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Mittwoch, den 3. Dezember 1890.
7. Jahrg.
Berliner Volksblatt.
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Organ für die Interessen der Arbeiter.
Das ,, Berliner Volksblatt"
erscheint täglich Morgens außer nach Sonn- und Festtagen. Abonnementspreis für Berlin frei in's Haus viertelfährlich 3,30 Mart, monatlich 1,10 Mart, wöchentlich 28 Pf. Einzelne Nummer 5 Pf. Sonntags- Nummer mit dem„ Sonntags- Blatt" 10 Pf. Poftabonnement 3,30 Mart pro Quartal. ( Eingetragen in der Postzeitungspreisliste für 1890 unter Nr. 892, V. Nachtrag.) Unter Kreuzband, täglich durch die Expedition, für Deutschland und Desterreich- Ungarn 2 Mark, für das übrige Ausland 3 Mark pro Monat.
Redaktion: Beuthffrahe 2.
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Machklänge
zur Aera Puttkamer.
Als das Sozalistengefeg ablief, konnte man wohl bemerken, wie sehr es gewissen Bureaugewaltigen an das Herz gewachsen war. Sie stellten sich, als wüßten
Insertionsgebühr
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beträgt für die 5 gespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf., für Vereins- und VersammlungsAnzeigen 20 Pf. Inserate werden bis 4 Uhr Nachmittags in der Expedition, Berlin SW., Beuthstraße 3, sowie von allen Annoncen- Bureaur, ohne Erhöhung des Preises, angenommen. Die Expedition ist an Wochentagen bis 1 Uhr Mittags und von 3-7 Uhr Nachmittags, an Sonn- und Festtagen bis 9 Uhr Vormittags geöffnet. Fernsprecher: Amt VI. Nr. 4106.
Expedition: Beuthstraße 3.
Bestrebungen an sich schon ungesetzlich" und" unsittlich" Nun, die Herren mögen so fortfahren. Unsere Gesind. Bei den sächsischen Behörden aber giebt es darüber nossen werden überall auf ihrem Recht bestehen und alle feinen Streit, wie denn jüngst ein Arbeiterverein schon Instanzen anrufen. als sozialdemokratisches Institut" als Wenn man das Sozialistengesetz aufgehoben hat, weil ungeseßlich und unfittlich" befunden und aufgelöst seine Anwendung der Sozialdemokratie, als einer verwurde. folgten Partei, Anhänger zuführte, so wird man auch beIm Herzogthum Braunschweig sieht sich die Sache greifen müssen, daß die Anwendung der Gesetze, wie wir fie gar Nichts davon, daß der Ausnahmezustand zu Ende mehr patriarchalisch an. Dort wacht die Polizei darüber, sie geschildert haben, ganz dieselbe Wirkung haben wird. sei, und sie konnten sich vielleicht eine Welt ohne daß der sozialdemokratische Wahlverein nicht von seinen Wir sind ja diesen kleinen Krieg gewöhnt, und wenn die Sozialistengesetz wirklich nicht mehr vorstellen. Da gab Bielen und Zwecken abirre, und sie glaubte deshalb jüngst Herren auf den Polizei- und anderen Bureaus fortfahren es pflichteifrige Postbeamte, welche meinten, früher ver- eine Versammlung dieses Vereins verbieten zu müssen, wollen, uns neue Anhänger zuzuführen immer zu! botene Schriften dürften sie auch nach Ablauf des Aus- weil sie der Meinung war, die Tagesordnung stimme nicht Auch so macht man sich verdient ums Vaterland! nahmegesetzes nicht herausgeben, so lange ihnen nicht mit den Zielen und Zwecken des Vereins überein. So " besondere Weisung" zugekommen. Das Ver- viel Sorgfalt ist erhebend und rührend zugleich.
anders sein.
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Eine Aera, in deren höheren
Regionen die Diätenprozesse ausgereift waren
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mußte sie erst den Eifer des Gendarmen und des Polizei dieners spornen! Wenn der Riese sich im Kleinen mit so viel Behagen auszeichnet, da fühlt sich der Zwerg im Kleinen doppelt groß.
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Politische Uebersicht.
gnügen am Sozialistengesetz erstreckte sich bis auf die Auch in Preußen läßt man es nicht fehlen an MaßGendarmen und ein solcher löfte bekanntlich in Rigdorf regeln, welche die Erinnerung an die glorreichen Zeiten Politische lange nach dem 1. Oktober eine Versammlung auf Grund des Herrn von Puttkamer nicht untergehen lassen. des Sozialistengesetzes" auf. Man sah es diesem pflicht Es ist noch in frischem Andenken, wie Herr von PuttBerlin, den 2. Dezember. eifrigen Beamtenthum an, wie sauer es ihm wurde, die kamer auf Grund einer alten Bestimmung von 1842 in den Nachweis geführt, daß der Entwurf einer Novelle zum In einer Reihe von Artikeln hatten wir im Einzelnen liebgewordene Gewohnheit des Verfolgens der Sozial- Verbindung mit dem§ 3 des Freizügigkeitsgesetzes einzelne Krankenkassen- Gesetz, wie er zuerst bekannt geworden war, demokratie auf Grund bequemer Ausnahmebeſtimmungen, Sozialisten, die sich seine besondere Aufmerksamkeit zuge- der blinden Abneigung gegen die selbstständigen Arbeiteraufzugeben. Die Verwaltungsjustiz, bei der so manches zogen hatten, überall, wo sie sich niederlassen wollten, organisationen entsprungen sei, und den mit bureaukratischer feurige Staatsretterchen seine Thätigkeit ausüben konnte, ausweisen ließ und eine Art Kesseltreiben im ganzen Genauigkeit unternommenen Verfuch darstelle, den freien ohne sie öffentlich rechtfertigen zu müssen, war der Reiche herum auf sie veranstaltete. Diese Austreibungen Hilfskaffen systematisch das Leben so sauer zu machen, daß gegenwärtigen Bureaukraten Generation in Fleisch entsprangen dem„ Geiste" des Sozialistengesetzes. Sie ſie vor den gesetzlichen Drangfalirungen lieber das Feld und Blut übergegangen. Es konnte auch nicht haben, aber mit dem Fall des Sozialistengesetzes noch nicht räumten. Inzwischen sind auch die freien Hilfskassen, wie aufgehört. Auch die sofortige Ausweisung des holländischen zu erwarten war, mit der Agitation nicht zurückgeblieben. Ueberall haben Versammlungen stattgefunden, welche gegen Abgeordneten Nieuwenhuis, der in Bielefeld einen den Entwurf entschieden Stellung nahmen, und in wenigen Vortrag halten wollte, erinnert an die Buttfamer- Beit. Tagen tritt hier in Berlin ein Kongreß der freien HilfsBu gleicher Zeit wird kund, daß in Gelsenkirchen kassen zusammen, der im Namen der Million Versicherter den der Redakteur des Verbandsorgans der Bergarbeiter schärfften Proteft gegen die geplante" Licht- und Schattenverhaftet worden ist, weil er in seinem Blatte vertheilung" erheben wird. Nachdem die vom höchsten Pflichteifer beseelten Be„ zum Streit aufgefordert" habe. Die Gleichsam zur Begrüßung dieses Rongresses werden jetzt hörden endlich sich voll überzeugt haben, daß das So- Arbeitseinstellung ist an sich eine gefeßlich erlaubte Veränderungen und Zusäße bekannt, die der Bundesrath inzialistengeset wirklich abgelaufen ist, haben sie sich auf Handlung und die Gewerbe- Ordnung, welche Vereinigungen zwischen noch an dem Entwurfe vorgenommen hat. die Suche nach Gesezesbestimmungen aus