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Junonische Busen wölbt, hatte Fräulein Kmínová durch einen Aufputz von Schleifchen und einer breiten goldenen Brosche die Fläche täuschend und reizvoll aufgewölbt.

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Ihr Liebhaber" ließ sie nicht warten. Pünktlich, genau zur gestrigen Stunde, kam er stattlich und elastisch vorbei. Seine rote, etwas fleischige Hand, die Fräulein Kmínová dank ihrer Kurzsichtigkeit als ,, selten aristokra­tisch" ansprach, winkte hinauf und sofort schlüpfte Anužka, die treue Seele, mit ganz un­gewohntem Diensteifer herab.

Fräulein Kminová sah, wie der Herr Anuzka durchaus herzlich und keineswegs hoch­mütig mit einem Händedruck begrüßte und das Paket in Empfang nahm. Grüßend und win­

fend entfernte er sich dann mit eiligen Schritten.

Dieses morgendliche Ereignis wurde mit der Zeit zur lieben Gewohnheit. Zwar äußerte Fräulein Kminová mit steigendem Unmut, der Herr möge doch auch einmal den Weg zu ihr hinauf finden und nicht so schrecklich schüchtern sein, es werde ihm ja von ihrer Seite nichts

Ungebührliches passieren. Aber Anužka wußte mit trefflichen Worten die Gründe seiner jeweiligen Verhinderung überzeugend auszu= malen. Sie unterließ es auch nicht, darauf hin­zuweisen, daß ein Mittagessen aus Fleisch und Buckerwerk doch allzu unvollkommen sei und so wurde auch dem Patet ab und zu ein Fläschchen Kognat und ein eigens mit Sorgfalt und noch mehr mehr Butter gebadener Suchen beigefügt.

Anužka unterließ es auch nicht, gelegentlich Kenntnis von gewissen Finanzschwierigkeiten des freundlichen Herrn zu geben und diese diskreten Geständnisse rührten das immer mehr in seinen Wahn sich verstrickende gute Fräulein derart, daß sie in ein Kuvert, welches sie mit bunten Blumen oder einem pfeilschießenden Amor zu zukleben pflegte, fleine und auch größere Geld­beträge versenkte.

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So wäre das Spiel wohl noch manchen Monat gegangen, wenn nicht eines Tages es war gerade nach ihrem dienstfreien Sonntag Anužta weinend morgens mit dem Kakao ins Zimmer gekommen wäre und, unter leb­haftesten Wogen des Gemütes und des Busens, nichts hervorgefeucht hätte, als: Der Treu­lose! Gestern habe ich ihn mit einer anderen tanzen sehen. Er hat mich betrogen, der lieder liche Kerl!"

Diamantenspalter

Die kleinste Branche der Welt

Eine Armee von Menschen arbeitet daran, beitet, präzisen Sägen, die sich durch das ein­die Rohdiamanten aus allen Gegenden der Welt zige Mineral mit Härtegrad 10 fressen; Noch viel mehr Die wirklich großen verantwortungsvollen Ar­nach Antwerpen zu bringen. Diamanten aber als nach Antwerpen   gelangen, beiten kommen nur selten vor. Wenn ein Ries tommen nicht hin, weil sie in den Tresors der sendiamant gefunden wird, wird wochenlang Syndikate liegen bleiben, damit der Kurs fest beraten, wie er gespalten werden soll. Und als bleibe. Diamanten sind eben selbst zu gesunkenen der größte Diamant der Welt gefunden wurde, Preisen viel zu teuer, als daß man mit ihnen der heute der englischen Krone gehört, wurden umspringen könnte wie mit brasilianischem der Schleifer und Spalter, der den Auftrag Kaffee, obwohl auch Diamant ausgezeichnet bekam, für Wochen in einem Tresor eingesperrt, und ebenso bewacht, wie der Diamant selbst.

brennt.

der Produktion beteiligt ist, muß von einer

Und was die Armee herbeischafft, die an

Branche verarbeitet werden, die die kleinste der Welt ist! Was nützt der schönste Diamant, wenn er nicht gespalten ist? In ganz Antwerpen sind es 50 Menschen, die die Arbeit des Spal­tens leisten. In Amsterdam  , dem zweiten Zentrum, mag es, sehr hoch gerechnet, 50 ge­hundert Menschen demnach, die den kostbarsten Werkstoff der Welt verarbeiten.

ben

Das Spalten von Diamanten ist kein Ge­werbe; es ist eine Kunst. Denn, was sich an ihr erlernen läßt, das macht noch lange nicht den Spalter. Der Diamant ist nie rein. Er hat Sprünge, Flecke, Risse, die ihn im Wert herabfeßen, arbeitete man nicht die ganz reinen Stücke heraus. Diese sind oft unverhältnismäßig flein, wenn man das Gewicht des Rohdiamanten ansieht, aber auch entsprechend wertvoller. Aus einem großen Brocken entstehen drei, vier, fünf relativ kleine, reine Steine, und der Rest in Gliberstaub, zu einem schlechten Gewichtskurs

gehandelt.

Einen Spalter bei der Arbeit zu sehen, ist das reinste Vergnügen. Sein Gewerbe ist das sauberste der Welt, und man kann ihm seine Be­hauptung glauben, daß er auch im Smoking ar­beiten könnte. Der Spalter sieht sich diesen staubig- schwärzlichen Kiesel, der Diamant wer­den soll, mit seiner Lupe an, eventuell mit einer stereoskopisch abbildenden auch noch, und bei die­ser raschen Betrachtung hat er seinen Plan schon gefaßt, wenn es sich nicht um wirklich wichtige Fräulein Kmínová schrak auf, so daß der Stücke handelt. Nun weiß der Spalter, in wel­Zwieback jäh in den schweren Fluten des Kakaocher Tiefe die Risse sißen, wissen, was wegge versant. Was heißt das, er hat sie betrogen, wem hat er denn gewinkt? Ihnen oder mir?"

