bie betreffenden Vergehen unter den Amnestieerlaß von 1888 fallen.
Von dem Regierungsbaumeister Herrn Keßler erhalten wir aus Magdeburg folgendes Schreiben:
Durch einen Zufall kommt mir erst heute Ihre Nummer vom 22. b. M. zu Gesicht und finde ich in derselben eine Rotis betreffend einen Ausspruch über die sogenannte sozial politische" Reichsgesetzgebung, den ich in einem Vortrage bei Gera " gethan haben soll.
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Ich habe im verflossenen Quartal freilich 31 öffentliche Vorträge gehalten, aber keinen davon bei Gera ". Gera und dessen Umgegend find mir durch Ausweisung verfchloffen. In einem Vortrage in Zeit aber habe ich ungefähr folgendes gesagt:
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Sie( die Kartellparteien) mögen fich wenden wie sie wollen, eine Sozialreform" muß bei den gefunden Arbeitern beginnen. Wenn ich also auch feinen Anstand nehme anzuerkennen, daß in den sogenannten fozialreformatorischen Gesezen, besonders im Unfallver ficherungsgefeße( es tam hier noch eine Anerkennung der Unparteilichkeit des Reichsversicherungsamtes) eine Ver befferung der Armenpflege liegt, mit einer Sozialreform haben sie nichts gemein. Daraus hat der geistreiche Redakteur eines Räseblättchens den von Ihnen abgedruckten Paffus gemacht.
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Ich bitte Sie hiervon und von dem Umstande Notiz zu nehmen, daß es Regierungsbaumeister a. D. nicht giebt. Hochachtungsvoll Gustav Reßler, Regierungsbaumeister.
Einem sonderbaren Artikel begegnen wir in dem Bentralblatt für öffentliche Gesundheitspflege". Der Artikel foll die Befürchtung" widerlegen, daß infolge der zunehmenben hygienischen Bestrebungen die schwächeren Individuen mehr als früher am Leben erhalten würden. Hiernach müßte also das Sterben der weniger widerstandsfähigen Individuen im Interesse eines kräftigeren Nachwuchses gewünscht, ja tonsequent auch gefördert werden. Das ist doch eine barbarische Anschauung, welche man nicht einmal in einem militärischen, geschweige denn in einem ärztlichen Organe erwartet. Der Nachweis, daß jene Befürchtung" unbegründet sei, wird vermittelft der Ziffern der Militärdienstpflichtigen zu führen verfucht; es ist glücklicherweise mißlungen. Den Artikel bruden zahlreiche liberale Blätter, wohl aus Gedankenlofigkeit, ab, ohne ein Wort der Erwiderung hinzuzufezen.
Von Dr. Karl Peters veröffentlicht der„ Nürnberger Generalanzeiger einen foeben eingetroffenen, vom 8. Oftober dieses Jahres datirten Brief an seinen in Nürnberg lebenden Bruder. Dr. Peters war damals jenseits der wasserlofen Steppe; derselbe hatte eine befestigte Ansiedelung errichtet, befand sich mit seinen Leuten wohl, hatte die Gegend bis zum Renia untersucht und war im Besitz ausreichender
Lebensmittel.
Selbst die Nationalzeitung" meint zu der obigen Nachricht, daß das Eintreffen eines vom 8. Oktober datirten Briefes von Peters insofern noch nicht viel beweist, als bisher angenommen wurde, der Ueberfall der Expedition habe in der Zeit zwischen dem 10. und 20. Oftober stattgefunden.
