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Ein leises Staunen regte sich in Eberhardt| beit, der Autopark vor dem Theater war Maurer, vermischt mit ungegorenem Protest. unübersehbar, aus den Logen leuchteten ,, Merkwürdig", dachte er ,,, bor wenigen Stun- Toiletten, hier und dort klang Lachen auf. den noch war Otto Teich völlig unbekannt und Dann wurde es still und der Vorhang nun, weil er tot ist, ist er mit einem Schlage berühmt. Und diese zwei Worte ,,, tot" und ,, be­rühmt" ließen ihn nicht mehr los.

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,, Gewiß", finnierte er weiter ,,, gewiß wird es mir einmal ebenso ergehen. Erst nach meinem Tode werde ich berühmt sein. Und weiter: ,, Wie wäre es...? Könnte ich dem Schicksal nicht unter die Arme greifen?... Nein!... Ich bni kein Betrüger... fein Hochstapler, aber, wer kann mir verbieten...? Wenn ich mir nun das Pseudonym Otto Teich wähle?"

Er kaufte sich eine Zeitung und studierte Otto Teichs Gesicht und die Schriftzüge des Ab­schiedsbriefes. Und dann schrieb er folgenden Brief.

..Sehr geehrter Herr Direktor!

Wenn Sie diese Zeilen erhalten, bin ich nicht mehr am Leben. Ich seze voraus, daß Sie Herz genug besißen, um den Brief eines Toten mit Ehrfurcht und Interesse zu lesen und ein Vermächtnis aus ihm zu empfangen. Dieses Vermächtnis ist mein Wert. Da viele schöpferi­sche Menschen erst nach ihrem Tode berühmt werden, will ich dies Hindernis des Lebens an sich für meine Person aus dem Wege räumen. Da mein Wert aktuell ist, habe ich feine Zeit zu versäumen. Ich scheide mit der Zuversicht, die Literatur bereichert und der Menschheit etwas gegeben zu haben. Empfan­gen Sie meinen Dank und die letzten Grüße, die ich in diesem Leben zu versenden habe.

Hochachtungsvoll Otto

Teich."

Er trug den Brief auf die Post. In der Früh würde der Brief in den Händen des Direktors sein. Er atmete tief auf und schlief zum ersten Male seit langer Zeit tief und ruhig.

Was nun kam, konnte Eberhardt bequem aus den Zeitungen verfolgen. Seinen Brief fand er dort neben Otto Teichs Bild wieder. Sein Trick war gelungen, man identifizierte ihn mit dem Selbstmörder. Ich bin tot!" lächelte er.

..

rauschte auf.

Eberhardt hatte einen Stehplatz. Er empfand sich selbst und die Tatsache, daß dies sein Stück war, als so unwirklich, daß er bei nahe an seinen eigenen Tod zu glauben be= gann. Und dann umbrandete ihn Beifall. Es war Sensation, Erfolg, Triumph! Er taumelte nach Hause. Nur einen Moment allein sein! Nur einen Moment in Ruhe nachdenken fönnen.

Er stand in seinem Kabinett, er tastete mit der Hand über den Tisch, an dem er sein Werk geschrieben hatte, er hatte Schwindel. Morgen konnte er sein Inkognito lüften. Mor­

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gen? Warum nicht schon heute? Heute schon konnte er berühmt sein. Aber, ihm war so sonderbar. Etwas stimmte da nicht. Na ch dem Tode sollte er doch erst.. I Aber, er lebte doch!... Und Otto Teich?... Ja, der war tot. Aber was ging ihn Otto Teich an?! Und doch!... Aber an dem Erfolg hatte dieser doch nicht teil!... Oder doch?... Gegen Morgen jagte sich Eberhardt Mau­eine Kugel ins Herz. Er war sofort tot. War es der wochenlange Hunger, war es eine Nervenüberreizung oder war es die schreck­liche Korrektheit des Enterbten, einen unvers dienten Vorteil nicht ertragen zu können?

rer

Eberhardt Maurer war tot. Aber, lebte Otto Teich etwa noch? Die Rechnung war in Ordnung. Sie war mit Null aufgegangen. g. h.

Der Traum eines Kaisers

Von Manfred Amon

Als der Imperator Diokletian sich müde von der Macht und von Rom zurückzog, erin­nerte er sich seiner Knabenträume. Er war der erste Dalmatiner, der es in der Welt zu Macht und Ruhm gebracht hatte. Sein Vater war ein fleiner Beamter in Salona gewesen. Als Knabe hatte er es geliebt, zu der sechs Kilometer süd­lich von Salona liegenden Bucht zu laufen, um dort angesichts des Meeres seine Träume zu spinnen. Dort, in dieser Bucht, baute sich der weltmüde gewordene Heimkehrer ein Haus. Allerdings ein Haus groß und prächtig wie das römische Imperium. Er türmte seine Mauern aus einem Material, das sich weitaus dauer­hafter erwies als der Baustoff, aus dem man das Imperium zusammengefügt hatte. Denn während die Stürme der Weltgeschichte das Römerreich in winzige Stäubchen zerblasen haben, steht der Reisende, der heute nach Split kommt, noch immer staunend vor den gewal­tigen Resten des Diokletianpalastes. Im Jahre 350 nach Christi begann der Heimgekehrte das chen an der Donau die Gewinnung des weißen Werk. Er selbst beaufsichtigte in den Steinbrü­Granits, den er als Baustoff für die Mauern feines Schlosses gewählt hatte. Das Innere des Palastes machten Gänge, Bögen und Säulen aus weißem Marmor hell, kühl und märchenhaft

