Beilage zum Berliner Volksblatt.
Nr. 6.
Falsche und wahre Geschichtswissenschaft.
Darch das Einfidern der Darvin'ichen Ideen und Ge banken in die verschiedenen wissenschaftlichen Gebiete haben die Leren eine mehr oder weniger vollständige Umgestaltung und Reubildung erfahren. Namentlich waren es die bisher fozen. befchreibenben Naturwissenschaften", Botanit( Pflanzenkunde) and Zoologie( Thierlande), welche fich von dem niederen Range bloke: Gebächtnißwiffenfchaften zu dem höheren wahrer erafter Dento Henschaften erhoben und sich dadurch in gleiche Linie ellen mit Phyfit( Wissenschaft von denjenigen Naturerschei Rungen, bei welchen teine wesentlichen Veränderungen der Bes Hand heile der Dinge vor fich gehen), Chemie( Wissenschaft von benjenigen Naturerlheinungen, bei welchen solche Veränderun Ren Battfinden), Aftronomie( Himmelstunde) und Geologie ( Eat videlungsgeschichte der Erde). Weit geringer ist bisher Der Einfluß der Darwin 'schen Lehren auf die Geschichtswiffenjhaft geblieben, und doch würden fie gerade hier die schönsten Früchte zeitigen und biefer edlen Wissenschaft neues Leben einflösen und damit auch neue begeisterte Jünger zuführen.
Eine wahre Geschichtswissenschaft haben wir bisher nicht gehabt. Was man bis jest als Weltgeschichte" bezeichnete, fann eigentlich auf den Namen einer wahren Wissenschaft nur fehr geringen Anspruch erheben. Die fog. Weltgeschichte" ift miter nichts als eine Aufählung der verschiedenen Fürftengeflechter, die fich im Laufe der Zeit gefolgt find, eine rohe Mahäufung von Thatfachen und zwar meift von solchen, die auf den Gang ber Menschheitsentwidelung von sehr unter neordnetem und unbedeutendem Einfluß gewesen sind. Die bisherige Geschichtswissenschaft hat es faft ganz und gar ver nachläffig, nach bem ursächlichen Zusammenhang der geschichtlichen Begebenheiten und Erscheinungen zu suchen und zu forfen. Eine wahre Geschichts wissenschaft, wie fie der Zukunft augehören muß, kat bielen ursächlichen Zusammenhang in erfter Linie in Betracht zu ziehen. Sie wird dem Leben der Völker mehe Beachtung fcbenten müffer, als dem der Fürsten , fie wird bie auch im Menschenleben und in der Menschheitsentwicklung altenben Naturgefeße aufzufinden haben, fie wird mit einem Mort mit der Naturwissenschaft und der Philosophie ein Bündschließen und fich zur Geschichtsphilosophie entwideln müffen.
An Vorarbeiten zu einer solchen fehlt es nicht gang. Als ihr eigentlicher Begründer ist der große franzöfifche Auffärungsphilofoph Boltaire anzusehen, der in seinem Versuch über die Sten und den Geist der Nationen" den ersten Basuch wagte, Saten und Geist der Nationen aus Natu bedingungen ertiären. Voltaire's Schrift besteht aus zwei Theilen:„ Ge fait: philosophie" und Naturgeschichte". Der Measch, ist nach Boltaire's Anschauung, das Erzeugniß des Erdballs. Die im Menfchen schlummernden Anlagen zur Kultur find durch No.h mgel gewadi. Die menschliche Gesellschaft besteht, so lange Mensch n existiren. Die Vernunft zeigte fich bei dem Menschen zuerst in den Tugenden der Gerechtigkeit und des itleios. In Bewegung wird die menschliche Gesellschaft durch Matur und Gewohnheiten, die sich ändern, gehalten. Da nun base mit einander im Kampfe fehen, so ist eine Ab- und Zunahme ber Kultur zu erbliden, nur ein relativer Fortschritt in ber schichte der Menschheit.
