33 UnterOaltungdWilage 1935 Bei Frau Kinderessen Autorisierte Uebersetzung aus dem Tschechischen von Ida Steinschneider Jungens, wißt ihr noch, wie großartig es war auf den Transporten zu Kriegsbe­ginn? Vir hatten er wie die Könige! Speziell die Marschkompagnien, die über Kolin und Böhmisch Trübau   nach Galizien   gingen. Kruzitürken! Also zuerst wurden wir in Prag   aus de« Straßen traktiert, wir kriegten Brüt, Sa- lami, Leberwürste, Apfelsinen, Zigaretten; auch Schrchkreme. Einmal geh ich über den Pokik. Hält mich da ein älterer Herr im Zylinder an. Herr Soldat, möchten Sie ein GlaS Bier?" Meinetwegen", sag ich. Er ließ Frau und Kinder auf der Straße warten und wir gingen zumSchtvan" in den Bierschank. Diesem Krieger hier ein Glas Pilsner  vom Faß. Oder lieber gleich zwei!" bestellt« der Herr und zog einen Handschuh aus. Ich leerte die Gläser auf einen Zug, um ihm Freude zu machen. Er zahlte aus der Brieftasche, bot mir Trabukos an und reichte mir zum Abschied die Hand. Lasten Sie fich's gut gehen und kom­men Sie gesund zurück!" In einem Reustädter Kaffeehaus hab ich einen ähnlichen Spaß erlebt. ES war schon fast neun, und nach den Kasernen auf dem Pohokelec ist's weit. Ich will rasch meinen Mantel übertoerfen. Springt doch ein Herr mit'ner Brill«, der beim Kartenspiel gekiebitzt hatte, herzu und hilft mir hinein. Ich sträube mich, er aber sagt: Sie ziehen in den Krieg, und da ist eS unsere heilig« Pflicht... das wär ja noch schöner.. l" Ich bedanke mich und will Weggehen. Er darauf: Warten Sie, Herr Soldat," und zieht Papiergeld heraus, er hatte es lose in der Tasche, und drückt mir«inen Fünfer in die Hand. Bon nichts und wieder nichts. Gott  weiß, was auf einmal in die Leute gefahren war. Wir fuhren vom Franz-Josefsbahnhof   ab. Damen reichten Milchkaffee, Senuneln. Enunentaler. Und eine Menschenmenge war da! Schöne Fräuleins verteilten Zigaretten, Kipfeln, Tee. Immer trat eine der andern aus die Fersen und fie hörten nicht auf zu fragen, ob wir nichts brauchten. Auch Blumen haben sie verteilt. Juchhul Gab's da zu effen! Kruzitürken! Wir waren beinah froh, als sich der Zug in Bewegung setzte. Mir brummte der Schä­del. Die Jungens sangen:Kde domov müj", und riefenNa zdäaar!" *) Aus dem NovellenbandAbende auf dem Strohsack" Soldaten erzählen ihre Kriegserlebniffe. Wir nähern uns Böhm. Brod, schauen aus den Wagen um Jesu Christi willen! Menschen wie die Ameisen. Kaum hält der Zug, da stürzen fie schon auf uns los mit Körben und. Ranzen. Gesegnetes Land, heißesten Dank! Fräuleins in Spitzenschürzen trugen Zigaretten, Tee, Buttermilch, Zuckerzeug und Lebkuchen aus. Bauernfrauen gingen weinend von Wagen zu Wagen, fragten nach Bekann­ten, kein« a?er kam mit leeren Händen. Ich legte meine Mühe am Ende des Wagens hin und lief zum Brunnen, um mir den Kopf abzukühlen. Wie ich zurückkomme, ist die Mühe voll von feinsten Dalken. Kruzi! Eine Bäuerin war mit einem Tra^lmch hennngegangen, und wo fie ein« Tasche oder einen offenen Behälter fand, einerlei, ob es eine Schale oder eine Mütze war, legte fie Dalken hinein. Mein Mützenboden war ganz durchgefettet. Der Herr Lehrer verteilte Rauchtabak, die Schulkinder Ansichtskarten von Böhm. Brod schon frankiert. Gute Leute bewirteten uns in Polikany und erst recht in Kolin. Rur   versteckten sich die Jungens dort schon in den Winkeln des Viehwagens sie konn­ten nicht mehr. Wußten auch nicht, wohin etwas tun. Mund, Magen, Taschen, alles war voll... Man verschob uns auf ein Nebengeleise. Die Damen hatten