hinaus. Ein Haken unter dem Feusterbrett, der zum Aufhängen vonWild dienl, faßte zwar die Kleider, diese rissen jedoch und die Fraustürzte auf den Hof hinab, wo sie mit schweren Verletzungen amHinterkopfe und am Rückgrat liegen blieb. Ei» Wachtmeister vom40. Polizeirevier brachte die Verunglückte mit einem Wagen in einttrankenhaus. Hier stellte man auch eine Gehirnerschütterung fest.Uualiicksfälle im Gtraftenverkehr. Als gestern vormittagsder ISjahrige Arbeiter Otto Krause den Hintcrraui» eines durch dieBrückenstraße fahrende» Pferdebahnwagens der Linie Brunnen»ftraße— Kreuzberg von der linken Seite besteigen wollte.wurde er von einem in entgegengesetzter Richtung heran-kommenden Wagen derselben Linie zu Boden gerissen undeinige Schritt« weit mitgeschleift, bis der Wagen angehaltenwerden konnte. Er erlitt dabei einen Bruch des rechtenSchlüsselbeins und wurde nach der Unfallstation II gebracht, woer einen Verband erhielt.— An der Ecke der Skalitzer- undOppelnerstraße wurde in der Mittagsstunde die 37 Jahre alt« ver-ehelichte Arbeiter Quick geb. Goldbach durch einen Bäckerwage»überfahren un* an der Stirn sowie an der linken Schulter soschwer verletzt, daß ihre Neberführung in die Unfallstation II er-forderlich wurde.— Infolge der Glätte kam in der StraßeAn der Stadtbahn die SV Jahre alte Wittwe Amalie Wiutlergeborene Roick zu Falle und zog sich einen Knöchelbruch am linke»Fuße zu. Sie wurde nach der Charitee gebracht.— Gegen Abendstürzte sich der 30jährige Maurer Karl Jepche in der Trunkenheitbei den Judenwiesen in die Spree, wurde jedoch von Schiffern ausdem Wasser gezogen und durch einen Polizei-Wachtmeister nach de»,Krankenhause Moabit gebracht.— In der Nacht zum 2. d. Mts.fiel der 48 Jahre alte Rollkutscher Ludwig Hausen ausdem Grundstücke Rungestr. 21 plötzlich von einem Wagen desBerliner Transport» Vereins und blieb bewußtlos liegen. Erwurde von einem anderen Kutscher nach der Sanilätswache,Grüner Weg 17, gebracht, wo er indessen bald darauf starb. Dader Arzt die Todesursache nicht feststellen konnte, wurde die Leichenach dem Schauhause geschafft.— Vor dem Hause Kochstr. 39 fielabends der 38 jährige Arbeiter Ernst Sill von einem vor einenKohlenwagen gespannten Pferde und zog sich«ine erhebliche Ver-letzitng am Kopfe zu. so daß er nach Anlegung eines Roth-Verbandes aus der Unfallstation I in die Charitee überführt werdenmußte._A«s de» Nachbarorte».Bei der gestrigen Stadtverordnetcn-Ersatzwahl für diedritte Abtheilung des ersten Wahlbezirks in Charlottenburgwurde bei nnr schwacher Betheiligung der Wahlberechtigten(etwa26 v. H.) der konservative Kandidat, Spediteur Wilhelm Langner,mit 336 Stimmen gewählt. Der liberale Kandidat, Rentner Kaping.erhielt 180, der sozialdemokratische Kandidat, SpediteurS ch a r n b e r g, 136 Stimmen.Zwei Burschen in Frauenkleider» sind Sonnabend Nachtin Schöneberg verhaftet worden, als sie gerade ihr HmiS in derGrunewaldstraße verlaffen und auf„Abenteuer' ausgehen wollten.Sie waren so gut verkleidet und so täuschend frisirt, daß es selbstbei hellen, Tage kaum möglich war. in ihnen Männer zu vermuthen.Ihre Absicht war der Polizei verrathen worden, wahrscheinlichwollten sie aus Taschendiebstähle ausgehen.Soziale Nechtspflege.Eine reifende Renteuquetsch Kommission beglückt seit längererZeit die Unfallverletzte» der Landwirlhschast Ostpreußens. Sienennt sich Aerzte-Revisionskommission und zu ihr gehören, wenn wirrecht