und bekunden, daß dieselbe vollständig das Heft in Händen hält. So wird aus Rio de Janeiro   unterm Donnerstag gemeldet: Ein vom 23. d. datirter Erlaß der Regierung ordnet an, daß alle des Aufruhr, der Bestechung des Militärs oder der Oppo­fition gegen die Republik beschulbigten Berfonen vor ein Kriegs­gericht geftellt werden follen. Ferner: Die Regierung hat am Mutwoch ein für die Oppofition eintretendes Blatt unterdrückt.

Der Umstand, daß die Regierung die Wahlen für die tonftituirende Versammlung auf das Ende des nächsten Jahres anberaumt hat, wird von antirepublikanischer Seite ebenfalls vielfach dahin gedeutet, als ob die Regierung die bestehende Mluärdiktatur vorläufig nicht entbehren könne, wenn sie die beftehende Ordnung nicht gefährden wolle. Wie falsch dies ift, eraiebt sich aus einer von der brasilianischen Regierung an thre Gesandtschaft in Berlin   gerichtete Mittheilung, welche die wahren Gründe für den späten Termin der Wahlen enthält. Dieselbe lautet: Durch Erlaß der provisorischen Regierung find die Wahlen für die foaftituirende Versammlung auf den 15. September und der Zusammentritt der Versammlung auf den 15. November 1. 3. festgesezt. Diese Fristen find fo furz als möglich bemeffen worden mit Rücksicht auf die Nothwendigkeit, ein neues Wahliystem einzuführen, sowie neue Liften für die große Menge derjenigen neuen Wähler aufzu ftellen, welche durch die Verfügungen der provisorischen Regie rung, wonach das Wahlrecht auf alle des Lesens funorge Männer und auf die durch den großen Naturalisationserlaß Naturalificten ausgedehnt worben ist, gefchaffen worden find. Auch war der Wunsch der Regierung maßgebend, die Wahlen in einer fürzeren Frist vornehmen zu lassen, als dies durch die Wahlreform von 1881 vorgeschrieben wird. Hieraus geht deutlich hervor, daß bei den bestehenden Verhältnissen in Bra­filien die Wahlen unmöglich früher angesezt werden konnten. Alle Meldungen von einem schlechten Befinden der jungen Republik   scheinen mehr den Wünschen als den Thatsachen zu entspringen.

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Die offiziösen Berl. Polit. Nachr." dementiren, daß die deutsche Regierung mit der Absicht umgehe, ein Kriegsschiff zum Schuße der deutschen   Staatsangehörigen nach Brafilien zu ent­Senden.

Elberfelder   Sozialistenprozeß.

Elberfeld  , 27. Dezember. 27. Tag der Verhandlung. Zunächst erhält das Wort Bebel: Zunächst muß ich eine Reihe von allgemeinen Bmertungen vorausschiden. Bon Seiten der Staatsanwalt­schaft wurden eine Reihe von Artikeln des Soz." verlefen, die ziemlich tendenziös herausgesucht waren, aber mit der An­tlage nichts zu thun hatten. Sie fommen infofern für die An­getlagten nicht in Frage, als der Staatsanwalt auch nicht ein­mal den Versuch machte, zu beweisen, daß einer der Artikel von einem Anflagten veranlaßt oder gebilligt wurde. Nach meiner subjektiven Ueberzeugung versuchte der Staatsanwalt da­durch auf die Richter einzuwirken. Diese Art tendenziösen Ausiuchens hat auf alle Angeklagten den ungünstigsten Ein­druck gemacht. Möglich, daß ein großer Theil der Ange­flagten die Artitel vorher gar nicht tannte. Sollte auf die öffentliche Meinung eingewirkt werden? Niemand hat ein souveränere Verachtung der öffentlichen Meinung geäußert, als der Staatsanwalt.

