— 2—stammt aus Südgriechenland, während dasMegaron nur in Nordgriechenland bekanntwar."Stammt die Mittelmeer-Kulturaus dem Osten?Durch unsere Ausgrabungen auf Maltawird dir Frage wieder akut, ob die Kultur desMittelmeeres tatsächlich von unbekannten Völkern und Rassen, die von Osten nach Westenwanderten, stammt. Trotzdem ich aus eine starkeOpposition gefaßt bin, muh ich sagen, dah tatsächlich eine prähistorische Völkerwanderung vonOsten nach Westen stattgefundcn hat. Sie fan^einen Ruhepunkt in der Gegend Les heutigenFrankreich und Spanien und strömte späterwieder in östlicher Richtung zurück. Die bekann-Jrgendwo in der Provence wurde er geboren. Unter dem Himmel des südlichen Frankreichs, inmitten einer Landschaft der Heiterkeitund des Ueberflusses. Sein Vater war Malerund Bildhauer, verträumt, wenig lebenstüchtig. Genießerisch durchstreifte er die Welt, immer auf der Suche nach künstlerischen Eindrücken. Um die Dinge des Alltags, um denVerkäuf der Arbeiten, um die Einteilung desErlöses mußte sich seine Frau kümmern. Siewar in jeder Beziehung das Gegenteil ihresManneS: energisch, umsichtig und stets auf denmateriellen Vorteil der Familie bedacht. Zuihrem größten Kummer entwickelte sich der einzige Sohn ganz nach dem Vater. Wuchs zumKnaben, lässig, träumerisch, unbekümmert wieer. Robert hatten die Eltern den Sohn genannt. Ein Name, der nicht recht zu ihm paßte,den er aber geduldig mit sich trug wie etwasUnabänderliches. Wie er überhaupt von frühester Jugend an eine, seiner Mutter mitunterrecht auf die Nerven gehende, gütige Geduldallem entgegenbrachte, was ihm begegnete.. In seiner Umgebung z. B. der MagdUvonne, die das kleine Anwesen in dem pro-bencalischen Dorf verwaltete, das die ElternRoberts in jedem Sommer aufsuchten. Dann:den Kindern der Nachbarschaft, den Tieren, denErwachsenen. Vox allem aber übte der kleineRobert diese Geduld der Mutter gegenüber.Ihr leicht erregbares Naturell vermochte nicht,ihn aus der Ruhe zu bringen. Schalt sie, wasoft geschah und mitunter wegen belangloserKleinigkeiten, so hatte er eine Art, den Kopfschräg auf die Seite zu legen— ungefähr wiees junge Hunde tun— und dabei mit aufmerksamen Blicken jede ihrer Bewegungen zuverfolgen. Der Mund behielt indes sein' altesfreundlich-ergebenes Lächeln, während dieAugen ruhig und traurig das Schauspiel desHäßlichen zu verfolgen schienen.Robert Languelier war ein Kind, daS wenige lachen gesehen hatten. Manche fanden denKnaben hübsch, weil er so zart und schmal indie Höhe schoß, mit feinen sanften Zügen. Andere fanden ihn häßlich: der roten Haare undder Sommersprossen wegen, die über und überfeine Weiße Haut bedeckten, welche sich auchunter den feurigen Strahlen der südlichenSonne nicht bräunte. Ein Freund des Vatersnannte ihn irgendwann im Scherz, der nichtbös gemeint war,„Rotkopf". Dieser Nameblieb dem kleinen Languelier. Er nahm ihnhin, wie er alles hinnahm: sanft, geduldig undein wenig verwundert.Dann starb die Mutter. In dem proven-ralischen Haus. Niemand war bei ihr als dieten Wandmalereien in Spanien sind älter alsdie Funde auf Malta, aber eine zusammenhängende Kultur, di« aus früherer Zeit, als diemaltesische stammt, ist uns nicht bekannt. Hierist der