unterrichtet sind, außer medizinischen Sachverständigen auchVorstandsmitglieder der landwirthschafllichen Bernfsgenossenschaft;es betheiligen sich bei ihrer„heilsamen' Thätigkeit sogarLandräthe. Sie ist ein wahrhafter Segen für die Ge-nossenschaflskafse. Ihre Gutachten, die Früchte ihrer„Revisions'»Reisen, sind meist so sunimarisch, daß sie eine kritischeWürdigung durch den Richter kaum erlauben. So be-wirken denn diese Gntachten, oft erst in der Revisionsinstanz,manchen wohlforniulirte» Beweisbeschluß. Ein wahres Glück insolchen Fällen, daß das Reichs-Versicherungsamt Rekurs- und nichtblos Revisionsgericht ist. Die Freunde seiner Herabdegradirung zurRevisionsinstanz mögen sich das hinter die Ohren schreiben.Durch ein Gutachten sondergleichen hätte die„Rentenquetsch-kommission auf Reisen" beinahe ein armes Mädchen um seine kärg-liehe Rente von 20 pCt. gebracht. Die Arme hatte sich durch einenlandwirthschaftlichen Betriebsunfall eine Beschränkung der BewegungS»kähigkeit der Muskel von Mastdarm und Blase zugezogen und er-hielt zuletzt die Rente in der angegebene» Höhe. Die Aerzte derRevisionskommission erklärten nun das Mädchen schlankweg fürarbeitssähig, indem sie hervorhoben, die Verletzte habe einen ein-stündigen Weg zurückgelegt, ohne Schmerze» zu spüren, und somit be-wiesen, daß die Schwäche im Bein nicht mehr vorhanden sei. Natur-lich entzog ihr die Berufsgenoffenschast alsbald die Rente und dasSchiedsgericht billigte dies. Es glaubte neben dem Gutachten auchnoch bei seinem Spruch berücksichtigen zu müssen, daß die KlägerinKluckert das Schneider» erlernen und, wie es sagte, sicherlich imstände wäre, sich baldigst mit der Schneiderei ihren Lebensunterhaltzu verdiene». Die Klägerin legte Rekurs ein und machte geltend.sie habe noch äußerst heftige Schmerzen, hauptsächlich beim Liege».Sie könne nicht gerade liegen, beim Sitzen habe siemehr Ruhe. Sie hätte die Schneiderei erlernen wollen.habe eS aber feit Entziehung der Rente aufgebenmüssen, denn sie könne sonst nichts verdienen und Mittelbesitze sie nicht.— Das Reichs- Versicherungsamthob das schiedsgerichtliche Urtheil aus und sprach der Klägerin die20pCt. der Vollrente wieder zu. Die Gründe, die Dr. Gerstel ver-kündete, sind recht bezeichnend— für die oftpreußische Rentenquetsch-Kommission. Die ärztlichen Gutachten ergäben keineswegs, daßdie Folgen des Unfalles wieder geHoven seien, daß alsodie Bewegungsfähigkeit der Muskeln des Mast-darms und der Blase wi«der voll hergestellt sei und daß dieSchmerzen an den fraglichen Körpertheilen aufgehört hätten. DieAerztekommission spreche vielmehr nur von einer Schwächedes Beines, die nicht mehr vorhanden sein solle. Dannhabe aber auch da? Schiedsgericht unrecht, wenn es die Erwerbs-sähigkeit der Klägerin daraus herleite, daß sie Schneidern lerne. Obsie dazu nach beendeter Lehre volle Erwerbefähigkeit besitze, dasmüßte dann doch erst erwiesen werden. Noch viel weniger liegedarin ein Beweis für iyre augenblickliche Erwerbsfähigkeit, woraufes doch bei der Rentenbemefsung oder Rentenherabsetznng und beiihrer Aufhebung allein ankomme. Und endlich lasse sich daraus, daßdie Klägerin eine Stunde lausen konnte, noch lange nicht eine voll-ständige Besserung des BeineS schließen.Gerichts"Rettung.Von der Firma Ehrman««. Tusimann, Unterwasserstr. 