schön. So wie er es geivollt, verlebte der einst Mächtige seine Tage in dem Traumpalast am Adriameer. Bis ihn im Jahre 313 der aller­mächtigste Imperator aus seiner Heimat fort­rief. Das römische Reich hat das Erbe des Diokletian flug und in seinem Sinne zu nutzen verstanden. Nach ihm wohnten bis zum Verfall des Imperiums alle Imperatoren, die ihre Macht verloren hatten, mit ihren Familien in dem Palast am Meer. Das Römerreich zerfiel und über Europa stampften die Hufe der Pferde wandernder Völker. Die Avaren famen und zerstörten Salona. Die geängstigten Bewohner der Stadt flohen auf die Inseln des Adriatischen Meeres, Zur Zeit des Papstes Johann, der auch ein Dalmatiner war, drangen die Kroaten bis an das Meer vor. Sie vertrieben die räuberi­schen Avaren und setzten sich in Salona fest. Als die Kunde von der Befreiung der Heimat durch die Kroaten zu den Flüchtlingen auf den Inseln Sie fanden ihre Stadt Salona von den Avaren drang, kehrten diese auf das Festland zurück. verwüstet und das Gebiet von den Kroaten be­unterirdischen Räumen des weitläufigen Diokle setzt. Darum siedelten sich sich in den ober- und tianpalastes an. So entstand eine neue Stadt, Asphaltanos nannte man die merkwürdige Sied­lung. Aus Asphaltanos wurde dann Spalato. Die Kroaten waren ein Bauernvolt, die Dal­matiner Stadtbewohner. Auf der Grundlage dieser natürlichen Arbeitsteilung wurde es den alten und den neuen Bewohnern dieses dalmati nischen Landstriches leicht, sich zu verständigen. Sie schlossen miteinander einen förmlichen Ver­trag über die Regelung der Agrarverhältnisse. Im Jahre 643 trat eine neue Wendung in der Geschichte dieses Gebietes ein. Und wieder war es Rom, das entscheidend in das Schicksal der Menschen in dem gesegneten Erdenwinkel ein­Wenn einer den Krieg lobt, dann ist er ihr Mann, griff. Der Papst entsandte den Bischof Johan­doch außerdem sind sie Bazifisten. Sie fingen Tenor, wie auch Baß und Sopran und züchten Ehrenwörter in Kisten.

Ja- Sager

die lieben Nächsten, die immer nur nicken! Denen geht es nie an den Kragen, die zu allem ja uud amen sagen.

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Jeder Tag brachte Neues. Biographische Stizzen erschienen, aus spärlichem Material bauten findige Journalisten ein Schicksal, Psychoanalytiker hielten Vorträge über Teich und seine Flucht vor dem Erfolg, hohe kulturelle Würdenträger gaben Gutachten ab, es gab Interviews mit Teichs Hausfrau, seiner Haus­meisterin; der Direktor, der das Stück ange nommen hatte, ließ sich interviewen über seine ersten Eindrücke, seine zweiten Eindrücke, seine Befeßungsabsichten, den Aufführungstermin, Sie existieren in ganzen Gliquen, die Bearbeitung, die eventuelle Bertonung, man durchstöberte Teichs Nachlaß, fand aber nur Stripten und Notizbücher, man suchte, ob zwischen den Zeilen nicht ein Dramenentwurf zu finden wäre; andere Theaterdirektoren woll­ten an der Sache auch fett werden. Die ganze Stadt, die Theaterwelt, das Publikum, die Presse, alles wartete fieberhaft auf die Ur­aufführung. Die Geschäftswelt verflocht das Wort Otto Teichs Bühnenwert" in ihre Re­flame, großzügige Sammlungen für Teichs Grabstein wurden eingeleitet, Heiratsannoncen bedienten sich etwa der Chiffre Charakter( am liebsten reden sie drumherum). à la Otto Teich". Filmproduzenten bestürmten Bei diesen Neunmal- Gescheiten, den Direktor um das Recht der Verfilmung, hat jede Sache noch ehe sie eine Ahnung von Inhalt und Wert des Stückes hatten. Und Eberhardt Die lachen und weinen je nach dem Wind, Maurer ließ lächelnd all dies an sich vorüber- diese Leute, die immer konform mit dir find. rauschen. Sie sind wie Butter bei Sonnenschein, man falle nach Möglichkeit nicht auf fie rein!

Der Tag der Uraufführung wurde mit Pomp begangen. Es war ein gesellschaftliches Ereignis. Schneider und Friseure hatten Ar­

Hent' reden sie klug und morgen dumm,

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zwei Seiten.

Petra.

nes von Ravenna als Metropoliten von Dal matien nach Asphalatos. Der Bischof bekehrte und taufte die Kroaten Dalmatiens und gestal­tete das Mausoleum des Diokletan zur Kathe­drale um. Aus Salona holte er die Gebeine des heiligen Dujam und weihte ihm die neue Kirche. Heute noch beten die Bürger von Split in der vom Metropoliten Johannes errichteten Kathe­drale zum heiligen Dujam. Da die Kroaten nun Christen geworden waren, bestand für die alten Dalmatiner fein Hindernis mehr, sich ihnen zu nähern. Es fielen die Schranken zwischen den beiden Völkern und die Kroaten begannen mun an der Westseite des Difletianpalastes zu sie= deln. Und im Jahre 650 wird die Stadt, die das alte Salona jetzt rasch überflügelte und seine