Beweis, daß die zurückflutende Völkerwanderung eine Zeit lang auf Malta Aufenthalt nahm und sich später von hier auS nachden Fundorten der großen Kulturen, nachKreta, Mykena, Tiryns, Troja zerstreute. Ganzbestimmt haben die Ausgrabungen auf Maltaunsere Kenntnisse der prähistorischen Kultureinen wichtigen Schritt weitergebracht. SpätereAusgrabungen.können vielleicht noch früher«Kulturen an den Tag bringen, aber eS unterliegt keinem Zweifel, daß die Niederlassung aufMalta eine entscheidende Rolle in der Kulturgeschichte der Menschheit gespielt haben muh."Magd Uvonne. Vater und Sohn kamen voneinem Spaziergang zurück, als sie das Schreckliche erfuhren. Der Arzt konstatiert« einendurchaus nicht ungewöhnlichen Herzschlag. Soetwas kam öfters vor bei Menschen, die zuüberhitzten Temperamentsausbrüchen neigten,die kein leichtes Leben führten und sich solchein Leben aus eigener Disziplinlosigkeit schwerer machten, als es nötig war.Am Tag nach der Beerdigung ging HerrLanguelier mit seinem Sohn durch die Felder.Plötzlich blieb er stehen:„Was werden wirjetzt nmchen, Robert?" Der Vater nannte denSohn niemals„Rotkopf", Als einziger. Robert,gerade zehn Jahre alt, meinte:„Laß uns nachParis übersiedeln. Laß uns für immer dortbleiben. Nicht mehr herumreisen. Ich muß dochnun endlich etwas richtiges lernen." Herr Languelier seufzte. Robert hatte nicht unrecht. DasZigeunerleben, sein sehnsuchtstrunkenes Umherschweifen, konnte unmöglich gut sein für dieEntwicklung eines Knaben.„Schön, meinJunge, ich werde in Paris ein Atelier mieten,Uvonne nehmen wir mit, du besuchst das Gymnasium und arbeitest von jetzt an in der großen Landschaft Paris".Ein paar Wochen später zogen sie alle zusammen unter die Dächer des Montparnasse.DaS Atelier bestand aus drei Räumen. Dengrößten erhielt Herr Languelier. Er warSchlaf-, Wohn- und Arbeitsraum zugleich. Miteinem Male merkte Robert, daß häusliches Leben auch schön und friedlich sein kann. Uvonnenachte niemals Szenen. Sie war froh, daßman sie nach Paris mitgenommen hatte. DerVater besaß nicht den Ehrgeiz, Autorität auS-üben zu wollen. Robert wäre glücklich gewesen,wenn— ja wenn es keine Schule gegebenhatte. In der Schule fand er sich nicht zurecht.Hier gab es wieder jenen harten Zusammenstoß zwischen der Realität des Lebens und denTräumen seiner Phantasie. Die Knaben inder Klasse mochten den neuen Gefährten nicht,von dem sie instinktiv fühlten, daß er anders war,anders dachte und anders empfand als sie. Gekennzeichnet wurde dieser Unterschied schon reinäußerlich. Die meisten der Jungens verfügtenüber kräftige gedrungene Glieder, tobten,schrien, balgten sich. Waren schon heute fanatische Anhänger jeglichen Sports, rauchtenheimlich und kannten sich schon in allerlei zweideutigen Dingen aus. Mit„Rotkopf"— derName war hier sofort aufgetaucht, gleichsamals habe er in der Luft gelegen— konnte manüber nichts dergleichen reden. Weder über Sportnoch Zweideutigkeiten. Rotkopf liebte Bücheroder faß auch oft lange Zeit still und ließ seinegroßen ernsten Augen beobachtend umherwandern. Seine schmale feine Gestalt hatte geradezu etwas AetherischeS und Zerbrechliches ansich. Wie konnte man mit solchem Jungen raufen, Fußballspielen oder um