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nügte die Nennung seines eigentlichen“ Namens, daß er sich, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, an den Tisch setzte.
,, Was wünschen Sie von mir?" ,, Das lebliche..."
., Was heißt das?"
,, Das lebliche. Das bedeutet in meinem jalle 25 Prozent."
,, Ich verstehe Sie nicht."
,, Mein lieber Herr Singer, Sie sind onst nicht so schwer von Begriffen. Sie varen vorgestern bei Kommerzienrat Wienjold eingeladen. Am nächsten Tag vermißte man dori Schmuck im Werte von ungefähr einer halben Million Mark. Sie haben diesen Schmuck gestern in Ihrem Zimmer im Hotel Anglais an den holländischen DiamanLenhändler Tupijter um ein Fünftel des Werts veräußert. Das sind hunderttausend Mark. Mein Anteil daran beträgt also 25.000 Mark. Sie tragen, wie alle Diebe, die Banknoten bei sich. Wollen Sie also, bitte, bar auszahlen.
,, Sie können mir gar nichts beweisen!" stiß Conte Mario, eigentlich„ Herr Singer", hervor.
,, Aber, mein lieber Freund", sagte der andere jichtlich gelangweilt. Mir brauchen Sie auch gar nichts zu beweisen. Ich bin ja tein Polizist. Ich ziehe Sie auch nicht zur Rechenschaft. Das geht mich gar nichts an. Ich bin im Gegenteil an Ihrem Tun lebhaft interessiert, denn von Ihnen und Ihresgleichen lebe ich ja..."
., Sie sind also ein Preller, Sie gemeiner Hund....
"
,, Wenn Sie es so nennen wollen. Sie sind also im Bilde. Wenn Sie mir nicht meinen Anteil zahlen wollen, kann ich Sie dazu nicht zwingen. Aber ich müßte dann... Ich weiß. Ein Preller verrät ohne wei
teres. Ich zahle, Sie Canaille." Er griff in die Brusttasche.„ Donnerwetter, natürlich, ich habe meine Brieftasche in meinem Mantel."
..Ich begleite Sie", lächelte der Preller maliziös.„ Dabei habe ich wohl das Glück, der Dame vorgestellt zu werden, die in Ihrer Gesellschaft ist?"
Die beiden begaben sich langsam und unauffällig zur Loge. Der Preller bestand ebenso unerschütterlich wie liebenswürdig darauf, daß Conte Mario voranging und schloß dann hinter sich die Logentür. Gleich darauf wollte er mit einem Fluch zurückspringen; aber zwei stämmige Gestalten hielten ihn wie in einem Schraubſtock fest. Leises metallisches Silirren ertönte: der Preller hatte die befannte ,, betende Haltung“ eingenommen.
Conte Mario aber nahm sich mit einem erleichterten Seufzer die Perüde ab, den Schnurrbart und das Monokel und wischte sich die Schminke mit einem Taschentuch ab.
,, Kommissar Tesch!" rief der Preller aus. Stimmt", sagte dieſer lachend. Den Conte Mario hat es nie gegeben. Den spiele ich ſeit zwei Monaten mit der einzigen Hoffmung, endlich den„ Preller" zu erwischen. Der Diebstahl bei Kommerzienrat Wienbold war eine abgekartete Sache, ebenso der vermeint liche Verkauf der Beute im Hotel Anglais. Ich mache Ihnen das Kompliment, daß Sie mich glänzend ,, beschatter" haben. Es tut mir eigentlich nur leid, daß die internationale Hochstaplerwelt aufatmen wird, wenn Sie von Ihrer Verhaftung hört. Darf ich übrigens befannt machen: Fräulein Kriminalsekretär Schild der Preller! Es hat uns alle seht gefreut!"
Das Mädchen hinter den Palmen...
Bericht vom Leben in Beisan.
Von Erich Gottgetreu.
In der lächelnden Anmut ihrer zwölf, aus tausend und einer Nacht wird ein Tag Lenze steht Sarife hinter mir, Tochter eines des Jahres 1933. armen Beduinen aus den blauen Bergen Transjordaniens, behängt mit einem wein roten Gewand, das die Herrin, meine Gastgeberin, ihr schenkte.
Sarife zu Deutsch : die Schöne will wissen, an wen der Herr den langen Brief schreibt.
Für dich, holde, kleine Sarife, wäre der ben und Sarife lesen könnte. Denn in dir, Brief bestimmt, wenn der Herr arabisch schreiSarife, ist der Orient, dem der Herr verfiel...
Das Haus, in dem ich in Beisan, der arabischen Stadt im Nordosten Palästinas , wohne und in das mich die Aerztin des Ortes, eine seiner wenigen Europärinnen, einlud, ist einstödig, zweiräumig, hißefrei und unvermeidlich, ameiſenübervölkert. Zur linken Seis te des Hofes, im Nachbargrundstück, waltet die englische Regierung ihres Amies. Mir bleibt jedoch der Einblick in die englische Politik versagt, weil eine überdimensionale Mauer die private Welt von der amtlichen trennt. Die Araber verlangten so vermauert zu leben, weil sonst zu leicht neugierige Männerblide die schweigende Würde ihrer Frauen lästern könn
ten.
