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Die Wahl R o t h e r'S wurde dagegen nach dem Vor» schlage der Kommission für giltig erklärt, nachdem der Frei» sinnige K o p s ch in seiner Jungfernrede die Ungiltigkeits- Erklärung beantragt und begründet hatte. Das Haus trat hierauf in die Berathung deS Handels- Gesetzentwurfs ein. Die Debatte hielt sich heute auf fast rein juristischem Gebiete. Die Abgeordneten R o e r e n und von Strombeck sprachen für das Zentrum, Träger für die männliche und Krause für die weibliche Linie deS Freisinns, von de» Konservativen sprachen v. B u ch k a und G a m p. Die Redner nahmen ausnahmslos einen der Vorlage günstigen Standpunkt ein. Morgen 1 Uhr Fortsetzung und Erledigung einiger kleinerer Angelegenheiten, außerdem zweite Lesung der Kon- vertirungs-Vorlage. Der Kaiser hat auf einem Souper bei Herrn von Miquel wieder verschiedene politische Aeußerungen gethan. Er äußerte sich über die seiner Meinung nach dringend noth- wendige Flottenvermehrung und erläuterte hierbei den um ihn versammelten Parlamentariern eine von ihm selbst gefertigte Zusammenstellung der Entwickeluug der deutschen , französischen und russischen Kriegsflotte, bei der auch auf die Entwickelung der Handelsmarine bezug genommen wird. Um das hohe Ziel der Flottenvermehrung zu erreichen, empfahl der Kaiser eine Einigung der beiden konservativen Parteien mit den Nationalliberalen. Ein Vertreter dieser Parteien ließ dann Knackfuß-Bilder:Völker Europas, wahret Eure heiligsten Güter", vertheilen. Auch der Hafenarbeiter- Streik in Hamburg und die am Sonnabend dort vor- gekommenen Tumulte wurden vom Kaiser in der Unterhaltung besprochen; wie sich der Kaiser hierüber äußerte, wird nicht berichtet. Wir bezweifeln vorerst, daß die Einwirkung des Kaisers auf die Stellung des Reichstages über die Marinevorlage von dem von ihm gewünschten Einflüsse sein wird. Nach de«Hintermännern" wird nicht mehr gesucht das ist das praktische Ergebniß der Reichs- tags-Debatte über den Leckert-Lützow-Tausch- Skandal. Herr von Marschall hat das so deutlich erklärt, daß eine andere Deutung seiner Worte nicht möglich ist. Ebenso klar geht aus seinen Worten hervor, daß die Re- gierung die Hintermänner kennt woran keinen Augenblick zu zweifeln war. Ja, es ist für uns nicht dem leisesten Zweifel unterworfen, daß Herr von Marschall und seine Kol- legen in der Regierung über dieNebenregierungen" und die Hintermänner" nicht mehr wiflen, als sie vor dem Prozeß gewußt haben; vor dem Prozeß wußten sie eben schon alles. Der Prozeß war ein Schreckschuß, eine Warnung oder richtiger: er sollte es sein. Herr von Marschall wußte, als er den Prozeß einleitete, genau, wer hinter dem Gesindel stand, daS er vor die Schranken des Gerichts zog; und er wußte auch, daß er die richtigenHintermänner" nicht vor die Schranken des Gerichts ziehen konnte. Er verfolgte die altspartanische Taktik: Sklaven aus- zu peitschen, mn den Herren eine Lektion zugeben. Die t e r r e n stehen zu hoch, als daß Herr v. Marschall sie vor ericht auspeitschen könnte. Und deshalb wird nach den Hintermännern" nicht mehr gesucht und soll der Skandal im Sande verlaufen. Soll aber die öffentliche Meinung, soll daS deutsche Volk sich das gefallen lassen? Wäre eS nicht geradezu ein Schimpf für Deutschland , wenn jetzt, nachdem der Prozeß gegen Tausch eingeleitet'worden, zum Rückzug geblasen, und ein Schleier über die wahren Schuldigen gebreitet würde? An der Presse, und zwar an der Presse aller Parteien, mit einziger Aus- nähme derHintermänner" selbst und ihres Anhängsels an der Presse ist es, dafür zu sorgen, daß dieses Vertuschungs- spiel vereitelt werde. Die Versuche, eimge Herren, auf die der Verdacht