Die Staatsanwaltschaft zielte darauf hin, die Sozialdemo­fratie als eine Umfturspartei darzustellen. Es unterliegt feinem Zweifel, daß den allgemeinen Bemerkungen der Staatsanwalt­fchaft die schärffte tendenziöse Stellung zu Grunde liegt. Der Staatsanwalt hat auf eine Reichstagsrede von mir hingewiesen. Die mir von ihm in den Mund gelegte Aeußerung würde die größte Entrüftung des Reichstags hervorgerufen und die Ver­längerung des Sozialistengefezes auf immer zur Folge gehabt haben. Ich habe diese Aeußerung nicht gethan und kann sie nicht getban haben. In einer Debatte mit Buttfamer habe ich allerdings gefagt, daß dieSozialdemokratie an Stelle der Monarchie die Republik  tellen wollte. Die sozialdemokratische Lehre ist aber frei. Das Kapital" von Mary, in dem diese Lehre am schärfften aus­geprägt ist, ist bis heute nicht verboten. Was die Lehre vom Atheismus betrifft, so steht im Programm, Religion ist Privat­Sache. Jit denn der Atheismus eine Eigenheit der Sozial­bemofratie? Ich erinnere an die großen Männer aller Zeiten, die Atheisten waren, an die großen Philosophen der Jegtzeit. Es ist grundfalsch, uns unterzustellen, wir predigten von Ba teiwegen den Atheismus. Was den Republitanismus be­trifft, fo haben wir ja in Deutschland   zwei große Republiken. Der König Amadeo von Spanien   legte infolge einer Volls­abstimmung ruhig seine Krone nieder und einen ähnlichen Vor­gang haben mir vor kurzem in Brasilien   erlebt. Der Staats­anwalt hebt hervor, wir verhöhnten bie Sozialreform. Aber ohne die Sozialdemokratie hätte es teine Sozialreform gegeben, das hat selbst Bismarck   erklärt.

Boreux zu freuen, athmete auf und jubelte über seine Er­Lösung.

Das Wetter war schön geworden, die ersten lauen Tage des Februar grünten mit freundlichem Sonnenschein die Rnospen der Lilien. In der Regie wurden die Jalousien an allen Fenstern geöffnet, das große Gebäude schien wieder aufzuleben, und die erfreulichsten Gerüchte kamen daraus zum Vorschein. Es hieß, die Herren, ungemein betrübt über das traurige Ereigniß, seien herbeigeeilt, um ihre väterlichen Arme ben Bewohnern der Kolonien zu öffnen. Jetzt, wo die von ihnen gewünschte Ratastrophe eingetreten war, wenn auch zweifelsohne stärker als sie es gewünscht, spielten sie ihre Retterrolle und dekretirten, etwas spät allerdings, die weiſeſten Maßregeln.

Bunächst verabschiedeten sie mit vielem Geräusch die fremden Arbeiter, was sie selbst das denkbar größte Ent­gegenkommen den Streifenden gegenüber nannten. Dann ließen sie die militärische Besetzung der Gruben, welchen die befiegten Arbeiter nicht mehr gefährlich waren, aufheben. Endlich waren auch sie es, welche dafür sorgten, daß das Verschwinden der Schildwache todtgeschwiegen wurde. Man hatte die ganze Gegend durchsucht, es waren weder das Gewehr noch die Leiche gefunden worden, und der Mann wurde als Deserteur erklärt, obwohl man ein Verbrechen vermuthete. So bemühten sie sich in Allem, die Ereignisse milde zu verschleiern und ihnen ihren Ernst zu nehmen, überzeugt, daß es nicht ungefährlich sei, die unzähmbare Wildheit der durch das morsche Gebäude der alten Welt losgelaffenen Maffen einzugestehen.

Doch diese versöhnlichen Bestrebungen verhinderte die Herren nicht, sich auch rein administrativen Geschäften zu widmen. Man hatte Herrn Deneulin nach der Regie gehen sehen, wo er mit dem Direktor Hennebeau zusammentraf; die Unterhandlungen betreffs des Verkaufes von Vandame wurden wieder aufgenommen, und man meinte, es sei höchst wabrscheinlich, daß Deneulin die Bedingungen der Regisseure eingehen werde. ( Forthegung folgt.)

Alles dies soll beweisen, daß die aanze Darstellung des Staatsanwalts tendenziös entstellt ist. Wenn das Sozialisten gefeß schon beseitigt wäre, würde dieser Prozeß unmöglich sein. Ich erinnere Sie, meine Herren Richter, an die von den Kom­miffaren vorgelesenen Berichte. Auf meine Frage, warum man die mitgetheilten Versammlungen nicht inhibirt, wurde die Aussage verweigert. Andere Polizeibeamte und Gendarmen haben trog ihrer Renntniß auch nicht den Versuch gemacht, Ungefeßliches zu verhindern. Einer hat erklärt, sie hätten Debre gehabt, die Dinge gehen zu laffen. Es sollte eben etwas Großes herauskommen. Wenn die Polizei eine Diebesbande oder Brand­stifter gewähren ließe, bis sie dieselbe bei einem größeren Ver­brechen abfaffen fönnte, was würden die Richter dazu sagen? Ganz analog ift in unserm Prozeß verfahren worden. Bei dieser Prozeßzüchterei follte eben die allgemeine Verbindung herauskommen. Und wie verhält es sich mit dem Zeugen Weber? Warum haben sich Staatsanwalt und Untersuchungs­richter feine Mühe gegeben, diesen gefährlichen Weber zu faffen?