3,erhalten wir folgende Zuschrift: Auf Ihre Notiz in Nr. 2S:„Eineausgeglichene Beleidigung' habe ich Erhebungen angestellt und bitteich fönenden Feststellungen Raum zu geben. Meine Werkstälte be-steht aus einem einzigen großen Saal und sind von Beginn bisSchluß fortdauernd eine größere Anzahl Personen dort beschäftigt.Selbst zur Mittagspause befinden sich mehrere Näherinnen in demSaale, da es viele vorziehen, statt den weiten Weg nachtaus zu machen, ihr Essen im Hause sich zubereiten und iner Werkstätte zu verzehren. Eine Gelegenheit sich also garnichtbietet, bei welcher Herr R. Frl. W. allein antreffen könnte.Frl. W. ist übrigens seit 4 Monaten in Stellung bei mir, ohne daßsie sich jemals üoer irgend etwas beschwert hätte. 2. Frl. W. hatim Gegentheil sich stets überaus fleißig n»d interessut gezeigt, sodaß die Zusage, ihr ein Kleid zu schenken(aus England mitzubringen,ist ein Unding), sich wohl erkläre» läßt, aber aus andern Motiven, alsFrl. W. angegeben. 3. Die Arbeitsverhältnisse sind streng geregelt und.soweit es unter heutiger Produktionsweise zulässig, relativ günstig.Bei durchschnittlicher zehnstündiger Arbeitszeit(U eberstundenfinden niemals statt) verdienen bei normalem Betrieb dieNäherinnen 18-20 M. die Woche, auch habe ich selbst in der Hoch-saison, wo sonst sich nirgends Arbeiterinnen anbieten, Angebot vonguten Näherinnen, daß also die bei mir arbeitenden Damen voneiner Schinderei wohl nicht sprechen können. Im übrigen ist jedestets in der Lage, Beschwerden bei mir direkt anzubringen.>vasbisher noch nie geschehen ist.Eine„Millioneuerbschaft" wird morgen das Landgericht Ibeschäftigen. Es handelt sich nicht um den Nachlaß selbst, sondernum Legilimationspapiere, die zu einem Prozeß um einen Theil der..Millionenerbschaft" erforderlich sind. Die Erbschaft bildete derNachlaß eines im Jahre 1791 in Amsterdam verstorbenen sehr reiche»Mannes, Johann Konrad Brand, der unter gewissen Bedingungen dieeine Hälfte seines Vermögens seinen deutschen Verwandten testirthalle. In den sechziger Jahren versuchte der Buchbindermeister JohannKonrad Andreas Brandt zu Aschersleben durch Vermittelnng desHerrn Georg Douglas. deS Sohnes des dortigen Bürgermeisters undheutigen Grafen Douglas, seine Erbansprüche zu beweisen, und sollzu dem Zwecke durch seinen Schwiegersohn, den Portier Simon,Herrn Douglas die von ihn, znr Legitimation und zur Erhebungdes Erbtheils beigeschafften Papiere übergeben haben. Nun hateine Frau Timm als Miterbberechtigte gegen de» Grase» Douglasdie Zivilklage aus Heransgabe der Papiere angestrengt.Zur Stöcker- Affäre. Die„Post" schreibt: Zu dem Belei-digungsprozeß Witte-Slöcker hat heute vor dem ersuchten Richter,Amtsgerichtsrath v. Podewils, in einem Erniittelungsverfahren gegenden Schneidermeister Griincberg ein Nachspiel seinen lllnfanggenommen. Am ersten Verhandlungstage brachte der Vertreter desPfarrers Witte, Rechtsanwalt Lenzmann, das Tagebuch Grüne-berg's zur Sprache und zeigte dem Gerichtshofe das Buch.worauf Grüneberg empört aussprang und erklärte, daß ihm vonLeckert se». sein Tagebuch unterschlagen worden sei. Trotz allenProtestes seitens Grüneberg's wurde am Sonnabend, dem zweitenVerhandlnngStage. dem Zeugen Leckert sen. nach seiner Ver-nehmnng das Tagebuch ausgehändigt. Auf der Innenseitedes Deckels befinden sich vier Anmerkungen, ivelchs dasDatum von drei Briefen und einer Postkarte ausweisen, ansdenen das Berfügnngsrecht über das Tagebuch unzwei-deutig hervorgeht. Hiernach hatte Leckert jun. von Grünebergdie Erlaubniß erhalten, von dein