Berufsgenossenschaftliches. Die Organisation der Unfallversicherungs- Genossenschaften bringt es bekanntlich mit fich, daß in den meisten derselben ein paar Große" die Verwaltung, und was drum und bran hängt, in Händen haben, während die übrigen Mitglieder lediglich zu zahlen haben. Daraus erklärt sich auch zum großen Theil die heillose Wirthschaft, bie in mancher dieser Genossenschaften herrscht. Recht nette Zustände wurden in einer fürzlich stattgehabten Versamm lung Berliner Fuhrwerksbefizer aus der Berufsgenossenschaft biefer Rategorie bekannt. In einem uns zugegangenen Bericht über die Versammlung heißt es u. A.: Nahezu eine Stunde dauerte der Vortrag, der mit stets wachsender Spannung verfolgt wurde, zumal die Zahlenangaben der Ver waltung oft verblüffend wirkten, weil die Anwesenden sich kaum erklären fonnten, wie beispielsweise 18 581 M. für Schreibmaterialien, 10 751 M. fonitige Verwaltungstoften, 79 949 m. Beamten- Behälter, 8677 M. Mietben pro 1888 verausgabt werden konnten, denen nur 1550 M. Unfall- Verhütungstoften gegenüber ständen, daß 13 574 M. aber an Reisekosten ver wandt seien 2C. Herr Otto Geride konnte sein Erstaunen nicht zurückhalten, daß solche Verhältnisse vorhanden seien und empfahl in einer Resolution ein entschiedenes Mißtrauens votum zum Ausdruck zu bringen." Es wurde denn auch eine entsprechende Resolution angenommen, in welcher dem Genoffenschaftsvorstand, einem Herrn Scharfenberg, ein scharfes Mißtrauensvotum ertheilt und beschlossen wurde, den Vorsiz in würdigere Hände zu legen."
nur
es
Hamburg , den 28. Dezember. Bekanntlich liebt unser geftrenge Polizeichef, Herr Senator Dr. Hachmann, es in legter Zeit dem hamburgischen Vereinsgefeße, aus dem Jahre 1851 flammend, eine ganz besondere Auslegung zu geben dahin, daß sch Vorstands- und Kommissions fizungen bei der Polizei porher angemeldet werden sollen. Man ging polizeilicherseits fogar fomeit, um feiner Ungerechtigkeit sich zeihen zu laffen, biefe Maßregel nicht nur auf die Fachvereine der Arbeiter, auf welche es wohl nur abgesehen war, anzuwenden, sondern auch auf die hiesigen sogenannten Bürgervereine auszudehnen. Lektere ließen fich größtentheils die Sache ruhig gefallen daß dem Bewußtsein, gegen sich ihnen in und über eine bloße Formalität handle um tein Hahn darnach frähen würde, wenn fie verabsäumten, ihre Sigungen der Polizei vorher anzumelden. Mehrere Bor flände von Fachvereinen und Gewerken nahmen jedoch die Sache nicht so leicht, sondern erklärten diese Verordnung der Polizei als dem Geseze widersprechend, folglich fie fich derselben nicht fügen würden. Infolge deffen ergingen gegen verschiedene Borstandsmitglieder Strafmandate, welche auch von der ersten gerichtlichen Jaftanz bestätigt wurden. Jetzt hat jedoch vor Kurzem die höchfte Inftans für Hamburg in dieser Angelegenheit, das Hanseatische Oberlandesgericht , in einem Falle zu Gunsten der anfänglich Verurtheilten entschieden, die Herren Legien und Brunner, Vorstandsmitglieder der vereinig ten Drechsler Deutschlands, freigesprochen und die Gerichtstoften der Staatsfaffe auferlegt. Durch dieses Erkenntniß des obersten Gerichtshofes ist nun die Sache juristisch wieder richtig gestellt und eine weitere Verurtheilung anderer Vorstände Dem von Arbeitervereinen fann wohl nicht mehr erfolgen. Herrn Senator Hachmann und seinen juristischen Beiräthen mag allerdings die Entscheidung des hanseatischen Oberlandes gerichtes mehr als unbequem sein.
Auch hier find die Fachvereine unausgefeßt bemüht, für die Verkürzung des Arbeitstages zu wirken und wurde in mehreren Versammlungen befchloffen, den 1. Mai 1890 zu feiern, um dadurch in friedlicher Weise für die Einführung des achtstündigen Arbeitstages zu demonftriren. Hoffentlich werden auch die Baugewerte, als bie beftorganifirten Gewerkschaften hier am Blake, fich diesem Vorgehen anschließen, da, wenn der Tag nur vereinzelt gefeiert wird, die ganze Demonstration thren 3ved verfehlen würde.
In Sachen des Uff- Artikels ist wegen Erkrankung einiger Richter bis jetzt das Urtheil des Landgerichtes noch nicht erfolgt.
