fahrten nur noch 50 Pfg. pro Stunde erhalten, was einen sfall von 1 M. bedeutet. Die Schaffner hätten es lieber gefeher, wenn es bei der erftet en B- ftimmung geblieben wäre. Was verjährt am 31. D. M. Gewiffe Forderungen d. verjähren bekanntlich am 31. Dezember des dritten Jahres, in weidem fie zahlbar bezw. flagbar waren; also am 31. Dezember 1889 Forderungen aus Geschäften, welche im Jahre 1886 ab gefchloffen. Den Bestimmungen unterliegen: 1. Forderungen Der Fabrikanten, Rauf und Handelsleute, Apotheter, Riämer und Händler jeder Art, der Künstler und Handwerker für Waaren und Arbeiten ihres Geschäfts; 2. die Forderungen ber Wirthe und Roftretcher für Beherbung, für abgegebene Speisen und Getränke und sonstige für ihre Gäste bestrittene Bedürf niffe und Auslagen; 3. Forderungen der Dienstboten, Fabrit arbeiter, Handwerksgefellen, Tagelögner und anderer Hand­arbeiter, besgl. der Haus- und Wirthschaftsbeamten, ber Handlungsgehilfen und überhaupt aller in Privatverhältnissen tehenden oder geftandenen Berfonen wegen rüdständiger Gehälter oder Penfionen, sowie wegen ihrer Emolumente und etwaiger Auslagen für die Dienstherrschaft und die Forde­rungen der Dienstherren wegen der an die in 3iffer 3 ge nannten Personen geleisteten Borschüsse; 4. Pofiporto, Brief­trägerlohn, Frachtgeld, Fuhrlohn, Pferdemiethe und Botenlohn; 5. Die Forderungen der öffentlichen und Privatlehr, Er­ziehungs- oder Verpflegungs. Anstalten für Unterricht und Unterhalt, Lehrgeld, Borichüsse und Auslagen für Böglinge und Lehrlinge; 6. Gebühren und Auslage- Forderungen der öffentuchen Anwälte und Notare, Aerzte, Wundärzte, Heb­ammen, Müller, Feldmeffer 2c; 7. Honorar- Forderungen für Beiträge in Zeitschriften und Zeitungen; 8. rüdständige Mieth­und Pichtge oer und bebundene Zinsen.

Es steht nunmehr fest, daß der in Zürich   vor einigen Monaten verhaftete Abenteurer und Schwindler fein faliche", fondern ein durchaus waschechter Savine ist, derselbe Savine, ber durch seinen Prozeß in Berlin   und seine später mit so großer Kühnheit bewertitelligte Flucht viel von fich reden ge­macht hat. Die Züricher   Gerichte find bermaßen von der Echt heit Savme's überzeugt, daß fie feine Auslieferung an Ruß­ land   beschlossen haben. iher Blättern entnehmen wir über das neueste Kapitel der Saviniade folgendes: Das schweize rische Bundesgericht hat die Jentität des in Zürich   in Sicher­heitsverhaft befindlichen angeblichen Comte Lamsert aus Doura powsta, Rusland  , mit dem Hoftapler Nikolaus Savine aus Seredinst, deffen Auslieferung von den ruffischen Behörden wegen Betrügereien und Unterschlagungen verlangt wurde, festgestellt. Emmal wurden die hier aufgenommenen Photographien in Berlin  , Dresden  , Petersburg u. f. m. als diejenigen des Savine erfannt, sodann war in den Schriftzügen und dem Stile des Verhafteten mit demjenigen Savine's die volle Ueberein. ftimmung und im Besonderen war ein Muttermal am linken Arm als spezielles Kennzeichen vorhanden und es war die Bes hauptung des Angeschuldigten, es sei dies eine im Duell er. haltene Verlegung, nicht stichhaltig. Das Bundesgericht be­schloß gleichzeitig die Auslieferung des Verhafteten an Rußland  , weil die in Rußland   auf die eingeklagten Bergehen gesezten Strafen der Berbannung nach Sibirien   oder die Deportation der im Auslieferungsvertrag festgelegten Gefängnißstrafe zum Mindesten gleichkommen, wenn nicht erschwerender seien. Zu Zürich   war Savine des einfachen Betruges im Betrage von 4 Francs und des Versuchs von Betrug in drei Fällen im Gelammibetrage von 278 Frants, begangen in züricherischen Ladengeschäften, ang flagt. Das Bezirksgericht Zürich   hatte ihn bieser Vergehen schuldig befunden und zu sechs Wochen Ge­fängniß und fünf Jahren Verweisung verurtheilt. Das züricher Obergericht fand dagegen, daß in sämmtlichen Fällen die Ne quifite des Betrugs nicht zutreffend und erkannte am 27. De­zember auf Freisprechung des Angeklagten..." Wir haben bas volle Butrauen zu Sapine, daß er auf dem Transport nach Rusland   auf's Neue glücklich entspringen wird.