Tagebuch in jeder Weise Gebrauchzu mache»; außerdem hatte es Grüneberg zum Verkauf angeboten.Demnach hatte Grüneberg's eigenhändige Notiz am Schlüsse desTagebuches, welche dahin lautete, daß der Inhalt niemals ver-öffentlicht werden dürste, auf Leckert junior keinen Bezug. DasTagebuch selbst wurde von Leckert senior erst nach der Verhaftungseines Sohnes im Dezbr. v. I. dem Pastor Witte zur Lektüre undInformation in seinem Beleidigungsprozesse überreicht. Die Brief-schaste», welche das Versügungsrecht dokumentiren, wurden heutevon Leckert sen. dem Untersuchungsrichter ausgehändigt. Dadurchsteht es jetzt schon fast zweifellos fest, daß in diesem Punktemindestens von Grüneberg nicht die reine Wahrheit ausgesagtwurde. Nach der eingehenden Vernehmung des Leckert sen. wurdeder ebenfalls als Zeuge geladene Pfarrer Witte vernommen, um be-züglich des Grüneberg'schen Tagebuches Auskunft zu geben, wieweit seine Berechtigung, Gebrauch von dem Tagebuche zu machen,gegangen sei.Tie Beamten-Eigenschast der städtischen Vureau-HilfS-arbeitcr. Vor der 9. Zivilkammer des Landgerichts I stand am26. Januar Schlußverhandlung in der Prozeßsache des TechnikersHesse gegen die Etadtgemeinde Berlin an. Dem Hesse war vor einerlängere» Reihe von Jahren seine Stellung von der Etadtgenieindegekündigt worden. Trotzdem er wiederholt nachträglich um Be-schäsligung gebeten, auch in einer an de» Oberpräsidenten gerichtetenBeschwerde seine Entlassung als gesetzlich unzulässig dezeichnet hatte,war eine Wiederanstellung nicht erfolgt. Auch die Stadtverordneten-Versammlung hatte die Gründe des Magistrats für die erfolgteKündigung des Hesse nicht als stichhaltig angesehen. Hessehat»»»mehr in der Klage das Gehalt zunächst für dasJahr 1891 nachgefordert und Zahlung von 2660 M. nebst Zinsensür dieses Jahr beansprucht. Die Stadtgemeinde bestritt dieBeamten-Eigenschast deS Hesse, trotzdem in der Dienstanweisung auS-drücklich gesagt war. daß er Beamter sei, auch in anderen Urkundenseine Beamtenstellung und die Pflichten seines Amtes betont und ihmdie Steuerprivilegien der Beamten zu theil geworden waren. DasGericht verurtheilte nach kurzer Berathnng die Stadtgemeinde zurZahlung von 2660 M. und Zinsen. Es hielt nicht für zweifelhaft,daß H. Beamter sei. Die von der Stadtgemeinde ausgesprocheneKündigung sei ungesetzlich und widerspreche der zwingendenVorschrift der Etädte-Ordnnng(ß 66, 6), nach welcher die städtischenBeamten lebenslänglich angestellt sind. H. wird ohne Zweifel nun-mehr auch für die iibngen Jahre daS Gehalt nachträglich einfordernund ein hübsches Kapital von der Stadt erhalten.Ein eigenartiger„Verleumd«ngS"-Prozest beschäftigtegestern die 138. Abtheilung des Amtsgerichts I, vor welcher derArbeiter Seyer ans der Anklagebank erschien. Der Angeklagte richteteam 23. November v. I. an seinen Kassenvorftand eine Eingabe,durch welche er den Tod eines Kindes anzeigte und fügte in dieserEingabe hinzu, daß bei dem vor einem Jahre erfolgten Tode einesanderen Kindes der praktische Arzt Dr. Leopold Hirschberg einenTodtenschein ausgestellt habe, ohne das verstorbene Kind gesehen zuhaben. Damit sollte er etwas Unwahres behauptet haben und es wurdegegen ihn Anklage erhoben. Der als Zeuge vernommene Dr. Hirsch-berg, der Antragsteller, kann sich auf Einzelheiten nicht mehr be-sinnen, er ist aber überzeugt, daß er das tobte Kind gesehe» hat.da er sonst wohl keinen Todtenschein ausgestellt habenwürde. Das