Der Blick nach rechts führt in einen Wald üppiger Bananenstauden. Schwer schwanken unter den langen Blättern die fruchtbesetzten vielzackigen Dolden.
Ihre Pragis übt die Aerztin in zwei isolierten Räumen aus. Tageweit reicht der Ruf ihrer Kunst; tief aus Transjordanien, zu Kamel, zu Pferd und Eſel, kommen die Beduinen zur Göttin des heilenden Trantes. Geduldig sizzen und liegen die Leidenden vor dem Haus, bis die Reihe an sie kommt. Jeder bezahlt in bar: fünf bis fünfzehn Piaster für eine Konsultation.
Zwischen den Fellachen hocken ein paar medizinbedürftige Polizeibeamte. Sie gehen lieber zur europäischen Privatärztin, als zum, arabischen Regierungsdoktor. Die Aerztin hat ein gutes Herz und verordnet längeren Krankheitsurlaub.
Verständlich, daß unter diesen humanen Umständen gestern der Polizeichef zur Aerztin fam und Dehalib!": hab Erbarmen rief;
hab ich doch fast feine Mannschaften mehr!". So wehmütig war seine Klage.
Natürlich braucht auch Beisan seine Polizei. Findet am Donnerstag nicht vor den Toren der gewaltige Markt statt, so umfangreich, daß er mit Gesetz und Uniform geregelt und überwacht werden muß? Fluten hier nicht aus allen Enden die Söhne des Morgenlandes zusammen, ein wogender Strom, ein handelndes Heer?
j
Folgende Richtpreise" ermittelte ich auf dem Markt von Beisan: ein Kamel kostet 12 Pfund, eine Kuh 1.50 bis 3 Pfund, ein Schaf 80 Piaster( ein Piaster= 15 Pjennig, i Pfund 100 Piaster), 1 Rotel( 2½ Kilo) Weintrauben 1.50 Piaster, 1 Rotel Bananen Pfennig). Zwischen Käufer und Verkäufer 2 Piaster, 1 Kilogramm Zwiebel 3 Millim( 5 verdienen noch Makler ihr Teil. Die Unterpächter des Marktes verlangen von jedem Ge schäft 2% Prozent Umsatzbeteiligung. Der Hauptverpächter ist die Regierung: sie bekommt von den Unterpächtern pro Jahr 400 bis 500 Pfund.
,, Eine hübsche Summe; und dabei erzie len wir wirklich keine guten Preise mehr," sagt meines Führers Freund, ein Beduine vom Stamm der„ Sagr"( Falken);„ ,, man sollte jetzt wenigstens auf Zwiebeln einen Einfuhrzoll legen..."
Die noch nicht seßhaften, aber im allgemeinen nur die Beisáner Zone durchschweifenden Sagrs leben in Zelten aus Ziegenhaar, aber so rückständig sind sie nicht, daß sie nicht auch mit Zöllen und schwierigeren volkswirtschafts lichen Begriffen umzugehen wüßten.
Sarife springt wie eine Gazelle neben uns her. ,, Sarife, was wird geschehen, wenn wir deinen Vater treffen? Was wollen wir ihm sagen, wenn er dich zurüdverlangt?"
,, Dann laufe ich fort, verstede mich bei deinen Freunden hinter den Palmen und komme erst nach drei Tagen zurück, wenn der Vater jenseits des Flusses ist."
,, Aber Sarife, warum willst du nicht nachh Hause zurück?"
..Ich wurde so viel geschlagen und bekam so wenig zu essen."
bene
Am Nachmittag gehen wir durch verschie= Lokale" Beisans; die größeren von ihnen verabfolgen außer Kaffee, Limonade und Eis auch Grammophonmusik. Die Gäste siken vor den Türen: bei der Wasserpfeife, bei der Unterhaltung, beim Tauschgeschäft. Einem Fellachen.nehmen sie für ein Taschentuch ein Huhn ab! Einem anderen für eine fleine Messiingschlüssel einen ganzen Hammel!
Ein armer Bauer will bei einem Händ ler Geld leihen. Er bekommt den Betrag unter der Bedingung, daß er ihm in Zukunft alle seine Ware für die Hälfte des Preises liefert... Und der Bauer geht unter dem Druck der Not auf den Vorschlag ein.
Bei sinkender Sonne begleitet mich Sarife zum ,, Tel", dem Berg vor der Stadt, dem Glöckchenumflingelte Kamelfarawanen, seit Jahren schon Professor Fitzgerald von der ſtarrköpfige Rinder, apathisch einhertrottende Universität Philadelphia das dreieinhalb JahrSchafe, herrlich gesattelte Pferde, in dieser tausende alte Scythopolis" in unermüdlicher Tierwelt wandelnd Jünglinge und Männer Forschungsarbeit entgräbt und enthadt. in prächtigen Mänteln über weitpumpigen Der fleißige Professor zeigt sein Werk mit Hosen und unter Fezen und Tarbuschs ein der Liebe und Leidenschaft des Fachmanns: Jugendtraum wird Wirklichkeit: alle Zirkusse Trümmer, aber Trümmer, über denen er nun Europas sind auf einem Platz versammelt und schon seit zehn Jahren sitzt oder vielmehr steht,
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