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Sonntag, den 24. August 1890.
7. Jahrg.
Berliner Volksblatt.
Organ für die Interessen der Arbeiter.
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ericheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin frei in's Saus vierteljährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mart, wöchentlich 28 Pf. Einzelne Nummer 5 Pf. Sonntags- Nummer mit dem„ Sonntags- Blatt" 10 Pf. Postabonnement 3,30 Mark pro Quartal. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1890 unter Nr. 892, V. Nachtrag.) Unter Kreuzband, täglig burch die Erpedition, für Deutschland und Desterreich- Ungarn
2 Mark, für das übrige Ausland 3 Mark pro Monat.
Redaktion: Beuthrake 2.
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Insertionsgebühr
beträgt für die 5 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf., für Vereins- und Versammlunge Anzeigen 20 Pf. Inserate werden bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., Beuthstraße 3, sowie von allen Annoncen- Bureaur, ohne Erhöhung des Preises, angenommen. Die Expedition ist an Wochentagen bis 1 Uhr Mittags und von 3-7 Uhr Nachmittags, an Sonn- und Festtagen bis 9 1hr Vormittags geöffnet. Fernsprecher: Amt VI. Nr. 4106.
Expedition: Beuthstraße 3.
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Das Prinzip der Entsagung nimmt sich in unserer überhaupt das sei um der Wahrheit willen betont lebendigen Welt aus, wie ein Einsiedler des dritten Jahr- aber sie meinen, es wären der Feste zu viele und es sei hunderts aus der egyptischen Wüste bei einem modernen übertrieben, wenn an jedem Sonntag, etwas los" Tanzvergnügen. sei. Warum soll den Arbeitern denn ihr harmloses Ver
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In sämmtlichen ultramontanen Blättern befand sich Tanzvergnügen da sind wir gerade beim richtigen gnügen verkümmert werden? Sollen sie zu Hause sitzen dieser Tage eine Unpreisung der bekannten Schrift des Begriff. Wie eine Erläuterung der christlich- sozialen Idee und Trübsal blasen? Sie wollen am Sonntag mit ihren en, bberstorbenen Bischofs von Mainz , Freiherrn von Ketteler und Windthorst ging soeben durch die ultra- Genossen zusammen sein und wollen mit ihnen GedankenDie Arbeiterfrage und das Chriſten montane Presse eine Mahnung an die Arbeiter, doch austausch halten über Freud und Leid; sie wollen die thum." Die Schrift des christlich- sozialen Bischofs ist nicht so viele Feste zu feiern. Im frommen Trübsal der Woche einen Augenblick vergessen! Wer ihnen schon oft besprochen und auch seinerzeit von Lassalle Eifer kommt man sogar so weit, sich darüber aufzuhalten, das vergönnen mag, der hat nie ein Herz für unser Volk rwähnt worden, so daß nichts neues über dieselbe zu daß die Gastwirthe Säle bauen und sogar über die Eisen- gehabt. fagen bleibt; der neuesten Auflage geht indessen ein Vor- bahnen beschweren sich die frommen Herren, weil sie die Umgekehrt sehen wir auch nicht, daß die Führer wort von Dr. Windthorst voran, in welchem zum Theilnahme an den Arbeiterfesten erleichtern. der Christlich- Sozialen in der Entsagung und Trübfeligkeit hunderttausendsten Male gesagt wird, daß die Arbeiter-| Die Sucht zu genießen" habe zu sehr unter vorangehen. frage mur durch die katholische Kirche zur Lösung zu den Arbeitern überhand genommen, wird diesen vorbringen sei. Man hätte von Herrn Windthorst doch wohl| So ist's bei den Christlich- Sozialen katholischer Konetwas anderes erwarten dürfen, denn er ist ein geistreicher| geworfen. fession; so ist's auch bei den Christlich- Sozialen proMann; aber mit solch abgedroschenem Sazze kann nicht Sen Anzeigen der Arbeiterblätter eine Anzahl von Fest- zu sprechen, denn sie sind Konkurrenten, aber beide Man weiß, daß es seit einiger Zeit Brauch ist, aus testantischer Konfession. Beide sind schlecht auf einander denn der modern denkende Mensch. einmal der gläubige Katholik etwas anfangen, geschweige lichkeiten, Tanzvergnügen, Ausflügen und Versammlungen wollen den Arbeiter durch die Entsagung selig machen. Wenn die Herren zusammenzustellen und dies als einen Beweis aufzuführen, Wie kränklich und übernächtig sich diese Anschauung uns nur einmal fagen wollten, wie durch den Glauben daß die Beschwerden der Arbeiter über ihre gedrückte Lage ausnimmt in dem frischen und geschäftigen Leben unserer und die christlichen Lehren die tausend und abertausend doch nicht begründet seien. Zeit! Nein, die Menschen sollen nicht auf den Stand der Arbeiter beim Kampf ums