sich lenkte, als ganz unbetheiligt hin- zustellen, mögen recht edelmüthig sein, entbehren aber zunächst jeder überzeugenden Kraft. Auf der anderen Seite hatte das Stottern des Grafen Bismarck eine so überzeugende Kraft, daß nach einer Seite hin wenigstens auch der höchsten Vertrauensseligkeit die Schuppen von den Augen gefallen sein müssen. Wir warten den weiteren Verlaus ver D«nge ab und werden das unsrige thun, um zu verhindern, daß die Enthüllungen des Leckert- von Lützow-Prozesses durch einen sarblosen von Tausch- Prozeß ausgelöscht und aus dem Gedächtniß der Menschen ge» wischt werden. Die Hintermänner dürfen und sollen der Blendlaterne nicht entgehen, die ihnen ins Gesicht leuchtet. Wer zu denHintermännern" gehört, der hat sich in der Reichstags-Debatte gemeldet; und es ist eine gar traurige Rolle, welche die T ä u s ch l i n g e bei dieser Gelegenheit gespielt haben. Graf Mirbach namentlich, der nebst dem holländisch-semitischen Kreuzzeitungs-Graf Limburg-Stirum die Führung in der Unglücksschlacht hatte, ist so schlecht weg- gekommen, daß das Gerücht, er wolle sein Reichstags-Mandat niederlegen, keineswegs unglaubhaft erscheint. Die Situation auf Kreta wird von Tag zu Tag gefahr- drohender, nicht nur für die Entivicktung Kretas , sondern auch für die Erhaltung des europäischen Friedens. Kriegsschiffe aller Groß- mächte kreuzen an den kretenstschen Küsten und ihnen hat sich der größte Theil der Marine Griechenlands zugesellt. Griechenland spielt eine zweideutige Politik, es sucht nach Konflikten und setzt alles daran, selbst auf die Gefahr hin. einen Weltbrand heraufzubeschwören, Kreta für sich zu gewinnen. Die griechischen Schiffe haben gleich bei ihrer Ankunft vor Kreta die Admirale und Offiziere der türkischen Schiffe be- leidigt, indem sie den üblichen Flaggensalut unterließen. Die Pforte hat sich amtlich über die schroffe Haltung der griechischen Regierung beklagt. Das griechische Amtsblatt publizirt ein königliches Dekret, durch welches die gesammte Kriegs» flotte in Dienst gestellt wird, und weitere Schiffe nach Kreta be- ordert werden. Die Proklamation von der Vereinigung Kretas mit Griechenland bestätigt sich. Aus Heraklio und Relhymo einlangende Berichte melden sortdauernde Plünderungen seitens der von den Be- Hörden unterstützten muselmännischen Bevölkerung. Die Ortschaften Nerkure und Porivolia find eingeäschert. Ein großer Theil der christlichen Bevölkerung ist auf die Kriegsschiffe gebracht worden. Aus Athen wird telegraphirt: Außerhalb KaneaS dauert der Kampf fort. Die Christen außerhalb Kaneas sollen die griechische Flagge gehißt und die Vereinigung mit Griechenland proklamirt haben. Eine provisorische Regierung solle in Bildung begriffen sein. Die meisten Stadttheile, in denen Christen wohnen, sind verödet, ein Haufe von Trümmern liegt umher. An Bord desMikali" sind 67 Flüchtlinge, unter ihnen zwei Bischöfe. Einem Gerücht zufolge stehen in Saloniki 3000 türkische Soldaten zur Einschiffung»ach Kreta bereit; doch sollen sich die SchifffahrtS - Gesellschaften geweigert habe», dieselben zu transportire», wenn die Kosten dafür nicht vorausbezahlt würden. Nach einer Meldung derTimes" aus K a n e a von vorgestern ist die Stadt jetzt ausschließlich von eingeborenen Mohamedanern und türkischen Soldaten bewohnt. Die neu gebildete Gensdarmerie kann unter den gegenwärtigen Umständen nur wenig thun, um die Ordnung wiederherzustellen. Im englischen Unterhause widerlegte Curzon die Ge- rüchte von Metzeleien in Kanea und führt des weiteren aus, daS Feuer in Kanea sei von den fremden Kriegsschiffen mit Unterstützung der christlichen und muselmännischen Bevölkerung gelöscht worden; der Waflenuangel sei groß gewesen; die