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1. Beilage zum Berliner Volksblatt.

Nr. 300

Lokales.

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Tannenbaum und Forstwirthschaft. In dieser Zeit hat schon mancher beim Anblick der zahllojen auf den Markt gebrachten Tannen gefragt: Wie alt mag folch ein Bäumchen geworden sein, ehe essdie Art fällte, oder: Wird nich: Jahr ein Jahr aus eine Art orger Verwüstung in den Forster getrieben, indem gerabe die schönsten und ebenmäßigften Eremplare junger Fichten und Tannen geschlagen werden?" Wen hätten die Fragen nicht schon bewegt? Beide beantwortet eine nähere naturgeschichtliche Renntniß des Tannenbaumes, oder da dieser der Fichte. viel seltener zum Weihnachtsfeft genommen wird Se ift ein äußerst langfam wadfender Baum und das wenige Aus hobe Eremplar zählt ftets 8-12 Jabre, ist doch das F& tenpflanzlem drei Jahre noch seiner Ausfaat erft 20 bis 25 3 ntimeter hoch. Vom sechsten Jahre ab geht es bei onftigen günftigen Bedingungen mit dem Wachsthum rafcher vorwärts. Was nun die Sorae betriffs, daß ber ungeheure alljährliche Bedarf an Weihnachtsbäumen eine Verschwendung im fortwirthschaftlichen Sinne fei, Die fo barf man gerade das Gegentheil behaupten. Art der Ausfaat und Entwickelung des Nabelholzes ver langt bas dichte Zusammensteden von 6-10 Exemplaren der aus dem Samen aufgegancenen Pfanzen. Was ihnen aber in Aarter Jugend Bedürfniß ist, würde ihnen später zum ernstesten Schaden. Gerade in dem Alter, welches durchschnittlich unsere Thriftbäume erreichen, muß das Fällen der überzähligen statt­finden und wenn es noch feine so lutrative Verwendung für fie cäbe, müßten die Forstgelehrten extra ein Weihnachtsfest efinden, um nicht als geringwerthiges Reifig verkaufen zu müffen, was jet so ichönes Geld einbringt. Der Wald ent äußert sich also in Wahrheit alljährlich auf die vortheilhaftefte Wise eines Ueberfluffes, den er gar nicht beha ten dürfte.

Einen neuen Giftstoff hat P of. Dr. N. Robert ( Dorpat ) in einer seit Jahrtaufenden bekannten Pflarze, in dem Samen des Abrus precatoria entbedt. Dieser Same stellt eine ungemein gleichmäßig gebildete rothe Erbse mit schwarzem Bu- tte dar und wurde deshalb von den Indiern sehr zu­treffend als Hahnenauge" charakterifirt, bei uns wird fie Paternoftererbse oder auch Giftbohne genarnt. Der Abrus famen ist als Arzneimittel schon in alten Zeiten angewandt worden: als Reizmittel, Blutftigungsmittel u. dergl., befonders aber kommen zwet Arten feiner Anwendung in Betraht: näm ich als Mittel zu Mordzweden in Indien und als Mittel egen Augenentzündungen in Brafilien. Zu Mordzweden Zu Mordzwecken wird der Abrusfamen in der Weise benußt, daß man ihn en fapfel, in frischem Zustand zerreibt, dann zu einem halb Bein­bart werdenden Suft zufammen ollt und diefen fe arf anfpigt; ein Stich damit, der elma nur wie der Insektenstich emp unden wird, genügt, um Mensch und Thier zu tödten. Auf diese Weise find von Eing borenen ganze Heerden in englischen Rolonien aus Stache getödtet worden. In Brafilien gewinnt man aus einem falten Aufguß des Abrussamens ein beliebtes, einen starten Reiz auf die Augenschleimhäute ausübendes Mattel . Moraus sich diese Wukungen des Samens erklären, war bisher völlig unbekanut. In dem Samen hat nun Pro feffor Stobert einen höchft eigenthümlichen giftig wirkenden Ei veißtö per aufgefunden. Derselbe wickt, direkt in's Blut in ber unendlich Thieren eingeführt, fleinen Dofis von 0,001 Miligramm pro Rilo Körpergewicht abfolut töstlich, also 100 mal stärker als das gefürchtete Sryhnin. Genau ebenso wirkt das aus dem Ricinussamen bergestellte Gitt, ebenfalls ein Eiweißförper, der auch in an Sprechender Anwendung aufs Auge ganz ebenso wutt. alle Eiweißförpergifte, so büßt auch der Abrussamen durch Rochen und überhaupt durch größere Wärme seine Wirkung ein, und in diesem Zustand kann daher der Samen sehr wohl Die Giftwirkung des als Nahrungsmittel benugt werden. Abrusiamens fommt, wie Pro. Robert durch das Thier­( xpriment nachgewiesen, dadurch zu Stande, daß diefes G.ft, ins Blut übergeführt, die Blutkügelchen gerinnen macht, also eine Gerinnung vergiftung der Burförperchen darstellt.