Abgefaßt. In dem in der Steinstraße an der Ede der Alten Schönhauserstraße belegenen Restaurant waren seit dem Sommer schon mehrfache Paletotdiebstähle porgekommen, ohne baß es gelungen war, des Thäters habhaft zu werden. Am Sonnabend Abend hörten die Gäfte aus dem legten simmer, welches unbefegt war, ein verdächtiges Geräusch. Der Wirth eilte in das betreffende Zimmer und fam noch rechtzeitig genug, um einen Mann zu bemerken, der eben in der Thür der daran­Stoßenden Herrentoilette verschwand. Der Wirth eilte sofort nach dem Hof und kam noch zu rechter Zeit an, um dem Ein­bringling beim Herausflettern aus dem nach dem Hofe gehenden Fenster der Toilette etwas behilflich zu sein. Als Beutestüd fuhrte der fühne Turner einen prächtigen Regenschirm mit sich, ben einer der Gäste in der Ecke jenes legten Zimmers hatte stehen laffen. Nach dem in der Dragonerstraße belegenen Polizeirevier geführt, räumte der Festgenommene dem ihn ver­hörenden Beamten sogleich ein, auch die übrigen Diebstähle in dem erwähnten Lokale ausgeführt zu haben, und zwar immer in der nämlichen Weise, indem er vom Hof aus in das offen­stehende Fenster der Toilette geklettert und von dieser aus bequem in das Restaurant gelangt wäre. Den Rückweg habe er mitsammt dem gestohlenen Gut stets ebenso angetreten. Der Dub, em in den Zwanzigern stehender Barsche, wurde nach diesem Geständniß darauf fogleich unter sicherer Eskorte vom Revier aus nach dem Polizeipräsidium am Alexanderplat ab­geführt.

Tod in den Flammen. In der Sonnabend Nacht brach in dem Hause Nauener Kommunikation Nr. 12 zu Bots­bam eine Feuersbrunft aus, welche nach 2 Uhr vom Nacht­wächter Kloje zuerst bemerkt, alsbalb von der schnell herbei­ge alten städtischen Feuerwehr belämpft wurde. Noch vor dem & ntreffen der legteren auf dem Brandplage war es zwei Männern gelungen, eine Frau und ein Kind aus dem ersten St dperk des Hauses mittelst einer Leiter zu retten. Die Feuerwehr vermochte das Feuer auf seinen Heerd zu beschrän Bei den Aufräumungsarbeiten fand man in einem ten. 3mmer des in Asche gelegten Gebäudes die verkohlten Weber­refte eines Mannes, des 78jährigen Zeichenlehrers und Malers A. Moores. Niemand hatte vorher von der Anwesenheit des Ungludichen in dem Zimmer eine Ahnung. Moores, früher large Bett Lehrer am Potsdamer Realgymnasium und noch nicht lange in den Ruhestand getreten, hatte im ersten Stod. wert eine Wohnung inne, und gerade in seinem Zimmer ist das Feuer zum Ausbruch gekommen. Wie das Unglück geschehen, wird fich mit Sicherheit faum feftftellen lassen. Moores, ein alter Junggefell, pflegt fonft immer die Abende beim Schach. Ipiel zuzubringen; ein Anfall der Influenza zwang ihn, daheim Au bleiben. Die Vermuthung liegt nate, daß der bejahrte Mann beim Lesen vielleicht eingenickt war und durch eine Be wegung die Petroleumlampe umgeworfen hat. Dem baburch enistan oenen Feuer boten die Malergeräthschaften im Zimmer reichliche Nahrung, und als man die Flammen aus dem Fenster herausschlagen fah, war es ohne Zweifel bereits zu spät, Moores wahrscheinlich schon erstickt oder verbrannt. Allgemein wird das Loos des fehr beliebien 2 hrers schmerzlich bedauert. Als die städtische Berufsfeuerwehr auf der Brandftätte an langte, ftans auch bereits die zweite Etage in Flammen, und nur mit Mühe gelang es, die dort wohnenden und im tiefen Schlafe liegenden Leute, den Rutscher Werner mit Frau und Rind, mit Hufe des Rettungsfades dem Untergange zu ents reißen. Die Treppe zum zweiten Stockwert stand bereits in bellen Flammen. Von dem Gebäude ist wenig mehr als die Umfaff angsmauer stehen geblieben.