Dasein in den Weg stellen! Die Arbeiterforderungen denken. Schwierigkeiten überwunden werden sollen, die sich dem Wir können uns keinen kläglicheren Einwand gegen Wüstenpropheten und Einsiedler von ehemals hinabgedrückt werden, denn zu den gänzlich überwundenen StandAber je klarer man auf der einen Seite erkennt, daß„ Saure Wochen frohe Feste!" hat punkten gehört auch die verdammte Bedürfnißgroßen gesellschaftlichen Uebel nur durch weitgreifende Goethe gesagt und der Philister, der sich mit strenger losigkeit." gesetzgeberische Maßnahmen und gesellschaftliche Umgestal- Arbeit wenig zu plagen hat, will doch dafür seinen Lohn tungen auf dem Wege der Entwicklung beseitigt werden haben und gönnt sich am Sonntag sein frohes Fest". förmen, um um so zäher und eigensinniger beharren Aber dem Arbeiter, der doch wahrhaft, saure Wochen" hat, die Windthorst und Genossen auf der Illusion, die Härten gönnt er solches nicht. Und doch ist das, was die Arbeiter des Daseins könnten abgeschliffen werden durch geduldige Feste nennen, so bescheiden, daß der„ behäbige Bürger" Bukarest , den 21. August. In dem Schooße der jungen Ergebung und Entsagung und durch sestes Verlassen auf sicherlich nicht damit zufrieden sein, sondern sich höch- rumänischen Arbeiterpartei sind seit einigen Wochen heftige einer Streitigkeiten ausgebrochen, welche dem Ansehen derselben eine Belohnung in einem anderen Leben für die im lichst beklagen würde, wollte man ihm zumuthen, zu einer nicht gerade förderlich sind. Der Grund liege darin, daß einzelne Dieffeits bewährten Tugenden. Wir feinden Niemanden solchen Gelegenheit nur seine Festlaune mitzubringen. Ein der bisherigen Führer, die aus der bürgerlich- radikalen Partei um solcher Ueberzeugung willen persönlich an, aber wir Arbeiterfest, wie bescheiden! 20, 25, 30 Pfennig Entree, hervorgegangen sind, mit dieser stets noch Anknüpfungspunkte bekämpfen es, wenn die Ansicht verbreitet wird, als sei dann einfache Speisen und Getränke, ein Glas Bier und suchen und finden, die aber von den überzeugteren Sozialisten auf diesem Wege die Menschheit von den sozialen Uebeln ein belegtes Beot, selten etwas Warmes, dann als Fest- eine recht gehorsame konservativ- nationalliberale Majorität, sodaß u erlösen. Glend bleibt Elend und bringt den Menschen genüsse einige Musikstücke, ein Tänzchen, eine Festrede von die Opposition nur wenig Aussichten hat, in absehbarer Zeit törperlich und geistig hinab; davor kann ihn kein Glaubens- einem bekannten Genossen und Vorträge, komische und wieder zu einer einflußreichen Stellung zu gelangen. Deshalb richten bekenntniß schüßen. Die Anschauungen der Windthorst ernste Deklamationen von Arbeitern, die zur Unter- fich die Blicke der Oppositionsführer nach der Arbeiterklasse, und und Genossen wurzeln tief im Mittelalter. Es kommt haltung ihrer Freunde beitragen wollen! Hier und sie werden plöslich" Sozialreformer", obgleich sie noch vor einem halben Jahre für die ganze Arbeiterfrage nur ein mitleidiges uns immer vor, als sei ihnen das mönchische Leben und da noch eine kleine Verloosung für einen wohl- Lächeln übrig gehabt hatten. Jetzt dagegen begegnet man in den Einsiedlerwesen die oberste Lösung der sozialen Probleme. thätigen oder idealen Zweck! Verdorren möge die Hand, Spalten ihrer Organe langen Abhandlungen, welche zu beweisen In der That waren für die Einsiedler alle sozialen möchten wir mit Börne sagen, die es wagt, auf suchen, daß auch in Numänien etwas für die Arbeiter gethan Probleme gelöst; die Idee der Entsagung war bei ihnen diese bescheidenen und einfachen Vergnügungen einen Stein die Arbeiter im Allgemeinen wäre, so bedentlich ist sie doch so stark geworden, daß sie zum Lebensunterhalt nur be- zu werfen! das Muckerthum hat es schon mehr als ein- auch in der Hinsicht, daß sich nun Politiker an sie durften, was sie am Wege fanden. Aber auf Eremiten mal gethan und drum strafen sich die Arbeiter, die sich herandrängen, und Mönche läßt sich keine Staatsgemeinschaft begründen zum Muckerthum bekennen es sind nicht allzuviele Tendenzen nach nur wenig mit den Arbeitern zu thun und mit ihnen kann fein gesellschaftlicher Organismus be- selber. haben. Hierin liegt denn auch der Grund, daß in den Sigungen des Bukarester Arbeitervereins seit Wochen lebt werden; das wird auch Herr Windthorst zugeben. Die Christlich- Sozialen eifern nicht gegen die Feste die Streitereien nicht aufgehört haben, die leider manchmal einen
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Rorrespondenzen.
