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den Wahlen. Die Regierungskreise zeigen sich hinsichtlich des Ergebniffes sehr zuversichtlich und in den lezten Linfenver­fammlungen erklärten mehrere Redner, daß man wohl thäte, alle Gedanken an einen numerischen Fortschritt aufzugeben, und daß die Stärkeverhältnisse der Parteien nach den Wahlen unverändert dieselben bleiben würden, wie bisher. Dies ist auch die allgemeine Auffassung. Einige Gewinne hier und einige Verluste dort können keine wesentliche Veränderung in der parlamentarischen und politischen Situation herbeiführen. Nur hinsichtlich der Frage wegen der Seebefestigung der Haupt­ftadt wird das Ergebnis der Neuwahlen von großer Bedeutung sein. Gewinnt die Regierung einen größeren Zuwachs der Stimmen, so dürfte ein Theil der Oppofition, die sogenannte dänische Linke", eine Verstärkung der Seebefestigung Kopen­ hagens   nicht länger bekämpfen, zumal es nur die Land­befeftigung war, von welcher die Opposition nichts wiffen wollte. In der Hauptstadt wird die Rechte alle ihre bis­herigen Kandidaten wieder aufstellen. Von den zehn Kandi­daten, welche die sozialdemokratische Partei aufstellen will, fennt man jezt fünf; drei in der Hauptstadt und zwei in den Provinzen. Im ersten Wahlkreise des Kopenhagener Amtes beabsichtigen die Sozialdemokraten, den Verwalter Hurop gegen ben bisherigen Repräsentanten, den Kriegsminister Bahnson, aufzuftellen. Er hat mehrere Versammlungen abgehalten und in seinen Reden besonders die Militärausgaben scharf angegriffen. In dem 9. Wahlkreise tritt der Ver walter Hördum wieder als Kandidat der Sozialdemokraten auf. Er erhielt bei den legten Wahlen im Jahre 1887 975 Stimmen, während sein Gegenfandidat 1160 erhielt. Die Hauptschlacht werden die Sozialdemokraten jedoch im 5. Kreise der Hauptstadt führen. Hier wurde ihr Kandidat Holm im Jahre 1887 mit einer Majorität von nur 30 Stim­men gewählt und mehr als 5000 Wähler nahmen an der Ab­stimmung nicht Theil. Dieser Kreis ist der einzige in Ropen­hagen, welder von einem Sozialdemokraten vertreten wird. Dieselben Kandidaten wie voriges Mal, Holm und Ryssel von der Rechten, werden sich wieder gegenüber stehen, und von beiden Seiten werden die größten Anstrengungen gemacht, um diesen Kreis, den größten des Landes, zu gewinnen. In Odense  ( Fünen  ) wird der Malermeister Jensen, der auch bei den legten Wahlen sozialdemokratischer Kandidat war, wieder fein Glück versuchen gegen den Kapitän Hedemanns und in Randers  ( Jütland  ) wird der Verwalter Kundsen gegen den Rammerherrn Lüttichau, der voriges Mal 1684 Stimmen er­hielt, auftreten."

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Großbritannien  .

Sir Randolph Churchill, der einflußreichste Toryführer nach Lord Salisbury   und dessen muthmaßlicher Nachfolger er ist bekanntlich ein Nachkomme Marlborough's hat sich in Birmingham   in öffentlicher Voltsversammlung für den achtstündigen Normalarbeitstag erklärt. Er beweist damit, daß doch etwas vom Geiste Disraelis in ihm steckt.

Frankreich  .