die Wette schwimmen. Sie mochten ihn nicht. Doch sie wagtenauch nicht, dies offen zu bekunden. Er hatteeine Art, freundlich und sicher, die sie befangenmachte. Es war schlimmer, was die Mitschülertaten. Und kränkender. Sie gingen Robert Languelier aus dem Wege. Ließen ihn einfach linkliegen.Robert beklagte sich zu niemandem. Nur,er schloß sich dem Vater immer inniger an. DerVater wurde sein Freund. Blieb es. Allmählicherschien es dem Maler ganz selbstverständlich,daß sein Sohn ihn des Abends ins Cafö duDome, dem Treffpunkt der Künstler am PariserMontparnasse, begleitete und nicht früh zu Bettging wie andere Knaben. Am Vormittag mußt«Robert ja in die Schule. Am Nachmittag arbeiteten beide, Vater und Sohn. ES blieb ihnenalso nur der Abend. Richt verwunderlich, daßsich Roberts ätherisches Aussehen mit der Zeitnoch vertiefte. Der Rauch deS CafiS, das allzulange Ausbleiben trugen die Schuld daran.Sie waren bald ein bekanntes Paar inder Pariser Bohäme.„Vater Languelier mitseinem Rotkopf erscheint". DaS wurde ein feststehendes Wort am Stammtisch jener Künst«ler, zu dem auch der Maler gehörte.„Wer istdieser Junge?" fragte ein Fremder, der zuGast geladen worden Ivar von einem jungenBildhauer und plötzlich des Abends im„Dome"äuftauchte. Der Bildhauer lachte.„DaS ist unser„Rotkopf". Verrückt, was, ein Kind abendsmit inS Kaffeehaus zu nehmen. Aber der Altekann sich ja nicht von ihm trennen. Umgekehrtder Junge übrigens auch nicht. Hat keine Mutter mehr. Das erklärt vieles. WaS starrst duden Bengel so an? Glaubt dein Filmauge ein«Entdeckung gemacht zu haben?" Der andereantwortete kurz:„Ja. Tu mir den Gefallenund bring mich mit dem Knaben zusammen^Aber mach eS möglichst wenig auffallend. Ichwill nicht, daß er im Gespräch mit mir seineUnbefangenheit verliert." Der Bildhauermeinte:„Nichts leichter als das".Ein paar Minuten später saßen sie amStammtisch LanguelierS. Der Freund des Bildhauers bestellte sich eisgekühlten Gin-Fizz.Ganz nebenbei, als sei es das Selbstverständlichste von der Welt, wandte er sich an Rotkopf, der ihm gegenübersaß, die Hände ineinander verschlungen, träumend vor sich hinstarrend:„Möchtest du auch etwas trinken? Vielleicht eine kalte Schokolade?" R^jkopf fuhr erschreckt zusammen. Mit großen Augen starrteer staunend auf den Fremden, den er nie zuvor gesehen. Sonderbar, außer dem Vater hattenoch selten jemand so freundlich zu ihm gesprochen.„Danke", stotterte Robert verlegen.„Danke ja oder danke nein?" Rotkopf war überseine Kühnheit selbst verwundert, als es sichjetzt sagen hörte:„Danke— jal" Der Fremdelachte.„Na, siehst du, das gefällt mir. Immergerade heraus. Also, Schokolade?" Rotkopfnickte. Ter Vater hatte die kleine Szene garnicht bemerkt. Er debattierte gerade eifrig mitjüngeren Kollegen über die Ausdrucksmöglichkeiten einer neuen, soeben in Mode gekommenenRichtung der Malerei.>■„Wie heißt dü? fragte der Fremde.„Ich binPaul Leblanc. Kennst du mich?" Robert schüttelteden Kopf.„Ich heiße Robert Languelier. Gewöhnlich nennt man mich„Rotkopf", AberIhren Namen habe ich noch nicht gehört. Derandere lächelte.„Nun ja, du bist noch zu jung,um ins Kino zu gehen. Ich bin nämlich Film»————————— t————————Rotkopf Gkizze von«Erna Pretp