es

Eine Hauptrolle in der ganzen sogenannten geheimen Ver­bindung spielt der" Sox.". Ich muß auf die Hauptpunkte noch einmal eingehen. Das ganze Anflagematerial soweit es fich auf die allgemeine Verbindung bezieht, hat weder in Chemnit noch in Freiberg   die geringste Rolle gespielt. Das Blatt ist verboten und wie es schreibt ist gleichgiltig. Reinem der Staatsanwälte ist eingefallen, ben vom hiesigen Staatsanwalt hauptsächlich angeführten Artikel in Betracht ชน ziehen. In diesem Artikel wie in hat die Staatsanwaltschaft das Gravirende sehen. Was sollte aus den Angeklagten und der Vertheibi gung geworden sein, wenn ich nicht in der glücklichen Lage wäre, ein vollständiges Exemplar des Sozialbemofcat" zu bes figen?

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anderen

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Als das Sozialistengesez tam, wurde die allgemeine Par­teiorganisation aufgelöst. Die 16 Druckereien wurden mit einem Schlage materiell vernichtet. Da traten Liebknecht, Viereck, Fritsche, ich und Andere zusammen und erließen einen Aufruf, worauf wir auch von andern Parteien namhafte Bei­träge zu Unterstügungszwecken erhielten. Ein Jahr darauf entstand in der Schweiz   der Gedanke, ein Blatt zu gründen, mogegen wir uns zuerst fträubten, da wir durch Blätter in Deutschland   mehrere Leute unterbringen wollten. Es gelang uns aber nicht, ein Blatt in Deutschland   zu halten. Da er bot sich Höchberg  , in der Schweiz   den Sozialdemokrat" zu gründen und so geschah es. Das Blatt wurde in Deutschland  zu verbreiten gesucht. Damals gab Most die Freiheit" heraus und ging in der wüthendsten Weise gegen die Fraktion los; das bewog uns hauptsächlich, uns für den Soz." zu inter­effiren. Bei allen Kongreß- Einberufungen handelte es fich für uns nur darum, diplomatische Intervention zu verhindern. Wir erhielten in Kopenhagen   von der Polizei den guten Rath, so bald wie möglich uns zu entfernen. Ich weise auf das Wydener Protokoll hin, worin die Streitigkeiten mit Most und Saffelmann faft die Hälfte einnehmen. Die Streichung des Wortes gefeßlich" geschah aus Erbitterung über die willfür­liche Handhabung des Sozialtitengefeßes. In demselben Maße, wie fich die Arbeiterpreffe in Deutschland   hebt, in demselben Maße finkt der Einfluß des Soz.". Es ist daher unerklärlich, wie der Staatsanwalt so gegen die Freie Preffe" eifert. ( Fortsetzung folgt.)

In demselben

Boziale Uebersicht.

Der Fachverein der Albumarbeiter versendet am Jahresschluß nachstehendes Zifular an die Fabrikanten: Der Vorstand des unterzeichneten Vereins wurde in der Vereins­Versammlung am 16. Dezember d. J. beauftragt, Sie davon in Renntniß zu sehen, daß am 2. Dezember in einer öffent­lichen Versammlung fämmtlicher Albumarbeiter Berlins   fol­gende Beschlüffe gefaßt worden sind: 1. Im nächsten Jahre zu Anfang der Saison die Forderung zu stellen, die Arbeits zeit auf 9 Stunden zu reduziren. 2. Die Bisezung der Vakanzen geschieht nur durch den Arbeitsnachweis des Fach­vereins der Albumarbeiter. Etwaige Arbeitsinserate in der Bolts Zeitung" 2c. werden vollständig ignorirt." Wir fühlen uns um so mehr veranlaßt, unserem Auftrage damit Sie in der Lage schleunigst nachzukommen bei Ihren Kalkulationen darauf Rücksicht nehmen find, zu fönnen. Gleichzeitig theilen wir Ihnen mit, daß unser Arbeitsnachweis sich jest Adalbertstr. 4 bei Herfchleb befindet. Gefällige Erklärungen hierauf, gleich viel ob bejahend oder verneinend, bitten wir höflichst bis zum 10. Januar n. 3. an den Unterzeichneten gelangen zu laffen. Hochachtungsvoll Der Fachverein der Albumarbeiter Berlins  . 3. A.: F. Mielenz, Berlin   SO., Oranienſtr. 10.