Einer teuflischen Revanche haben fich unsere Erbfeinde, die ttt Franzosen, schuldig gemacht. Und wir denunziren das Verbrechen nur, damit unsere Chauvinisten das felbe gründlich und erbarmungslos rächen. Wir hoffen das um so zuversichtlicher, weil die Möglichkeit bazu in ihrer Hand liegt. Es handelt sich um nichts mehr und nichts we niger als um einen großartigen Vergiftungs.
versuch. Der Gedanke, ein ganzes Volk zu ver giften, ist so ungeheuerlich und so diabolisch, daß er nur in dem Kopf eines verkommenen Franzosen entstehen konnte. Doch enthüllen wir das monströse Attentat! Wir folgen dabei einer politisch gewiß ganz unverdächtigen Autorität: derDeutschen Weinzeitung". Wundere Dich nicht, Leser! Die Vorsehung bedient fich oft gar sonderbarer Werkzeuge, um die Plane boshafter Menschenlift zu vereiteln. Befagtes Blatt also fchreibt( wundere Dich nicht, lieber Leser, über die sonderbare Aufschrift):
Rognat- Schwindel.
Bor uns liegt eine Preisliste, worin die Firma Demik& Co. in Bordeaux folgende prima Marten von Franzöfifchem Rognat" für den Konsum verzollt ab Bremen offerirt: In Gebinden In Riften 12 Flaschen 20 M.
Cognac.
Cognac vieux.
Cognac vieux( mit Stern) Cognac fine Champagne
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•
per 100 1 160 M.
220 280
24
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"
30
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"
350
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"
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36 48"
Cognac vieux fine Champagne. 475 Wegen Proben 2c. ift an den Lagerhalter Heinrich Popken in Bremen verwiesen.
Noch interessanter lautet eine uns gewordene Rognat. Offerte der Firma Valmont Frères in Bordeaux , die gar Eau de vie Cognac verzollt ab Tranfitlager, Bremen , mit 152 M. per Hektoliter anbietet.
Bekanntlich beträgt der Zoll auf ausländischen Rognat pro 100 kg Brutto- Gewicht 125 M., also pro Liter etwa 1,40 M. ertl. Fracht und Spesen nach Deutschland .
Man könnte hier billigerweise nur glauben, die Herren Franzofen wollten aus Liebe zum deutschen Publikum etwas verschenken! Dem ist jedoch nicht so, der Offerte liegen andere Verhältniffe zu Grunde.
Der als französische" prima Marte verzollt ab Bremen angepriesene Rognat ist, wie hiermit zuverlässig behauptet wer den kann, nichts anderes, als ein auf deutschem Gebiet mit deutschem Waffer und Sprit gemischtes Getränke, genannt: Französischer Rognat prima Marke".
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Von dieser in Deutschland vorgenommenen Sprit- und Waffermischung giebt weder Preisliste noch Faktura dem Abnehmer die gefeßlich vorgeschriebene Renntniß. Wenn auch taum anzunehmen, daß der verständnißvolle Handel auf derartige billige Angebote" hereinfällt, so ist es aber anders mit dem Ronsumenten. Ihn verlockt gar häufiz das verhängnißvolle billig". Daß damit aber dem reellen Verkehr mit französischem und vorzugsmeise dem deutschen Kognat das Geschäft erschwert wird, bedarf feines weiteren Nachweises.- Derartigen Auswüchsen entgegenzutreten, ist zunächst Aufgabe der Fachpreffe und deshalb überlassen wir auch die sog.„ Kognat Offerten" der Firmen Demitz& Co. in Bordeaux " und Valmont Frères ebendaselbst der Allgemeinheit zur geeigneten Beurtheilung und Würdigung."
So! Und nun ist der Leser unterrichtet.
Die revanchewüthigen Franzosen kaufen den preußischen Fuselschnaps und verkaufen ihn uns wieder als franzöfifchen Rognat. Hat man je von einem teuflischen Attentat gehört? Wie man den Ratten das höllische Gift mit Bucker barreicht, so giebt man uns den preußischen Fuselschnaps unter der verlodenden Etiquette: Französischen Rognak! ein, und hofft auf diese Weise, die gesammte deutsche Nation, wie Ratten zu vergiften.
Wir fagten: es ist in der Macht unserer Chauvinisten, den schändlichen Plan gründlichst zu vereiteln. Unsere patriotischen Schnapsjunker brauchen dem verwünschten Erbfeind blos ihren Fufel nicht mehr verkaufen. Oder entseglicher Gedanke- follten unfere patriotischen Schnapsjunker etwa mit dem Erbund Landesfeinde unter einer Dede steden? Und machen fie gar ein Kompagniegeschäft mit ihm? Ja, könnte das Geschäft überhaupt ohne Wissen und Zustimmung mehrerer patriotischer Schnapsjunker verübt werden?