DON

Wie

Eine höchft merkwürdige Operation ist vor einiger Beit im Juouchen Strantenhause zur Ausführung gekommen. Vor etwa 14 Jahren war ein Herr an der Blinddarment­zündung erkrankt und wenn er auch von dieser schweren Krank­

Sonntagsplauderet.

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R. C. Selbst wenn sich heute Jemand vornehmen wollte, nicht an das bevorstehende Weihnachtsfest zu denken, fo wäre das eine nach jeder Richtung hin verlorene Mühe­waltung. An jeder Straßenede stehen die Tannen aus dem Harz und anderen Waldgegenden, die Klappern und Wald­teufel werden dem Heimkehrenden spät Abends überall an­geboten, die kleinen Proletarier frieren und zittern in diesem Jahre ebenso wie in den vorhergehenden die äußere Phy­fiognomie Berlins ist im Großen und Ganzen diefelbe ge­blieben. Allerdings nimmt der Weihnachtsmarkt auf dem Schloßplatz in diesem Jahre von dem Berliner Abschied, Herr Rudolf Herzog , der Beschüßer der kleinen Leute, hat es glücklich fertig gebracht, daß seine strahlenden Geschäfts­räume jedem Geldbesitzenden zugänglich gemacht werden, ohne daß diese bevorzugte Rafte es nöthig hätte, von dem Geschrei der Kleinhändler sich beläftigen zu lassen. Die lezte Beit hat uns auf allen Gebieten so durchgreifende Ver­änderungen erleben lassen, daß ein so geringfügiges Mo­ment faum noch Anspruch auf die öffentliche Beachtung ers heben kann.

Der Platz, auf welchem der alte Weihnachtsmarkt tagte, wenn man diesen Ausbruck hier in Anwendung bringen darf, geht, wie bekannt, in seiner nächsten Umgebung einer frohen Butunft entgegen. Zunächst wird er in naher 3eit mit bem berühmten Brunnen geschmückt werden, ber einstmals dem Berliner Magiftrat einen so weihevollen Moment be­reitete. Und um die Schloßfreiheit tobt der Kampf um den Lotteriepatriotismus. Wenn erst alle Loose, welche die Glücksgöttin für die zahllosen Bewohner des Deutschen Reiches, die nicht alle werden, bereit hält, abgesetzt sind, und wenn das Konsortium der ehrenfeften und biderben Männer, die sich für die Angelegenheit intereffiren, die mehrfachen Millionen in die geräumigen Taschen versenkt haben wird, bann allerdings schickt es sich nicht mehr, daß auf einem Blat, an welchen sich so großartige historische Erinnerungen Inüpfen, Echäfchen feil gehalten werden, welche irgend ein progiger Hausindustrieller aus der Weberstraße, viere auch Groschen, angefertigt hat und darf ausbietet. Solche Schäfchen

für

Bugleich

einen

man

Sonntag den 22. Dezember 1889.

