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Klingt Archibald Douglas   weiß dennoch, daß man das eine braucht, um damit das andere zu erhalten.

Nun geht es der Prinzessin Roxane nicht mehr schlecht. Sie braucht keinen Sprachunter­richt mehr zu geben, keine Gäste zu animieren und zu bedienen. Sie braucht nur hie und da ein wenig listig zu sein, und wenn es sich nicht vermeiden läßt, mit diesem oder jenem zu schlafen. Im Bett sind die Männer nachgiebig. Auf den elfenbeinfarbenen Gliedern Royanes vergessen sie alle Vorsicht, versuchen, der asiati schen Schönheit durch Wissen, Können und Er­folge zu imponieren. Brüsten sich gern mit den blutigen Geheimnissen vom Oel. Die Prin zessin weiß, wie es zum Weltkrieg kam, zu dem wütenden Morden in Mexiko  , zu den Kämpfen in der ,, Grünen Hölle" am Gran Chaco  . Alles nur des Dels, des ,, schwarzen Goldes" wegen. Leidenschaft heuchelnd, hat sie Geständnisse ge­lockt aus dem Munde von Männern, die die Herren der Erde sind. Alle Vorsicht vergaßen sie, wenn Rorane lächelte. Wenn sie erlaubte, daß man sie nahm. Mächtig wurde durch sie die ,, Gruppe D", die manchen Coup nach den Informationen Royanes ausführte. Reich wurde auch die Prinzessin. Sie besaß jezt ein Landhaus in Auteuil  , eine Villa in Nizza  , ein Palais im Pariser   Faubourg St. Germain. Eigentlich hätte sie sich bereits zur Ruhe setzen fönnen. Aber das ging nicht so einfach. Man hatte nicht umsonst viele Jahre das Leben einer Abenteurerin großen Stils geführt. Nun saß es im Blut. Lockte immer wieder. Bis zum letz= ten Atemzug. Bis man verbraucht war. Endgültig verbraucht. Und keinen mehr ent­flammen konnte.

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Das Telefon Klingelte. Die Prinzessin fuhr erschreckt hoch. Griff zum Hörer. Es war Doug. Meldete, daß er soeben auf dem Flugs hafen von Le Bourget gelandet sei. Sie solle sich irgendwo mit ihm treffen. Nein, nicht im Riz.( Doug blieb gern im Dunkel.) Wie wär's mit dem Petite Café" hinter St. Lazare  ?"- ,, Gut."

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Unauffällig gekleidet betrat die Prinzessin eine Stunde später das Petite Café", Stamm­lokal friedlich- harmloser Pariser   Kleinbürger, die hier beim Apéritif aus Cinzano und klein­gehackten Eisstücken ihre nachmittagliche Partie Billard   spielten. Doug sah Rorane schon von weitem tommen. Kritisch musterte er sie. Die Gestalt unverändert. Hinreißend. Der Gang. Die schmalen, schwebenden Hüften. Aber das Gesicht. Nicht mehr lange, Rogane, nicht

mehr lange.

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Spät in der Nacht war es. Noch immer

Die Berbannten fak Roxane mit Leffy Welcome in der Rik­

W. D. Semin.

Man hetzt sie durch die ganze Welt, und überall fließt deutsches Geld, und überall find Hehler. Man fällte über sie den Spruch: ,, Sie sind nur dezimierter Bruch, find Nenner ohne Zähler!"

Sie tauchen auf, bald hier, bald da, die Ferner nur, ist ihnen nah, ihr Heute ist das Morgen.

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Sie fühlen sich so vogelfrei, als ob die Welt ein Käfig sei, in dem die Luft aus Sorgen.

Ihr Ziel ist fern. Sie selbst sind Biel  , sind in dem hochpolit'schen Spiel die Stiche, die nicht zählen. Wer Freiheit sich zum Ziel gewählt, hat halt sein Leben heut' verfehlt, mag sich dem Tod vermählen.