Sache der Albumarbeiter wird es nunmehr sein, den Verein durch allgemeinen Beitritt in seinem Vorgehen zu unterstüßen. Besonders ist es Pflicht eines jeden Kolleaen, nur den Arbeits­nachweis zu benußen, um so eine Zentralstelle für die Arbeits­vermittelung zu schaffen. Die nächste Vereinsversammlung findet am Montag, den 30. Dezember, Abends 8 Uhr, Oranien­ftraße 180 statt.

Versammlungen.

Die Mitgliederversammlung der Zentral­Kranken- und Sterbetasse der Töpfer und Berufsgenossen Deutschlands  ,( E. H. 39), Sit Berufsgenossen Deutschlands,( E. 5. 39), Gib Dresden  , örtliche Verwaltung Berlin  , fand am 17. Desember bei Gründel, Dresdenerstr. 116, statt. Die Tagesordnung lautete: 1. Jahresbericht. Herr Wendschlag berichtete über die Kranken- und Sterbeftatistik. Hierzu wurde ein Antrag ange­nommen, daß, wenn ein Mitglied stirbt, es durch ein Inserat befannt zu machen ist, damit den Mitgliedern Gelegenheit ge­Hierauf erstattete geben ist, die Leiche zu begleiten.

Herr

Herr Wendschlag den Kaffenbericht und theilte mit, daß der örtlichen Verwaltung zur Beit 770 Mitglieder ange­hören, und daß im laufenden Jahr 106 Mitglieder theils ab­gereift find, theils ausgeschlossen wurden. Die Kaffe hat in Deutschland   75 örtliche Verwaltungen mit 3916 Mitgliedern und befizt ein Vermögen von 48 460,02 m. und einen Ueber­fchuß von 6033,18 M. im 3. Quartal. Eine rege Diskussion schloß fich an, da angeregt wurde, den Mitgliedern der 2. Klaffe aufzugeben, soviel wie möglich in die 1. Kloffe überzutreten, da in der 2. Klasse das Krankengeld nur 12 M. beträgt, die Raffe mithin, wenn die Mitglieder eine Heilanstalt benußen, der 1. Klaffe gegenüber zu viel leistet. Bei der Er gänzungswahl der örtlichen Verwaltung wurden Herr K. Habang, Reffelstr. 20, zum Bevollmächtigten und Herr L. Piesow, Grimm­Straße 40, zum Schriftführer wiedergewählt. Neugewählt wur­ben Herr Marts als Revisor, Herr Hahnhold als stelloertre­tender Bevollmächtigter, Herr Reuschel als stellvertretender Herr Habang besprach die Petition der Magdes Raffirer. Herr Habang besprach die Petition der Magde burger Verwaltung betreffend das Naturheilverfahren. Auch wurde ein Antrag, von 1890 an in jedem Quartal eine Mitgliederverfammlung abzuhalten, angenommen. Der Antrag, eine Kommission von 5 Mitgliedern zur Revidirung des Statuts zu wählen, wurde abgelehnt. Ein weiterer An. trag, die Bah stellen für den Norden und Diten nach anderen Lotalen zu verlegen, wurde dem Vorstand und den betreffenden Mitgliedern überlassen. Der Kassirer, Herr Wendschlag, wohnt

Straße 7 b Nr. 2 an der Gubenerstraße. Die Hauptzahlstelle befindet sich Rosen- und Neue Friedrichstraßen- Ecke im Reftau­rant Ruhlmey, Sonnabends von 6 bis 8 Uhr. Bahlstellen find in jedem Viertel vorhanden.