türkischen Truppen sollen sich musterhaft benommen haben, es sei nicht geplündert worden. Nach Berichten von heute früh sei das Feuer vollständig gelöscht. Fast 200 Häuser und große Oelspeicher seien nieder- gebrannt. Ueber SOVV Flüchtling« hätten sich eingeschifft. Das Feuer um Kanea habe aufgehört. In Kandia seien Gewehre aus dem Arsenal von den Muselmaunen genommen worden; allein nach den neuesten Nachrichten herrsch« jetzt in der Stadt Ruhe. Bon Malta gingen sechs britische Kriegsschiffe nach den kretenstschen Ge- wässern ab. Deutsches Reich . Die Nachwahl für den Reichstag im Wahlkreise L i e b e n w e r d a- T o r g a n für den am 12. v. M. verstorbenen Abgeordneten Stephan(Reichspartei) findet am 24. März statt, so daß der Wahlkreis 21/j Monate unbesetzt bleiben wird. ZurHandwerks-Gesetzgebung. Dem Bundes- rathe ist jetzt der revidirte und abgeänderte Entwurf eines Gesetzes zur Organisation des Handwerks zugegangen in der Fassung, die er infolge der Beralhungen der Ausschüsse für Handel und Verkehr und Justizwesen erhalten hat. Er ist ein offensichtliches Verlegen- heitsprodukt. DieFranks. Ztg." weiß ans dem Jnhalte des Ent- wnrfes folgendes mit kritischen Bemerkungen mitzutheilen: Die beiden wichtigsten Aenderungen, die man vorgenommen hat, sind, daß man die Zwangsrnnung als Prinzip hat fallen lassen und den Handwerks-Ausschuß voll- st ä n d i g beseitigte. Ueber die Möglichkeit der Jnnungsbildung heißt es:Die, die ein Gewerbe selbständig betreiben, können zur Förderung der gemeinsamen gewerblichen Interessen zu einer Innung znsaiilnientrcten."(§ 8l des Entw.) Die Innungen behalten die Rechte der juristischen Person, die Aufgaben, di« zu erfüllen sie ver- pflichtet und berechtigt find, haben keine Aenderung erfahren, und so ist unter den Befugnissen auch fernerhin die Bildung von Schiedsgerichten stehen geblieben. Der G e s e l l e n a u s s ch u ß ist beibehalten worden. Man will den Versuch mit freiwilligen Zwangsinnungen machen, wenn mau sie so bezeichnen darf, indem die Zwangsinnungauf den Antrag Betheiligter eingerichtet wird, wenn 1. die Mehrheit der betheiligten Geiverbetreibenden der Einführung des Beitritts- zwauaes zustimmt; 2. der Bezirk der Innung so abgegrenzt ist, daß kein Mitglied durch die Entfernung seines Wohnorts vom Eitze der Jnnnng behindert wird, am Genoffenschaftsleben theilzunehmen und die Jnnungseinrichtungen zu benutzen: und 3. die Zahl der im Be- zirke vorhandenen betheiligten Handwerker zur Bildung einer leistungsfähigen Innung ausreicht." Die Handwerker, die in landwirthschaftlichen oder gewerblichen Betrieben gegen Entgelt beschäftigt sind und der Regel nach Lehr- linge oder Gesellen halten, find beitrittspflichtig; die, die ein Ge- werbe fabrikmäßig betreiben, sind beitrittsberechtlgt ebenso wie alle andere», denen der Z 80c des ersten Entivurfes die Beitrittsberech- tigung zugesprochen hat(Werkmeister, frühere Gewerbetreibende k.). Eur diese Zwangsinnnuge» entfällt natürlich die Möglichkeit der inrichtung gemeinschaftlicher Geschäftsbetriebe. An den Bestimmungen über die Jnnungsausschüsse und Jnnungs- verbände ist nichts Wesentliches geändert worden, dagegen mußte man die Konstltuiruug der Handwerkskammern nach dem Weg- fallen der Handwerks- Ausschüsse in anderer Weise festsetzen. Der§ 91 des ersten Entwurfes,zur Vertretung der Interessen des Handwerks ihres Bezirks sind Handwerkskammern zu errichten", hat auf Antrag von Wüttemberg folgenden Zusatz erhalten:Die Er- richtung der Kammern erfolgt durch eine Verfügung der Landes- Zentralbehörde, in der der Bezirk der Handwerkskammern zu be­stimmen ist. Dabei kann die Bildung von Abtheilungeu für einzeln« Theile des Bezirks oder für