Paris  , 22. Dezember. Die Spaltungen im Schooße der Rechten dauern noch immer fort. Man unterscheidet jetzt fünf theils noch in der Bildung begriffene, theils schon gebildete Gruppen: 1) die royalistische; einige ihrer Mitglieder wie Herr de Cazenove de Pradines haben sich stets dem Bou­langismus fern gehalten; andere, wie der Herzog von Dou­beauville fönnen nicht das Gleiche von sich behaupten; 2) die unabhängige Rechte mit Caffagnac, de Macau   2c.; 3) die bonapartistische Rechte mit Joliboig und Prevost de Launay; 4) die verfassungstreue Rechte mit hely d'Dissel und Biou; 5) die demokratische Rechte mit Robert Michel und Cuneo d'Demano. Die erste Gruppe zählt gegen 80 Mitglieder, fo= viel als die vier andern zusammengenommen. Der Temps" bezeichnet die Gruppenbildung der Rechten als eine Berfegung, die Gazette de France  " dagegen versichert, es handle sich viel­mehr um eine Gliederung und Organisirung, dank deren die Rechte kräftiger fein werde, als bei ihrem früheren Durch­einander. De la Ferrmnays hält, wie er einem Redakteur des Gaulois" mittheilte, die Bildung von Gruppen in der Rechten für nöthig zur ernstlichen Erörterung aller Anträge und Vor­fälle in der Rammer, sowie zur gründlichen Prüfung geschäft­licher Fragen. Die endgiltige Bildung der Gruppen werde erft Ende Januar erfolgen, da die Rechte sich jetzt noch mit den Wahlprüfungen zu beschäftigen habe, und da die einzelnen Mitglieder einander erst kennen lernen müßten.

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Italien  .

Die Kammerabtheilungen hatten sich gestern mit der Beantwortung der durch den Ministerpräsidenten auf An­trag des Kammervoifigenden aufgestellten Frage, ob der De­putirte Sbarbaro in Freiheit zu sehen sei oder nicht", zu be­fchäftigen. Faft in allen Abtheilungen standen die Ansichten über die Auslegung des Act. 45 der Verfassung, von welcher die Beantwortung der Frage abhängt, sich schroff gegenüber, doch war überall nur eine, meist aus den radikaleren oder progreffi­tischen Abgeordneten bestehende Minderheit dafür, daß die Ver­faffungsbestimmung: Rein Abgeordneter darf, ausgenommen

ihn mit zwei Gehilfen in das Netz gebunden, heute ludea fie ihn auf einen Rarren; Bataille" wurde davor gespannt und mußte seinen todten Kameraden zum Förderschacht ziehen. Die Galerie war so eng, daß ,, Trompette  " oft an den Seiten stecken blieb; Bataille" mußte reißen, um ihn wieder frei zu machen, und der alte Schimmel wackelte mit dem Kopfe und horchte dem Geräusch des Körpers, der an den Wänden entlang schob. Beim Schacht spannten sie den Schimmel aus, und er blickte mit seinem trüben Auge auf die Vorbereitungen der Ausfahrt. Der Körper wurde auf Querschienen unter die Förderschale gezogen, das Netz an­geknüpft; das Signal ertönte. Bataille" hob den Kopf. Erft fuhr's langsam empor, dann plöglich verschwand es für immer in dem schwarzen Loch. Der Schimmel blickte noch mit gestrecktem Halfe hinauf. Auch ihn werden sie bald wie ein Packet dort hinausziehen. Seine Beine zitterten, wie im Rausche taumelte er in den Stall zurüd.

Draußen auf dem Vorhofe der Grube' waren die Roblenleute mit düsteren Mienen um das todie Pferd ver­fammelt, und eine Frau sagte halblaut:

Ein Mensch hat wenigstens freien Willen, er kann ein­fahren oder nicht."

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Aber neue Schaaren kamen vom Dorf. Levaque mar­Schirte an ihrer Spike, von seiner Frau und Bouteloup ge­folgt; er schrie:

Nieder mit den Belgiern! Wir wollen keine Fremden bei uns! Nieber! Nieder!"

Sie drängten sich an's Schachthaus. Aber Stephan hielt sie auf, näherte sich dem Offizier, einem schlanken, faum achtundzwanzigjährigen Mann, der verzweifelt aber entschlossen breinschaute, und versuchte ihm die Wünsche seiner Kameraden zu erklären und ihn für ihre Sache zu gewinnen: Warum fich unnöthigem Blutvergießen aussehen, da doch die Gerech­tigkeit auf Seite der Rohlenarbeiter ift? Alle sind ja Brüder unter einander, brum sollten sie sich verständigen! Stephan beobachtete, welchen Eindruck seine Worte auf den Haupt­mann machten. Als er das Wort Republik   fallen ließ, ent­fuhr dem Offizier eine nervöse Bewegung; aber er blieb militärisch steif und sagte schroff: Burück! 3wingt mich nicht, meine Pflicht zu thun."( Fortsetzung folgt.)