Eine Versammlung mit Hindernissen von Seiten der Polizei mußte der Verein der Nähmaschinen- und Hand­arbeiterinnen Berlins   und Umaegend zum dritten Male am Dienstag, den 17. d. M., in Moabit   in Arendts Brauerei er­leben. Die erste Borsigende, Frau Gubela, welche fich um 7 Uhr nach dem Lokal mit noch etlichen Vorstandsdamen hin­beaeben hatte, um alles zu ordnen, mußte um 9 Uhr zu ihrem größten Erstaunen hören, daß die draußen anwachsende Menschenmenge nicht in den Saal hinein durfte. Die Ein­beruferin wandte sich nun an den überwachenden Beamten mit der Frage, mit welchem Recht die Polizei diese Maßregel erareife: die Versammlung sei mit mit Zulaffung der Männer und Arbeiterinnen aus allen Berufszweigen polizeilich 24 Stunden vorher genehmigt, und wenn man die Versammlung nicht stattfinden laffen wollte, hätte man boch lieber die Genehmiguna versagen sollen, als in Moabit   folche Aufregung in die Massen zu bringen. Der Beamte erwiderte, die Versammlung sei nur eine Vereinsversammlung; es hätten nur Mitglieder, welche sich durch Karten legitimiren fönnten, Zutritt zu derfelben. Er müsse seiner Instruktion Folge leisten, die noch mit einem befonderen Strich in seinen Aften verfehen war. Frau Gubela lönnte jedoch von dem draußenstehenden Revier- Lieutenant verlangen, daß die­jenigen, welche Frau Gubela für Bekannte hielte, hinein ge laffen würden und sie sollte bei fünftigen Anmeldungen be merken, daß in den Saal so viel Herren hinein könnten, wie fie als Vorfißende für gut befinde. Hierauf erwiderte Frau Gubela, daß ihr wohl laut Gefeß das Recht zustehe, den an­wesenden Kriminalbeamten das Lokal zu verweisen, daß fie fich aber niemals für berechtigt halten würde, den anwesenden Ar beitern und Arbeiterinnen, welche fich im Intereffe der Sache hin bemühen, das Lokal zu verweisen. Nunmehr begab sich Frau Gubela zu dem Revierbeamten, welcher vor dem Lokal eine Rontrole ausübte, die jeder Beschreibung spottet. Rein Zureden half. Vergebens war es, daß der Wirth, Herr Wedekind, darum bat, doch sein Restaurationslokal frei zu laffen, da er sonst einen zu großen Schaden erlitte, weil alle Eingänge befekt waren. Selbst die Vorstandsdamen und der Referent, welche bereits eine Stunde vergebens gewartet hatten, wurden nicht hineingelassen. Der Referent mußte versuchen, irgend wo über den Zaun zu klettern, um sich wenig­stens so den drinnen harrenden Gästen zeigen zu können. Als nun die Nachricht nach dem Saale   kam, daß sich daußen Hunderte von Menschen angesammelt hätten, lief Frau Gubela nochmals mit der Genehmigung in der Hand nach vorn, um irgend einem Bekannten den Auftrag zu geben, nach dem Polizeipräsidium telegraphiren zu lassen und anzufragen, was hier denn eigentlich geschehen solle, da doch die Mitglieder nicht auf der Straße aufgenommen werden können. Der Beamte rief ihr entgegen, daß sie, wenn fie fich raus scheerte", nicht wieder hinein dürfte. Es wurden nun, um endlich den 3weck zu erreichen, die Mitgliedsbücher, soweit dieselben vor­handen waren, über den Zaun gegeben, damit wenigstens die Arbeiterinnen hinein konnten, die darauf ein Anrecht hatten. Es tonnte fo mit vieler Mühe die Versammlung denn doch noch den Hauptpunkt erledigen und eine Filiale gründen. Da nun selbst die von den Mitgliedern angenommene Bevollmäch tigte unter der draußen stehenden Menschenmenge war, fo mußte schnell eine andere Dame gewählt werden, und die Wahl für die Bevollmächtigte fiel auf Frau Nauen  , Gerichtsstr. 25, als Raffirerin wurde Frau Hirse, Bandelstr. 15, als Schrift­führerin Frau Pfarr, Birkenstr. 46, gewählt. Eingetragen wurden 31 Mitglieder. Da der 2. Punft, Vortrag des Herrn Zubeil, nicht erledigt werden konnte, weil derselbe noch draußen ftand, so mußte man den Punkt fallen lassen und zu Verschiedenem schreiten. Herr Feldmann ergriff das Wort und wies auf das Thema hin, welches Herr Bubeil in der Versammlung behandeln sollte. Endlich war es dem Referenten möglich ge­worden, sich Einlaß zu verschaffen. Er konnte sich noch unter Verschiedenes" zum Wort melden. Er bedauerte die Maß­regeln, die von Seiten der Polizei ergriffen worden. Frau Gubela ging mit den Kellnern des Lokals zu Gericht und wies entschieden die Verleumdung zurück, welche fich dieselben nach der ersten Versammlung erlaubt hätten. Kein Mitglied des Vereins hätte die Absicht gehabt, nach dem Beamten zu werfen und die Glocke zu zerschlagen, wie die Kellner behauptet hatten. Folgende Resolution wurde angenommen; Die Versammlung erklärt sich mit dem Referenten voll und ganz einverstanden und verpflichtet sich, dahin zu wirken, den 1. Mai als einen Feiertag zu betrachten und alle Hände ruhen zu laffen. Ferner machte Frau Gubela noch auf das bevorstehende Weihnachts­vergnügen aufmerksam und bat um recht rege Betheiligung. Sie ermahnte den neuen Vorstand nochmals, die Filiale so zu verwalten, daß in kürzester Zeit der große Saal in der Brauerei zu klein für die Versammlung wäre, und recht einig zu arbeiten. Eine Resolution, von Klingel- Bolle" teine Milch mehr und von Loefer und Wolff keine Bigarren mehr zu nehmen, wurde an genommen. Beschwerde wegen des Verhaltens der Polizei ist eingereicht.