Gewerbegruppen angeordnet werden." Die Wahlberechtigten zu diesen Handwerkskammern sollen folgende Korporationen sein(Z 103a des rev. Entwurfs): Die Mit- glieder der Kammer werden gewählt aus I. den Hand- iverker- Innungen, die im Bezirk der Handwerkskammer ihren Sitz haben, auS der Zahl der Funuugsmitglieder; 2. von den Gewerbcvereinen und sonstigen Vereinigungen, die die Förderung der gewerblichen Interessen des Handwerks verfolgen, mindestens zur Hälfte ihrer Mitglieder aus Handiverkern bestehen und im Bezirks der Handwerkskammer ihren Sitz habe», aus der Zahl ihrer Mitglieder, soweit denselben nach den Bestimmungen dieses Gesetzes die Wählbarkeit zusteht. Mitglieder, welche einer Innung angehören oder nicht Handwerker sind, dürfen an der Wahl nicht betheiligt sein." Die Wahlen zur Handwerkskalnmer er- folgen auf 6 Jahre; alle drei Jahre scheidet d>e Hälfte aus. Die Schwächen dieses Wahlverfahrens liegen auf der Hand. Ein Theil der Handwerker hat danach kein Wahlrecht, wobei die Nichtberechtigung aber nicht etwa bei der Wahl zur Handels- kammer vom Umfange seines Gewerbetriebes bestimmt wird. sondern von der zufälligen oder gezwungenen Nichtzugehörigkeit zu einer der genannten Korporationen. Ferner ist zu bedenken, daß gewerbliche Vereine sich sehr leicht ohne weiteres auflösen können, ebenso wie die auf freiwilligem Zusammenschlüsse oder aus Beitritts- zwang beruhenden Innungen, denn auch diese können ans Beschluß einer Zweidrittel-Mehrheit aufgehoben werden. Treten solche Fälle aber ern, so verliert jedesmal ein Theil des Handwerks feine Wahl- berechtigung. Beitragspflichtig zu den Kosten der Handwerkskammern aber ist jeder Handwerker. Der Gesellenausschuß bei der Handwerkskammer ist beseitigt worden. Der Reaierungskommiffar soll auch nach dem neuen Ent- würfe bei der Thätigkeit der Kammer fuugire». Die Handwerks- kammer erhält ebenfalls die Rechte der juristischen Person. Ebenso, wie die Innungen befugt sein sollen, durch Beauftragte eine Handwerks- Inspektion auszuüben, die sich aus Einrichtung der Vetriebsräume und Unterkunftsräume für die Lehrlinge bezieht, soll dies Recht auch der Kammer vorbehalten sein. Warum man den Aufgabenkreis für diese Inspektion so eng gezogen und vor allein nicht auch die Gesellenversorgung in bezug auf Wohnung ec. in ihren Rahmen ein­gefügt hat, ist nicht einzuseheu. Um die Existenz der schon bestehen- den Gewerbevertretungen nicht zu gefährden, ist der§ 93a des ersten Entwurfes übernommen, wonach die Landeszentralbehörde» der Staaten, in denen schon Gewerbekammer» oder Handels-'und Geiverbekammern bestehen zur Vertretung des Handwerks, diesen Körperschaften die Wahrnehmung der Rechte und Pflichte» der Handwerkskammern übertragen können. Die Theile des Gesetzentwurfes, di« von den Lehrlingsverhält- nissen und besonderen Bestimmungen für die Handwerker, sowie vom Meistertitel handeln, haben wesentliche Aenderungen nicht er- 'ahren. Reine Bourgeoispolitik, aber nur solche dürfen die Professoren treiben. DieBerliner Politischen Nachrichten" chreiben: Eine eigenthümliche Erscheinung unserer Zeit ist der zu- nehmende Drang der an unseren Hochschulen lehrenden Männer der Wissenschaft, praktisch in die Verhältnisse unseres Lebens ein- zugreifen. Und zwar ist es vornehmlich daS Gebiet der Sozialpolitik, auf welchem sich dieser Drang be- thätigt.... Auch die geplante Einrichtung volks- thümlicher Hochschul- Kurse hängt augenscheinlich mit diesem Bestreben, Einfluß� auf die Gestaltung des politischen Lebens zu gewinnen und zu üben, zusammen; jene Kurse sind dazu bestimmt, den Männern der Wissenschaft eine besser« Operationsbasis für jene Bestrebungen zu gewinnen. Di« Er- sahrungen. welche Deutschland