Ur. 85. Sommbend. den II. April 1890. 7. Jahrg. Hrgan für die Interessen der Arbeiter. swSKKM Jnsertionsgebühr beträgt für die 5gespallene Petitzcilc oder deren Raum 40 Pf., für Vereins- und Verfammlungs- Anzeigen 20 Pf. Inserate werden bis 4 Uhr Nachmittag? in der Expedition, Berlin SW., Bculhttrage 3, lowie von allen Nnnoncen-Bnrcanr, ohne Erhöhung des Preises, angenommen. Die Expedition ist an Wochentagen bis I Uhr Mittags und von 37 Uhr Nachmittags, an Sonn- und Festtagen bis 10 Uhr Vormittags geöffnet. «» Fernsprecher: Amt VI,|lr. 4100.«» Medttlrtion: VvukhstrnHv Ä. Expedition: Veukhfkeatzv 3. Die Denrngogen sn der Jlrdeik. Seit es eine zielbewußte, auf festen und klaren Grund- sähen stehende sozialdemokratische Arbeiterbewegung giebt, ist es für einen Theil der Kapitalisten mit der beschau- lichen und idyllischen Plusschneiderei vorüber. Während vordenl der ganzen Arbeiterklasse das gesammte wirthschaft- liche Getriebe gleichsam ein Buch mit sieben Siegeln war, sind heute Millionen von Arbeitern sich über die wirth- schaftlichen Znsannnenhänge vollständig klar geworden; es ist ihnen vollbewußt und dieses Bewußtsein ist ihnen be- ständig gegenwärtig, daß die Arbeit und nur die Arbeit die Quelle alles Reichthums und aller Kultur ist daß aber die Früchte der Arbeit nicht der schöpfe- rischen Kraft des Arbeiters als voller Lohn verbleiben, sondern dem in den Schoß fallen, der der Besitzer der Arbeitsmittel ist. Diese den ungelehrten Arbeitern verblüffend geläufige wissenschaftliche Erkenntniß erobert sich immer weitere Arbeiterkreise und wirkt als unverwüstliche mächtige Triebkraft für weitere Entwickelung und Förderung der Sozialdemokratie. Diesen Dingen gegenüber ist das Kapitalistenthum nicht unthätig. Eine weil verbreitete Presse, die von Angehörigen der besitzenden Klassen geleitet und gemacht wird, besorgt mit seinem Gefühl die Interessen des Kapitals und je mehr diese voü den begehrlichen ArbeiteriNassen bedroht scheinen, desto wüthender, verschmitzter und dema- gogischer zugleich wird das übernommene Anwaltsaint ausgeübt. Der Kampf gegen die Sozialdemokratie wird von dieser Seite das ganze Jahr hindurch mit unge­schwächter Kraft geführt, nicht minder gegen die ge- werkschaftliche Richtung der Arbeiterbewegung. Die gewerkschaftliche Richtung findet ihren praktischen Ausdruck in der Lohnbewegung, die regelmäßig im Sommerhalbjahr höhere Wogen schlägt. In dieser Periode ist auch der Kampf der Kapitalisten und ihrer Agenten gegen die Arbeiter ein heftigerer und um sie vor aller Welt ins Unrecht zu setzen, ist ihnen kein Mittel zu schlecht. Am meisten zu schaffen machen ihnen seit Jahresfrist die Bergarbeiter, deren Vorwärts- streben nach sozialer und materieller Besserstellung bis jetzt weder durch Schmeicheleien und Lobes- erhebungen, noch durch Drohungen, Brutalitäten und Ver- leumdungen erstickt werden konnte. Die kapitalistischen Blätter sind unablässig bemüht, besonders durch lohn- statistische Tabellen darzuthun, daß die Bergarbeiter ein schönes Einkommen haben und sehr wohl zufrieden sein könnten, wenn sie nicht von den sozialistischen Um- stürzlern und Hetzaposteln immer wieder aufgereizt nnd be- Nachdruck v«rbot«n.Z Feuilleton. 