Ein größeres Schadenfeuer hat in der Nacht zum Sonntag auf dem Grundtuck Rionerftr. 91, Ecke der Kalands­gaffe, gewüthet. Genanntes Grundstück, der Fleischerei von S. Breslauer gehörig, liegt mit furzer Front in der Kloster­Straße und nimmt in der Längsseite die ganze Ralandsgaffe ein, während wiederum ein Quergebäude den Abschluß.des

Grundstücks nach der Neuen Friedrichstraße bildet. In dem nach der Kalandsgaffe zu belegenen zweistödigen Seitenflügel befindet sich die Schirmfabrik von Wissel, in welcher eine große Anzahl von Arbeiterinnen beschäftigt ist. Gegen 12 Uhr Nachts vom Sonnabend zum Sonntag bemerkte der Revierwächter aus den Räumen bezeichneter Fabrit hervordringende Rauchwolten, und, den Ausbruch eines Schadenfeuers vermuthend, veranlaßte er die fofortige Alarmirung der Feuerwehr. Auf das Signal Mittelfeuer" trafen als bald die Löschmannschaften der meisten Depots ein und fanden fämmtliche Räumlichkeiten genannten Etablissements in vollen Flammen stehend vor. Mit einer Dampf und drei Handdruckspriken wurde der Rampf gegen das entfesselte Element, dem enorme Waarenvorräthe reichliche Nahrung boten, aufgenommen. Wenn es auch nicht möglich war, die Waaren und Fabrikseinrichtung der Firma Wissel   zu retten, so gelang es unserer Feuerwehr doch nach angeftrengtem zweistündigen Bemühen, jede Gefahr von der einerseits an grenzenden Fleischerei von Breslauer, andererseits von den zahl­reichen Privatwohnungen des Quergebäudes abzuwenden, troß­bem der Angriff gegen das verheerende Feuer, sowohl von der schmalen Ralandsgaffe, wie auch von dem beengten Hofe ein fehr schwieriger war. Gegen 5 Uhr Morgens fonnten die ersten Sprißen abrüden, die Ablöschung und Aufräumungsarbeiten zogen fich bis Sonntag Vormittag bin. Der Schaden, welchen das Feuer in dem W.'schen Etablissement angerichtet, ist ein sehr beträchtlicher, der von Versicherungsgesellschaften gedeckt wird. Die Fabrik selbst ist total ausgebrannt.

Selbstmordversuch eines dreizehnjährigen Knaben. Weil er teme Weihnachtsgeschenke erhalten, hat sich am Sonn­abend Abend der 13 jährige Paul R. das Leben zu nehmen versucht. Der Knabe, Sohn eines in der Schönhauser Allee  wohnenden Shneidermeisters und Schüler einer höheren Bürgerschule, hatte zu Weihnachten eine schlechte Zenfur nach Hause gebracht, und um den auch sonst verlogenen und faulen Burschen einmal empfindlich zu bestrafen, beschlossen die Eltern, ihn von der Weihnachtsbescheerung vor ihren übrigen Rindern auszuschließen. Anscheinend machte sich der trogige Junge nicht viel daraus, bat aber am Sonnabend um die Erlaubniß, feine am Rottbuser Damm wohnenden Großeltern befuchen au dürfen, was ihm auch geftattet wurde. Hier verblieb Paul R. den ganzen Tag über und als ihn am Abend die Großmutter aufforderte, nach Hause zurückzukehren, begab sich der Knabe, um seinen Ueberzieher zu holen, in die Schlafftube und knüpfte fich dort am Fensterfreuz mittelft eines starken Bindfadens auf. Bald darauf hörten die alten Leute ein dumpfes Röcheln und angsterfüllt eilten sie in das daran stoßende 3 mmer, wo fie ihren Entel bereits bewußtlos abschnitten. Mittelst ärztlicher Hilfe wurde derselbe wieder in's Leben zurückgerufen, liegt jedoch schwer tcant barnieder. Als Grund des Selbstmord­verfuchs giebt der Knabe an, daß es ihn geärgert, weil er teine Weihnachtsgeschenke erhalten.