mit«in er starken Betheiligung der Profesforen an unseren Hochschulen auf dem Gebiete der praktischen Politik gemacht hat. sind nicht allzu günstige; es genügt in dieser Hinsicht, an die Frankfurter PaulSkirche zu erinnern. Mag aber auch immer etwaS' Verwirrung dadurch in unreifen Köpfen angerichtet werden, so wird doch der Staat durch das jetzige Heraustreten zahlreicher Professoren auf das Gebiet praktischer Politik, insbesondere prak- tischer Sozialpolitik, schwerlich ernstlichen Schaden leiden. Wohl aber droht der Wissenschaft und ihrer Lehre� an unseren Hochschulen davon ernste Schädigung, und es! wird eme wichtige und schwierige Aufgabe der Unter- richls-Verwaltung sein, einer solchen Gefährdung unserer Hochschulen in ihrer Eigenschaft als Pflegestätten der Wissenschaft durch ihre berufenen Träger selbst wirksam vorzubeugen. Zur Lösung dieser, bei der Natur unserer Hoch- schulen und Professorenstellungen mit ganz besonderen Schwierig- leiten verbundenen Aufgabe wird die Unterrichtsverwaltung aber nur dann im stände sein, wenn sie auch in der Landesvertretung die nöthige Stütze findet. Der Gesichtspunkt, daß der Unter- richts- Verwaltung in dieser Hinsicht der Rücken zu decken ist,»vfcd auch bei der Benrtheilung und Behandlung der Vorschläge wegen a uderweiter Regelung des Einkommens der Professoren an den Hochschulen nicht unberücksichtigt bleiben dürfen." Also den Brotkorb höher hänge», das Schreckensgespenst der Revolution vorführen, dabei Phrasen dreschen von den Gefahren, die der Wissenschaft und ihrer Lehre drohen, das soll dazu führen, daß die paar Universitätslehrer, die in der Sozialpolitik des Königs Stumm nicht mehr der Weisheit letztes Wort sehen, nicht mehr ihre Sludir- stuben verlassen. Die Herren Adolf Wagner . Gregory, Herkner sollen keine Politik mehr treiben dürfen, aber gegen das viel wüstere Politisiren der Professoren Friedberg , Paasche, Hinschius , Treitschke , Eichhorn haben diese Schützer der Wissenschaft und ihrer Lehre garnichts einzuwenden. Ein Marine-Enthufiast war der Gxrechercheur des Berliner Tageblatts" und der Kollege der Achtgroschenjungen, Herr Gingold Staerk. Er verfaßte fast unzweifelhaft im anit- lichen Auftrage, die im Militärverlage der königlichen Hofbuchdruckerei und Hofbnchhaudlung unler dem Pseudonymein Reichs- freund" erschienene SchriftFort mit unserer Marine". DieVerl . Ztg." schreibt über diese Broschüre: Mit einem Feuereifer, der jedem Patrioten das Herz höher schlagen ließ, wurde in dieser Schrift für die Vergrößerung der deutschen Flotte die Trommel gerührt. Zum Schluß hieß eS mit wuchtiger Kraft: Entweder wir bewilligen das, waS die verbündeten Re­gierungen zur Verstärkung der Marine für durchaus nöthig erachten. oder aber wir bewilligen es nicht, dann hat die Marine in ihrem heutigen unzulänglichen Zustande keinen Werth für uns, dann darf der Reichstag auch weiter keinen Pfennig für sie bewilligen, dann müssen wir eben darauf ver- zichten, Deutschlands Ansehen, Deutschlands Handel zu er- höhen und zu erweitern, dann ist«S besser; Fort mit unserer Marine! Ueber die Person deS Verfassers munkelte man allerlei. Einige verstiegen sich in die höchsten Höhen. Heute, wo neue Marineforderungen vor der Thür stehen. entschließt sich di« Berlagshandlung vielleicht zu einem Reudruck. Möge sie dann aber auch den Verfasser nicht ferner ungenannt lassen." Eine sonderbare Aufforderung erhielt dieser Tage eine Anzahl Laubaner Wirthe seitens der dortigen Polizei- Verwaltung. Sie wurden nämlich aufgefordert, eine Lrste der von ihnen geführten Weine nebst Preis« angab« und Bezugsquelle eiuzureichen. DaSLaubaner Tageblatt" bemerkt hierzu richtig:Mit welchem Recht und zu welchem Zweck