die Ergreifung auf der That, während der Tagung verhaftet oder in strafrechtliche Untersuchung gezogen werden ohne vor­gängige Zustimmung der Kammer", auch Demjenigen zu Gute fomme, welcher vor seiner Erwählung rechtskräftig verurtheilt worden sei. Ueberwiegend wurde anerkannt, daß die Ver­faffungsbestimmung keinen anderen Zweck haben könne, als die schon erwählten Voltsvertreter vor etwaiger Willkür der aus­übenden Gewalt zu schüßen und ihnen die Ausübung des Man­dats zu ermöglichen. In 7 von den 9 Abtheilungen wurden. Ausschußmitglieder mit dem bestimmten Auftrage der Ver­neinung der gestellten Frage gewählt.

Nach offiziösen Meldungen aus Rom   hat der Bericht des Finanzministers Giolitti über die Finanzlage eine überwiegend günstige Aufnahme gefunden. Ein Fehlbetrag von 74 oder felbft 81 Millionen, den die Gegner der Regierung berechnen, sei im Hinblick auf die Hilfsquellen Italiens   nicht zu groß, zumal fich der Fehlbetrag im Laufe des kommenden Finanz jahres auf 37 Millionen vermindern werde. Für die ungün­stige Auffaffung seien wesentlich das Nichtzustandekommen des italienisch- franzöfifchen Handelsvertrages und die besonders dem Wein- und Seidenhandel schädliche Einführung des General­tarifs, dann aber auch die Mißernten speziell in Süditalien Ursache gewesen.

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Wie die Pol. Korr." weiter aus Rom meldet, ist das der Kammer vorgelegte Grünbuch sehr umfangreich; da die Drucklegung und Korrektur dieser Dokumentensammlung län­gere Zeit in Anspruch nehmen wird und die Kammer nächstens ihre Weihnachtsferien antritt, um sich bis nach Neujahr zu ver­tagen, dürfte die Veröffentlichung des italienischen Grünbuchs faum vor Mitte Januar erfolgen.

Amerika.

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Die Nachrichten, welche die amerikanischen  Zeitungen über die Revolution in Brasilien   bringen, bestätigen, daß Alles sehr glatt verlaufen ist, und daß die Proklamirung der Republik   nirgends auf ernsthafte Schwierig­feiten gestoßen ist. Alles, was über Erfchießungen, über ge­waltthätiges Vorgehen gegen den Raiser und deffen Familie und Angehörigen gesagt worden ist, beruht auf Erfindung oder ist eine arge Entstellung der Thatsachen, wie z. B. die angebliche Beraubung" der Kaiserin. Die Diamanten, welche dieselbe zurückzugeben hatte, waren Staats eigen thum und nicht Privateigenthum. Durch ein telegraphi­fches Birkular des brasilianischen Finanzministers Ruy Barboza, datirt vom 17. d. M., wird auch die Fabel wider­legt, die Revolution sei von unzufriedenen Anhängern der Sklaverei gemacht worden. Die Regierung be steht thatsächlich aus lauter Gegnern der Sklaverei, und es heißt in dem Zirkular, die einzigen Gegner, welche die Republit habe, seien ein Theil der Großgrundbesitzer, die sich mit der Abschaffung der Sklaverei noch nicht ausge föhnt hätten. Der eigentliche Grund der Revolution sei die Unzufriedenheit über das langsame Tempo der vielen nothwen­digen Reformen gewesen der Militäraufstand habe nur das Signal gegeben; die neue Regierung, in der nur zwei Militärs fizender Kriegsminister und der Marineminister habe einen durchaus bürgerlichen Charakter.

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In den Vereinigten Staaten   ist die Freude allgemein über den Gang der Dinge in Brasilien  . Man hofft auf einen starten öfonomischen Aufschmung des Landes, das unter dem Kaiserthum seine außerordentlich reichen Hilfsquellen nicht ent­falten konnte.

Kommunales.