alter Zeit ge- zum Zweck der Erzielung beſſerer Lohn- und Arbeits- aber der Ansicht war, daß die Regierung den so laut und macht, die ihnen die Ausnahmebestimmungen einigermaßen bedingungen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer gestattet, Stonzessionen machen würde, hat sich auf einem argen Holzdeutlich geäußerten Wünschen der Arbeiter wenigstens geringe ersetzen. An solchen Bestimmungen fehlt es nicht. An- bestätigt dies. Vor allen Dingen haben wir nirgends eine pfade befunden. Nicht Verbesserungen stellen die bundesdererseits ist man bemüht, den Bestimmungen des gemeinen Bestimmung, daß die Arbeitseinstellung verboten oder räthlichen Abänderungen an dem Entwurfe dar, er ist, soRechts so scharfsinnige Interpretationen zu geben, daß strafbar sei. Wenn dies der Fall, dann kann aber auch weit das überhaupt noch möglich war, verschlechtert, für mit ihnen Manches doch noch getroffen werden kann, was die Aufforderung dazu nicht strafbar sein. Wir kennen die freien Hilfskaffen und die Arbeiter überhaupt noch unman früher nur mit dem Sozialistengesetz erreichen zu in diesem Augenblick die Form der Aufforderung noch günstiger gestaltet worden. fönnen glaubte. nicht; aber die bloße Aufforderung zum Streik ist offen- Zunächst soll unglaublich aber wahr auch von Krankenkassenwegen der sogenannte Kontraktbruch bestraft In den§ 28 ist die Bestimmung aufgenommen, daß die durch vertragswidrigen
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lichen Pflichteifers, werden immer noch Versammlungen in In Sachsen , im Lande des hervorragenden behörd- bar kein Grund zu einer Verhaftung. Man sieht also, daß im alten„ Geiste" fortgefahren werden. Masse verboten und zwar auf Grund des alten Vereins- wird, wenn auch die alte Form fehlt. Wir haben uns in Arbeiter der Beschäftigung erwerbs Vereine, dieſer Hinsicht keinen Illuſionen hingegeben und sind aus welche„ unsittliche und ungesetzliche Zweck e" fonach auch nicht enttäuscht. Ohnedies wußten wir, nachverfolgen, aufgelöst werden können. Vielleicht könnten dem. der Erlaß des Herrn Herrfurth bekannt ge- verlustig gehen. " Gelehrte" darüber streiten, wo die sozialdemokratischen worden, daß der behördliche Eifer nicht nachlassen werde.
Feuilleton.
Nachdruck verboten.]
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Rothenburger Tage.
Von Wilhelm Blo3.
Ein hoher Rath"
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harrten die Herren vom Rath, daß die Bürger wieder tommen sollten; es tam Keiner mehr."
O der Menzinger," rief die Priorin, mit seinem hochmüthigen Wesen und seinem spißigen Fuchsgesicht!" " Draußen traten die Bürger im Ring zusammen und man verlas nochmals das Schreiben des Raths. Immer der Stadt schier vollzählig bei einander. Der Menzinger schlug dann vor, einen Gemeinde- Ausschuß zu bilden, der
los werden, ihrer Ansprüche an die Kasse So sucht die Regierung auch auf diesem Wege die
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Wenn sie einbrächen und uns plünderten," klagte die Priorin. Dann wird doch der Ausschuß"
Roman aus der Zeit des großen Bauernkrieges von 1525. mehrere liefen herzu und bald waren alle die sechs Wachten wohlwollend gegen das Kloster gewesen," sagte Katharina
Rothenburg."
,, Dann wird der Ausschuß gemeinsam mit einem hohen Rath die Gelegenheit ergreifen und die geistlichen Güter einziehen zum Besten der Stadt," sagte Matthias grimmig. „ Aber ein hoher Rath ist doch stets freundlich und Eulerin bebend.