Um Antwort wird gebeten. Jedenfalls weiß jetzt ein Jeder, dem der Weihnachtspunsch aus echtem französischen Rognat einen übernatürlichen Kazenjammer eingebracht hat, woher die Bescheerung gekommen ist.
Charleroi , 27. Dezember. Der Streit der Bergleute ist, wie telegraphisch bereits gemeldet wurde, im ganzen Becken von Charleroi ein fast allgemeiner. Nur wenige Leute sind heute eingefahren. Die Lage ist daher im hiesigen Bezirke für die Induftrie eine sehr ernste und tonnte leicht verhängnißvoll werden. In Chatelet find die Walzwerke des Phönig, die großen städtifchen Walzwerke, die Hütte von Acoz und die Briquett- Fabrik aar nicht mehr mit Kohlen versehen. Dasselbe ist auf den Walzwerken und Hütten zu Montigny- sur- Sambre der Fall. Diese Werke können heute oder morgen in die Nothwendigkeit versekt werden, die Feuer auszublafen. So groß angesichts dieser Lage die Sorge und die Erregung in den Kreisen der Industriellen, so ruhig ist die Stimmung unter den Arbeitern, welche zum Festhalten am Streit, wenigstens für den Augenblick, entschloffen find. Man bemerkt in den Straßen wenig von dem allgemeinen Ausstande, Hie und da ein Baar Bergleute, welche in Gruppen beieinanderstehen und sich über die Folgen ihres Feierns unterhalten. Der Streit ist natürlich ein Hauptgespräch. In dem benachbarten Dampremy war für gestern Nachmittag 3 Uhr eine allgemeine Versammlung angekündigt, an welcher die Belegschaft der Bechen von Sacré Madame theilnehmen sollten. Ort der Zusammenkunft war der Salon zum Noir Pagna. Der Salon, ein großer Tanzfaal, füllte fich bald mit 7-800 Bergleuten. Der Preffe wurde auf Antrag der Zutritt gestattet, dagegen werden zwei Gendarmen ausgewfefen. Dieselben wurden denn ohne alle Umstände hinausgeleitet. Der Vorsitzende hielt nun eine lange Anlp ache auf wallonisch, in der er die Lage der Zechenarbeiter von Sacré- Madame in ruhiger Weise darlegte. Redner erhofft eine weitere Ausdehnung des Streifes auf fämmtliche belgichen Bergwerke und er nannte die Namen einiger Zechen ber Umgegend, welche sich eben dem Streit angefchloffen hatten. Wir erklären also", fuhr er fort, daß wir mit dem heutigen Tage unser Arbeitsjahr beendigt haben. Gehen wir nach Hause, verhalten wir uns sechs Tage ruhig und der Sieg ist unser. In zwei Tagen werden die Staatsbahnen keine Rohlen mehr haben und die gefammte Industrie wird unter der Hartköpfizfeit unserer Zechenbefizer leiden müffen. Gestern wurde auf der Zeche in Mambourg ein Zug mit Rohlen belaben. Man hat ste aber sogleich wieder ausgeladen, weil das Bergwert, wie wir alle wiffen, sehr vom Wasser bedroht ist und man daher die Sohlen für die Wafferhaltungsmaschinen zurückbehalten mußte.
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Wir wollen den Streit nicht. Im Gegentheil, wir wollen unausgefeßt arbeiten, damit wir zu leben haben. Aber wir wollen, daß unser harter Arbeitstag auf 9 Stunden vermindert wird. Neun Stunden unserer schweren Arbeit sind genug und es muß uns gestattet werden, auch ein wenig am Sonnenlicht zu leben. Wir fordern keine Lohnerhöhung, aber wir beharren bei der neunftündigen Arbeitszeit. Die zwei Stunden Muße, die mir ge minnen, fönnen wir in unseren Familien zubringen, können uns selbst und unsere Kinder unterrichten." Der Redner, deffen besonnene Worte in seinem flangvollen Wallonisch mit großer natürlicher Beredsamkeit vorgetragen wurden, machte einen großen Einbrud. Er forderte seine Rameraden zum Schluffe nachdrücklich auf, keinen von der Arbeit mit Gewalt abzuhalten und falls etwa einer heute oder morgen anfahre, teine Ausschreitungen zu begeh n, die Chefs zu respektiren und überhaupt Heßereien gegen die Bourgeois zu vermeiden." Nach ihm sprachen noch mehrere Bergleute, die zum Ausharren riethen und gegen fünf Uhr wurde die Versammlung mit einer Resolution zu Gunsten des allgemeinen Streits gefchloffen.
