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Nr. 46. 14. Jahrgang.

821

1. Beilage des Vorwärts  " Berliner Volksblatt. Mittwoch, 24. februar 1897.

Der Effener Meineids- Prozek wider Schröder und Genoffen im Wiederaufnahme- Verfahren.

Anlage sam Augenfcheinprotocall a dato Baukau  , den 3. Juli 1895.

Doppelthur

Pfeiler

Brist

Funke

Schnarro o Spicckermann Leicke o o Dietrichs.

ko54

Fauster

Podium

oCeika

Pfeiler

Bonkerso Jennyo

Verschlag Fenster

Pfeiler

Rehrmanno

Schröder o Eckard

Pfeiler

Ofen

Kreker o okilinski

O Behr

Küfer Eisenkamper

Mons Kolk Pau O

Fenster

bOrth

Diebelo o Beckmann

o Hapemejerao Weirich Keller Warnsbach Risenberg

Preiler

5.10

o Kabirski No Tschenschel

Podium

Pirks Scheidingo

joNagel

Pfeiler

Thiel o

Fenster

Fenster

Kester o Senft Fenster

Jürgensen Butch

Fenster

Kassentisch

o Wilking Jmberg

Kerkhoff Keuenhoff

Pfeiler

Müller o

Ofen

15

... 2.50

o Ceika Schröder o Gräf

o Meyer

9.00-­

->

Musioliko

Doppelthu

o Brockmeier

Holzireppe

Aufgemauerte Bühne

OBannasch

Pfeiler Roder

2.50--­

Buffet

1

2

3

4

S 6 7 8 9 Meter:

Fenster

Schilderungen, die scheinbar mit dem guten Glauben der Schilderndes unvereinbar sind, von deren Wahrheit die Schildernden aber trotzdem fest überzeugt find. Der Vertheidiger weist nun auf das Urtheil der zweiten Straftammer des Landgerichts Köln  vom 19. Juni 1896 gegen den Redakteur Hofrichter wegen Be­leidigung des Gendarm Münter hin. In diesem Urtheil heißt es, daß ein vollkommenes non liquet schon bezüglich des objektiven Thatbestandes des fraglichen Vorkommnisses vorliege und daß feine Veranlassung vorhanden sei, einzelne Zeugen der Verlegung der Eidespflicht zu verdächtigen, daß viel­mehr die Widersprüche der Zeugen durch die Sachlage erklärlich seien. Es wird ferner auf das Zeugniß des der christlich­sozialen Gruppe zugehörenden Beugen Reuenhof hingewiesen. Dieser, der jeden Stoß Münter's in Abrede stellt, hat bekundet: Schröder sei auf den Rücken gefallen, während dessen Parteigenossen be fundeten, Schröder sei auf die vorgestreckten Hände gefallen. Der Vertheidiger behauptet ferner, daß die Geschworenen dem Urtheil gegen Margraf ausschlaggebende Bedeutung beigemessen haben. Dies ist nicht nur höchstwahrscheinlich, sondern durch Mittheilungen der Geschworenen, wie eventuell unter Beweis gestellt werden kann, unmittelbar bekannt geworden. Das dem Kölner   Urtheil zu grunde liegende Verfahren hat auch ergeben, daß die beiden Zeugen Gruppen, von denen die eine das Hinwerfen behauptet, die andere dies be­streitet, sich keineswegs nach politischer Parteistellung sondern. Es werden folgende neue Zeugen benannt, welche das von den Ver­urtheilten Beschworene befunden werden: 1. Maurer Johann Gerlach( Castrop   bei Essen  ), 2. Anton Breker( Bourbsen bei Neheim), 3. Musketier Hermann Kerlinski( Köln  ), 4. Bergmann Joseph Eisenkämper( Herne  ), 5. Bergmann Wilh. Tschentschel ( Herne  ), 6. Bergmann Friedrich Nagel( Hiltrop), 7. Schneider Ernst Obrt( Bruch), 8. Bergmann Carl Küfer( Herne  ). Hierzu bemerke ich: Die Verurtheilten wurden unmittelbar nach der Verhandlung, in welcher sie den Meineid geschworen haben sollen, verhaftet. Sie hatten keinerlei Möglichkeit, ihre Entlastungsbeweise selbst zu sammeln. Unmittelbar nach der Schwur­gerichts- Verhandlung und im Laufe der seitdem verflossenen Zeit sind die vorbenannten Augenzeugen des fraglichen Vorfalls ermittelt; es ist dabei auf Feststellung ihrer absoluten Integrität und ihre Nicht­zugehörigkeit zur Partei der Verurtheilten Werth gelegt worden. Me­stätigen diese Zeugen eidlich das von den Angeklagten Beschworene, so wird das Gewicht des an sich schon sehr schwachen Belastungsmaterials noch er heblich vermindert. Es muß zum mindesten dem Richter zweifel haft werden, wie es dem Kölner   Gerichtshof zweifelhaft geworden ist, ob nicht die von den Verurtheilten gegebene Darstellung die richtige ist. Das wesentlichste Belastungsmaterial, welches auch dem erwähnten Urtheil gegen Margraf zu grunde lag, das eidliche Zeugniß des Gendarmen Münter, welcher ab­geleugnet hat, daß er dem Schröder einen Stoß gegeben habe. Es soll nicht behauptet werden, daß dieser Beuge einen wissentlichen oder fahrlässigen Falscheid geleistet hat. Es mag immerhin möglich sein, daß dieser Zeuge, dem in einem späteren Urtheil dokumentirt ist, er sei ein nervös erregter Mann, sich des Maßes seines Einschreitens später nicht mehr bewußt gewesen ist. Es wird aber unter Beweis gestellt, daß das Zeugniß Münter's selbst bei der Annahme, er habe sein Zeugniß nach bestent Wissen und Gewissen abgegeben, und habe es auch bei sorgfältigster Prüfung subjektiv nicht anders abgeben können dennoch objektiv feinen Glauben verdient, weil dem Zeugen die Fähigkeit fehlt, Vor fälle in der Ausübung seines Amtes, bei denen er selbst betheiligt ist, objektiv richtig zu beobachten und in der Erinnerung festzuhalten. Der Vertheidiger beruft sich a) auf ein Urtheil der Straftammer zu Bochum   gegen den Redakteur Karten­berg vom 24. Juli 1895, b) auf ein Urtheil der Straffammer Dortmund   gegen den Redakteur Dr. Lütgenau