Neben Voltaire war es im 18. Jahrhundert namentlich ber große Staatsrechtslehrer Montesquieu , ber sich um die G
tsphilofophie verdient machte. Sein affiches Wert B trachtungen über die Ursachen ber Größe der Römer und deren Brfall" enthält die Philosophie der Geschichte des römischen Botes. Montesquieu zeigt, wie die eigenen Sitten und Ge bräuche sowie der Einfluß der Nachbarvöller das römische Volk Bon Sufe zu Stufe emporhoben, wie aber, als es den Gipfel feiner Macht erreidt und fich die Waltherrschaft angemaßt hatte, andere entgegengesette Umstände eintreten mußten, die feinen Untergang mit Naturnothwendigkeit herbeiführten.
Die Methode, welcher Montesquieu in den Betrachtungen folat war, menbet er fobann in seinem Geist der Gefeße" af fämmtliche Rultu nationen an und sucht Sitten, Geseze, Moral und Religion aus natürlichen Bedingungen, namentlich aus den Enflüffen der Klimas, der Nahrung, der Bodenbe affenheit und geographischen Lage zu entlären. Er entfaltet tabei eine geradezu verblüffende Kenntniß der Geseze und Ver Jafungen aller Staaten, bie er fich auf zahlreichen Reisen durch ganz Europa erworben hatte.
Unter den Geschichte philosophen der deutschen Aufklärungsphilofophie bes 18. Jahrhunderts find namenilich Lessing und Derder zu nennen. Efterer giebt in seiner„ Erziehung des Menschengeschlechts eine Darllellung der religiösen Entwide ungsgefchichte ber Menschheit, soweit sich dieselbe in der Fo: m bes jübschen und chriftlichen Offenbarungsglaubens vollzogen hat. Leffing fiebt in dieser Entwidelung einen bestimmten Foschritt der auf ein g wiffes Ziel hinweist. Der Urheber bicles Fortschrittes ist nach ihm die Gottheit, und er betrachtet bemgemäß die Dffenbarung als eine göttliche Veranstaltung zur religiösen und fitlichen Ausbildung der Menschheit, als eine ötliche Erziehung des Menschengeschlechts. Wie der unmün bige Menfch der Erziehung, so bedarf die unmündige Mensch beit des Dffenbarungsglaubens. Aber wie die Erziehung nur eine allmälige fein fann, fo fann auch die Offenbarung nur Hafenmorise fortschreiten, gemäß der geistigen Faffungskraft der Boller. Die erfte Offenbarung, bie jüdische, mußte nothwendig ne unvollkommene sein, da das jüdische Volk auf einer tiefen Stufe geiftiger Zivilisation ftand; eine höhere Stufe bezeichnet tas Cistenthum, indem es ber jüdischen Lehre ben Unsterb
leite glauben hinzufügte. Aber auch das Christenthum nimmt aber Unnollfommenheit aller pofitioen Raigionen Theil und mas deshalb überwunden werden. Das legte Biel aller religio en Entwickelung ist die von allen pofitiven Dogmen bekeite tuliche Bernunftreligion.
Was Herber's Geschichtsphilofophie anbetrifft, so betont biefelbe auf das Entschiedenste, daß in der Geschichte, ebenso wie in ber Natur, alles aus gewiffen natürlichen Bedingungen nach faften Gelegen fich entwidelt. Er hebt die Abhängigkeit des Menschen von der Natur, von seinem Wohnplage, ber Erde, roor. Der Mensch ist wie das Thier ein Naturproduft; des halb find auch die Thiere die älteren Brüder des Menschen. Das Fortichrittsgefes der Geschichte beruht auf einem Fortbrittsgekber Natur, das schon in den Wirkungen der anorganischen Naturkräfte verborgen thätig ist, in der aufsteigenden Rahe der organischen Wesen vom Naturforscher bereits erfannt wird und fich für den Geschichtsforscher zeigt in den geiftigen Bestrebungen des Menschengeschlechts. Natur und Gefchichte Neben so in innigfter Berbindung. Sie arbeiten beide für Er sichung des Menschen zur Humanität.