An Stelle der ordentlichen Sihung, welche in diefer Woche des Weihnachtsfeftes wegen ausfällt, findet am Freitag, den 27. Dezember, Nachmittags 5 Uhr, eine außerordent liche Sigung der Stadtverordneten Ver sammlung statt. Tagesordnung: Vorlage, betr. die Ver leihung des Ferd. Menzel- Stipendiums.. Wahl der Mit­glieder und der Erfagmänner zur Einschäzungskommission für die klaffifizirte Einkommensteuer pro 1890/91. Berichterstattung des Ausschusses für Rechnungsfachen über 10 Rechnungen, fowie über den Jahresabschluß der Haupt- Stiftungstaffe pro 1. April 1888/89, und die Vorlage, betr. das Lagerbuch über das Ver­mögen der Stadtgemeinde. Berichterstattung über die Vor­lagen, betr. die Skizzen zum Neubau einer Gemeinde- Doppel­schule und einer höheren Bürgerschule auf dem ehemalig Städtischen Friedhofe an der Friedenstraße, sowie einer Gemeinde Doppelschule in der Friedenstr. 33. Vorlage, betr. den Verkauf des zum Riefelgute Schenkendorf gehörigen Rruggrundstücks. Desgl., betr. die Ueberlaffung des Fest­saals im Berlinischen Rathhause an den Verein für die Ge­fchichte Berlins  . Desgl., betr. die Errichtung einer besonde ren chirurgischen Abtheilung im Krankenhause zu Moabit  . Desgl., betr. die Verlegung städtischer Bureaus nach dem Hause Poststraße 16 und die Bewilligung von Mitteln zur Instandsegung der betreffenden Räume daselbst. Desgl., betr. die erfolgte Bauabnahme des umgebauten Pferdeftalles auf dem Gutshofe der Irrenanstalt zu Dalldorf  . Desgl., betr. die Uebernahme der durch provisorische Errichtung einer Krankenstation im städtischen Obdach entstandenen und im laufenden Etatsjahre noch weiter entstehenden Rosten auf dem Etat des Krankenhauses am Urban. Desgl., betreffend die Zahlung einer Entschädigung für vorzeitige Aufgabe des Beantwor Miethsrechts in dem Hause Gollnowstraße 40.

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tung einer Anfrage von Mitgliedern der Versammlung, betr. den Umbau der Kottbuser Brücke. 3wei Rechnungen. Berichterstattung über die Vorlage, betr. den Ablauf der Wahl­zeit von drei Rathszimmermeistern. Eine Unterstüßungsfache.

Gerichts- Beitung.

Verdient die Retention eines werthlosen Objekts als eines bloßen Pressionsmittels den Schuß des Gefeßes? Mit der Entscheidung dieser Frage war heute bie 89. Abthei lung des Berliner   Amtsgerichts in der Straffache gegen die verwittmete Regierungsbaumeister Krappe wegen Betruges be faßt. Die Angeflagte, welche eine Wittwenpenfion von 25 M. monatlich bezieht, sonst aber gänzlich vermögenslos ist und durch Krankheit häufig verhindert war, etwas zu verdienen, hatte bei Frau Neumann 3 Jahre lang ein kleines möblirtes Zimmerchen inne. In einem alten Reiseforbe waren ihre sämmtlichen nahezu werthlosen Habseligkeiten, zugleich aber auch die für ihr Fortkommen nothwendigen Papiere, aufbe­wahrt. Am 1. September cr., als die Angeklagte aus der gedachten Wohnung auszog, war sie ihrer Wirthin noch 25 M. schuldig, und diefelbe erklärte, den Korb zurückzubehalten, wenn sie ihr nicht für diese 25 M. eine andere Sicherheit gäbe. Die Angeklagte verstand sich dazu, um ihren Korb mitnehmen zu dürfen, die Penfionsquittung für den November zu über­geben, schrieb aber, wie sie behauptet, infolge Schwachfichtigkeit, thren Namen an eine unrichtige Stelle des Schema's, so daß badurch die Quittung werthlos wurde. Dies tam ber Em­pfängerin später zum Bewußtsein, und wurde auf ihre Anzeige gegenwärtige Anklage erhoben, in der davon ausgegangen wurde, daß die Angeklagte abfichtlich gehandelt hat. Thatsach lich hat die Wirthin am 1. November die 25 M. erhalten.

Trobem beantragte der Staatsanwalt 40 M. event. 8 Tage Gefängniß. Die Beugin hatte als Grund der Zurückbehaltung des Rorbes angegeben, daß die Angeklagte ohne Papiere nicht eristiren könnte, diese daher haben mußte. Der Gerichts­hof verneinte mit dem R.. A. Stadthagen die obige Frage und erkannte deshalb auf Freisprechung der An­geklagten.