Amerika.
Die Lügen von einer Rontrerevolution in Brasilien werden sich wiederholen. Es sei deshalb, um Täuschungen des Publikums vorzubeugen, darauf aufmerksam gemacht, daß die neue amerikanische Republik - ganz abgesehen von dem längst offenkundigen Bankerut ber Monarchie im Lande selbst, an den Vereinigten Staaten eine mächtige Stüße hat. Und zwar denken wir hierbei gar nicht an den unseres Erachtens unmöglichen Fall eines Angriffs von außen sondern wir meinen nur die private Unterstüßung durch Freischaaren, die ber republikanischen Regierung jeder Zeit in jeber beliebigen Zahl und Stärke zur Verfügung stehen würden. Unsere Heißsporne der Rückwärtselei mögen sich das merken. Ober hätten sie etwa Luft, erforderlichen Falls Gegenfrei. schaaren zu organisiren? Mit den Yankees ist freilich schlecht Kirschen effen.
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27. Tag der Verhandlung. Abg. Bebel( fortfahrend): Die Freie Presse" hat un ftreitig wesentlich dazu beigetragen, den Einfluß des Soz." zu brechen, und konsequenter Weise müßte der Herr Staatsanwalt es freudig begrüßen, daß hier ein Lokalblatt besteht.
Die Parteivertretung wird nicht einmal allein von Sozialdemokraten gewählt, sondern auch von deren Gegnern. Das zeigen die Stichwahlen. In Magdeburg hat sogar 1884 ber Regierungspräsident, der wohl die Gefährlichkeit der Sozialores demokratie auch nicht kennt, aufgefordert, für Heine zu stimmette Alle andere Parteien haben schon für Sozialdemokraten geez : stimmt.
Das Parteiorgan soll nicht materiell, sondern geistig dem Einfluß der Partei unterstehen. Sogar in der vorsozialistengefeßlichen Zeit gehörte das Parteiorgan materiell nicht der Partei, sondern einer Genossenschaft. Gerade aus den Kongres berichten geht hervor, daß der Soz." Privateigenthum ist, ebenso wie fich aus den Zeugenaussagen ergab, daß die Freie Breffe" nicht Parteieigenthum ift. Bei allen Parteien giebt es fogar Blätter, die aus Parteimitteln unterstügt werden.
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Der Artikel Organisirt Euch!" bezieht sich auf die Wahlen von 1881, wo nicht einmal Stimmzettel oder Flugblätter zu bekommen waren. Auf keinem Kongreffe wurde über eine Organisation beschloffen. Wo folche Anträge gestellt, geschah es aus Gesegesunkenntniß; es wurde aber darüber zur Tagesordnung übergegangen. Der Staatsanwalt bezieht sich auf den Artikel, unterzeichnet Die Parteivertretung"; ich habe bereits erklärt, daß bie Unterschrift Parteivertretung" unbefugt gebraucht ist. Der Artikel geht von einer einzelnen Person aus. In Freiberg hat man nach kurzer Erklärung den Artikel fallen laffen. Wir haben gar keine Zeit, neben unserer gewöhnlichen Arbeit noch eine große Korrespondenz zu führen. 3u jener Zeit war auch die Fraktion gar nicht zusammen. Uebrigens ist der Artikel auch gar nicht so gefährlich. In Süddeutschland find z. B. die Vereinsgefeße außerordentlich frei, so daß die Leute gar keine Geheimorganisation brauchen würden. 1880, als der Artikel geschrieben wurde, war auch das Abonnement, sogar das Sammelabonnement auf den Goz." noch nicht ver boten. Sammlungen waren auch nicht verboten. Es ist also nirgends zu Ungefeßlichkeiten aufgefordert worden. Direkt ist barauf hingewiesen, was erlaubt und was nicht erlaubt sei. Bur Organisation, nicht geheimer, wird unter Hinweis auf die Wahlen aufgefordert.