-

bildete

von

7. Oftober 1895. In beiden Fällen waren die Angeklagten der Beleidigung des Gendarm Münter beschuldigt wegen Mittheilung von mehrfachen groben Exzessen des Münter in Ausübung seines Amtes. Ju beiden Fällen läuguete Münter eidlich die an der Zahl nicht unerheblichen Exzesse ab, welche von zahlreichen Zeugen bes stätigt wurden. In beiden Fällen erfolgte Freisprechung mit der Begründung, daß Münter's Münter's Angaben objektiv unzuverlässig und die übrigen Zeugen glaubwürdig seien. In der Schwurgerichts­Verhandlung ist von der Anklagebehörde der angebliche Meineid der Verurtheilten zurückgeführt worden auf die politische Parteis stellung der Verurtheilten. Es ist von der Anklagebehörde zur Begründung der Anklage geltend gemacht worden, daß das sozialdemokratische Organ hes Ruhr- Gebiets den Meineid der Parteigenossen als erlaubt hingestellt und daß die Ver urtheilten, offen von dieser politischen Ansicht beseelt, den Meineid geleistet hätten. Es ist sehr wahrscheinlich, daß diese von den Ge schworenen als Thatsache hingenommene Behauptung der Anklage­behörde wesentlich zu dem Fehlspruch der Geschworenen geführt hat. Ich benenne: a) den Redakteur Dr. Lütgenau zu Dortmund   als Zeugen dafür, daß das von der Anklagebehörde als sozialdemo fratisches Organ bezeichnetes Blatt ein vor Jahren vorübergehenb erschienenes anarchistische Blatt war, daß die gesammte sozialdemo tratische Presse, insbesondere auch das sozialdemokratische Organ des Ruhrgebiets, die Rheinisch- Westfälische Arbeiter- Zeitung", die Auslaffungen jenes anarchistischen Blattes ans's heftigste bekämpft und stets den Meineid als verabscheuungswürdiges Verbrechen gekennzeichnet hat. Ich benenne b) den Bergmann   Hein­rich Bartels in Marten als Beugen, daß gerade der Verurtheilte Schröder in der Preffe und in den Vers sammlungen den Meineid als ein gemeines Verbrechen bes zeichnet hat. Sind diese Thatsachen richtig, so fällt das Argument der Anklagebehörde, das Argument, welches die Geschworenen offenbar Es dürfte den Lefern noch in Erinnerung sein, daß im August| dem Aachener Alexianer- Prozeß, hat nun das Wiederaufnahme atseptivt haben." 1895 die Bergleute Ludwig Schröder und Genossen vom Schwurgericht Verfahren beantragt. Diesem Antrage des Rechtsanwalts Dr. Niemeyer ist insofern Es dürfte notorisch sein," so beißt zu Essen a. d. Ruhr wegen wissentlichen Meineids zu langjährigen es in sehr umfangreichen Begründung des Wieder bereits stattgegeben worden, als, wie bereits mitgetheilt, am vers Buchthausstrafen verurtheilt wurden. Die Verurtheilung erregte zur aufnahme- Verfahrens, daß das bezeichnete Urtheil des gangenen Sonnabend in dem zu Baukau   bei Herne   belegenen Saale   ein Lokaltermin stattgefunden hat. Beit allgemeines Aufsehen, da die Zeugenaussagen in jener Echwur Schwurgerichts von weiten, mit dem Sachverhalt und dem Sichtermann'schen hatten sich zu demselben eingefunden der Gerichtshof, gerichts Verhandlung sehr widersprechend waren. Bekannt. Verhandlungsgang sorgfältig vertrauten juristischen und nicht- s über das Wiederaufnahme- Verfahren beschließen lich handelte es sich um eine im Juni 1895 zu Baukau   juristischen Streifen aller politischen Richtungen für einen verhängniß. bei Herne   in Westfalen   stattgefundene Bergarbeiter Vervollen Fehlspruch gehalten wird, für einen Fehlspruch, der auf hat, bestehend aus Landgerichtsdirektor Jerufalem, Landrichter sammlung, die vom Gewerkverein chriftlicher Bergarbeiter politische Voreingenommenheit der Geschworenen gegen die Ver. Hillenkamp und Gerichtsassessor Fuchs. Die königliche Staats berufen war. In dieser Versammlung war auch Ludwig urtheilten zurückgeführt wird." Der Vertheidiger führt des anwaltschaft war durch den Staatsanwalt Mantell, die Beschuldigten  Echröder nebst einer Anzahl anderer zur Sozialdemokratie gehörenden weiteren aus:" Münter selbst mußte schließlich eidlich zugeben, durch Rechtsanwalt Dr. Victor Niemeyer vertreten. Außerdem waren Bergarbeiter erschienen. Als Schröder sich zum Wort