In dem Prozeß des Herrn v. Carstenn  ( Lichter­ felde  ) gegen den Reichsmilitätfiskus hat das Kammergericht heute nach umfangreicher Beweisaufnahme dahin erkannt, daß die Klage dem Grunde nach- es werden sechs Prozent von dem Werth der Lichterfelder   Schenkung als jährliche Kompetenz gefordert gerechtfertigt sei. Es wird sich in diesem fenfationellen Prozeß also nur noch um das Quantum handeln, welches der Fiskus zu leisten hat, und die Größe dieser Leistung ist abhängig von dem Werthe der geschenkten Sache. Zur Ermittelung dieses Werthes wird noch ein be sonderes Verfahren stattfinden. Beiläufig mag bemerkt werden, daß in dem Strafprozeß, welcher seiner Zeit gegen Herrn v. C. wegen Beleidigung von Beamten des Kriegsministeriums eingeleitet wurde, der Werth des durch die Lichterfelder  Schenkung dem Fiskus ersparten Terrains am Hypo­drom durch Sachverständige auf vier Millionen Mark abgeschäßt worden war. Die Entscheidung des Rammergerichts ftüßt sich auf§§ 1123-1126 des A.L.R., wonach der Geschenk­geber in dem Falle, daß er in Armuth geräth, von dem Be­schenkten 6 Prozent von dem Werthe der geschenkten Sache als jährliche Kompetenz zu fordern berechtigt ist. Indem nun das Rammergericht den Klageanspruch dem Grunde nach für festge­stellt erachtet und heute ein entsprechendes 3wischenurtheil er laffen hat, so ist dasselbe bei dem Reichsgericht, wo die that sächliche Feststellung des Vorderrichters einer Nachprüfung nicht mehr unterliegt, und da die in Rede stehende Rechtsfrage vom Reichsgericht selbst schon entschieden ist, nur noch formell mittelst des Rechtsmittels der Revision anzugreifen.

Soziale Mebersicht.

Von der Firma Methlow n. Komp. erhalten wir folgendes Schreiben:

Unter Bezugnahme auf§ 11 des Breßgefeßes ersuchen wir Sie hierdurch um gefl. Aufnahme unserer nachstehenden Be richtigung:

In Ihrer Nummer 297 vom 19. b. M. veröffentlichen Sie eine Erklärung der Vergolder- Streiffommission, in welcher be­hauptet wird, daß wir unseren Leuten jährlich mindestens zirka 2000 Mart Strafgeld abziehen. Diese Behauptung beruht auf Unwahrheit. Die Strafgelder betragen nachweislich im Ganzen jährlich kaum den achten Theil obiger Summe.

Ferner kommt nicht nur bei 6 Minuten, sondern auch bei und Stunden Verspätung das Strafgeld in Höhe von 20 Pf. zur Anwendung.

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Wittstock. Seitwärts vom großen Weltverkehr, den die Berlin   Hamburger Bahn vermittelt, liegt das Städtchen Wittstock   in der Ostpriegnik. Idyllisch angelegte Philifter werden mit Genugthuung vernehmen, daß, troßdem einige hundert armer Tuchmacher dort ihr Leben fristen, sich bei Reichstagswahlen noch keine sozialdemokratische Stimme in der Ürne gefunden hat, und doch ist gerade hier der Nieder­gang des Kleingewerbes so leicht nachzuweisen, wie selten mo anders. Vor 50 Jahren ernährten sich zirka 100 selbstständige Meister von der Tuchmacherei, heute sind es 5-6 Tuchfabriken, die allein floriren, troßdem die Kleinmeister durch genossenschaft­liche Gründung einer Spinnerei und Walkerei der Konkurrenz der Großen Rechnung trugen.- Die Arbeitszeit ist eine unmenschliche zu nennen. In der größten Fabrik ( P. G. Wegner) wird von Morgens 5 bis Abends 8 Uhr ge­arbeitet. Mittagspause 1 Stunde und Frühstück- und Besperpause je eine halbe Stunde. Also 13 Stunden Arbeitszeit und 14 Stunden Aufenthalt in der Fabrit. Die übrigen Fabriken arbeiten etwas fürzere Zeit, aber noch immer lange genug. Und was ist der Lohn? Löhne von 9-12 Mart für männliche Arbeiter, von 6-8 Mart für weibliche. Nur die Meister der Fabrik- Abtheilungen und die schwerer zu er­feßenden Färber erhalten mehr. Um durchzukommen ist es allgemein gebräuchlich, daß die armen Tuchmacher ein Stück Feld zum Kartoffelpflanzen pachten und um dies zu bestellen muß während der Stunden nach 8 Uhr im Sommer und an den Sonntag Vormittagen gearbeitet werden. In ge werkschaftlicher Beziehung ist bis jest absolut nichts geschehen, ein Hirsch- Dunker'scher Gewerkverein fristet amar eine Existenz, aber wer diese Vereine fennt, er= wartet ja von ihnen nichts. Der Vorsitzende dieses Orts­vereins erklärt übrigens Jedem, der es hören will, daß er durchaus kein Sozialdemokrat sei. In den Fabriken von Wegner und Paul werden Militärtuche angefertigt, deren Preis es wohl gestatten dürfte, andere Löhne zu zahlen; aber so zu­friedene, unwiffende Kulis finden an allebem nichts auszufezen. Einzelne sehen ja das Unwürdige ihrer Lage ein, aber da fie bei der Masse ihrer Leidensgefährten durchaus fein Verständ niß finden, so ziehen sie es vor, den Ort zu verlassen und den an die Scholle Gefeffelten es zu überlassen, ihre Knochen für so billigen Preis zu Markt zu tragen. Möge doch end­