Vermist wird seit dem ersten Weihnachtsfeiertage Abends der Lehrer der 82. Gemeindeschule, E. Rübe, wohnhaft Waldstr. 5, Moabit  , nachdem er in aller Stille das Haus verlaffen. Der allgemein geschäßte, in geordneten Vermögensverhältnissen und friedlichstem Hausstande lebende Mann scheint sich die Ekran­fung des einen Kindes zu schwer zu Herzen genommen zu haben, daß er, laut Aeußerung des behandelnden Arstes Dr. W., schon zwei Tage vorher bedenkliche Zeichen von Tiübfinn er tennen ließ. Von dem allerseits herzlich bedauerten Mann fehlt bis jest jede Spur.

Eine der populärsten Persönlichkeiten des Nordens von Berlin  , der langjährige Befizer bes bekannten Ber gnügungs Etablissements Berliner Prater, Herr Louis Ralbo, ift pöglich verstorben.

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Luckenwalde  , den 28. Dezember 1889. Wie den Lefern bekannt sein wird, hat der hiesige Wohlthätigkeits- Verein die Kinder der streitenden Hutmacher von der diesjährigen Weihnachtsbescheerung ausgefchloffen. Infolge beffen hat sich unter den hiesigen Arbeitern ein Komitee gebildet aur Befchee­rung der Kinder der Streikenden. Der erlassene Aufruf hatte einen so großen Erfolg, daß nahe an 1500 Mark zu diesem 3wed an baarem Gelbe eingelaufen find und außerdem eine große Menge Sachen. Es gestaltete fich daher dieses Fest, das große Menge Sachen. Es gestaltete fich daher dieses Fest, das am ersten Feiertage im Leutner'schen Lotal abgehalten wurde, zu einem wahren Voltsfest. Nicht allein, daß 350 Rinder reichlich mit nüßlichen Gegenständen beschenkt werden konnten, erhielten fie noch eine Kleinigkeit in baarem Gelbe ausgebändigt. Die Feier felbft wurde durch Aufführung von Mufikstücken, die von der Rapelle des Herrn Mede gegeben wurden, einge­leitet. Hierauf hielt Frau Hutarbeiterin Weiß die Feftrede. Sie hob hauptsächlich hervor, daß gerade dieses Fest es ist, das uns Luckenwaldern einen Beweis von dem Solidaritätsgefühl der deutschen Arbeiter giebt. Denn aus allen Theilen Deutschlands   sind, um dieses Fest zu ermöglichen, Gelder eingelaufen. Wir brauchen nicht traurig in die Zukunft zu blicken, denn uns muß in Kürze der Sieg werden. Kein Arbeiter, der sich den Groschen abgedarbt hat, um uns ihn zu geben, fordert Dant, wohl aber erwarten fie von uns, daß wir bis zum legten Mann an unserer gerechten Forderung feft­halten. Die Rednerin schloß mit einem Hoch auf die Soli­darität der Arbeiter, in das die 3000 Anwesenden begeistert einftimmten. Im Weiteren sprachen noch Augustin und Bey­Berlin und Friz Helsinger. Nach der Wertheilung der Ge­schente hielt fröhlicher Gesang und Mufil die Anwesenden noch lange beisammen, und jeder ging mit dem Bewußtsein nach lange beifammen, und jeder ging mit dem Bewußtsein nach Hause, daß die Zusammengehörigkeit der deutschen   Arbeiter tein leerer Wahn set.

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Polizeibericht. Am 28. b. M. Abends stürzte ein Ar­beiter beim Berlaffen des Burkus Busch anscheinend im ange trunkenen Zustande von der zur Galerie führenden Treppe hinab und erlitt eine derartige Verlegung an der Stirn, daß Am 29. b. M. er nach der Charitee gebracht werden mußte. Morgens fand vor dem Hause Naunynstr. 31 eine Schlägerei statt, wobei ein Arbeiter und ein Tischler nicht unbedeutend verlegt wurden. Abends wurde ein junger Mann in der Wohnung seiner Eltern in der Paulstraße erhängt vorgefunden. Am 28. d. M. fanden an sechs verschiedenen Stellen kleinere Brände statt.