17 Im« Glück der Damen." Roman von Emile Zola . Antorisirte Ilebersetzung von Armin Schwarz. Als er glaubte, daß der Junge nun genug gelernt habe, um sein Geschäft zu übernehmen, da weigerte sich der Sohn, Paris zu verlassen. Und von da ab cutwickelte sich eine Rivalität zwischen Vater und Sohn. Ersterer, an seinem Kleinhandel festhaltend, war ganz entrüstet, als er sehen mußte, daß ein einfacher Kominis das Dreifache dessen gc- wann, was er selbst gewann; Letzterer verlachte die Routine des Alten, prahlte mit seinem Verdienste und kehrte das ganze Haus von oben nach unten, wenn er zuweilen nach seiner Vaterstadt kam. Gleich den übrigen Abtheilungs- Chefs hatte er außer seinen 3000 Franks, die er fix er- hielt, noch ein gewisses Perzentuale vom Verkauf. Moni- pellier, überrascht uno von Respekt erfüllt angesichts solcher Erfolge, erzählte sich, daß der junge Bouthemont im ver- siossenen Jahre nahezu sünfzehntausend Franks eingesackt habe; und das war nur ein Anfang; es gab Leute, welche bem entsetzten Vater versicherten, daß sein Sohn es noch viel weiter bringen werde. Mittlerweile hatte Bourdoncle ein Stück Seide zur Hand genommen, dessen Muster er mit der Miene eines Sachkenners prüfte. Es war eine Faille mit einem Saum gehrlich gemacht würden. DieKöln . Ztg." veröffentlicht wieder einmal eine sehr oberflächlich zusammengestellte und dunkel gehaltene Lohntabelle, die von der Bochumer Knappschafts -Berufsgenosseuschaft herrührt. Nach dieser Quelle hätten im Januar 1889 von 122 944 Berg- arbeitern 96 078 Mann bis 4 Mark und 22 587 über 4 Mark verdient; im Dezember desselben Jahres verdienten von 131470 Bergarbeitern 71731 bis 4 Mark und 54 942 über 4 Mark. Nach unserer Auffassung be- weisen diese rohen Zahlen für diegute" Lage der Bergarbeiter gar nichts, dagegen scheinen sie vielmehr zu beweisen, daß die große Mehrheit der Bergarbeiter noch immer einen sehr dürstigen Lohn erhält. Daß die Lohntabelle keine genauere Spezifikatton der Lohnklassen enthält, ist für uns ein verdächtiger Umstand. Wir möchten gerne wissen, wie viele Bergarbeiter Tagelöhne von 2, 2,50, 3, 3,50 und 4 Mk. erhalten; es ist un­gemein bequem, einfach zu sagen, 96 078 resp. 71 731 Bergarbeiter verdienten bis zu 4 Mk. Dasselbe ist der Fall mit den weiteren Angaben, 22 587 resp. 54 942 Bergarbeiter verdienen über 4 Mk. Fünf Pfennige mehr sind auch schon über 4 Mk. Daß diese Zahlen in ihrer rohen, vollständig unbrauchbaren Größe und Allgemeinheit nicht aus Versehen, sondern mit Absicht so publizirt wurden, begreifen wir vollständig, aber uner- findlich ist uns, wem man mit diesem plumpen tenden­ziösen Manöver imponiren zu können glaubte, oder wen» man damit irre führen wollte. Versuchen wir, die Zahlen der Berussgenossenschaft etwas näher zu beleuchten und zwar mit Zahlen, die ebenfalls im Kampfe gegen die Arbeiter publizirt wurden und die gleichfalls in derKöln . Ztg." standen. Sie veröffentlichte da kürzlich die ihr von einer Zeche zur Ver- fügung gestellten Lohndaten, die eine Arbeiterzahl von 714 betreffen. Nach dem von der Berufsgenossenschaft beliebten