zurückgewiesen werden. Gegenwärtig verfügt die Regierung über
werden müßte. So erfreulich diese Thatsache nun auch für
Die ihrer ganzen Stellung und ihren
Was soll nun aus Euch werden, wenn ich nicht mehr sie starb ohne es ausgesprochen zu haben, auf was ihr Vater bin? Du hast freilich große Hoffnungen, aber wer verzichten sollte. weiß, wenn sich diese verwirklichen. Die Erfolge können
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noch lange ausbleiben und wovon wollt Ihr inzwischen Die pp. Delobelle ist todt, Herr Kommissar. Hatte letzen, aber bei Deinem Verstande würde es Dir leicht sein wollen? sicher würde auch Herr Nisler
Leben? Sie lieber Bater... ich will Dich nicht ver- sie es Ihnen nicht versprochen, es nicht wiederthun zu
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Die kleine Lahme ist todt. Das ist das Neueste im Der Schauspieler verstand sie nicht; er sah ste erstaunt Stadtviertel und eine allgemeine Aufregung bemächtigte sich Befangen durch Desiree's erregte Stimme und ihre weit mit seinen großen runden Augen an. Er fühlte nur un desselben. Nicht etwa weil Desiree bekannt oder beliebt gezu sondern die die Kamelie in der Hand, um sie ihr anzubieten. Seine eine Anklage gegen ihn erhoben wurde, nur wußte er noch Anssicht, bei der Beerdigung der Tochter des berühmten Delogeöffneten Augen trat er mit knarrenden Stiefeln näher, deutlich, daß von diesem unschuldigen, hellsehenden Kinde wesen wäre, belle so viele Schauspieler zu sehen, war die einzige Ursache. Gegensatzes zwischen den hellerleuchteten lärmenden Theater-| Haltung war gezwungen, jedenfalls infolge des großen nicht welche. räumen und diesem matterhellten kleinen Krankenstübchen. Paris betet seine Menschen an und ist glücklich), seine Idole auf der Straße ohne Schminke begaffen zu können.
" Ich glaube, Du würdest besser thun..." fuhr Desiree mit gewaltsamer Anstrengung fort...„ ich meine, es wäre
Du Dich denn schlechter? Was will denn mein kleines Mäuschen?... Fühlst besser.
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entfage..." Von neun Uhr ab wartete das gesammte Kleinbürgerthum des Marais hinter den bestaubten Scheiben und Glas„ Ha... Wie?... Was?..." thüren um die so zahlreich erschienenen Kollegen, berühmte Mit einer Bewegung des bleichen, leidenden Kopfes| Desiree schwieg, als sie die Wirkung ihrer Worte sah. und unberühmte, des großen Delobelle zu sehen. Auf eine Sehr ihm Deſiree zu verstehen, daß es in der That mit ihr Das bewegliche Gesicht des alten Schauspielers hatte sich krampf- Notiz in einer obskuren Theaterzeitung:„ Herr Delobelle, schlechter ginge; sie legte ihre fieberglühende Hand auf den haft verzerrt und wirkliche Thränen, keine Theaterthränen, ehemaliger erster Held an den Theatern zu Mez und Alençon , Arm des großen Mannes und flüsterte ihm leise in's füllten seine Augen. Dhr. Sie fühlte es, daß sie bald sterben würde... Bittre doch nicht so... Du wußtest ja, daß es so kommen noch eins von ihm ab. Seine Tochter glaubte nicht mehr innerung zu bringen und in der Hoffnung, in einem Be Dann wirst Du Papa mit Mama ganz allein sein... einzigen Wesen, die ihn noch bewunderten, wandte sich fett umgegend herbeigeströmt, um sich dem Publikum in ErUnmöglich! Er hatte gewiß schlecht ge- richte über die Beerdigung durch Namensnennung ausge Mama wird die Kraft nicht mehr haben, Alles in Stand zu hört.... Wem sollte er entsagen, wem. wem?..zeichnet zu werden. fürchte, wenn ich nicht mehr da bin. Desiree wagte bei den um Gnade flehenden Blicken ihres Vaters nicht zu vollenden; auch war es mit der Kraft
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Sieh nur, wie elend und abgezehrt sie aus
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Der Unglückliche begann zu verstehen
an ihn.
Der Schauspieler betrachtete das heilige Weib" und armen Kindes zu Ende.
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Zwei oder dreimal murmelte sie:
hat den Schmerz erfahren. Die Beerdigung findet statt Von den u. s. w., waren sie aus den Winkeln von Paris und der
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Der berühmte Delobelle schritt in schwarzem Anzuge mit gerötheten Augen und zusammengepreßten Lippen durch die Gruppen der so zahlreich erschienenen Leidtragenden, er drückte jedem schiveigend die Hand. Dem armen Teufel preßten die zurückgehaltenen Thränen das Herz zusammen, Dann fiel der kleine Kopf auf das Kissen zurück und was ihn jedoch nicht verhindert hatte, sich frisiren und das
nie sehr fräftig", sagte er. Ohne jedes Erbarmen mit den Entsage... Entsage... Illusionen ihres Vaters fuhr daher Desiree fort: