BUNTE WELT
Mr. 2
Unterhaltungsbeilage
Eine ſpannende Geschichte
Wissen Sie, wie Kapitän Morsfield ums Leben lam? Es ist eine seltsame Geschichte, die Aufsehen in der ganzen Welt er regte. Kapitän Morsfield, ein ganger Kerl, Knochen wie Eisen, Nerven toie Stahl, der
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hunderte waghalsige Abenteuer bestanden hatte, kühn gekämpft gegen Orfane, gezeu Wüſſtenſtürme, der ſich herumgeſchlagen hat mit Stannibalen und aufständischen Arabern, der Tiger und Löwen zu Dußenden erlegt hat, mit Menschenhaien un die Wette geschwom men ist, er starb einen gräßlichen Tod. Nicht in den Dschungeln Indiens , nicht auf dem Meer, sondern in einem Londoner Salon Er wurde gelyncht. Gelyncht von Menschen, die einen Namen hatten in der Londoner Society" Gelyncht von einer erklusiven Bridgegesellschaft, der Leute angehörten, wie der ehrenwerte Sir Pensfil, der bildhübsche Filmstar Mabel Blue, die zarte Lady Whites rose, der große Banfier Moneymaker, die 18jährige Miß Bessie Flitsher, die bekannt tvar als das schönste und gutmütigste Mäd chen Londons . Sie alle waren an der schreck lichen Tötung des Kapitäns beteiligt und das tam so:
Stapitän Allan Morsfield war gerade von einer halbjährigen Asienreise zurüdgekehrt, als er in die Villa des Banfierz Moneywaters eingeladen wurde. Den Nochmittag verbrachte man mit Bridgeſpiel. Nach dem Abendessen setzte man sich in den Salon zur zivangslosen Unterhaltung. Natürlich Tam das Gespräch auf die Vorgänge im Fernen Osten und plöhlich schlug jemand ich glaube, es war die blonde Schauspielerin Mabel Blue- vor, Kapitän Morsfield folle auch etwas über China erzählen, er kenne doch Land und Leute wie seine Tasche.
Der Kapitän ließ sich nicht lange bitten. ,, Meine Herrschaften," begann er,..ich werde Ihnen eine interessante Sache erzählen, die einem meiner deutschen Bekannten, nennen wir ihn Peter, in China paſſiert iſt.
Von Io Nickel
mit diesem Zettel kommst du durch ganz China . Wenn du ihn jemandem zeigst, wird man sofort wissen, was du willst und dir weiterhelfen.".
1934
das alles nicht begreifen. Da begegnere er einem japanischen Offizier. Peter hielt ihn für einen Chinesen und da er ihm sehr in telligent schien, hoffte er, von ihm eine Auss funft zu bekommen. Doch kaum war der
Peter bewahrte den Zettel sorgfältig auf und trat seine Reise an. Auf der Ueber- Japaner des Zettel anſichtig geworden, als fahrt lernte er einen reichen Chinesen len- er auf die Sie ſank und Gebete zu murmeln nen, mit dem er sich aber gar nicht verstän- begann. Peter versuchte ihm durch Geſten digen konnte. Eines Abends wollte er fest- wolle. Der Japaner achtete nicht darauf, ionflarzumachen, daß er nichts Böses von ihm stellen, ob der Profeſſor die Wahrheit ge- dern padte sein kurzes Schwert, stieß es ſich sprochen hatte. Er holte den Zettel aus der Brieftasche und zeigte ihn dem Chinesen. Der in die linke Bauchseite und verübte mit ges sah mit entsetzten Augen auf die Schriftzivungenem Lächeln auf offener Straße zeichen, sein Gesicht verzerrte sich vor Schred, Harafiri." dann sprang er über Bord. Das Schiff stoppte sofort, aber nicht einmal seine Leiche fonnte geborgen werden."
..Was stand auf dem Bettel?" unterbrach Miß Flitsher den Kapitän.
Der beachtete die Frage nicht und fuhr in seiner Erzählung fort: Beter war von dem Unglück erschüttert, legte ihm aber keine besondere Bedeutung bei. Die Landung in Schanghai , die Zollkontrolle und alle anderen Formalitäten vollzogen sich reibungslos. Die Beamten sprachen alle Deutsch . Gleich am Hafen ging Peter auf den ersten besten Ritſchahkuli zu und zeigte ihm den Zettel. Der Suli prallte zurück, dann lief er wild geſtikus lierend davon. Peter sah ihm nach und konnte noch bemerken, wie er von einem Auto er
faßt und überfahren wurde.
Peter schüttelte den Kopf, ging, das Stüd Papier in der Hand, zu einem Polis zisten, um sich nach dem Hotel zu erkundigen, das ihin empfohlen war. Der Polizist starrte erschreckt auf den Zettel, sah dann verstört Peter an, dann riß er seine Dienstpiſtole aus der Revolvertasche und jagte sich eine Auge! durch den Kopf."
Sagen Sie, bester Kapitän," fragte Mabel Blue mit einem unividerstehlichen Lächeln, was stand denn eigentlich auf dem Bettel?"
Peter war der Direktor einer großen Morsfield tat, als ob er die Frage nicht Berliner Firma, die Geschäftsbeziehungen gehört hätte und erzählte weiter. Peter mit China anknüpfte. Zum Ausbau dieſer wagte es jetzt nicht mehr, das Papier aus Beziehungen war es notwendig, daß Peter der Tasche zu nehmen. Mit Mühe und Not einmal hinüberfuhr. Es war ihm nicht ge- fragte er sich nach dem Hotel durch. Dort rade angenehm. Vor kurzem hatte er erst gezeigte er aber wieder den Zettel vor. Der heiratet und dann ſprach er außer der deut- Sotelwirt warf nur einen Blick darauf, dann ſchen keine andere Sprache. Nachdem er ſei ner Gattin den Abſchied mit einigen Geschenken erleichtert hatte, ging er wegen des zweiten Punktes zu seinem Freund, einem Professor der chinesischen Sprache.
begann er wütend auf Peter einzubrüllen. 3m selben Moment tauchten etwa zehn Stulis auf, die mit Stöcken und Dolchen bewaffnet waren. Auf einen Befehl des Wiries stürzten sie sich auf Peter, der dem ganzen verständnislos gegenüberstand. Nur durch eilige Flucht konnte er sich knapp vor den wütenden
Er flagte ihm sein Leid. Der Profeffor tröstete ihn, es gäbe in China genügend Menschen, die Deutsch sprechen. Dann malte er Kulis retten. auf ein Stid Pavier einige chinesische Zei Er irrte verzweifelt durch die Straßen chen und gab es Peter mit den Worten: Hier der europäischen Niederlassung. Er konnte
..Herrgott, Kapitän", unterbrach der ehrenwerte Sir Pensti die Erzählung ,,, wollen Sie uns nicht endlich sagen, was auf dem Zettel stand?"
Der Kapitän winkte ungeduldig ab. ..Peter war einem Nervenzuſammenbruch nahe. Schließlich landete er in einem großen Wolfenfraberhotel. Gewißigt durch seine Erfahrungen ließ er den Zettel in seiner Tasche und bekam auch ein Zimmer im zehnten Stod. Die halbe Nacht verbrachte er da mit, die merkwürdigen Schriftzeichen auf dem Stück Papier zu betrachten, ohne schlau daraus zu werden, dann legte er es auf den Tisch.
Als sich Peter am anderen Morgen in Baderaum befand, hörte er plöglich aus seinem Zimmer entfeßliche Schreie. Er stürzte Hinein und fand das chinesische Stubenmädchen in Schreifrämpfen auf dem Boden liegend. Sie mußte den Zettel auf dem Tisch gesehen haben. Der Etagenfellner kam herbeigeeilt, doch als er das Stück Papier ers blickte, lief er zum Fenster und stürzte sich hinaus."
..Zum Donnerwetter," polterte jetzt der Bantier Moneymaker los, sagen Sie uns doch in Dreiteufelsnamen, was auf dieſem Wisch stand, man wird je ganz verrückt."
Der Kapitän ließ sich nicht stören. ..Peter wußte sich feinen Rat. Er beschloß. den deutschen Gesandten aufzusuchen. Aufgeregt erzählte er dieſem, einem würdigen alten Herrn, ſeine tragischen Erlebniſſe. Der Gesandte lächelte ungläubig. Da er einigermaßen chineſiſch konnte, bat er Peter, ihm den Zettel zu zeigen. Nur einige Sekunden betrachtete er die Schriftzeichen, dann ſprang er auf, ſein Gesicht war dunkelrot. Er wollte etwas sagen, sant aber ſtöhnend wieder auf seinen Stuhl. Er hatte einen Schlaganfall erlitten und ist seit diesem Tage vollkommen gelähmt. Peter wurde durch einige handfeſte Männer aus der Gesandtschaft hinausges worfen."
Lady Whiterose feufate. Und i glaubte schon, der Gesandte würde den ges Heimnisvollen Bettel entziffern. Ach, bitte,