" Immer wieder ein hoher Rath", fuhr Matthias nun über alles berathen solle. Sie wählten einen Ausschuß von Rath haben die klösterliche Zucht immer mit Freuden ge= hat leider nicht viel mehr zu sagen in der freien Stadt sondern der Ausschuß." argerlich dazwischen, ein hoher Rath! Ein hoher Rath 42 Männern und seitdem regiert der Rath nicht mehr, fördert. Aber so freundlich und vergnügt wie noch nie werden
Und der Menzinger ist auch im Ausschuß?" frug die Priorin. Natürlich, gerade der. Auch der Valentin Jckelsamer,
,, Das wohl," sagte der Klosterförster, die Herren vom
ihre Gesichter aussehen, wenn sie die reichen Klostergüter zu der Stadt, das heißt zu ihrem eigenen Nuz und Frommen, an sich ziehen können." wir armen Klosterfrauen," rief Katharina Eulerin.
" Was sagt Ihr da?" " Ein hoher Rath hat den guten Willen gehabt, die Ordnung wieder herzustellen, aber nicht die Macht. Heute der gelehrte lateinische Schulmeister, dem der Luther auch Was soll aus uns werden?" Vormittag war der Rath in der großen Rathsstube bei nicht wüthend genug ist, der ist im Ausschuß, und der alte Wir müssen uns wappnen mit aller Standhaftigkeit," jammen, der äußere und der innere Rath. Soeben lasen Rektor Wilhelm Beffenmacher, Georg Spelt, der Alte, Hanns sprach der Klosterförster. Denn seit der gottvergessene jeine Gestrengen, der regierende Herr Bürgermeister, den Kretzer, der Wirth, bei dem die bösen Buben gehen, und Kilian Doktor Karlstadt in der Stadt ist, geht es den geistlichen Bürgern ein Schreiben vor, in welchem ein hoher Rath Etschlich, der Tuchscheerer, der auch den Doktor Karlstadt Herrschaften und ihren Dienern nimmer gut. Die Bilder fund that, die Empörung der Bauern sei nicht nur wider beherbergt haben soll. Sie wollen alle eine große Neuerung stürmerei ist los. Christian Heinz, der Bäcker, ist mit den die Reichsordnung, sondern auch wider das heilige Evan- machen; wer Schulden hat und wer sein Handwerk nicht Müllern im Thal und mit einigen losen Bauern in die gelium, und man müsse sie mit allem Ernst unterdrücken, gern mit Fleiß treibt, der ist beim Ausschuß." forie die Anhänger zur Strafe ziehen."
" Das meinte ich ja," warf die Priorin ein.
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schöne Kirche Unserer lieben Frauen vor dem Robolzeller Die halten es mit den Bauern," meinte die Thor eingebrochen, hat die Pfarrer hinausgejagt und das Priorin. Meßtuch vom Altar geworfen. Die schönen Altargemälde Freilich, denn draußen finden sie Ihres Gleichen. sah man in der Tauber schwimmen."
markt, als schon fünfundzwanzig Bürger dem Rath zugestimmt Draußen bei den Bauern läuft auch Alles zusammen, was Aber Christ Heinz ist doch selber einer des inneren hatten. Geht hinaus, schrie der Menzinger, geht hinaus. mit der Obrigkeit zu habern gewohnt ist; da sieht mau Raths?" sagte die Priorin erstaunt. Ueberlegt's Euch wohl ehe Ihr dem Rath zustimmt! Und sie heilloses Gesindel, Diebsleute, Spieler, abgehaufte Bauern, Daran könnt Ihr eben sehen, wie Alles drunter und gingen hinaus, erst Einige, dann Alle, denn der Menzinger verdorbene Bürger, Vaganten, Pfannenflicker, Troßbuben, drüber ist," antwortete Matthias. Hat doch auch Herr fchrie immerfort: Hinaus! Hinaus! Und vergebens Deserteure, Soldaten, Musikanten und Heckenschinder."
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Ehrenfried Rumpf, der Altbürgermeister, den Pfarrer aus
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