Sewegung der Bevölkerung der Stadt Berlin  . In der Woche vom 8. bis 14 Dea mber 1889 fanden 242 Eheschließungen statt. Lebendge boren wurden 893 Kinder, darunter 100 außerehelich, todtgeboren waren 35 mit 4 außerehelichen. Die Lebendgeborenen find 80,4, die Todtgeborenen 1,2 pro Mille der Bevölkerung, die außerehelich Geborenen find bet den Lebendgeborenen 11,2, bei den Todtgeborenen 11,4 pet. Die Zahl der gemeldeten Sterbefälle be trug 768, die sich auf die Wochentage wie folgt vertheilen: Sonntag 92, Montag 93, Dienstag 111, Mittwoch 110, Donnerstag 103, Freitag 115, Sonn abend 117. Bon den Gestorbenen erlagen an Majern 4, Scharlach 7, Rose 8, Diphtherte 43, Bräune 1, Reuchhusten 9, Rindbettfieber 5, Typhus 8, epidem. Gentcftarre 0, Grippe 2, Syphilis 8, Altersschwäche 23, Gehirnschlag 25, Lungenentzündung 70, Lungenschwindsucht 121, Diarrhoe 12, Brechdurchfall 15, Magendarmkatarrh 8. Durch Vergiftung tamen 3 Personen um, hiervon 2 durch Selbstmord, I durch Alkoholvergiftung( Delirium tremens). Gines gewaltsamen Zobes   starben 18 Personen, und zwar durch Verbrennung oder Verbrübung 1, Erhängen 2, Ueberfahren 2, Sturz oder Schlag 7, Schußwunde 4, Stich, Schnitt oder Bißwunde 2. hierunter find 9 Todesfälle durch Selbstmord, 1 durch Mord herbeigeführt Dem Alter nach find die Gestorbenen unter 1 Jahre alt 220( 28,6 p6t. der Gesammtsterblichkeit), 1-5 Jahre 107, 5-15 Jahre 32, 15-20 Jahre 80 20-30 Jahre 49, 30-40 Jahre 74, 40-60 Jahre 129, 60-80 Jahre 114, über 80 Jahre 18 Personen. In hiesigen Krantenhäusern starben 184, ein­schließlich 11 Auswärtige, welche zur Behandlung hierher gebracht waren. Auf die Standesämter vertheilen sich die Todesfälle folgendermaßen: Berlin­Kölln Dorotheenstadt( I.) 34, Friedrichstadt  ( II) 27, Friedrich und Schöne berger Borstadt( III) 40, Friedrich- und Tempelhofer Borstadt( IV.) 56, Louisen ftabt jenseit, westlich( Va.) 58, Luisenstadt fenfeit, östlich( Vb.) 42, Luisenstadt diesseit und Neu- Rölln( VI) 43, Stralauer Viertel, weftlich( VIIa.) 65, Stralauer Viertel, öftlich( VIIb) 44, Rönigstadt( VIII) 49, Spandauer Viertel  ( IX) 49, Rosenthaler Borstadt, südlich( Xa.) 45, Rosenthaler Vorstadt, nördlich ( Xb.) 89, Oranienburger Borstadt( XI.) 60, Friedrich- Wilhelmstadt und Moabit  ( XII) 71, Wedding  ( XII.) 46. Die Sterbefälle find 26,2 pro Mille der fort­geschriebenen Bevölkerungszahl( 1527 835). Die Sterblichkeitsgiffer in folgenden Städten des Deutschen Reiches mit mehr als hunderttausend Einwohnern be trug in Aachen   83,8, Altona   22,3, Barmen 22,6, Bremen   24,6, Breslau   27,9 Chemnih 24,3, Danzig   27,0, Dresden   21,1, Düsseldorf   20, 1, Elberfeld   210, Frankfurt   a. M. 16,8, hamburg   mit Bororten 25,1, hannover   20,5, Köln   28,7, Rönigsberg 29,2, Krefeld   19,4, Leipzig   17,7, Magdeburg   25,2, München   28,8,