Verfahren würden wir sagen, von den 7 14 Arbeitern ver- dienten 667 bis 4 M. und 47 über 4 M. Aber in der ersteren Gruppe sind 109 Arbeiter, die nur von 1,50 bis zu 2 resp. 2,50, 327, die bis zu 3 und 133, die bis zu 3,5 M., aber nur 98, die bis zu 4 M. verdienten. Und dieser großen Zahl sehr dürftig entlohnten Arbeiter stehen 38 gegenüber, die bis zu 4 resp. 4,50 und nur 9, die über 4,50 bis zu 5 M. verdienten. Die Angaben der Berussgenossenschaft werden sogar durch die bekannte osfiziele Denkschrift, der kein Mensch Parteinahme für die Arbeiter zum Vorwurf machen wird, widerlegt. Darnach haben im Juli 1889, also nach der Lohnerhöhung, 60,8 pCt. der Belegschaft auf den Gruben des Ruhrgebiets über 3 M., 80,1 pCt. über 2,50 M., also 40 pCt. unter 3 M., resp. 20 pCt. unter 2,50 M. erhalten. in Blau und Silber, das berühmte Paris -Bonheur, mit welchem Mouret einen entscheidenden Streich führen wollte. Die Seide ist in der That sehr gut, murmelte Bourdoncle. Der Effekt, den sie macht, übertrifft noch die Güte, bemerkte Bouthemont. Das kann unS aber auch nur ein Dumonteil herstellen. Als ich mich gelegentlich meiner letzten Reise mit Geanjcan überwarf, wollte dieser hundert Web> stuhle allfstcllen, um den Stoff zu fabriziren, allein er ver- langte um fünfundzwanzig Centimes mehr für den Meter. Fast jeden Monat reiste Bouthemont nach Lyon , um für sein Haus in den dortigen Fabriken Bestellungen zu machen. Er stieg bei solchen Gelegenheiten in den' ersten Hotels ab und hatte den Auftrag, kontant zu kaufen und folglich auch die Fabrikanten demgemäß zu behandeln. Er hatte übrigens völlig freie Hand und kaufte so, wie es ihm gutdünkte. Seine Stellung im HauseZum Glück der Damen " war wie die der übrigen Abthcilungschefs- die eines speziellen Kaufmannes in einer Vereinigung von verschiedenen Handelszweigen. Es ist also ausgemacht: wir markiren die Waare mit 5,60 Franks i fragte Bouthemont. Sie müssen wissen: das. ist knapp der Einkaufspreis. Ja, 5,60 Franks, erwiderte Mouret lebhaft; wenn ich allein wäre, würde ich die Waare auf Verlust weggeben. Der Abtheilungschef lachte laut auf. Oh, das wäre nur nur angenehm; die Waare ginge dann dreimal so schnell ab und Sie wissen mein Inter­esse ist, daß recht viel verkauft werde, da ich am Brutto- gewinn theilnehme. Nicht besser sind die Arbeiter der staatlichen Bergwerke bestellt. Nach der bezüglichen, dem prenßi- scheu Abgeordnetenhause unterbreiteten Regierungsvorlage verdienten in den Steinkohlen- Bergwerken bei Saar- brücken im 4. Quartal 1889 die Hauer einen durch- schnittlichen Tagelohn von 3,79 M. und die Schlepper einen solchen von 2,42 M. In den oberschlesisryen Steinkohlen-Bergwerken verdienten nach derselben amtlichen Quelle im 4. Quartal 1889 die Hauer einen durch- schnittlichen Tagelohn von 3,59 M. und die Schlepper einen solchen von 2,06 M. Das sind die glänzenden Lohneinkommen der Berg- arbeiter. Allein in Sachsen müssen sie noch viel niedriger sein, denn vor wenigen Wochen forderten die Bergarbeiter im Lugau und Oelsnitzer Kohlenbezirk einen festen Tagelohn von 3,50 M., also weniger, als die Ar- beiter auf den preußisch-fiskalischenBergwerken bereits ver- dienen. Trotz der Bescheidenheit der Bergarbeiter wurden ihre Forderungen von den Werksverwaltungen mit der be- kannten Protzigkeit zurückgewiesen alsmaßlos und uner- füllbar". Wir geben gerne zu, wenn man blos die kapitalistische Presse liest und nur aus dieser Quelle Informationen über die Konflikte zwischen Arbeit und Kapital schöpft, daß man dann unfehlbar die Ueberzeugung gewinnt, die Kapitalisten seien die edelsten und selbstlosesten Menschen, hingegen die Arbeiter störrische, neidische, habsüchtige und strettsichtige Elemente, die man am Besten mit Flinte und Säbel zu Paaren treibt und zur Raison bringt. Die Rechnungsabschlüsse der Bergwerks- und anderer Akttengesellschaften und Finanzunterneh- mungen aber, die ja in der ganzen kapitalistischen Presse publizirt und vermpthlich auch in den höchsten Kreisen mit lebhaftem Interesse verfolgt werden, enthüllen die trotz alledem beachtenswerthe Thassache, daß alle die an- geblich von den Arbeitern mit unverschämten Lohnforde- rungen so arg bedrängten Unternehmungen im Jahre 1889 bedeutend höhere, nach Hunderttausenden und Millionen Mark betragende Reingewinne erzielten, denen gegenüber die theilweise eingetretene Lohnerhöhung geradezu lächerlich geringfügig erscheint. Wie es mit der vielgerühmten Besserung der wirth- schaftlichen Lage der Arbeiter beschaffen, zeigen übrigens auch die offiziellen Ziffern über das Einkommen der sächsischen Bevölkerung pro 1889. Danach haben ein Einkommen von 301 bis 400 M. 204 140 Eingeschützte 401.. 500.. 280 102 501 600.. 159 912 601.. 700.. 116 173 Bourdoncle hingegen blieb ernst und kniff die Lippen ein. Er partizipirtc am Reingewinn, folglich hatte er rein Interesse daran, daß der Preis herabgesetzt werde. Die Kontrole, die er übte, war hauptsächlich daraus gerichtet, die Markirung zu überwachen, damit Bouthemont, dem nur daran gelegen war, die Losung zu vergrößern, nicht zu allzu niedrigen Preisen verkaufe. Wenn wir die Waare mit 5,60 Franks verkaufen, so ist das so gut wie ans Verlust verkauft, bemerkte er, denn wir müssen unsere sehr beträchtlichen Spesen dazu schlagen. Ileberall würde man sie mit 7 Franks verkaufen. Mouret erzürnte sich und mit der flachen Hand aus die Seide schlagend, rief er erregt aus: Ich weiß das recht gut; eben deshalb will ich meinen Kunden ein Geschenk damit machen. Mein Lieber, Sie werden niemals den rechten Sinn für die Frauen haben. Begreifen Sie denn nicht, daß sie sich um den Stoffreißen" werden? Gewiß! Und je mehr sie sich darumreißen", desto größer ist unser Verlust. Wir werden an diesem Artikel einige Centimes ver- lieren. Und was weiter? Ist das ein Malheur? Wenn es uns sonst gelingt, alle Frauen anzulocken, ihnen mit unseren angehäuften Waaren die Köpfe zu verdrehen, daß wir mit ihnen anfangen können was wir wollen und sie ungezählt den Inhalt ihrer Börsen auf unseren Pulten leeren! Die ganze Kunst, mein Lieber, besteht darin, sie zu entzücken, und dazu bedarf es eines Artikels, der sich einschmeichelt, der Epoche macht. Dann können Sie alle anderen Artikel ebenso theuer ver- kaufen, wie anderwärts; sie werden immer glauben, daß sie