widerspreche durchaus seinen sonstige» Gepflogen-heilen und dem was Vorschrift sei. Er habe, soviel er sichentsinnen könne, das betreffende Kind bis zwei Tage vor seinemTode behandelt, dann sei ein Kollege hinzugezogen worden. AlsHauptzeugin trat die jetzt 16jährige Tochter Bertha des Angeklagte»auf. Diese bekundete, das K,nd fei im Januar v. I., abends gegen9 Uhr gestorben; am nächsten Vormittage erschien Dr. Hirschbergin Abwesenheit ihrer Eltern. Als sie ihn zur Besichtigung derLeiche aufforderte, welche eine Treppe höher in einer leeren Woh-nung stand, soll Dr. Hirschberg erwidert habe»:„Ach, lassen Siedas arme Kind nur ruhig schlafen." Daraus habe er den Tobten-schein ausgefüllt und sich entfernt, ohne die Leiche gesehen zu haben.Sie hat von dem Borgange sofort einer Nachbarin Mittheilung ge-macht, noch ehe ihre Mutter zurückgekommen war. Die ebenfalls alsZeugin vernommene Nachbarin bestätigte das. Die Mutter hatspäter, wie die Bertha Seyer hinzufügt, auch noch andere Nachbarinnendavon erzählt und auch dem Dr. Wolff, der das Kind in den letztenzwei Tagen behandelte, in ihrer Empörung Mittheiluiig gemacht.Dieselbe Darstellung von der Sache gab der jüngere Bruder derBertha Seyer. Letztere wurde übrigens auf Gerichtsbeschluß ver-eidigt. Der Vorsitzende legte dem Dr. Hirschberg nahe, den Straf-antrag zurückzuziehen; dieser weigerte sich aber. Nach Schluß derBeweisausnahme beantragte der Staatsanwalt die Frei-sprechung des Angeklaglen und der Gerichtshof erkannte nachdem Antrage. Die behauplete Thatsache hat sich als wahr erwiese»und eS ist festgestellt, daß Dr. Hirschberg von feiner sonstigen Ge-pflogenheit in diesem Falle abgewichen ist.I« der Untersuchungssache wegen schwerer Urkunden-fälschnng bezüglich des falschen Einjährige« ist jetzt durch dasGeständrnß der beiden Hauptangeschuldigten das Verfahren soweitbeendet, daß die Hauptverhandlung zu der am 1. Märzd. I. beginnenden Schwurgerichts- Periode angesetztwerden soll.Di« irrige Auffassung eines««tsvorsteherS von demVegiunr der Verjährungsfrist wurde gestern durch das Schöffen-gerrcht am Amtsgericht II korrigirt. Aus dem Kompler derBrauerei Hohen-Schönhausen brannte am 9. September o. I. einSchuppen ab, welcher zum Auspichen der Bierfässer diente. Erstdurch diesen Brand erhielt der AmtSvorsteher Kenntniß von derExistenz de» Schuppens, der bereit? im Jahre 1894 erbaut worden war.und zwar ohne baupolizeiliche Genehmigung. Sofort erhielt der da-malige Direktor Bussebaum ein Strafmandat über 30 M., gegen welchesEinspruch erhoben wurde. Der Amtsvorsteher war der Ansicht, daßdie Verjährung so lange ruhe, als wie die Uebertretung fortgesetztwerde, dies sei bis zum 9. September 1896 geschehen, denn so langesei der Schuppen gebraucht worden. Das Schöffengericht schloß sichaber der Ansicht des Rmtsanwalls Schulz und des VertheidigersRechtsanwalt Steinschneider an, daß die Verjährung der Ueber-tretung mit der Gebrauchnahme eines ans grund einer Uebertretungerrichteten Bauwerks beginnt und daß somit die Sache längst ver-jährt sei. Das Strafmandat wurde daher aufgehoben.Eine» recht thörichten Brief richtete der 26jShrige Kauf-mann Hans Abraham im Oktober vorigen Jahres an diezweite Strafkammer des Landgerichts II. Es hatte kurz zuvor eineBeleidigungsklage zwischen Abrahams Braut und einem anderenMädchen stattaesunden, wobei die«rstere unterlegen war. Abrahamrichtete daraus an die zweite Strafkammer