sich entkleidet und da« Licht auS- gelöscht hatten, wurden sie durch ein anscheinend vom Kleider- schrank herkommendes Geräusch gestört und sahen sich schließlich veranlaßt, das Spind zu durchsuchen. Bei Oeffnung desselben sprana ihnen ein Mann entgegen, der an ihnen vorüber aus dem Zimmer stüchtete. Unmittelbar daraus körten sie, daß in dem oberen Stockwerk eine Zimmerthür geöffnet wurde, und schloffen daraus, daß der muthmaßliche Dieb zu den Gästen des Hotels gehört. Diese Annahme bat sich als richtig erwiesen. Der Eindringling ist ein gewisser Gustav Voigt, welcher ein- räumte, daß er sich lediglich zu dem Zwecke der VerÜbung eine« Diebstahl« ein Zimmer in dem Gasthofe hatte geben lassen. In seinem Besitz wurde ein geladener Revolver gefunden. Oierirfttü-ffleikung. Gin josendlicher Mörder stand gestern in der Person des Weberlehrlinas Johann Czekalla vor der zweiten Straf- kammer hiesigen Landgerichts l, und die Verhandlung entrollte ein abschreckendes Bild moralischer Verkommenheit. Der eben 17 Jahre alt gewordene Angeklagte, welcher körperlich noch sehr zurückgeblieben ist, hat einen au«geprägten Hang zur Ver- Übung von Schlechtigkeiten: sein verjchmitze« Auge schon läßt nichts Gutes ahnen und die Gewandtheit, mit welcher er sich trotz seines stark polnischen Dialektes verlheidigt, steht zu seiner Jugend in gewaltigem Gegensatz. De» junge Mensch hat be- reitsein mit drei Strafthaten beschwerte« Slrasregister; im Jahre 1887 schon wurde er wegen Diebstahls zu 3 MonatenGefängniß de- straft, es folgte eine einmonatlicheGefangmßstrafe wegenBetruge« und im Oktober d. I. ist er wegen eines MefferangriffS auf seinen Lebrkollegen, den 18sjährigen und weit stärkeren Weber­lehrlina Robert Krawutschke, zu 6 Monaten Gefängniß oerurtheilt worden. Vierzehn Tage vor jenem Termin, in welchem Krawutschke gegen ihn Zeugniß abzulegen hatte, hat der Angeklagte einen äußerst raffinirt ersonnen«» Mordplan gegen Krawutschke auszuführen versucht und stand deshalb wegen versuchten Mordes und wegen Diebstahls unter Anklage. Er hatte sich im Gefängniß«ine wunderbare Geschichte zurecht gelegt, die er in folgender Weise zum Besten gab. Präs.; JchratheDir, daß Du die Wahrheit sagst. A n g e k l.; Ja wobl, ick wer'sch thun. Präs.: Du hast aber zweierleiRedengeführtunddieUnthatbei dem Untersuchungsrichter schon zugestanden. Angekl.: Hob' ich blo« gethut, weil sie mir so gedrängt haben. Präs.: Da« ist nicht wahr, der Richter hat Dich lediglich ausgefragt. Angekl.: Hat man mir gesagt, daß mir'sch nicht soll schlecht gehen, wann ich werd' sagen die Wahrheit, na, und da bob' ich zu alle Sachen blosch immer gesagt: Ja! Präs.: Du arbeitest seit zwei Jahren mit Krawutschke bei dem Meister Lehmann und Ihr schlieft Beide zusammen in der Werkstatt in einem Bett? Angekl.: Jsch alle« richtig! Präs.: Wie bist Du nun blos dazu gekommen, den Krawutschke zu fragen, ob er sich getraute, mit gebundenen Händen zu schlafen? Angekl.: Wir haben gesprecht über alle Möglichkeiten, dann find wir gekommen auf die Krankheiten und er hat gesagt, daß tS Leute giebt ohne Hände. Oh, Hab' ich gesagt, da isch' Nischte niche dabei, denn die haben immer Führer bei sich. Aber, Hab' ich gesagt, was meinschte, wa« die Wickel« linder thun, die immer mit de Hände eingewickelt schlafen müssen und müssen'sch auch aushalten, zu schlafen, ohne zu be­wegen die Händ'. Präs.: Nun erzähle nur nicht zu lang. Angekl.: Nu hat er denn gesagt, wa« ich ihm w:ll geben, wenn er werd' schlafen mit gebundene Hände und ich Hab' ihm versprochen, ihm zurückzugeben den Hut, wa« ich ihm vorher batte abgekauft. Nu war'sch Mitternacht. Präs.: Na, na, Du hast Dir ja eine recht hübsche Geschichte zurechtgelegt und denkst gewiß, es wird recht graulich, wenn Du sie gerade in die Mitternachts stunde verlegst. Angeklagter:, nu war'sch Mitternacht und wie wir zwee Brede in« Bett liegen, sagt Krawutschke: Nu kann'schte mir binden. Da binde ich ihm de Händ' mit'n Tuch recht feste und wie er denn von den Hut anfangt, sage ich ihm: Du bischt wohl dumm? Ich werde Dir doch den Hut nicht geben, wa« ich mir habe verdient mit saurem Schweiß! Präs.: Na, kurz und gut. Du behauptest, daß Ihr darüber in Streit gekommen seid, und'Krawut'chke Dir einen Stoß versetzt habe. Angekl.: So ischt's. Dann bin ich verfallen in Schlaf und mußte auf- wachen vor Schmerzen in Leib. Hob ich schwer geathmet und weil er mir hat plötzlich gegeben einen Stoß, haben wir un« gebälgt ins Bett, sind gekugelt auf den Boden und sind so gekommen bis an die Thür, wo Meister Lehmann schlief. Wie der nu i« aufgewacht, i« er m die Werkstatt gekommen und hat Ruhe geboten und da haben'sch nu die ganze Ge- schichte! Präs.: Ja, das ist eine sehr schöne Räuder- geschichte, blo« daß sie nicht wahr ist. Wie der Meister kam, hattest Du dem Krawutschke einen Strick um den Hals ge- fchlungen, so daß derselbe fast erstickt wäre. Angekl.: Nsscht is wahr davon. Der Meister hat den Krawutschke aus- geschimpft und ihm noch gesagt:Rede mir kem Wort weiter, Du großer Latsch !" Ganz anders lautete die Darstellung des Weberlehrling« Krawutschke. Danach hat der Angeklagte ihm erzählt, daß schon mehrmals Leute darum gewettet hätten, ob sie in der Nacht mit zusammengebundenen Händen schlafen könnten, sie hätten die Wette aber stets verloren. Krawutschke hat infolge dessen Lust bekommen, da« schwierige Kunststück einmal selbst zu probiren, und in der Rächt zum 15. September ging es an die Aussührung. Der Angeklagte holte ein Halstuch und band damit dem Kr. die Hönde so eng und fest aneinander, daß er dieselben nicht bis zum Munde bringen konnte. Darauf schlief Krawutschke ein. Um Mitternacht erwachte er in- solge Athemnoth und eines heftigen Schmerzes am Halse wieder, sah den Angeklagten auf sich knien und merki� daß derselbe ihm einen um den Hals geworfenen Strick zuzog. Krawutschke bekam glücklich die zusammengebundenen Hände zwischen Strick und Hals und es kam zur Balgerei, wobei der Angeklagte das Ende des Strickes immer in der Hand behielt und daran zog. Sobald Krawutschke schreren wollte, steckte ihm der Angeklagte die Faust in den Mund und suchte ihm sogar den Hals zuzudrücken. Endlich wurde der Meister durch den Lärm aus dem Schlafe geweckt und dessen Dazwischenkunft befreite den Krawutschke aus seiner bedenk- lichen