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Na Bedeutung werden nun alle diese Geschichtsphilosophen überragt von bem englischen Hiftoriter Budle, ber in feiner Geschichte ber Zivilisation in England" bie Grundlinien iner Gefchichtewiffenfchaft der Zukunft in geradezu klaffischer Weise gelegt hat. In diesem Werte machte er die Naturenfchaft für bte Geschichte nugbar und erläuterte außer dem,
Mittwoch, den 8. Januar 1890.
wie der Zweifel an ber religiösen Ueberlieferung und bie Erschütterung ber staatlichen Bevormundung der Gesellschaft den modernen Fortschritt der Zivilisation vermittelt habe.
In dem Sinne und Geifte Buckle's wird die moderne Geschichtswissenschaft weiter zu arbeiten haben.
Parlamentarisches.
Der Entwurf eines Gefehes, betreffend eine PostDampfschiffsverbindung mit Ostafrika , ist dem Reichsiag zugegangen; er lautet:
§ 1. Der Reichskanzler wird ermächtigt, die Einrichtung und Unterhaltung einer regelmäßigen Poftbampffchiffsverbindung Awifchen Deutschland und Ostafika auf eine Dauer bis zu zehn Jahren an geeignete deutsche Unternehmer auf dem Wege der engeren Submiffion zu übertragen und in dem hierüber abzu fchlaßenben Bertrage eine Beihilfe bis zum Höchstbetrage von jährlich Neunhunderttausend Mark aus Reichsmitteln zu bewilligen.
§ 2. Der im§ 1 bezeichnete Vertrag muß die in der An lage zusammengestellten Hauptbedingungen enthalten und bedarf Au seiner Giltigkeit der Genehmigung des Bundesraths. Der Bertrag, so wie die auf Grund desselben geleisteten Zahlungen find dem Reichstag bei Vorlage des nächsten Reichshaushaltsetats mitzutheilen.
§ 3. Der nach§ 1 zahlbare Betrag ist in den Reichshaushaltsetat einzustellen.
Die Hauptbedingungen" befagen:
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7. Jahrg.
An der Entwickelungsfähigkeit der ausgedehntén Rüftengebiete und ihrer Hinterländer, deren Warth die neueren Forschungen immer mehr ins Licht stellen, ist nicht zu zweifeln. Auf die Abficht der portugiesischen Regierung, ihre Dampfschiffs- Verbin bungen mit ben ostafrikanischen Befizungen neu zu gestalten, ift schon hingewiefen. Die Delagoa Bai erlangt durch den Bau der Eisenbahn nach Pretoria , welche die Südafrikanische Republit in die nächste Verbindung mit der See seßt, eine außerordentliche Handelsbedeutung. Bekannt ist der Auffchmung, welchen die wirthschaftliche Entwickelung des Boeren landes genommen hat. Seine reichen Natur- und Bodensdäze sichern ihm weiteres Gedeihen. Die Ausbeutung der Gold felber belebt den Verkehr und erhöht den Bedarf an Inbuftrie Erzeugnissen. Wegen der vortheilhaften Lage der Delagoa Bai für die Erreichung der See legt die Südafrikanische Republik auf die Verbindung dahin Werth. Der daselbst belegene portugiesische Hafen Lourenço Marques verspricht unter diesen Umständen ein hervorragender Brennpunkt des Handels zu werden. Mannigfache wirthschaftliche Verbindungen bestehen seit Langem zroischen Deutschland und dem Boerenland. Deutsches Kapital, deutsche Unternehmer und Ingenieure sind an den neueren Handels, Eisenbahn, Wege u. f. w. Unternehmungen in Transvaal betheiligt. Von den am Handel mit Transvaal interefficien Kreifen find bereits Schritte geschehen, um in Erwartung des fich der Delagoa- Bat bald zuwendenden Ausfuhra und Einfuhr- Berkehrs daselbst Fuß zu faffen. Der Handelsverkehr des Hafens von Lourenço Marques ist von 1885 bis 1887 um das Bierfache gestiegen. Deutschland mit feinen merkantilen Interessen im Boerenland wird nicht gegen andere Länder zurückstehen dürfen, sondern Anstalten treffen müffen, burch eine bis zur Delagoa- Bai reichende Dampf schiffsverbindung seinen Antheil am Verkehr fich rechtzeitig zu
1) Die Fahrten müffen in Zeitabschnitten von längstens vier Wochen stattfinden. Die Bst mmung der anzulaufenden Bäfen erfolgt durch den Reichstanzler. Die Fahrgeschwin- fichern. digkeit ist auf mindestens 103 Knoten im Durchschnitt festzu
feßen.