ein langes Schreiben,worin er das Urtheil in höchst absprechender Weise krilisirte undZweifel über die volle Zurechnungsfähigkeit der Richter durch-blicken ließ. Die Folge war. daß er eine Anklage wegen Beleidi-gung der betheiligten Richter erhielt. Im gestrigen Termine vorder»weiten Strafkammer deS Landgerichts I suchte der An-geschuldigte sich dadurch zu entlasten, daß er angab, den Brief unterdem Eindruck schwerer körperlicher Schmerzen geschrieben zn haben;außerdem habe er in Wahrung berechtigter Interessen gehandelt.Der Staatsanwalt wollte keinen dieser Einwände gelten lasse»,sondern beantragte bei der Schwere der Beleidigungen gegen denAngeklagten eine Gefängnißstrafe von drei Monaten. Der Gerichts-Hof nahm mit Rücksicht auf die Jugend und Unbescholtenheit desAngeklagten von der Erkennung auf eine Freiheitsstrafe Abstand,beinaß die Geldstrafe aber aus 300 Mark.Aus Bremerhaven wird vom 2. Februar berichtet: In Sachendes untergegangenen Lloyddampfers„Salier" erließ das Seeamrheute folgenden Spruch:„Der deutsche Schraubendampfer„Salier"ist in der Nacht vom 7. auf den 8. Dezember 1396 in der Nähevon Cap Corrnbedo an der spanischen Küste gestrandet und gänzlichverloren gegangen. Eämmtliche an Bord befindlichen Personen.66 Mann Besatzung und 214 Passagiere, haben beim Schiffbruch denTod gefunden. Die Ursache der Strandung, welche auf schweresunsichtiges Wetter und Stromversetzung zurückzuführen sein wird,ist nicht bestimmt festzustellen."Duellflegclei. Wegen Herausforderung zum Zweikampfe mittödllichen Waffen wurde von der Strafkammer zu Bromberg derahnarzt Dr. Klemisch zu einer Woche Festungshaft verurtheilt.er Verurtheilte halte den Zahnarzt Gugler, seinen früherenAssistenten, wegen Beleidigung aus Pistolen gefordert, letzterer hattejedoch die Forderung abgelehnt und der Staatsanwaltschaft Anzeigeerstattet. Ein als Karlellträger angeklagter Zahnarzt wurde frei-gesprochen._Versanttnlnngen.Eine stark besuchte Volksversammlung, einberufen von derKommission sür den Austritt aus der Landeskirche, fand am Montagin der Dennewitzstraße statt. Di« hierzu besonders eingeladenenPfarrer Naumann und Baltelina waren nicht erschienen.Dr. Bruno Wille sprach in einem etwa zweistündigen Vortragüber„Gedanken- und Gcniffenssreiheit'. An den Bortrag knüpftesich eine äußerst lebhaste Diskussion, die sich bis uachtS gegen1'/, Uhr hinzog, weil außer einem national-sozialen Redner auchdie Prediger E l s a s s e r von der Lukaskirche und Dr. H. L i s k osich betheiligten, während Klein, Ad. Hofsmann undG. Wagner den Standpunkt des Referenten vertraten.I« einer össcutlichc« Versammlung der Fabrik-Hilfsarbeiter- und Arbeiterinnen, die am Montag rm KolbergerSalon tagte, hielt ReichstagS-Abgeordneter Genosse Wurm einenVortrag über:„Die Arbeilerkämpfe der Gegenwart". Die rechtinteressanten Ausführungen deS Redners, der die Entwicklung derIndustrie und des Handels in eingehender Weise schilderte und dieArbeiterbewegung und deren Erfolge in den verschiedenen Läuderuvon ihre» Ansängen an beleuchtete, wurden mit lebhaflen Beifallausgenommen. Nach einer kurzen Diskussion, in der die Redner,gleich dem Referenten, die Nothwendigkelt der politischen und ge-werkschaftlichen Organisation betonten, gelangte eine Resolution zurAnnahme, die im Sinne de« Referats gehalten war.Unter„Verschiedenem" wurden Mißstände und die Lohnverhältnissein den Fabriken von vormals E.Schering und Hildebrandt