Doch einmal, einmal kommt die Zeit, in der erblüh'n zur Wirklichkeit die Träume der Verbannten. Dann weiß die Welt nichts mehr von Not, nichts mehr von Kampf und Heldentod", nichts mehr von Emigranten

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Bar, plaudernd, scherzend und sehr behutsam den Flirt ausspinnend bis zur letzten Konses quenz. Ja, sagte die Prinzessin leichthin, sie sei eine russische Emigrantin. Doch zum Glück habe sie ihr Vermögen gerettet. In Form von Juwelen. Der Erlös, in Wertpapieren anges legt, sei deshalb nicht aufgebraucht, sondern vermehrt worden. Andere hatten weniger Glück gehabt.

Ein argentinischer Tango erklang. Lessy Welcome tanzte mit Rorane. Sie war sehr schön. Aber auf ihrem Gesicht stand doch das abenteuerliche Leben. Welcome wünschte sie sich für eine Nacht. Für diese Nacht. Nicht länger. Nicht eine Stunde länger. Die Prinzessin be gleitete den Amerikaner auf sein Zimmer, tat berückt, hingerissen und beobachtete doch nur, innerlich eisfalt, jede seiner Bewegungen, als er sich entkleidete. Spähte dabei umher, mit routiniertem Blick Möbel, Gegenstände und Koffer des Zimmers überfliegend. Dann ers füllte sie ihre Pflicht gegen die Gruppe D".

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Jett lagen fie beieinander, nadt, tranfen bom Wein, der bereits ein wenig schal schmeckte. ,, Bleib noch", sagte Lessy Welcome, weich ge stimmt. Rorane nickte mit traurigen Augen. Dann bot sie dem Manne eine ihrer fleinen opiumgetränkten Zigaretten. Wer nicht an sie aewöhnt war, wurde danach schnell müde. Schlief fest und träumte schwer.

Rorane wartete, bis sie Welcomes Atems Basil Zaharoff   und kostbare Erinnerung an züge tief, ruhig hörte. Ein fahler Schein der eine schwache Stunde des Gewaltigen um Morgendämmerung drang schon ins Zimmer. den noch immer untadeligen Hals. Das Haar Sekunden lag die Prinzeffin noch an der Seite trug die Prinzessin im griechischen Knoten des fremden, gleichgültigen Menschen. Niemals nie hatte sie sich entschließen können, diese Flut hatte sie an Jljine Seite gelegen. Wer war sein von der Farbe dunklen Kupfers abzuschneiden. Mörder? An den langen schmalen Händen nur einen Ring: der Brillant, in Platin gefaßt, groß wie ein Taubenei.

Rorane wählerisch, nahm hie und da Meine Bissen Geflügels, trank roten Wein, am Glas nur nippend. Selten glitt ein fübler, flüchtiger Blick zu jenem Tisch, an dem die Ver­treter der Gruppe N." saßen: Lessy Welcome mit seinen beiden Sekretären. Er war ein Mann Anfang der Fünfziger, so schäßte die Prinzessin den Amerikaner. Groß, breitschul­trig, das Haar interessant angegraut und eine Forschheit vortäuschend, die nicht mehr ganz echt war. Roxane seufzte. Es würde kein be­sonderes Vergnügen werden.( Es war übrigens selten eins gewesen. Aufreibende Geschäfte ver­brauchen die männliche Kraft.) Aber immer Sie hörte ihm aufmerksam zu. Nickte. noch besser dieser Lessy Welcome als solch ein ,, Wie lange wirst du für die Geschichte brau- Bolschewit. Schaurig, Rorane schloß noch heute, chen? In ungefähr drei Tagen reisen die Van- von Entsetzen erfüllt, die Augen, wenn sie an kees wieder ab. Der Hauptmanager von jenen Sowjet- Kommissär dachte, der die Kon­Gruppe R. ist diesmal Lessy Welcome. Er hat sessionen für Bakus Oelquellen zu vergeben ge­alle Verhandlungen mit den Arabern geführt. habt hatte. Gerade mit ihm zu schlafen, war Er hat auch den Vertrag bei sich. Du mußt dich ihr das Entsetzlichste gewesen. Und gerade bei auf Welcome konzentrieren. Hörst du?" Wie ihm hatte es nichts, aber auch gar nichts ge­der nickte die Prinzessin. Heute ist Diens- nützt. Wohl stammte der Herrliche Zobel pela tag. Genügt Freitag.abends?" ,, Ja. Ich im Kleiderschrank ihres Pariser Palais von wohne diesmal im Quartier Latin  . Hotel ihm, doch die Konzessionen hatte nicht Sir De­,, Square". Schräg gegenüber von ,, Notre terding erhalten. Blamabel! Die Prinzessin Dame". Und merke es dir gut, nochmals. Das preßte im Gedenken stets erbittert die Lippen Aftenstück trägt das Zeichen: M. F. 305!"