heit genas, so erlangte er doch niemals seine frühere völlige Gesundheit wieder. Er fühlte fich nie ganz wohl, tränkelte be ständig, ohne eigentlich frant au sein und alle Welt hielt ihn fchließlich für einen Hypochonber. Da begann sich vor etwa einem halben Jahre bei dem betreffenden Herrn hinten im Rüden in der Nähe der rechten Schulter eine Schwellung zu b lden, die den Charakter eines im Körper befindlichen Ge­wächses annahm und immer größer wurde. Das Gewächs mußte daher entfernt werden und der Patient fich einer Operation unterwerfen, die, wie die Aerzte ihm nicht verhehlten, eine folche auf Tod und Leben war, da Niemand berechnen fonnte, bis wie weit der operative Eingriff erstreckt werden mußte. Man begann die Operation und wer beschreibt das Eiftounen der Chirurgen, als das Gewächs sich als ein etwa 1 Pfand schwerer Stein entpuppte, auf den man glüdicher wele noch in dem Moment fii. ß, als die Aerzte ein weiteres Schneiden bereits für unmöglich erklärten. Dieser Stein aber erwies fich bei näherer Untersuchung als nichts anderes, als eine Verhärtung von Speifereften, welche seit jener Blinddarm­entzündung, die eine Störung im Berbauungsorganismus zur Folge gehabt, thren natürlichen Austritt aus dem Körper nicht mehr hatten finden können, und sich im Laufe der Jahre zu dem Gewächs verdichtet hatten, das den von ihm Behafteten mit einem beständigen Gefühl törperlichen Unbehagens erfüllt hatte, bis es in der geschilderten Weise zum Vorschein tam und entfernt wurde. Der Mann in bereits aus dem Kranken­hause entloffen und sein blühendes Aussehen versett alle Die­jenigen in Erstaunen, welche den blassen, kränklich aussehenden Mann früher gekannt hatten.

Ein Aufseher des Pariser Schlachthofes, Dr. Bourrier, tritt sehr entschieden dafür ein, jegliches Fietsch vor Tabakrauch zu bewahren. Er hat sehr belehrende Versuche an geftellt. Bier Pfund zerschnittenes Fleisch wurden längere Stunden dem Tabakrauch ausgefest, wodurch fie an der Ober­fläche eine schwärzliche Farbe annahmen. Nun wurde das Fleisch wiederholt einem hungrigen Hunde vorgesetzt, der sich aber mit Widerwillen davon abwandte, um feinen Preis daffelbe freffen wollte. Nachdem daffelbe fein zerbackt und mit anderer Nahrung vermischt war, verschlang es der Hund, Hund, starb aber gleich darauf mit allen Zeichen der Vergiftung. Derselbe Versuch wurde mit Ralb und Pferdefleisch angestellt, welches nach der Einräucherung gebraten und den Natten vorgeworfen wurde. Diefe starben ebenso schnell weg, obwohl durch das Braten ein Theil des Rauches wiederum ausgefchwikt worden. bratenes Fleisch nimmt den Tabakcauch feft noch mehr auf als robes, gefochies dagegen weniger. Dr. Bourrier warnt baher bringend, in allen Räumen, worin Fleisch aufbewahrt, gefocht oder gegeffen wird, ebenso auch beim Schlachten, jeglichen Tabakrauch fernzuhalten. Wenn auch nicht jedesmal eine witliche Vergiftung erfolgt, fo nimmt das Fleisch doch stets von dem Rauche an, wodurch etwas des darin enthaltenen Nikotins in den Magen kommt und Beschwerden, Uebelfeiten hervorrufen kann.

Se

Heber 150 000 Mark beträgt der Brandschaden, welcher bei dem furchtbaren Schadenfeuer auf dem Grundstüd Straß­burgerstraße Nr. 57 in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag nach oberflächlicher Schäßung entstanden ist, wahrscheinlich aber dürfte sich diese Summe nach vollendeter Abschäßung wesentlich erhöhen, um so mehr, als die Lager der abgebrannten Fabriken zur Zeit, vor Weihnachten, ganz besonders start waren. Die Feuerwehr, welche bis Freitag Abend nach 7 Uhr an dem Brandorte zu thun hatte, mußte drei Mal durch Erfagmann Ichaften abgelöst werden und mit unvergleichlicher Bravonr harrten die Feuerwehrleute durchnäßt in der Kälte aus, um das immer und immer wieder hervorbrechende Feuer zu be fän pfen. Der Anblick, den die Brandstätte selbst bietet, ist ein wahrhaft troftloser. Das Gebäude ist nur noch eine Ruine, und nur die Umfaffungsmauern desselben sind stehen geblieben, auf der Straße häuften fich die ungeheuren Schutta affen, welche aus dem brennen ben Gebäude auf den Hof geschleudert wurden, ganze Ballen Pappen und Slangpapiere lagern zwischen verkohlten Breitern, ver branntem Mehlstaub, Fournituren u. f. w. Bon großem Güd bei dem furchtbaren Schadenfeuer fann der Zigarrenfabrikant 2, der erst vor kurzer Zeit diese Fabrikräume bezocen, sagen. Derfelbe hatte in einem Bult die Summe von ca. 2000 m. in

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bort dann nicht mehr verkaufen im Gegentheil, es müßte dann auf jenem Terrain eine ganz andere Sorte von Wollträgern ausgestellt werden, zum Beispiel solche, welche in ruhigen Zeiten Verächter des Harzardspieles find.

Darum fennzeichnet sich darin, daß man den Weihnachts­markt, der viele Leute immer noch an die sogenannte alte gute 3eit erinnert, entfernt und Raum für zeitgemäße Ein­richtungen schafft, eine weise Vorsehung, deren Walten uns mehr wie einmal das tiefste Staunen abgenöthigt hat, in ausgezeichneter Weise. Es ziemt uns daher auch taum, irgend welche Unzufriedenheit über Beschlüsse herrlich bean­lagter Röpfe zu äußern, im Gegentheil: wir haben uns in Demuth zu verneigen und unserer tiefgefühlten Bewunde rung über die feine Manier, wie heutzutage doch immer noch Geld verdient werden kann, in glühenden und rückhaltlosen Worten Ausdruck zu geben.

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Das System der Oppofition kommt immer mehr in Verruf. Der Major Wißmann hat in unserem" Ost­ afrika den ersten bahnbrechenden Schritt nach einer neuen er hat gezeigt, wie man am Richtung hin gethan Radikalsten mit einem Widersacher umspringt. Er kann allerdings von Glüd sagen, daß nicht zufällig er der Judikatur feines Gegners in die Hände fiel; doch ist dieser Umstand thatsächlich von so nebenfächlicher Bedeutung, daß ein wahrhafter Patriot keinen weiteren Werth darauf legt. Nur die Berichterstattung Wißmanns läßt Einiges zu wünschen übrig, und so tam es denn, daß in den ersten Tagen nach dem Bekanntwerden des 3wischenfalls mit Buschiri denn von diesem Herrn sprechen wir- an verschiedenen kolonialpolitischen Stammtischen gewichtige Zweifel darüber ausgesprochen werden konnten, ob Herr Buschiri seine Gegnerschaft gegen die in Ostafrika mit einem Strid oder eindringende deutsche Kultur einer Kugel zu büßen hatte. Herr Buſchiri wird in dem Augenblick, wo wir diese Ansicht zu Papier bringen, wohl der Meinung sein, daß das jest egal ift, trobem aber möchten wir doch den ganz bescheidenen Wunsch äußern, daß die Regierungsthaten des Reichskommissars immer mit zufriedenstellender Deutlichkeit herübertelegraphirt worden, damit es nicht wieder vorkommen kann, daß treue und loyale deutsche Bürger längere Zeit über wichtige Vor­

6. Jahrg.

Gold und Banknoten zu liegen und gab, da die Flammen bas Etablissement desselben vernichteten, auch das Geld verloren. Am Freitag Mittag wurde das fragliche Pult angekohlt und zum Theil verbrannt unter den übrigen rauchenden Trümmern vorgefunden, und als man den Deckel desselben erbrach, fand man Gelb und Geschäftsbücher wohl angebrannt, aber noch im brauchbaren Zustande vor. Bei einigen der durch das Feuer Gefchädigten find die Geschäftsbücher verbrannt. In den Schaden theilen fich nicht weniger als fieben Bersicherungs­gesellschaften.

Falsche Einmarkstücke sind, wie von polizeilicher Seite feftgestellt worden ist, sett einiger Zeit in fast allen Theilen des Reiches, namentlich aber in den aroßen Städten verbreitet. Die Stüde tragen die Jahreszahl 1885. Ihre Prägung ist so genau, daß es großer Aufmerksamkeit bedarf, um sie von den echten au unterscheiden. Hier und außerhalb find derartige falsche Stücke bereits angehalten worden. Ferner find auch gefälschte Thaler mit der Jahreszahl 1855 im Umlauf. biefen ist der Klang nur so wenig abweichend, baß ein feines und geübtes Uhr dazu gehört, um den Unterschied herauszu hören. Nur das Aussehen ist verdächtig wegen des bleiartigen Glanzes, der den falschen Stücken eigen ist. Auch haben die Münzen ein geringeres Gewicht als die echten.

Bei

Ein heftiger Busammenstoß zweier Pferdebahn­wagen, bei weichem mehrere Befonen verlegt wurden, tand vorgestern Abend gegen 7 Uhr 30 Minuten an dem Branden­burger Thor statt. Zur genannten Zeit befuhr ein stark be­fetter Wagen der Linie Charlottenburg - Rupfergraben in der Richtung nach Charlottenburg den Plaz vor dem Branden burger Thor, als ein Wagen der Linie Spittelmarkt. Moabit , ebenfalls völlig befeßt, in scharfer Fah.t die Kreuzungsstelle der Geleise der beiden Gesellschaften paffiren wollte. Bei der feuchten Witterung und hiermit verbundenen Schlüpfrige teit ber Schienen vermochten beide Kuischer nicht mehr ihre Wagen rechtzeitig zum Stehen zu bringen und im nächsten Augenblid prallten die beiden Tramway's mit solcher Gewalt zusammen, daß die sämmtlichen Scheiben derselben sofort zersplitterten, der Kutscher und die Paffagiere des Wagens der Großen Berliner Pferdes bahngesellschaft von den Pe rons auf das Straßenpflafter stürzte, während der Schaffner dieser Gesellschaft, R., mit dem Ropf und der rechten Hand in die Zahlscheibe stürzte, und so­dann über und über mit But bedeckt, bewußtlos zufammer brach. Der Kutscher sowohl als auch der Schaffner des Moabiter Wagens maren so schwer verlegt, ersterer am Kopf, lezterer an Kopf, Händen und Füßen, daß beide mitteit Droschten und zwar W. nach seiner Wohnung und K. nach der Charitee gebracht werden mußten. Die Baffagiere blieben unverlegt und famen mit dem großen Schrecken davon. Beide Wagen mußten sofort außer Betrieb gefeßt werden.