2) Die in der Fahrt einzustellenden Dampfer müssen vor ihrer Einstellung durch vom Reichskanzler zu ernennende Sachverständige abgenommen werden. Neue Dampfer müssen auf deutschen Werften nach den vom Reichstanzler zu genehmigenden Plänen gebaut sein.
3) Für ungerechtfertigte Berzögerungen bei der Fahrtausführung werden entsprechende Abzüge von der Jahresbeihilfe gemacht.
4) Die Dampfer führen die deutsche Postflagge und befördern die Bost nebst den etwaigen Begleitern ohne besondere Bezahlung.
5) Der Zeitpunkt für den Beginn der Fahrten wird vom Reichsfangler mit den Unternehmern vereinbart. Insofern es fich nach seinem Ermessen zur Beschleunigung des Beginns empfiehlt, vorläufiz Fahrten auch in anderen als vierwöchent lichen Zeitablchnitten stattfinden zu laffen, ist den Unternehmern hierfür Zahlung nach dem Verhältniß der vertragsmäßigen Jahresbeihilfe zu leiften.
6) Bur Sicherstellung der Erfüllung der Vertragsverbind lichkeiten ist, soweit erforderlich, den Unternehmern die Beftellung einer Raution aufzuerlegen.
Der Begründung entnehmen wir folgendes: Bunächst wird erwähnt, daß der Verkehr Deutschlands mit Dftafrita, foweit er fich nicht gelegentlicher Fahrten von Segelfchiffen und Frachtdampfern bebient, was die allgemeinen laufenben Be Atehungen betrifft, noch auf die Fahrten der British IndiaLinie von Aden bis Mozambique und der Castle Mail- Linie Mozambique bis Capstadt angewiesen ist. In diesem Verhält niffe tft neuerdings infofern eine, bis jekt indeß noch nicht ganz zum Aschluß gelangte, Aenderung eingetreten, als im Laufe des November vorigen Jahres an Stelle der bisherigen britischen Postdampferlinie Bombay Aden- Sanfibarein Mozambique birefte britische Postdampfer Linie zwischen London und Sanfibar, über Neapel , Aden, Lamu und Bombas, eingerichtet worden, und als die portugiesische Regie rung dazu übergegangen ist, unter Kündigung des Subven tionsvertrages mit der Cafile Mail Packet Company, eine portugiesische Poftbampfschiffsverbindung, als Fortfehung der bereits bestehenden eigenen Poftlinie nach ihren Befißungen an der W.fitüfte Afritas, bis zu ihren Besitzungen an der Ditfüfte herzustellen. Der erweiterte Dienst ist jedoch wegen der Unvobftändigkeit des Schiffspaits erft theilweis aufgenommen. Die Caffle Mail Badet Company feht ihren bisherigen Dienst nach Mozambique zwar fort, jedoch ohne Postvertrag und ohne Berbindlichkeit der Innehaltung der fabrplanmäßigen Fahrten. fahrplanmäßigen Fahrten. Für die deutschen Verkehrsbeziehungen wird bas Verhältniß burch jene Aenderung nicht günftiger gestaltet, im Gegentheil tritt das Bedürfniß einer unabhängigen deutschen, birekten Postdampfschiffeverbindung unabhängigen deutschen, birekten Postdampfschiffsverbindung mit Ostafrifa nur noch bestimmter hervor. Es ist nicht anders zu erwarten, als daß durch iene Umstände der auf die englische Vermittelung angewiesene deutsche Waarenumfat mit Ditafrita gelähmt und zurückgehalten wird. Die Konkurrenz fähigkeit des deutschen Handels und der Antrieb zur An. knüpfung von Handelsbeziehungen wird hierdurch geschwächt. fnüpfung von Handelsbeziehungen wird hierdurch geschwächt. Der Kaufmann ist Ostafrita, selbst in verschiedenen Bes ziehungen ber dortige deutsche Raufmann, ist bei der Sachlage oft genöthigt, fich an den englischen oder den indischen Markt, ftatt an den deutschen, zu wenden. Durch die ungünstige Rückwirkung des Verhältnisses werden die gefammten Handels- und Schifffahrtsbeziehungen zwischen fammten Handels- und Schifffahrtsbeziehungen zwischen Deutschland und Ostafrika in Mitleidenschaft gezogen. Die Erfahrung lehrt, daß, wo regelmäßige direkte Verbindungen fehlen, die gewöhnliche Kauffahrteischifffahrt sich nicht zu der Lebendigkeit zu entwickeln vermag, welche da herrscht, wo durch regelmäßige Postdampffifffahrten die Verkehrsbeziehungen belebt werden. Daher ist auch der Antheil der deutschen Nh berei an der oftafrikanischen Handelsschifffahrt verhältnißmäßig schwach. Bu ben vorgedachten
besonderen Erschwernissen des deutsch - oftafrikanischen Ver febrs tritt als allgemeiner Uebelftand hinzu, daß der Dienst der die Verbindung längs der Küste von Aben bis zu den britischen Befißungen am Rap jest aufrecht erhaltenden Dampferlinien für die Befriedigung des Verkehrsbedürfnisses Mancherlei zu wünschen läßt.
Die franzöfifche Regierung hat seit Juli 1888 eine direkte Boftdampfschiff.inie von Marseille nach Sanfibar und weiter nach Madagaskar und den Mastarenen eingerichtet. Auch die portu giefifche Regierung beabsichtigt, ihre mit Moffamedes befehenbe regelmäßige Postdampfschiffverbindung bis zu ihren Betzungen auf der Ostküste von Afrika auszudehnen. Deutschland wird, wenn es fich nicht überflügeln und den nach seiner Handelsbedeutung ihm zukommenden Antheil an dem oftafrikanischen Handel sich nicht entziehen laffen will, nicht länger mit der Einrichtung einer eigenen Sch fffahrtslinie nach den oftafrikanischen Küstenländern fäumen dürfen. Ein Stillstand in dieser Beziehung würde gegenüber bem Vorgehen der konkurrirenden Länder gleich sein mit einem Burück beichen der deutschen Intereffen.
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Es werden nach Ditafrika die verschiebenartigsten Erzeuge nisse der deutschen Industrie ausgeführt. Die Ausfuhr bezieht sich auf Gegenstände, bei welchen eine Erweiterung des Absages der deutschen Industrie förderlich wäre. Die Einfuhr umfaßt tropische Erzeugniffe, für welche Deutschland einen geeigneten Marki von großer Aufnahmefähigkeit bildet. Die statistischen Bahlen laffen den Umfang des deutschen Antheils an der oftafrikanischen Ein- und Ausfuhr nur in unvollkommener Weise erkennen, boch ergeben die Durchschnittsziffern der Jahre 1884 bis 1887 das günstige Verhältniß, daß Deutschland an Werth doppelt so viel nach Ostafrika ausgeführt, als von da bei fich eingeführt hat. Mit dem Umstande, daß wegen Mangels einer regelmäßigen deutschen Dampfschiffelinie nach Ditafrila die Waaren des deutschen Antheils zu einem großen Prozentsak erft burch den englischen und indischen Markt gehen, beziehungsweise indirekt über England oder Indien , fomie auch über Holland und Belgien verschifft werden, hängt es zusammen, daß der Waarenumfaß der in Ostafrita zum Theil schon seit langen Jahren anfäffigen deutschen Handelshäuser wesentlich umfangreicher ist, als der birefte Waaren austausch zwischen Deutschland und Ostafrika . In Sanfibar ist der Waarenumfaß der deutschen Häuser sogar bem der eng lischen Häuser überlegen, obwohl der direkte Waarenumsak zwischen England und Sansibar mehr als doppelt so groß ist, wie derjenige zwischen Deutschland und Sanfibar. Indem bei Einrichtung einer direkten Pot Dampfschifffahrt zwischen Deutschland und Ostafrita der deutsche Waarenverk hr fich von erhealicen Unkosten der fremden Spedition beziehungsweise des englischen und indischen Zwischenhandels ent laftet fäbe, würde bie Ronkurrenzfähigkeit der deutschen Waaren gewinnen. Die Erleichterung des Verkehrs durch die regelmäßige Verbindung würde ferner zur Erweiterung der be ftehenden und zur Anknüpfung neuer Handelsbeziehungen führen. In dieser Hinsicht wird namentlich die Verbesserung bes Poftverkehrs, des unentbehrlichen und besten Hilfsmittels für die Belebung der geschäftlichen Beziehungen, von Bebeu tung fein. Die jeßige einmalige Verbindung im Monat für bie ausgebehnte Rüfte ift, zumal bei der langen Dauer der Fahrt, ungenügend. Noch andere Vortheile würden aus der Einrichtung der deutschen Postdampferlnie folgen. Der deutschen Rhederei werben fünftig die Mittel Aufließen, welche der deutsche Handel und Verkehr jetzt zur Unterhaltung der fremben Dampfschiffslinien beifteuert. Das Ansehen ber beutschen Schifffahrt und überhaupt das deutsche Ansehen wird durch das Bestehen einer deutschen Postdampferlinie gehoben werden. Dies wird zum Aufschwunge der in den oftafrikanischen Gewäffern jegt in den Hintergrund gedrängten deutschen Handelsschifffahrt beitragen.
Stellt schon nach diesen Erwägungen und im Hin blick auf die zu erwartende Entwickelung Ditafrikas bie Einrichtung einer deutschen Postdampferlinie dorthin sich als eine durch die deutschen Interessen und die Voraussicht gebotene Maßnahme dar, so erscheint dieselbe auch aus dem Gea fichtspunkte des Schußes der beutschen Handels- und Kolonial unternehmungen in Ostafrika wohl begründet. Der Schuß dieser Unternehmungen hat schon seit Jahren die Stationirung von KriegsSchiffen in den oftafrikanischen Gewäffern bedingt. Das Be bürfniß einer ficheren unabhängigen Postverbindung mit den felben, beziehungsweise einer regelmäßigen Beförderungsgelegenheit für die Zuführung militärischer Bedarfsgegenstände, von Ablösungen zc. liegt zu Tage. Ferner haben bie beutschen Kolonia' unternehmungen in Oftafrita die Entfendung einer Anzahl Reichs angehöriger zu dauerndem Aufenthalte dafelbst mit sich gebracht. Die Thätigkeit der in Ostafrika befindlichen Vertreter der Reichsregierung ist aus Anlaß der Unternehmungen vorgedachter Art in umfaffende em Maße in Anspruch genommen worben. Es find hierdurch neue Beziehungen amt licher, gefchäftlicher und privater Eigenschaft zwischen Deutsch land und Ostafrika entstanden, wie fich beispielsweise darin ausbrückt, daß der Briefverkehr mit Sanfisar feit 1885 von 5800 Sendungen jest bis auf 31 300 Sendungen angewachsen ist, in welchen Sablen indeß die amtlichen und privaten Brieffendungen nach und von den Schiffen der Kaiserlichen Marine nicht inbegriffen find. Für die Sicherstellung dieser Beziehungen durch eine eigene, unabhängige Postbampfschiffs. verbindung zu sorgen, stellt sich als eine Pfl.cht des Reiches car.
Tokales.
Die Lokalkommifon veröffentlicht nachstehend die Liste der Wirthe, die ihre Lotale zu Verfammlungen unentgeltlich hergeben und bemerkt hierzu, daß diefelbe wöchentlich einmal mit ev. Abänderungen abgebrudt wird, ferner, daß Veröffentlichungen in Bezug auf die Lokalfrage nur von den Herren Wilheim Werner, Sebaftianstr. 72, Auguft Infinger, Rüoersdorfer. 45, Dito Beindorf, Langeftr. 70, auszugehen haben. Alle eventuellen Unregelmäßigkeiten sind an die genannten Herren zu berichten.