Nürnberg   21,5, Stettin   80,2, Straßburg   i.. 14,6, Stuttgart   17,9 auf Taufend In anderen Großstädten Europas   mit mehr als dreihunderttausend Einwohnern betrug die Sterblichkeitsziffer in Amfterdam 21,4, Budapest  ( Borwoche) 27,7, Dublin   82,2, Liverpool   80,0, London   21,2, Paris   27,8, Petersburg  ( Borwoche) 88,7, Warschau  ( Borwoche) 36,4, Wien  ( Borwoche) 23,6 auf Tausend. Es wur den 2625 Sugezogene, 2287 Weggezogene gemeldet, so daß sich die Bevölkerung mit Einrechnung der nachträglich gemeldeten Geborenen und des Zuschlages, der den Weggezogenen erfahrungsmäßig zugerechnet werden muß, um 278 ver mehrt hat, die Einwohnerzahl beträgt fonach am Schluffe der Berichtswoche 1528 118. In der Woche vom 15.- 20 Desember tamen zur Meldung Infektions Erkrankungsfälle an Typhus   18, Poden-, Masern 46, Scharlach 61, Diphtherie 92, Kindbettfieber 5.

Gerichts- Beitung.

Wegen Unterschlagung im Amte in mindestens zehn Fällen stand gestern der ehemalige Gerichtsvollziehergehilfe Friedr. Schelle vor der dritten Straffammer des Landgerichts 1. Der Beschuldigte, welcher geständig war, will theils aus Noth gehandelt haben, theils das Opfer einer verhängnißvollen Ul fenntniß gewesen sein. Nach 14jähriger Dienstzeit bei der Schuß­mannschaft mußte er frankheitshalber seinen Abschied nehmen. Die ihm zukommende Pension von monatlich 73,50 M. molte zur Ernährung der aus acht Köpfen bestehenden Familie nicht ausreichen und auf das Gesuch des Angeklagten erhielt er eine Anitellung als Hilfs- Gerichtsvollzieher. Nun besteht das G fet, wonach ein penfionirter Beamter, der wiederum eine amt­liche Stellung befiibet, ein nicht größeres Einkommen beziehen darf, wie er vor feiner Penfionirung bezog, überfte gt das Ges halt des neuen Pofiens mit der Penfion das frühere Gehalt, so wird ihm von der Pension ein entsprechender Abzug ge­macht. Dies Gesetz will der Angeklagte nicht gefannt, sondern darauf gerechnet haben, daß er nach wie vor seine Penfion voll ausbezahlt erhalten würde. Er hatte daraufhin bei den von ihm amtlich eingezogenen Geldern Anleihen ge­macht, die er außer Stande war zu decken, als ihm die unlieb fame Aufklärung wurde". Natürlich konnte dieser Umstand den Angeklagten nicht straffrei machen, sondern nur bei der Straf abmessung mildernd ins Gewicht fallen. Der Staatsanwalt beantragte ein Jahr Gefängniß, der Gerichtshof hielt 6 Monate Gefängniß für eine ausreichende Sühne.

Eine unerlaubte Schönfärberzt führte gestern den Schlächtermeister Paul Hillmann unter der Anklage des Bergehens gegen das Nahrungsmittel Gefeß vor die 88. Ab­theilung des Schöffengerichts. Der Angeklagte hatte einem Boften Zervelatwurst eine kleine Menge rothen Pflanzen farb­ſtoffs zugefeßt und dadurch deren Grauwerden verhütet. Er verfuchte sich durch den Hinweis auf die Unschäblichkeit des benuzten Farbstoffes zu entlaften, der Gerichtshof hielt aber dennoch ein Vergehen im Sinne der Anflage für vorliegend. Durch das fünftlich erzeugte rothe Aussehen der Wurst solle in dem Publifum der Irrthum erweckt werden, daß es sich um eine frisch hergestellte Waare handele, und dies allein genüge, um ein Bergehen gegen das Nahrungsmittel- Gesetz für vorliegend zu erachten.

Elberfelder Sozialistenprozeß.

( Fortsegung aus dem Hauptblatt.)