u. Söhnebesprochen und dabei angeregt, in allen Fabriken Vertraueuspersonenzu bestimmen, die die vorhandenen Mißstände dem Vertrauensmannzur Kenntniß bringen und geeignete Maßnahmen zur Abschaffungderselben treffen. In ausführlicher Weise schildert« ein Redner ausLübeck die gegenwärtige Situation des Streiks bei Thiel u. Ko.in Lübeck. Nach diesen Ausführungen ist die Situation immerhinnoch ein« günstige, da sich von den alten Arbeitern bishererst sechs gefunden haben, welche die Arbeit wieder aufgenoinmenund die Streikbrecher, die von Agenten aus allen Himmelsrichtungenzusammengeholt wurden, keineswegs für die Dauer den an sie ge-stellten Anforderungen entsprechen. Die Wiedereinstellung der Aus-ständigen wird voraussichtlich spätestens am 1. März, nachdem dieFirma in eine Aktiengesellschaft umgewandelt ist, erfolgen. Zirka20 Jahre Gefänguiß sind bisher unter oft ganz absonderlichen Be,gründungen gegen Arbeiter ausgesprochen, die sich«in geringes Ver-?ehen zu schulden kommen ließen. Die nachfolgenden Rednerorderten zur materiellen Unterstützung der Streikenden auf.In der Versammlung der Gold- und Silberarbeiter, dieam 26. Januar tagte, berichiet« der Vorsitzende, daß in der Besteck-brauche die Prinzipale den alten Tarif weiter bezahlen, ohne daß eszur Arbeitseinstellung gekommen ist. Nach einem kurzen Bericht überdie Frequenz der Bibliothek wurden die Mitglieder Unruhe,Schubert, Suhrholdt und F r e i in die Bibliothekkommissiongewählt. Hierauf sprach Waldeck Manasse in einem beifälligaufgenommenen Vortrag über das Thema: Der Kampf umsDasein. Der Kassenbericht des Vereins weist im viertenQuartal«ine Einnahme vou 733,20 Mark und eine Ans-gab« von 642,66 M. aus. Der Bericht deS Arbeitsnachweises schließtmit einem recht zufriedenstellenden Resultat. Unter Verschiedenemmachte der Vorsitzende auf den Maskenball ausmerksam, der am27. Februar stattfindet. Es gelangte sodann ein Zeugniß zur Ver-lesung, das der Juwelier Lurch einem bei ihm in Stellung gewesenenArbeiter einhändigte. Die Beleidigungen, die dem Arbeiter hierzugefügt wurden, fanden in der Versammlung eine herbe Kritik undwurde dem Arbeiter empfohlen, den Klageweg zu beschreiten.Im Verband der Textilarbeiter(Filiale I) reserirte am26. Januar Dr. Pinn über das Thema: Geschichtslügen. Diehierauf vollzogene Wahl des Vorstandes ergab folgendes Resultat:Voigt, erster Vorsitzender; K o r», erster Kasstrer; Frl. H o f s m e i st e r,zweite Kassirerin. In die Fachkommisston wurde Frl. E i ch e r tdelegirt. Für die streikenden Weber in Tannhansen bewilligte dieVersammlung 10 M. und der Agitationskommission wurden 11,70 Vi.überwiesen. Für ein verunglücktes Mitglied sind bis jetzt 260 M.eingegangen..Die Dekateure(Filiale IU des Textilarbeiter- Verbandes)hatten am 26. Januar eine gut besuchte Mitglieder-Versammlunganberaumt, in der Karl Hübsch einen beifällig aufgenommeucnVortrag hielt. Unter Vereinsangelegenheiten gab der Kassirer denBericht vom vierten Quartal und hat die Filiale einenKassen- Bestand von 31,63 Mark zu verzeichnen. Sodannwurde beschlossen, daß sich die arbeitslosen Mitglieder vorwie nach im Nachweis in der Alten Jakob- Straß- Nr. 63bei Lenz einschreiben lassen müssen, um mindestens einmal tägliwdort Nachfrage zu hallen. Gleichzeitig macht der Kassirer bekauur,daß verschiedene Mitglieder Marke»«ntnonimen habe», ohne ihrenVerpflichtungen nachzukommen; auch diejenigen Vertrauensleute aus