dieses Ansinnen an die Wirthe gestellt wurde, ist diesen und auch uns vollständig unerfindlich." Wer mein Monocle beleidigt, beleidigt mich!" Laut derAachener Post" hat das Ministerium daS auf Versetzung in gleicher Eigenschaft lautende Urtheil der Disziplinar­kammer der hiesigen königt. Regierung gegen den Kriminal- komniissar Grams von hier aufgehoben uud die Sache an eine höhere Instanz zur Aburtheilung überwiesen. Grams hatte bekanntlich nach demFall Brüsewitz " im Restaurant Wiertz hier- selbst Streit mit den Gästen bekommen und Ausschreitungen be­gangen. Er soll dabei gedroht haben:Wer mein Monocle be- leidigt, beleidigt mich." Das Ministerium hat das Urtheil auf- geHoven, weil die Disziplinarkammer die erschwerenden Momente unberücksichtigt gelassen hatte. Dieverbesserte" schwarze Liste. Die schwarzen Listen, von denen wiederholt schon Muster veröffentlicht werden konnten, haben, wie es scheint, eine zeitgemäße Erweiterung er- fahren. Dafür dürfte nachstehendes interessantes Schriftstück, das ein freundlicher Zufall auf den Redaktionstisch derMünchener Post" legt, den hinreichenden Beweis erbringen. Der Magistrat der k. bayer Stadt Passau. Passau , 24. September 1894. Betreff: Verhalte» des Schneider- gehilfen R..... K..... Wir beehre» uns in der Sache ausgesetzten Beteff« ganz er« gebenst mitzutheilen, daß Rubrikat seit 6. Juli 1392 hier in Aufenthalt gemeldet und außer einer Haststrafe von drei Tagen wegen nächtlicher Ruhestörung noch unbestraft ist. Was seine politische Gesinnung anlangt, so muß konstatirt werden, daß derselbe Angehöriger der Sozialdemokratie ist und als solcher regelmäßig die treffenden Versammkingen besucht. Als Redner ist er indeß noch nicht aufgetreten, wie er sich auch so»» noch nicht agitatorisch uud als besonderer Fanatiker der sozialisti- schen Ideen gezeigt hat. Seit 11. Juni l. I. ist er Jnnsiadt 101, also im Hause des Peter Holl, in Wohnung gemeldet. Stadtmagistrat. Muggenthaler. An daS Kommando dar k. 3. Kom- pagnie 16. Jnf.-Regts. hier. Die württembergischen Nationalliberalen unddieBerfassungsdurchsicht. Die gut besuchte Landes- Versammlung der deutschen Partei, wie sich in Württemberg die Nationalliberalen verschämt nennen, nahm eine Resoluliou an. welche die Umgestaltung der Kammer in eine reine Volkskammer fordert. Ferner wird di« Kammerfraktion ersucht, die Regierung zu bitten, bei der Versassungsrevision von der Proportional- mahl abzusehen. Sollt« die Regierung oder die Kammer- Majorität auf der Proporlionalwahl deHarren, so mögen die deutsch - parteilichen Abgeordneten die Abstimmung davon abhangig machen. ob die zu erreichend« Zusammensetzung des Landtages den d e- rechten Wünschen deS Volkes(!) und den Bedürfnissen des Landes entspricht. Oh. ob sie den Nationalliberalen SluSsicht bietet, doch noch einmal zu einer parlamentarischen Mehrheit»» ge- langen. Donaueschingeu, 8. Februar. Für die Stichwahl im zweiten badischen Reichstags- Wahlkreise hat die konservative Parteileitung einen Aufruf zu gunsten des Zentrums- Kandidaten Schüler er- lassen. Schweiz . Bei der Ersatzwahl für den Regier ungs. r a t h erhielt Haab(liberal) 24 448. Lutz(Demokral) 19 132 und Ernst(Sozialdemokrat) IS 483 Stimmen. Diese hohe Stimmeiizahl auf unseren Kandidaten ist einer der größten Erfolge unserer Partei in der Schweiz. R«hla«d. Exporterleichterungen. Mit dem 12. Fibruar tritt«in neuer, herabgesetzter Tarif für alle russischen Bahneu für daS zum Export über Libau , Riga und Reval nach dem Anslande bestimmte Mehl in kraft. Rusfifizirnngsmaßregel. Die Gesehsaiinnliing für Finland veröffentlicht einen kaiserlichen Ukas. welcher verfügl. daß im Großfürstenthuin Finland in Zukunft bei allen G-Iegcn-