Lage. Der Angeklagte flüchtete dann und nach seinem Fortgange vermißte Krawutschke sein Portemonnaie mit 5 Mar! Inhalt. Der Lehrherr des Angeklagten, Webermeister L e h- mann bestätigte, daß er selbst gesehen, wie der Angeklagte ver- suchte, den um den Hals des Krawutschke befindlichen Strick zu- zuziehen. Krawutschke war völlig erschöpft, sein Hals zeigte eine blutunterlaufene Strangulatronsmarke, so daß entschieden ein Mord beabsichtigt ist. Der Meister giebt dem Angeklagten sonst da« Zeugniß eines fleißigen und geschickten Burschen, er bestreitet, daß derselbe jemals das Verlangen geäußert, die Lehre zu verlassen. Der Angeklagte hat bei einer seiner früheren Vernehmungen behauptet, daß eme Anzahl Stricke an der Wand in der Nähe des Bettes gehangen und er wah- rend de« Ringens mit Krawutschke einen solchen herunter- terissm habe, um ihn als Schlmge zu benutzen. Der lräsident meint, daß der Angeklagte durch diese Behauptung in schlauer Weise das Moment d»r Ueberlegung habe beseitigen wollen. Beide Zeugen de- künden dagegen überemstimmend, daß der Strick emer Schub- lade entnommen sei, die sich in einem Schrank in der entgegen- gesetzten Ecke der Werkstatt befand. Der Angeklagte blieb auch nach der Zeugenaussage seine« Meisters dabei, daß er von dem Mordversuch nichts wisse. Auch von der Anklage des Diebstahl« suchte er sich reinzuwaschen, Krawutschke habe schon wiederholt den Wunsch geäußert, seine minderwerthige Uhr gegen die btS Angeklagten einzutauschen, er habe deshalb seine Uhr zurück­gelassen und als Ausgleich das Portemonnaie Krawutschke'S mu 5 M. 5 Pf. mitgenommen. Einige Tage hat der Angeklagte sich ruhelo» in den Straßen Berlin « umhergetrieben, wobei er im Ereien oder in Hauefluren nächtigte, dann ging er nach Char- ttenburg und Schöneberg . Hier wurde er festgehalten, al« er sich einen Anzug zu erichwindoln suchte. Zum Schluß der Beweisaufnahme wird das früher vom Angeklagten abgelegte Geständniß verlesen. In demselben giebt der Angeklagte zu, daß er schon eine Woche lang mit dem Plane sich getragen, den Krawutschke zu erwürgen, den er bei Seite schaffen wollte, um so den Zeugen zu beseitigen, der dem- nächst in der Messeraffäre vor Gericht gegen ihn aufzutretev batte. Trotz aller Vorhaltungen des Präsidenten, der Wahr- heit die Ehre zu geben, blieb der Angeklagte dabei, daß jen«« Geständniß em unwahres und ihm abezwungen worden fei. Staatsanwalt F l i ck e l hielt dm Angeklagten im vollen Umfange der Anklage für schuldig und überführt, er beantragt gegen denselben einschließlich der noch zu verbüßenden seckt- monatigen Gefängnißstrafe wegen Körperverletzung eine G«- sammtstrafe von fünf J-Hrm. Das Urtheil lautete auf drei Jahre sieben Monate W fängniß. Verfknntnlungen. Friedrichshage». Am Donnerstag, dm 21. d. M., tagt' hier eine öffentliche dmtfchfieisinnige Versammlung, wozu«f Parteien eingeladen warm, im Gesellschaftshause. Der größte Saal des Ortes war schon um Uhr überfüllt. Man konnte jedoch infolge der Sperre genau die Parteim unterscheiden. sämmtliche Arbeiter kein Bier trankm; e« warm unge'iw 90 pCt. Sozialdemokraten, 5 pCt. Freisinnige und 5 pCi. Kon- feroative