Der Verein zur Regelung der gewerblichen Inter­effen der Töpfer Berlins hielt am Sonntag, den 22. De­3ember, in Jordan's Salon, Grünstraße, seine vierwöchentliche Mitgliederversammlung ab, die sehr schwach besucht war. Das veranlaßte Herrn Münzerpoft zu beantragen, die Versammlung nicht tagen zu lassen. Der Antrag wurde aber abgelehnt. Da der Schriftführer, Herr Heere, erkrankt war, wurde Herr Topf zum Stellvertreter deffelben ernannt. Als erster Punkt stand ber Antrag Topf auf Erhöhung der Wanderunterstüßung auf der Tagesordnung, welcher lautete: In Erwägung, daß die Lebensmittelpreise gestiegen sind und der Wirth des Arbeits­nachweises nicht im Stande ist, die Preise für Logis den fremden zugereiften Töpfern zu ermäßigen, sondern eher noch fie zu erhöhen gezwungen ist, beantrage ich für wandernde Töpfer, welche einer Organisation angehört haben, eine Unterstügung von 2 M., für solche, welche feiner Organisation angehört, ob fie Gelegenheit dazu hatten oder nicht, 1 M. Wanderunter­ftügung zu gewähren. Herr Kraufe wollte, daß die sogenannten Wilden nichts bekommen; Herr Thieme sprach für den Antrag, da die Verhältnisse in Berlin   anders liegen wie in einer kleinen Stadt. Schließlich wurde der Antrag vertagt. Sodann wur den für das nächste Bierteljahr die Herren Hahnhold, Bengfch, Kliesche und Schulz gewählt, die den Arbeitsnachweis zu führen haben.

3u Punkt 3 referirte der Vorfizende vom Sanitätsverein für Arbeiter beiderlei Geschlechts, Herr Hundt. Redner schilderte, in welcher Weise der Sanitäts oerein im Stande ist, den Mit­gliedern der freien Raffen zum Segen und Vortheil zu ge reichen. Es wäre Pflicht eines jeden Arbeiters, dem Sanitäts­verein beizutreten. In Verschiedenem wurde ein von Herrn Thieme gestellter Antrag ar genommen, wonach während der Feiertage jeder zugereifte einer Organisation angehörige Töpfer das Doppelte, also 2,50 M., und die sogenannten Wilden wie. bisher 0,75. M. erhalten sollen.

Eine Versammlung der Stepperinnen( Schaft­branche) war für den dritten Weihnachtsfeiertag nach dem Scheffer'schen Saale anberaumt worden. In derselben wollte Herr Krause einen Vortrag über die Bedeutung des achtstündigen Arbeitstages halten. Die Versamm lung konnte indessen infolge Versagung der polizeilichen Ge­nehmigung nicht stattfinden.

Der heutigen Nummer liegt für unsere Abonnenten Nr. 52 des Sonntags- Blatt bet.