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aufammen.

Sie arbeitete nicht mit plumpen Kniffen, Im Speisesaal des ,, Riz" nahm Roxane mit kleinen Mittelchen, armseligen Trics. Sie am gleichen Abend abseits an einem kleinen hatte ihre eigene Methode. Wußte zu wirken, Tisch Platz  . In Haltung und Erscheinung die zum Erglühen zu bringen durch ein Lächeln, große Dame von Welt. Gekleidet dezent, eine Bewegung des Arms, der Hüften. Wußte, Stumpfe schwarze Seide, weich herabfließend bis daß ihr Gang berauschte, Teichte Biegung der au den Füßen, eine Schnur mattrosa Perlen Hand, die sich öffnete und wieder schloß, au­- Geschenk des Rüstungsindustriellen Sir fällig scheinbar und dennoch volle Absicht.

Nun war es verwunden. Sie kleidete sich

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am

an, durchsuchte das Zimmer, Schränke, Koffer, Schreibtischfächer. Im Schrank ein kleines Sandköfferchen: glänzend schwarzes Lackleder. Doch verschlossen. Norane hält es in der Hand, betrachtet es von allen Seiten. Da Griff, in lederner Umhüllung eine weiße Karte, winzig, unauffällig. Eine Karte, wie man sie auf Reisen benutt, um Absender und Adresse darauf zu schreiben. Kein Name, kein Ziel. Nur: M. F. 305. Nichts als das. Es genügt.

Doug muß nicht bis zum Freitan warten. Noch im Morgenarauen verläßt die Prinzessin Rorane das ,, Rik" der Portier wundert sich

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nicht, das verlernt man in feinem Beruf läuft ein paar Straßen kreuz und quer, winkt einem Tari: ,, Notre Dame  ". Doch fie geht nicht in die Kirche zur Frühmesse, diese vielgewandte

Abenteuerin, fie überquert die Seine- Brücke,

eine schmale, lichtlose Gaffe. ,, Rue Square". und da ist auch das Hotel. Ein kleines Hotel. für Studenten und Midinetten.

Sie ist sehr erschöpft.., Da", sant Rorane und holt aus der Innentasche des weiten Capes das glänzend- schwarze

Röfferchen.

Dota

nimmt es schweinend. Schlösser, auch wenn sie noch so kunstvoll beschaffen find, bilden fein unüberwindliches Hindernis. Auf so etwas vors bereitet sein, gehört zum Handwerk. Die Manis

pulation dauert nur wenige Minuten. Dann ist das Köfferchen geöffnet. Da lieat ein Aften. deckel, trägt die Aufschrift ,, M. F. 305." Viktoria!

Zwei Minuten später fißen sie sich gegen über. Still und stumm. ,, Goddam", sagt Mr. Archibald Douglas  . Vor der Prinzessin geniert er sich nicht. Die Prinzessin ist bleich. Dies hier -nach dem Sowjetkommiffär ihre größte Ent

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