anwesend. Es sprach der Major a. D. Herr Hin>e über die Lage der Parteim bei der bevorstehendm Reichstags wähl. Er rüffelte die Konservativm und schmeichelte den Sozialdemokratm. Sein eigme« Programm entwickelte er g� nicht. Als der Referent geendet hatte, trat eine Pause«»n 15 Minutm ein. Untcrdessm begab sich der Kandidat der Sozialdemokratie, Herr Stadthagm, zu dem Vorsitzmden, um sich in die Rednerlifte einzeichnm zu lassen. Dort wurde ihm mitgetheilt, daß er nicht sprechen dürfe. Nach WiedereröffiwnS der Versammlung nahm Herr Hartmann da« W»'' zur Geschäftsordnung, theilte diese Wortverweigerung der Ptr- sammlung mit und ersuchte sämmtliche Anhänger der SoüM- demokcatie dm Saal zu verlassm. Kaum waren die Wo« gesprochm, so erhoben sich über 300 Personen und verließ�'' mit einem Hoch auf Herrn Stadthagen dm Saal. E« tno?"- ungefähr 20 Personen dort geblieben sein, davon die Holl' Konservative. JedmfallS hatte nun Herr Hinze einm kow«s>v-. Begriff von dm Freisinnigen in Friednchshagen bekommen- er wiro wohl nicht wieder hierher rommm, und besser wirb' dm Konservativm auch nicht ergehen, denn in FrieorichShag'M ist kein Platz weder für die Jreisinnigm noch für die Konie vativen, da« wird die nächste Wahl zeigm. Nun begaben>> alle Arbeiter nach dem Bahnhof, um mit Herrn Stadthog noch in Köpmick ein Gla« Bier zu trinken. Auf dm o"- mußte noch eine halbe Stunde gewartet werdm, und unss. dessm hatte der Wicth auch nicht ein Glas Bier verkauft, im er die Erklärung der Gastwirthe mit unterschriebm hatte. zwischm war eine Depeftde an die Köpenick « Polizei ausgegeo� wordm: 64 Sozialdemokratm aus Friedrichshagm Köpmick ein. Alt die 64 Mann in Köpenick ankamen, trän- sie noch ein GlaS Bier, und Herr Stadthagm fuhr dann n Berlin , die Uebrigen zurück nach Friedrichshagen . Görlth. Am 20. d. Mts. fand im hiesigen Konzertha eme sehr zahlreich besuchte Volksversammlung siatt, in u>c Herr Keller einm Vortrag über die nächstm ReichStagSwaa hielt. Der Refermt erledigte seine Aufgade in sehr und zutreffmder Weise und erntete dm vollm Beifall der sammlung. Nach einer lebhaftm Diskussion fand rolgm»« solution einstimmige Annahme: Die Volksversammlung sich mit dm AuSführungm de« Herrn Referenten einver>>o und verpflichtet sich mit allm gesetzlich gewährten Mittel die bevorstehmde Wahlbewegung nach Kräften einzutreten- die glößtmöglichste Stimmmzahl auf dm soziald-motra i Kanoidatm zu vereinigen und dm Sieg zu erringen, wurde vom Vorsitzenden, Heim Bmnewitz, der Verjamn'. mitgetheilt, daß der hiesige Wablverein zur Erzielung thümlicher Wohle» Herrn Keller als Kandidatm i» f.(tt Görlitz Laubaner Wahlfrei« bestimmt hat, und fo«uro «* fr*rttVrttiint»hL ti- Hugo Keller auch von der Volksversammlung- sozialdemokratischer Kandidat für dm Görlitz -Lauban frei« proklamirt. lUicfluiRc"- Brt Bnftajen Wttei wir Me«bonnm>tnt»4duittuni W*1 W ÄntiBoct wird nicht eilk-tN svnd« K. St. Inserate sind niemals an imwer nur an die Erpeditt-N«ns-r-» pruste 44, zu senden. Wir könnm sonst für purn """ÄÄ«&M. W Verantwortlicher Redakteur: K.«ronbewe in Berlin . Druck und Verlag von Mi» Oadtn« in Berlin SV.. Beuthstraß: 2.