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,, lns beiden", schluchzte Anužka,, und dabei ist er Feldwebel gevesen mit baldiger Aussicht auf Zivilversorgung". Fräulein Kmínová raffte sich zusammen, ihre Kleider raschelten geradezu empört. Ein Feldwebel, und so etwas erdreistet sich, einer Majorstochter zuzuwinken. Unerhört!" Dann aber brach doch ihr wahres Gefühl wieder hervor, sie streichelte Anužka, ganz ungewohnt gütig, über den Kopf und sagte mit tränenerstickter Stimme: Ja, so sind die Männer"

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Darauf weinten sie beide, man kann schwer sagen, ob die Tränen des Fräuleins Kmínová aus Mitleid flossen oder aus eigenem Leid.

flopft werden muß, um ein möglichst gutes und großes Stück zu haben.

Das weitere ist rasch erledigt: Einkitten in einen Stiel, ein kurzes scharrendes Drehen mit einem zweiten Werkzeug, in dessen Spize eben­falls ein Diamant sitt( Diamant kann nur mit Diamant angegangen werden); eine feine Kerb ist entstanden, in die nur ein Messer eingesetzt wird ein leichter Schlag, und wenn der Spalter unvorsichtig war, so ist viel Geld ver­loren gegangen!

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Fünzig Männer in ganz Antwerpen   leisten diese Arbeit. Qualitätsarbeit. Die Kommerz­ware wird heute schon mit der Maschine gear­

Auf Sardinenfang

Paris  , im Oktober.

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Der gespaltene Diamant wird später, irgendwann geschliffen; der ungeschliffene kommt ebenso in den Handel, wie der nur vorgeschlif= fene. Der Handel selbst spielt sich in vier Bör­sen ab, die nebeneinander in der Pelicanstraat liegen und Unbefugten ebenso unzugänglich sind, wie die berühmten Tresors, die zu jeder Börse gehören, und in denen die Agenten und Händler ihre kostbaren Schäße verwahren.

Sind die Diamanten nicht im Tresor, so befinden sie sich, fast unachtsam in der Tasche. Ein phantastischer Anblick, solch ein Courtier, für gewöhnlich gar kein reicher Mann, wenn er eine dicke Brieftasche zieht, in der viele gefaltete Seidenpapiere stecken, jedes nach einem geheim­nisvollen, aber feststehenden Ritus gekniffen, der nie geändert wird. Sie entfalten die Seiden. papiere, eines nach dem anderen: hier ist der weiße Kristallschnee, feinste geschliffene Steine; dort größere, da noch kleinere, Christbaumstaub von hohem Wert. Auch farbige Diamanten, vom einfachen Grau bis zum Goldgelb, bis zu tiefem Schwarz werden gehandelt: Industrieware, sa­gen sie wegwerfend. Die berühmten, reinschwar zen Diamanten, kommen sehr selten vor. Der Kleine schwarze Diamant ist gute Ware: teine Kohlenmine kann ihn entbehren, denn er allein kann den härtesten Fels zerfressen. Und es ist immer noch billiger, mit Diamanten zu bohren, als mit Hartstahl, der schnell stumpf wird.

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Fünfzig Männer Klopfen auf Millionens schäßen herum. Sie selbst sind nicht reich. In den Jahren guter Konjunktur konnte ein Spal­ter 2000 bis 3000 belgische Francs pro Woche verdienen, aber diese Zeiten sind nun lange vorbei. Im Laufe eines Jahres wechselt ein gu ter Spalter zehn bis fünfzehnmal seinen Ar­beitgeber. Aber man kennt einander, und jeder Spalter weiß genau, welches Atelier im Augens blick Arbeit zu vergeben hat. Aber heute, auf der Höhe der Arbeitskrise gibt es Pausen, die monas telang dauern können. ,, C'est la crise" den die Spalter sagen, wenn sie französisch könnten. Aber in der Mehrzahl muß man sich des Deutschen   oder des Holländischen bedienen, um sich in dieser kleinsten Branche der Welt zu verständigen.

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wür

René Maria Paillard.

Hafen. Da das Tausend mit 70 bis 100 Francs verkauft wird, bringt ein solcher Fang bis zu 3000 Francs ein.

Befümmert waren auch der Mezger, der Bäcker und der Delikatessenhändler, denn die Einkäufe des Fräuleins Kmínová gingen wieder rapid zurück. Man sah sie auch nur noch sel­ten am Fenster sitzen, sie vergrub sich in ihre kleine Wohnung. Selbst ihre Tyrannei über Anužka hatte sich gelockert und das einzige Ver­gnügen, daß sie sich leistete, war der Genuß von Liebesliedern am Radio. Denn", so sagte sie einmal zu Anužka, erst das ist die wahre Saint- Jean- de- Luz   an der sie als Hors d'oeuvre der Mahlzeiten in allen Liebe, jie gibt mir die nötige Distanz!"

Der Monat Oftober ist der letzte Monat des Jahres, in dem die Fischer ausziehen, um Sardinen zu fangen. Ein guter Fang bringt reiche Beute mit einem einzigen Nepaus­wurf brachten dieser Tage die Fischer von

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Der größte Teil der Sardinen wandert nicht gleich in den Magen von Fischfreunden, sondern zunächst in die Konservenbüchse, in der die Sardine die Reise um die Welt antritt. In Olivenöl oder Tomatensaft ,, verpackt", dient

Bastenküste mehr als 30.000 Sardinen in den fünf Erdteilen.