meldete, wurde daß er so nahe an Schröder hart und energisch herangetreten sei, die acht genannten neuen, sowie eine Anzahl Zeugen geladen, die er von dem Vorsitzenden, Bergarbeiter Brust( Alteneffen), aus dem daß er ihn möglicherweise mit dem Körper berührt habe, während schon in der Schwurgerichts- Verhandlung im August 1895 ver. Saale   gewiesen. Dieser Aufforderung soll Schröder nicht so- er die eine Hand am Säbelgriff, die andere geballt gehalten nommen waren. Der Sichtermann'sche Saal, den wir den Lesern fort nachgekommen sein, er wurde deshalb von dem die hätte. Demgegenüber haben andere Zeugen derjenigen Gruppe, nach dem Entwurf einer Handzeichnung vorführen, ist ein. Fachwerkgebäude, dessen Thür uns Stoßen Münter's stellen, be alleinstehendes, leichtes Versammlung überwachenden Gendarm Münter zum sofortigen welche Freie führt. Sämmtliche Zeugen mußten Verlassen des Saales aufgefordert. Schröder leistete dieser Auf- fundet, daß Münter mit den Armen geftitulirt habe". mittelbar ins forderung unverzüglich Folge. Er begab sich an den am Ausgange Angesichts dieses Ergebnisses der Beweisaufnahme mußte mindestens im Saale   die Stellen ihres Sites bezw. Standes einnehmen, des Saales stehenden Kaffentisch, um fich fein Gin aus dem Gesichtspunkt des non liquet" die Freisprechung erfolgen die sie zur Zeit des Vorfalles inne hatten. Gendarm Münter ist trittsgeld wiedergeben zu lassen. In diesem diesem Augenblick und jedenfalls muß angesichts dieser Sachlage das geringste neue auf dem Tableau nicht mitaufgeführt. Lies ist höchstwahrscheinlich trat jedoch Münter, so hat dieser in der erwähnten Schwurgerichts- Moment oder Beweismittel zu gunsten der Angeklagten geeignet er- deshalb unterblieben, weil Münter an jenem verhängnißvollen Vers Verhandlung bekundet, dicht an Schröder heran und forderte ihn in scheinen, die Freisprechung herbeizuführen, oder doch in Anwendung des sammlungstage keinen festen Platz im Saale hatte. Aus der vor energischer Weise zum Verlassen des Saales auf. Schröder dagegen§ 168 St.-G. B. eine geringere Bestrafung herbeizuführen. Dabei ist läufigen im Saale vorgenommenen Bernehmung ging her daß sämmtliche Zeugen bei dem Vorfall anwesend hat in einem aus Anlaß dieses Vorganges gegen den Redakteur davon auszugehen, daß die Annahme, es müsse auf der einen oder vor, Nach beendigter Lokalbesichtigung begab sich Margraf vor der Effener Straffammer stattgefundenen Be- anderen Seite ein Meineid geschworen sein, durchaus ungerechtfertigt leidigungs Prozeß beschworen, daß Gendarm Münter ihn zwei ist. Erfahrungsmäßig gehört eine völlig gleichmäßige Darstellung der Gerichtshof in die gegenüberliegende Wirthschaft von Sichter­100 in nichtöffentlicher Sigung die Zeugen vernonimen mal niedergestoßen habe. Dasselbe bekundeten noch einige von Vorgängen, die im Wirthshaus oder auf der Straße mann, andere Genossen Schröder's. Da diese Zeugen sich mit den Aus- beobachtet sind, geradezu zu den Seltenheiten troh gleicher wurden. Staatsanwalt und Vertheidiger durften dieser Sizung Beugen. nicht beiwohnen. Der Gerichtshof wird nun in den nächsten fagen Münter's und denen einiger dem Gewerfverein chriftlicher Beobachtungsnähe und Beobachtungsmöglichkeit der Bergarbeiter angehörenden Mitglieder im Widerspruch befanden, so Das dem Auge eingeprägte Bild ist von unzähligen Zufällig- 14 Tagen zu beschließen haben, ob auf grund der neuen Zeugen u. s. w. beeinflußt. vernehinungen u. s. w. das Wiederaufnahme Verfahren anzus Stimmungen, Fähigkeiten erfolgte wegen Berdachts des wissentlichen Meineides ihre Ber  - feiten, verwirrt ordnen ist. sich durch Schilderungen haftung und einige Wochen später ihre oben mitgetheilte Ver- Das ursprüngliche Bild urtheilung. Der Vertheidiger der Verurtheilten, Rechtsanwalt und Besprechungen des Vorfalles; das Gehörte und Wiedererzählte Dr. Viktor Niemeyer- Gffen, bekannt als Vertheidiger Mellage's in mischt sich mit dem Thatbestande des Beobachteten und so entstehen

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