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Ueber den Ursprung der Namen verschiedener, namentlich der älteren Straßen Berlins herrscht im großen Publikum noch mancherler Untiarheit und deshalb haben folgenden Angaben, durch welche mehrere Anfragen aus dem Publikum erledigt werden, vielleicht allgemeineres Intereffe. So hat der Hohe steinweg seinen Namen wahrscheinlich daher, daß er frühzeitig mit befferem Pflaster verfehen wurde. Die Präsidentenstraße hat ihren Namen zu Ehren des ehemaligen Stadtpräsidenten Kircheisen erhalten, die Schumannstraße erinnert an den ersten Bauunter nehmer des dortigen Stadtviertels. Der Hade's che Martt erhielt seinen Namen Don dem ehemaligen Kommandanten, Generallieutenant Graf v. Hacke, welcher 1751 den Anbau dieser Gegend leitete. Die Weinmeister. straße wurde fo genannt, weil sie durch den Garten bes Weinmeisters Stobfe gelegt wurde, die Schendelgaffe führt ihren Namen nach dem ersten Erbauer des Eckhauses an der Alten Schönhauserstraße. Die Jakobsstraße vers ewigt das Andenken an den früheren Grundbefizer dieser Straße, Jakob Studen, die Liebmannstraße ist nach dem Bürgermeister Ließmann getauft, die Gollnow ftraße nac bem Stadtverordneten Johann Gollnow, welcher Land zu der Straße bergegeben hatte. Die Büschingstraße führt ihren Namen zum Andenken des im Jahre 1793 ver ftorbenen Direktors des Berlinischen Gymnasiums, Büsching. Die Blumenstraße verdankt ihren duftigen Namen dem

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fommnisse im Ungewissen bleiben. Aber der Opposition ist in Ostafrika endlich gezeigt worden, wie man sie auch im alten Vaterlande am Nachhaltigften beseitigen fann, und vielleicht wird die That des Majors Wißmann noch in späterer Beit ebenfalls als ein Ei des Kolumbus gefeiert werden. Die letzteren Naturprodukte sind ja so zahlreich geworden, daß man dieselben nunmehr schon nach Bauern­

mandeln zählen könnte.

Dem Verdienst aber soll seine Krone nicht streitig ge­macht werden. Sorgt der Major Wißmann draußen zwischen den Wendekreifen für den Ruhm deutscher Schneidig­feit, so finden sich auch in der nördlich gemäßigten Zone immer noch Leute genug, welche diesen Artikel ebenfalls nicht zur Ruhe kommen lassen.

Herr Böckel bleibt seine Alimente immer noch schuldig, und es stört sein teutonisches Herz keineswegs, daß die von ihm Verführte der germanischen und nicht einmal der semi­tischen Rasse angehört. Wäre Letteres der Fall, so könnte er vielleicht darauf rechnen, daß seine That von seinen Ges finnungsgenossen als eine besonders tapfere und hervore ragende gepriesen würde, so aber tritt bei ihm nur der allen Drückebergern eigenthümliche Edelsinn in die Erschei nung, daß sie niemals zu Hause sind, wenn sie den Beutel ziehen sollen. Allerdings wäre es angemessener gewesen, wenn der " Fall" irgend einem Juden paffirt wäre, und Herr Böckel und die ihm nahestehende Presse könnte denselben nach Herzenslust ausschlachten. Das hätte entschieden sehr angenehmes Material namentlich bei den bevorstehenden Reichstags­wahlen gegeben; es ist wirklich Schade, daß der Fall" so unangenehm liegt. Doch, mit des Geschickes Mächten dauern die Bündnisse gewöhnlich nicht länger, wie eine ewige Liebe, und Herr Böckel mußte zu seinem Leidwesen die unan­genehme Erfahrung machen, daß auch der Germane einem niedlichen Mädchen manchmal recht gern eine kleine Gefällig­keit erweist, ohne gleich ans Heirathen zu denken. Es kann hiernach keinem 3weifel unterliegen, daß, sobald die Herren Böckel und Pickenbach endgiltig ans Ruber gekommen sind, nach der Austreibung der Juden zunächst die Gesetzgebung über die Alimentationspflichten einer gründlichen und durch greifenden Reform unterzogen werden muß.