Daß ich ein Schiedsgericht anrief, ist richtig; ich glaube, es wäre gut, wenn man nicht bei jeder Privatstreitigkeit an die Gerichte ginge, sondern die Sache so schlichtete. Die Theil­nahme an einer geheimen Versammlung ist mir nicht nachge­wiesen. Für die Freie Presse" habe ich nur öffentlich ge­wirkt, daß ich mich dafür intereffirte, ist wohl selbstverständ­lich. Ich habe bereits die Erklärung abgegeben, daß ein Freund im Auslande 10 M. bezahlte, bamit ich den Eoz." erhielt. Ein Freund des Blattes bin ich nie gewesen. Was die Artikel über den Meineid betrifft, so ist es unmöglich, daß ein hervorragender Mann ein solches Rududsei in das Blatt brachte. Die Fraktion dürfte fich auch nicht einmal den An­schein geben, als ob fie fo etwas billigte. Wir tönnen nicht in Abrede stellen, daß es in unseren Reihen viele Atheisten giebt; die giebt es aber in allen Parteien. Wir haben in unserem Programm den Punkt: Religion ift Privatfache". Wir haben stets Dulbung gepredigt und waren stets Gegner des Rulturkampfes. Wir haben Gelder gesammelt und Unter­fügungen ausgegeben bei Unglücksfällen, auch wenn es sich nicht um Anhänger unserer Partei handelt. Eine Aeußerung Frohme's über den Eid soll der Kronzeuge Schmidt in Düffels dorf befunden; das ist derjenige Beuge, der auch einen Justiz­rath als Abonnent des Soz." denunzirte. In Bezug auf die öffentliche Meinung, welche der Staatsanwalt erwähnt, will ich auch eine Bemerkung machen; in der Wefer- Zeitung" und anderen Blättern wurden Theile der Anklagefchrift vers öffentlicht, che sie in den Händen der Angeklagten waren. Man fann uns feinen Vorwurf daraus machen, daß wir keinen Patriotismus im Sinne der Kriegervereine treiben; aber wir find Deutsche   und wollen Deutsche   bleiben. Von unserer Fraktion find Anträge zur Verbesserung des Krankenversicherungs­und Unfallversicherungsgefeßes geftelt; ist das eine feindselige Stellung gegen die Sozialreform? Stets habe ich vor G.­heimbündelei gewarnt, zu der Leute wie Münnich und Schmidt Neigung hatten. Wenn ich bestraft werde, so sage ich mir, daß ich nicht bestraft werde wegen Geheimbündelei, denn ich bin tein Geheimbündler, sondern wegen meines Glaubens an den Fortschritt der Menschheit. Ich bitte um meine Freisprechung.

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Löwenstein: Der Staatsanwalt hat einen enoim hohen Strafantrag gegen mich gestellt. Er hat u.. barauf gefußt, daß ein Bettel bei mir gefunden wurde, obleich Diefer Fall genügend aufgeklärt wurde. Ein so gefährliches Dokument hätte ich doch nicht auf dem Fußboden herumtreiben laffen. Bei mir wurden Haussuchungen gehalten, die Brics Sperre über mich verhängt, aber auch nicht eine fompromitti rende Zeile gefunden. Selbst Röllinghoff hat erklärt, ich hätte nie mit einer Organisation in Verbindung gestanden. Ich will nicht von dem hohen Strafmaß fprechen, das der Staatsan walt gegen mich beantragte auch nicht von der höhnischen Bes zeichnung als Menschenfreund"; ich habe das Vertrauen, daß Sie ohne Vorurtheil richten werden; frohen Muthes sehe ich dem Urtheil entgegen.

Meist: Es ist nicht des Geringfte erwiesen, daß ich im Landgerichtsbezirk Elberfeld   etwas gethan, was gegen die§§ 128 und 129 verstößt. Sollte ich wegen meiner Thätigt it bestraft werden, so werde ich noch öfter vor Gericht stehen, denn ich werde stets bei meinen Geschäftsreisen bei meinen po­litischen Freunden verkehren.

Gustav Finte meist nochmals auf die Person des Be laftungszeugen Robert Müller hin, der allein von der Majestätsbeleidigung etwas wissen wollte. Einem Sittlich feitsverbrechen habe Müller die falsche Denunziation folgen laffen und diefe beeidigt.

Emil Müller wendet sich gegen das hohe Strafmaß, das der Staatsanwalt beantragt, trotzdem gegen ihn feinerlei Beweis erbracht sei. Ja St. Gallen   fet er auf eigene Rechnung gewesen; in Elberfeld   habe er nur öffentlich gewirkt und nichts Geheimes mitgemacht. Er ersucht um seine Frei sprechung.

Bleibtreu erklärt, daß gegen ihn nichts vorgebracht, als die Aussage des Beugen Wimmers, der die Unwahrheit ge sprochen. Einem geheimen Komitee habe er nie angehört. Er beantrage seine Freisprechung.

Neumann bemerkt, daß er zur Zeit der ihm zur Last gelegten Flugblattverbreitung nicht das Haus verließ. An einem Komitee tönnte er nicht Theil genommen haben, weil er damals schwer frant war. Dem Beugen Bleckmann