beim Magazin Zelte errich­tet wie auf einem Jahrmarkt. Wir sollten mit Unmengen von Würsteln, Salami, Leberwür­sten, Preßwurst und einem Kessel Gulasch auf­räumen. Der Stadtrat hatte vier Faß Bier aufmarschieren lassen. Kruzitürken. Di« Jun­gens von unserer Marschkompanie hielten sich tapfer. Sie habens bewältigt. Sie zwangen sich. Sie aßen Birnen, tranken Bier hinter­drein, unterschrieben Ansichtskarten, riefen Ra zdäärl" Di« Waggons sahen aus wie Blumenwagen. So«ine Betvirtung, soviel Ehre es kam einen fast das Flennen an. Daß man s» für nichts und wieder nichts hin­aus muß... Meine Mütze war mit Memphiszigaretten gefüllt, meine Taschen ebenso, in der Weste stak eine Gänsekeule, der Brotsack war voll, der Tornister vollgepfropft. Aepfel und Rüste steckte ich in di« Bluse und ließ sie in die Unterhosen hinunterkollern. Man hatte wirklich nicht mehr, wohin etwas tun. Ich lief zum Lokomotivführer. Das war so ein Glatzkopf. Ich kletterte auf die Maschine. Herr Maschinenführer, rnöchten Sie nichl Fleisch, Brot, Birnen oder vielleicht einen schönen Apfel?" Er schüttelte den Kopf, sprechen konnte er nicht er hatte den Mund boll. Er sagt« also nichts und hob nur den Deckel der Truhe auf. Ich sah, sie war bis zum Rand voll. Also vielleicht der Herr Heizer?" Der schlug das Türchen des KeffelS zu, haute die Schaufel hin, wischte sich mit der schwarzen Hand das fettriefenbe Kinn ab und nahm den Deckel seiner Truhe ab. Auch di« boll. Ich springe ab, erwische den Korporal. Franzl, hättest du nicht Lust auf einen Bissen Gulasch oder ein paar Birnen?..." Er holt« mit der Hand aus wie ein Be­sessener.Machst du dir einen guten Tag aus mir, oder bxrs? Ich hau dir eine herunter Ich ging zu meinem Waggon zurück und mir war traurig zumut. Warum, weiß ich nicht. Ich erinnere mich nur, daß mir wieder meine Faninka, mein Goldmädel, einfiel, ich hätte am liebsten geweint wie ein Wickelkind. Die JungenS sangen: Koolin, Koolin, schönes Städtchen, Hab in der Schenk« dort ein Mädchen, Mein herzlieiebes Rannerl, Schenkt roten Wein ins Kannerl" Ein Fräulein in rosa Kleid und weiße» Schuhen hopfte herzu und fragte errötend, als fie nicht bis fünf zählen könnte: Was möchtet ihr Soldaten gern?" Ruda Vkelük leistete sich einen Witz! Fräuleinchen na denn Donnerwetter nochmal! Gurkensalat!" Sie lachte und trippelte davon, als ging« sie auf Stecknadeln. Meiner Seel! Eine halbe Stunde spät«? schleppten die Mägdlein fünf Butten Gurken­salat an. Wir schlugen uns darum, schöpften in die Schalen. Pfeffer war daran, Obers, alles wie es sich gehört. Das war ein guter Gedanke gewesen« Bielen hat der Gurkensalat wieder auf di« Bein« geholfen. Die Jungens lagen auf den» Boden des Wagens, mit Bäuchen wie die Trommeln, ächzend und stöhnend, und fie» mit Vergeben... Die Gurken brachten di« Schmerzen mit großer Gewalt zum Aus­bruch... Es war auch höchste Zeit. Wir fuhr«» aus Kolin ab, und kaum hatten wir ein paar Zigaretten geraucht, da hielten wir schon in Pardubitz  . Hier warteten wieder eine Meng« Men­schen auf den Zug, Frauen, Fräuleins,«in« Gruppe von Bäuerinnen in Kopftüchern, in den Händen Körbe mit Selchwaren, Kipfeln, Buch­teln. Eine Bäuerin hat Krapfen verteilt«» daran erinnere ich mich genau. Und in Chötzen wieder in Wilden­schwert Trübau Prerau Olrnütz... Kruzitürken! Gab's da zu essen! Wo sind die Zeiten! Svakkcek, der Streckenmeister zwischen Pardubitz   und Moravany, Hat mir nach Gali­ zien   einen langen Brief geschrieben, daß er eS mit seiner Mutter»och nie im Leben so gut