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lich der Tag kommen, wo die Noth auch diesen harten Schädeln die Lehre predigt, daß der zufriedene Arbeiter eben nichts er hält und daß nur durch eine Organisation eine Besserstellung ihrer Lage erreicht werden wird.

Theater.

Im Residenz- Theater ging vorgestern zum ersten Male Bega", Luftspiel in drei Aften von G. Meilhac und 2. Ganderac in Szene.

Der Erfolg war ein entschieden zweifelhafter, und zwar aus dem Grunde, weil die beiden Dichter es wagten, das Publikum des Residenztheaters zu langweilen. Die Kleinigkeit Handlung war mit so endlosen Gefprächen verbrämt, in denen fich nur ganz vereinzelt jene pikanten und wißigen Be­merkungen, die der Philifter so gern für Geist hält, fanden, daß sich mehrfach beim Publikum jene gefährliche Lust, mit­zuspielen, einstellte, die auch schon besseren Stücken zum Ver berben gereichte.

Das neue französische   Ehescheidungsgeset hat die Ehe­scheidungskomödie in Frankreich   modern gemacht. In Deutsch­ land   bringt man dieser Angelegenheit wohl kaum dasselbe Intereffe entgegen, und auch in Frankreich   scheint die Scheidung schon gehörig vom Reiz der Neuheit" eingebüßt zu haben. Es wurde deshalb für nöthig gehalten, einen abenteuernden Süd­amerikaner, der seinem Vaterlande die Segnungen des Be lagerungszustandes verschafft und sich, nachdem man ihn wahr­scheinlich zum Teufel gejagt, zum bevollmächtigten Minister bei fämmtlichen europäischen   Mächten er nannt hatte, mit seiner Nichte auf die Bühne bringen. Das Stück leidet an der Naivetät, daß jeder beim Aufgeben des Vorhangs sofort sieht, daß hier über Kreuz ge heirathet wird.

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Herrn Pansas guter Humor hielt nicht bis zu Ende vor, er farritirte fich selbst zum Schluß. Fräulein Zipser ist immer noch ein in Blumen duft gewickelter Sonnenstrahl oder so etwas Aehnliches, während Herr Brandt zu seinem Vortheil den Ballaft von Edelsein, den er namentlich in französischer Ar­tillerieuniform mit sich herumschleppte, einigermaßen über Bord geworfen hat. Sehr schneidig, sehr gescheit und sehr chic ift Fräulein Bertens.

Dem Stüd ging ein Einafter vorauf, der in einer jener unmöglichen Unanständigkeiten gipfelte, an denen die fran­göftsche Poffenliteratur ziemlich reich ist. Herr Pagan fand Ge legenheit einen Roué darzustellen, der sich in die Wohnung einer anständigen Frau verirrt hatte. Das beste an dem Roué war freilich das rothe Hemd mit dem weißen Kragen.