%—Hand hob und mit der rechten den Schweiß vonseinem Gesicht wischte.Den Zug beschlossen die Brauerknechte,welche die Pflicht zur Assistenz hatten. TasVolk lief vor und hinter der Eskorte und einKrüppel humpelte auf seinem Stock hintendrein.Da drängte sich«in Wann durch die Menge,es war ihr Taufpate, der von Stillfried gekommen war, der Käthe ins Gesicht zu spucken.Die Bienen summten im wilden Klee, Tauperlen blinkten aus dem Gras und die rotenPechnelken nickten im Morgenwind.Hoch in der blauen Luft zogen die Sommer-vögel, von fernher schrie ein Kuckuck, und esblühte und grünte, als ob nie ein Leid auf derErde sei.Oben am Berg flaterten Dohlen um dieRichtstätte und fielen schreiend auf die Birken,die am Hang standen, der zum Steinbruch abfällt.Am Galgen baumelte von einer Fliegenwolke umschwärmt rin Dieb, daneben klaffte einetief« Grube, an deren Rand ein Haufen vonFeldsteinen und Erde lag.Es wehte«in faalig-süßer Dunst gegen«inen Baumstumpf, auf dem die alt« Wölfinwartete, die sonst in der Badstube mit heißenKieseln das Badwasser wärmt und die Blügelansetzt.Sie hatte ihr Enkelkind am Schoß undzwinkerte mit ihren entzündeten Augen in dieSonne, denn sie hatte- seit vierzig Jahren keineHinrichtung versäumt und erzählte ihren Zuhörern von interessanten Fällen, indessen dasKind mit Blumen spielte.Der Zug kam langsam heran. Stadtknechteund Bräuergesellen hatten den Richtplah abgegrenzt und senkten wagrecht die Spieße, hinterdenen sich die Menge drängte, schwer atmend undin manchem Auge stand ein seltsames Leuchten.Da zerrte man die Verurteilte in den Kr«is,in dem neben dem Henker der Richter stand, weicher das Urteil verlas und den Stab zerbrach,der das Leben aüslöscht.Heisere Schrei« auSstoßend, das Gesicht vorwahnsinniger Angst verzerrt, kniete daS Weib auf-er Erde und bettelte lallend um ihr Leben, während sich der Wind in ihrem Sterbehemd bauscht«.Eine junge Magd schluchzte laut auf vorMitleid. Weiber weinten leise, rin Krüppelwand sich ohnmächtig in Krämpfen, während«inunmündig Kind laut nach einem Schmetterlingjauchzte.Da begann der Pastor die Totengebete,dumpf murmelte di« Menge und der Henkerbändigte mit Stricken die Rasende, von derenGelenken das Blut floß, und warf das zuckendeund kreischende Bündel mit dem Knebel im Mundin die Grube, obendrauf einen Haufen Steineund Erde bis sie halb voll war.DaS Volk hielt den Atem an und manch»deckten die Hände vor das Gesicht.Dann ergriff der Henker einen spitzenPflock und trieb ihn mit schnellen Hammerschlägen hinein, mitten hindurch durch das warme,lebende Fleisch in die Erde.War eS ein erstickter Schrei aus der Grubeoder das abgerisiene Läuten der Totenglocke,die noch immer scholl?Das Drama war zu Ende, das Volk kehrteheim und verlief sich hungrig und befriedigt indie Schenken und Wohnstuben, wo schon dieSchüsseln dampften..Der Henker schaufelte di« letzten Schollenauf da« Grab und türmte um den Pfahl großeSteine, sah noch nach dem Gehängten am Galgen und ging müde nach Haus«.Des Nachmittags lief das Leben im Städtchen seinen gewohnten Gang, nur im Lochwirts«haus saß als ungewohnter Bast rin verwachsene»Schneidergesell und trank, bis die Lumpenglockcläutete, wo man ihn sinnlos besoffen auf dieStraße warf.Die Mitternacht war längst vorbei und amHimmel jagte der Nachtwind die Wolken und einbertoehter Glockenschlag zitterte über das schlafende Städtchen.Da lief ein verirrter Mondstrahl über diedunkle Erde, sah beim Eichwald in eine leereKammer und sprang über den Sumpf, wo dieIrrlichter tanzten zum Galgenberg.Dort hockte auf einem Pfahl ein Rabe undkrächzt« leir im Schlaf, dann wanderte derStrahl in eine ferne Herberg«, wo ein friedloserGesell auf seinem Lager saß und mit offenenAugen träumte— da erwachte der Schloßmüller,weil die Mühle stand/ und sah im fahlen Licht,eingeklemmt zwischen Rad und Gestänge einebucklige Leiche.,—Die Zeit ist vorübergerauscht, die Jahrhunderte kamen und gingen und keine Sage,kein Grabstein meldet von der unglücklichenKäth. Bogt und ihrem grauenhaften Ende, alseinige vergilbte Zeilen in einem zerfallendenBuch.Lange schon, geht der Pflug über die alteRichtstätte und auf den verschollenen Gräbernwispern die Aehren.Aber wenn die roten Heckenrosen blühn,sitzen dort im Dämmer jung« Pärchen, und derWendwind singt das ewige Lied von der Liebe.Eine gut erzählte GeschichteBo« Wynard Hop««Ist es dringend?" fragte Inspektor Thompson.Der lange, hagere Polizist nickte.„Scheintso. Sie ist sehr aufgeregt."„Sie? Früher«rwähnten Sie doch etwasvon einem Mann? Oder sollte ich Sie falsch verstanden haben?"Der Polizist schüttelte den Kopf.„Richtiggehört, Herr. ES sind zwei. Eine jung« Dameund ein älterer Herr... Die junge Damesagte..."„Führen Sie sie herein", unterbrach Inspektor Thompson und schob einen Akt etwasgelangweilt beiseite.Helen Ribber ging von der Tür aus geradewegs auf den Schreibtisch zu, hinter demder Inspektor sah. Sie ging— und doch schiensie irgendwie versteinert zu sein. Ihr schönesGesicht war vollkommen ruhig; ihre Lippen aufeinandergepreßt, ihre Bewegungen beherrscht.Thompson sagte später, irgendwie hätte sie ihnin dem Augenblick an eine eben aus dem Grabeauferstandene Tote erinnert.Der Herr, der ihr folgte, beobachtete sieaufmerksam— wie es schien, ettvaS besorgt; ersprach aber kein Wort. Er reichte dem Inspektordie Hand, murmelte undeutlich«inen Namenund blieb dann unbeweglich sitzen.„Ich habe leider wenig Zeit", sagte Thomp.son endlich.Helen Ribber hob mit einer müden Bewegung den Kopf— und sah den Inspektor eineWeile an; ihre grohen, dunklen Augen schienenihn nicht zu scheu/.. sie betrachteten gleichsamein Bild, dar irgendwo hinter dem Inspektorstand.Dann beugte sie sich leicht vor— legte beideHände auf die Tischplatte und begann mit eigenartig müder, monotoner Stimme zu sprechen.Die Stimme war nicht angenehm; wenigstensnicht so angenehm wir die Stimmen der meistenjungen Damen; aber sie nahm gefangen. Siewar tief und ein eigenartiger Unterton schwangdarin... ein Unterton, der Furcht und Quakgleichzeitig ausdrückte.Die einleitenden Worte waren ihrer Persongewidmet. Vielleicht hatte sie das Bedürfnis,dem Inspektor, der sie niemals vorher gesehen,ein Bild ihrer Person zu geben. Sie war 21/ledig und wohnte allein. Die Eltern waren ge«storben. Beruf hatte sie keinen. Ein kleine« Veramögen und gelegentliche Schreibarbeiten gcstat«teten ihr einen bescheidenen Luxus. Bis vorwenigen Monaten war das. Leben ruhig der«laufen. Eigentlich bis vor 64 Tagen....Sie stieß die Zahl trotzig heraus undThompson fühlte, wie ihn ein leichter Schauerüberrann.. Er hatte diese Dinge hundertmal schongehört gehübt... niemals aber hatte ihn ein«einfache Lebensschilderung so ergriffen wie diese«Eine Weile hatte er mit einem Bleistift gespielt— er legte ihn behutsam beiseite; so behutsam,als füchtete er, durch eine unbedachte Bewegungdie junge Dame zu unterbrechen.Helen Ribber lehnte sich plötzlich zurück;ihre Züge entspannten sich; ihre Augen wurdenunruhig. Manchmal, schien sich der ganze Körper zu straffen. Aeußerlich schien sie erstarrtzu sein; nicht ein Muskel bewegte sich— aberim Innern dieses sonderbaren Mädchens schienein Feuerstrom aufspringen zu wollen.Leicht, gleichsam tändelnd, erzählte sie einharmloses Erlebnis: Eie hatte einen Mannkennengelernt. Er war so wie alle anderen. Erhatte ihr gefallen. Nicht immer. Vielleicht warsie zu entgegenkommend gewesen... vielleichthatte er ein Lächeln, eine harmlose Bewegungfalsch auSgrlegt. Mit einem leisen, ironischenLächeln, da» den Inspektor ergriff, setzt« sie hin«zu:„Männer sind manchmal so eigenartig...*Er hatte ihr seine Liebe erklärt, aber sie hattßihn abweisen müßen.„Ich mußte rS doch tnn, denn ich empfaichs