Die Anklage zieht ferner eine Abonnementseinladung des Soz." an. Der Soy." hat übertrieben; er hat nie, auch nicht in ber günstigsten Beit, den Abonnentenstand erreicht, wie das frühere Parteiorgan. 1882 war in Zürich eine Konferenz, wo die Redaktion des Sos." gerügt wurde, weil fie Artikel mit unrichtiger Unterschrift aufnahm. Auf den Kongressen in Wyden und Ropenhagen war ein Expedient des Soz." zugegen, um bei dieser günftigen Gelegenheit Abonnementsgelder u. f. w. einzuziehen. War der Vorwärts" teine Geldquelle für die Partei, so kann es noch weniger der Soz." fein. Er ist tein Parteikaffen füller, sondern ein Parteikassen leerer, ba doch die armen Teufel, die wegen des Schmuggels herein fallen, unterstüßt werden müssen. Rennzeichnend für das Ber hältniß zwischen der Fraktion und dem Sox." find die An griffe des Letteren auf Erftere. Unter den 25 Fraktionsmitgliedern gehörten 6, darunter auch ich, zur Opposition in der Dampferfubventionsfrage, und diese sollten den großen Einfluß auf die Redaktion des Soz." gehabt haben? Die Minoritat hat sich aber gefügt und der Deffentlichkeit gegenüber war bie Fraktion einstimmig. Seit dem Kopenhagener Rongreß ist der " Soz." nirgends mehr Gegenstand der Verhandlungen ge wesen. In Freiberg sind wir nur verurtheilt worden als Theilnehmer an Ronareffen.
Nach dem Urtheil erließen wir die Erklärung im„ Sozialdemokrat"; ich habe sie angeregt, aber den lebhaftesten Widerspruch von Singer, Liebknecht und Hasenclever erfahren. Wir wollten mit der Erklärung unsern Bruch mit dem Blatt dokumentiren. Die Erklärung der Berliner Barteigenoffen ist ebenfalls ein wesentliches Moment. Die Berliner wußten ganz genau, daß es uns mit der Erklärung vollständig ernst war.
Wie könnte die Administration des Soz." in solcher Weise, wie geschehen, quittiren, wenn sie nur das Werkzeug ber Fraktion wäre? Auch in dieser Beziehung ist die Auffassung des Staatsanwalts rein willkürlich. Da wird der Zeuge Münnich vorgeführt; er erscheint aber durch die Aussagen anderer Zeugen in merkwürdigem Lichte. Der Beschluß des schweizer Bundesrathes wird ferner gegen uns angeführt. Ich bitte die Richter, bei der Urtheilsschöpfung nicht nur die vom Staatsanwalt angezogenen Stellen, sondern den ganzen Artikel in Betracht zu ziehen. Den fortgefeßten Reklamationen ber deutschen Regierung hat endlich der schweizer Bundesrath nachgegeben und wegen Mißbrauchs des Asylrechts die Leute ausgewiesen. Der in dem Beschluß erwähnte Ausschuß ist nicht weiter geschildert, auch Anderes nicht weiter erklärt. Der Verfasser des Berichtes, der Polizeihauptmann Fischer, hat die beste Gelegenheit gehabt, mein Verhältniß zu Bernstein 2c. Tennen zu lernen; in der Haupt- Schröder- Affäre habe ich ja mit ihm verhandelt. Wenn Schlüter fagt, er habe das Manuftript des Rothen Teufels" aus Deutschland bezogen, was ist damit bewiesen? Daß die Fraktion fich zu einem derartigen Wißblatt herbeilaffen würde, glaubt wohl Niemand.
3ft aus den Verhandlungen das Geringste erwiesen wor ben, daß die Fraktion in geschäftlichen Beziehungen zum Soz." stand? Auch nicht ein Atom davon ist erwiesen. Nie hat ein 3vang bestanden, das Blatt oder die Broschüren zu halten. Nichts ist erwiesen, daß eine Verbindung zwischen der Fraktion und dem„ Soz." bestand.
Ich fomme nun auf die Parteifonds. Ich habe bereits erklärt, wie fie gegründet und erweitert wurden. Es kann feinem Zweifel unterliegen, daß die Fraktion diese Fonds verwaltet; das beweisen die Aufrufe dafür im Soz."; lekterer war nur eine Sammelstelle für Gelder aus dem Auslande. Ausdrücklich wurde aufgefordert, Gelber aus Deutschland nicht nach Zürich zu schicken. Der Staatsanwalt will mich als Kaffirer nur als eine Art Zwischenperson betrachten. Auch andere Parteien würden nicht freiwillig den Behörden ihre Bücher vorlegen. Meine Erklärung auf dem St. Gallener Rongreß hat der Staatsanwalt gar nicht in Betracht gezogen;